PR Neo 55- Planet der Stürme

Michelle Stern

Michelle Sterns „Planet der Stürme“ soll mehr über die Hintergrund nicht nur des arkonidischen Imperiums, sondern vor allem über den Regenten und nach Abschluss der Lektüre des zweifelhafte Herkunft aufhellen. In Bezug auf Arkon wirkt allerdings das gigantische Imperium nicht nur gänzlich anders als in der Erstauflage, sondern unterscheidet sich drastisch von dem Bild eines dekadenten, über alterten Volkes, dass Frank Borsch in den ersten Romanen hat zeichnen lassen. So finden sich keine Querverweise auf die sich kontinuierlich in einer virtuellen Irrealität aufhaltenden Arkoniden, die alle Aufgaben delegiert haben. Viel mehr erinnert das Reich in seiner Zwiespältigkeit – moderne Kultur, archaische Sitten – tatsächlich an Don Lawrence Schöpfung „TRIGAN“, wobei die außergewöhnlichen Monster durch eine Handvoll exotischer Außerirdischer ersetzt worden sind. Am Ende der Lektüre von „Planet der Stürme“ bleiben leider mehr Fragen offen als Antworten.

Das beginnt schon mit einem der wichtigsten Protagonisten: Charron da Gonozal, der letzte Spross der Gonozal- Khasurns und damit auch Thoras Ziehvater.  Betrachtet der Leser bislang Thoras Verhalten insbesondere gegenüber den Menschen, so musste man bislang davon ausgehen, dass sie den Einfluss und das Vermögen ihres Ziehvaters erben sollte und könnte. Weiterhin stellt sich die Frage, warum erstens ihr Ziehvater nicht weitere „Kinder“ adoptiert und dabei auf einen männlichen Nachfolger setzt und zweitens ob wirklich die verschiedenen Reproduktionsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind. Es spielt auch keine Rolle, da Michelle Stern nicht weiter auf die Hintergründe eingeht, bleiben diese von ihr aufgestellten Thesen im Raum stehen und wie vieles frustrierend offen. Der exzentrische Charron da Gonzal ist auch Mitglied des Widerstandes gegen den Regenten.  Auffälligkeit ist die beste Art der Tarnung. Michelle Stern gibt sich sehr viel Mühe, diesen übergewichtigen so nicht arkonidischen Protagonisten dreidimensional und provokant zugleich zu charakterisieren. Damit wird die Arkonhandlungsebene ohne Frage belebt.  Auf der anderen Seite wirken seine Handlungen aber nicht immer konsequent und vor allem einzelne Details sind zu auffällig und zu fragwürdig. So will er mit seinem provokanten Raumschiff in Form einer gigantischen Flugechse auf dem Lotsen- Asteroiden Galios an der so genannten Anetis Zeremonie teilnehmen,  ohne sich den wirklichen Herausforderungen zu stellen. Dabei nutzt er seine Bekanntheit im Gefolge des Regenten aus, um sich einen Platz zu erpressen.

Obwohl allerdings jedes Wesen auf dem Planeten – siehe der Lotse This´Dher oder der Xisrape Denurion – nichts von Charron hält und ihm aus dem Weg geht, gelingt es ihm wichtige Informationen zu erhalten.  Es ist nicht der erste wichtige Hinweis, welcher die Position des Regenten in einem anderen Licht erscheinen lässt und vor allem die phlegmatische und sich dahin schleppende Arkonhandlung beleben soll. Ging es anfänglich darum, die Position der Erde aus den Speichern zu löschen und Racheangriffe – hier hat sich da Treffon eher als beleidigter General gezeigt denn der Regent, der ganz andere Probleme hat – zumindest auf die Erde, aber nicht die Naats zu vermeiden, so steht der Sturz des Regenten in indirekten Mittelpunkt der Operationen.        

 So erfährt der Leser, dass das Flaggschiff des letzten Imperators auf einer geheimnisvollen, gegen die Lotsenregeln verstoßenden Reise spurlos verschwunden ist. Während er noch das Geheimnis berichtet, verfärbt sich seine Haut schwarz und der Xisprape stirbt durch einen kleinen, spinnenartigen Bioroboter, der anscheinend eine biologisch mechanische Waffe gewesen ist. Wie gut, dass der Xisprage gerade in seiner Häutungsphase gewesen ist.  So entspringt ein keiner Xisprage mit den Erinnerungen des Originals. Alleine die Idee, wieder einen "tot" zu fälschen und damit für kurze Zeit Spannung zu erzeugen, ist ein schwaches Beispiel dafür, wie sich "Perry Rhodan Neo" momentan aus der Affäre zu ziehen sucht. Viel schlimmer ist, dass die Idee, dass der letzte Regent auf einer Reise verschwunden ist, nicht in die Runde gemacht hat und deswegen die Lotsengesetze mit einer fest gesetzten Zahl von Schiffen so penibel eingehalten werden. Spätestens als der gegenwärtige Regent gegen diese Regel verstoßen wollte, hätte es irgendjemand auffallen müssen. Aber dieser Hinweis wurde zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht benötigt.

Kaum hat Carron diese Informationen erhalten, schickt er Agenten los. Alle ausgebildet, alle Mitglieder der Opposition. Auf dem Planeten der Stürme finden sie schließlich die Xirdor, welche den Xispragen derartig ähneln, dass die Forscher von gemeinsamen Wurzeln ausgegangen muß. Auch hier fügt die Autorin einen eher belanglosen Hinweis hinzu: der Planet der Stürme - im Vergleich zu Earl Dumarest erster Station eher unscheinbar bis einfallslos gestaltet - ist als Kolonialwelt nicht zu gebrauchen, sondern wird nur wegen seiner Naturschätze ausgebeutet. Erstens muss nicht jeder Planet zu einer Kolonialwelt werden und zweitens wirkt die Argumentation gegen das Terraforming eher wie Füllmaterial. Warum nicht einen Planeten einfach ausbeuten und nicht besiedeln. Wer will denn dort nach der Bergung aller Bodenschätze überhaupt leben? Zumindest können sich dort - wie es sich ebenfalls für derartige Klischees gehört- Verbrecher und Deserteure verstecken. Entweder sind es wertvolle Bodenschätze, dann wird ein derartiger Planet geschützt oder man kann mit dem Planeten gar nichts anfangen. Dann sollte man die Welt dem Abschaum überlassen. Ambivalent versucht Michelle Stern zu viel zu erklären und treibt die langweilig sich bis auf die kleinen Details entwickelnde Handlung nicht voran. Zweitens ist das alles unnötig, denn das Ziel ist ein Arkonide, der sich bislang sehr gut versteckt hat und plötzlich gefunden wird: Epherem da Kirtol.

Alleine die Parole, dass die Maahks kommen, hilft den ausgebildeten Agenten, eine chaotische Mission zu beenden. Anstatt diese Panik zur Freilassung von Gefangenen zu nutzen, um ihnen vielleicht eine kleine Überlebenschance zu schenken, greift Michelle Stern auf das Argument zurück, das eine untergebene Offizierin in Abneigung gegen ihre Vorgesetzte die Gefangenen frei lässt. Damit unterschreibt sie zwar ihr eigenes Todesurteil, aber ansonsten wäre der Handlungsarm zu früh zu Ende. Im Verlauf der Handlung wird in einer Grotte wieder ein Raumschiff gefunden. Bedenkt man, wie oft inzwischen unter der Erde, unter Wasser oder abgelegt ohne viel Tarnung Raumschiffe gefunden worden sind, dann wirkt es genauso konstruiert wie die Idee, dass Charron den einzigen wichtigen Zeugen gefunden hat, während der gegenwärtige Regent diese Flanke sträflich offen lässt. Anscheinend hat irgendjemand Herak da Masgar - nur erkennbar an Hand eines Muttermals - ausgetauscht, der später der Regent werden sollte.  

 

Klar, mit derartigen Paukenschlägen können die "Neo" Autoren die Leser verunsichern, die Position des Regenten ambivalent beschreiben und vor allem sich deutlich von der alten Serie mit dem gigantischen Robotergehirn absetzen. Aber irgendwann im Verlaufe dieser Miniserie sollten die einzelnen Positionen klar sein und Rhodans zu Beginn klar umrissene Mission einen Sinn machen. Und spielt es wirklich eine Rolle, ob ein Infiltrant den Posten seit vielen Jahren inne hat oder nicht? Auch die Säuberungsaktion, bei welcher der Austausch stattgefunden hat, wirkt zu theatralisch beschrieben. Immer wieder haben die Arkoniden auch unschuldige Wesen verschiedener Völker ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung vernichtet. Zusammengefasst macht aber Michelle Sterns Roman zu wenig Sinn. Die Position des Regenten ist durch den Austausch nicht geschwächt, seine Handlungsweise bislang immer zum Wohle des arkonidischen Volkes gewesen und die Opposition taucht erst im Zuge dieses Zyklus quasi auf. Arbeitet sich dann aber rasend schnell voran und erfährt plötzlich verblüffende Einzelheiten, die angeblich über Jahrzehnte unentdeckt geblieben sind. Das wirkt nicht nur alles stark konstruiert, es läßt die laufende Miniserie zusätzlich zerfahren aussehen. Ein Spannungsaufbau findet trotz der Einblicke hinter die Kulissen der arkonidischen Oberschicht nicht statt und die Motivation der einzelnen Figuren wirkt schwerfällig herbeigeschrieben als normal. Mit den fremden Kulturen tut sich Michelle Stern schwer. Nur exzentrische Beschreibungen alleine inklusiv verschiedener Querverweise reichen nicht. Natürlich hat sie die Möglichkeit, mit dem Planeten der Stürme eine eigenständige Welt zu entwickeln, die wahrscheinlich im Verlaufe der weiteren Zyklushandlung nicht wieder benötigt wird. Aber das alleine reicht vor allem angesichts ihrer schwerfälligen Argumentation gegen das Terraforming und die Einfachheit, mit welcher Charron direkt oder indirekt vorankommt, nicht aus, um mit diesem solide geschriebenen Roman überzeugen zu können.           

 

 

 

Taschenheft, 160 Seiten, Pabel Verlag

Erscheinen Oktober 2013

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