Thronräuber

Thronräuber, Titelbild, Rezension
K.B. Wagers

“Thronräuber” ist der erste Band der “Der Indrana-Krieg“ Trilogie aus der Feder der Autorin K.B. Wagers.  Bislang ist sie vor allem neben zwei Sachbüchern auch als Autorin einer Reihe von Kurzgeschichten in Erscheinung getreten. 

Im Grunde ist „Thronräuber“ auf der einen Seite unabhängig vom pfiffigen Stil mit seinen pointierten Dialogen positiv gesprochen ein Rückfall in das „Golden Age“ der Science Fiction, in dem moderne Technik inklusiv entsprechenden, im Debüt noch eher im Hintergrund sich abspielender Weltraumschlachten auf eine archaische Regierungsform in Form einer Monarchie allerdings mit einer Frau an der Spitze trifft. Dazu als Protagonistin eine Prinzessin wider Willen, welche den überlebenden Mörder ihres Vaters als Waffenschmugglerin sucht.  Das Aschenputtel kehrt zwangsweise nach Hause zurück, wird ins kalte  Wasser geschmissen und zeigt dank ihrer besonderen Leibwächter eine Reihe von Überlebensinstinkten.  In der kalten und logischen Theorie lässt sich diese rasante, teilweise an die Science Fantasy Welten der ersten „Star Wars“ Filme in Kombination mit der Protagonistin aus „Rouge One“   erinnernde Weltraumsaga wahrscheinlich ordentlich zerpflücken, aber mit Frechheit, einem ausgesprochen hohen Tempo, dem exotischen Hintergrund und einer dreidimensionalen Figur im Mittelpunkt des Geschehens umschifft die Autorin geschickt alle möglichen inhaltlichen Klischees und fährt den ersten Band der Trilogie erfolgreich in den Hafen gehobener Genreunterhaltungsliteratur. 

Natürlich lässt sich berechtigt argumentieren, dass der grundlegende Plot aus dem Fantasy Genre übernommen und in eine ferne, aber doch sehr bekannte Zukunft übertragen worden ist.   Da wäre die Hauptperson.  Hailimi Bristol ist heißblütig, hat eine kurze Geduld Zündschnur,  kann mit Waffen umgehen und ist sich auch nicht zu schade, ihre Gegner natürlich durchgehend in Notwehr zu töten.  Sie kann Narren nicht ertragen. Der Plot wird in einem für sie ungünstigen Moment eröffnet. Anscheinend gab es Verräter an Bord ihres Schiffes, ihr Geliebter und Kamerad ist ums Leben gekommen und die offiziellen Regierungstruppen drohen sie gefangen zu nehmen. Auf Waffenschmuggel und Piraterie stehen sehr harte, drakonische Strafen.   Im Grunde ist Hailimi Bristol der feuchte Traum eines jeden Jungen, ein Mädchen, mit dem man buchstäblich Pferde stehlen kann.

Nur ist sie gleichzeitig die  letzte überlebende Prinzessin der Herrscherfamilie. Ihre Mutter ist schwer erkrankt – den Hintergrund offenbart die Autorin auch passend in dem Moment, in dem Bristol widerwillig und widerspenstig nach Hause kommt – und sie soll in absehbarer Zeit den Thron besteigen, einen Mann heiraten und eine Tochter gebären, damit  die Erbfolge eingehalten werden kann.

Wie es sich aber für derartige  Geschichten – siehe auch „Dune“ – gehört,  ist das  Leben im Palast sehr viel gefährlicher als in den Tiefen des Alls, selbst als Schmuggler.  Obwohl sie über zwei faszinierende  Leibwächter verfügt, werden relativ schnell noch vor und unmittelbar nach der Thronbesteigung Anschläge auf sie verübt, denen sie mit ihren Überlebensinstinkten gerade  noch ausweichen kann. Der Roman bezieht seine vordergründige Spannung vor allem auch der Tatsache, dass alle offensichtlichen Verdächtigen wie das verfeindete Sternenreich und sein schleimiger Botschafter  irgendwie nicht richtig zu einem derartigen Plot passen mögen.  Kaum erscheint ein Verdächtiger, wird er auch schon rehabilitiert, ohne dass der Spannungsbogen  nachhaltig und vor allem längerfristig ausgebaut wird.  Dadurch wirkt der Roman ein wenig unförmig und episodenhaft, obwohl der grundlegende Weg von der Piratin zur Herrscherin klar vorgezeichnet und nach den bekannten Schemata abgearbeitet wird. 

Wichtiger sind die einzelnen Persönlichkeiten. Dabei dominiert Bristol  mit ihrer teilweise ein wenig übertriebenen erscheinenden selbstironischen Art. Sie kann sich aber auch sehr schnell in die Rolle der zukünftigen Herrscherin einfügen und beginnt ihre Leibwächter zu dominieren.   

Nach dem soliden, desorientierenden Actionauftakt versucht die Autorin etwas ruhiger  den Hintergrund ihres Universums zu entwickeln und einzelne Protagonisten zu etablieren. Dabei erweist sich ihr Kamerad und Liebhaber weniger als Pirat und Schurke, sondern als Undercovermann ihrer Mutter, der extra zu ihrem Schutz abgestellt worden ist. Hinzu kommt, dass deren Bruder jetzt  auf die zukünftige Herrscherin aufpassen muss. Bei den einzelnen Rückblenden unterbricht die Autorin teilweise ohne Not den in der Gegenwart ablaufenden Plot und versucht mit emotionalen Ausbrüchen ihrer Protagonistin die Distanz zum Leser zu überbrücken. Ein- oder zweimal ist diese Vorgehensweise opportun, im mittleren Abschnitt passiert das aber zu oft und sich wiederholend.  Vor allem dreht sich Bristol immer wieder im Kreis. Auch die Konflikte mit ihrer  dominierenden, aber auch verwirrten Mutter schwanken zwischen nachvollziehbar und skurril. Natürlich kann die Autorin sehr vier auf die Demenz schieben, welche ihre Mutter durch die fortlaufende Vergiftung erlitten hat, aber einige Szenen wirken aufgesetzt.

Hinzu kommt das ambivalente Verhältnis zu ihren interessanten Leibwächtern, die nicht nur ein perfektes Team bilden, sondern fast eine Symbiose eingegangen sind,  so gut verstehen sie sich trotz aller Unterschiede. Im Verlaufe des Romans entwickelt die Autorin auch zufriedenstellende Persönlichkeiten für die beiden zeitlos erscheinenden Leibwächter.   Es bleibt abzuwarten, ob sie in den folgenden Romanen dann auf die romantische Ebene umschwenkt und die kleinen Gesten extrapoliert. In ihrer Welt treten aber die Leibwächter/ Jäger meistens als Paare auf. Der Verlust eines Partners kann fatale Folgen für den Überlebenden haben, wie sich abschließend bei den Hintermännern der Täter zeigt.  Daher könnte sich eine Dreierkonstellation entwickeln. Auf der anderen positiven Seite würde die jetzt entwickelte Balance auf der emotionalen Ebene ausreichen.

Die deutsche Ausgabe verfügt durch den rückblickend zu viel vom Plot offenbarenden Titel „Thronräuber“ über ein Manko gegenüber dem ambivalenteren „Behind the Throne“. Der Originaltitel deutet wie der Plot immer in mehrere Richtungen, bevor beginnend mit einem schockierenden, der gegenwärtigen Realität leider entlehnten Attentat relativ schnell sich die Hintermänner und Frauen zeigen; die Verschwörung ausgesprochen rasch zerschlagen und die Schuldigen drakonisch bestraft werden. Die Autorin agiert in diesen Abschnitten fast schon zu pragmatisch, aber nicht hektisch. Zumindest will sie positiv im Auftakt ihrer Trilogie den Haupthandlungsstrang – von der Waffenschmugglerin zur Kaiserin – abschließen, um sich dann in den folgenden Romanen dem Kriegsszenario zuzuwenden. Der Verzicht auf zu viele lose Stränge abseits der politischen Ränkespiele und vor allem auf ein offenes Ende hebt die Trilogie aus der Masse der ähnlich gestrickten „Fantasy“ Serien unabhängig vom Military Science Fiction Gewand positiv heraus.

  • Taschenbuch: 480 Seiten
  • Verlag: Heyne Verlag (11. Dezember 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 345331879X
  • ISBN-13: 978-3453318793
  • Originaltitel: Behind the Throne