Auf der Spur der Sklavenjäger

Alexander Röder

 

Alexander Röders Fortsetzung zum von mehreren Autoren verfassten Fugenroman „Sklavin und Königin“ weißt eine Reihe von Stärken, aber leider auch einige Schwächen auf. Thomas le Blanc hat wie beim Vorgängerband den Pro- und auch den Epilog verfasst, wobei sich am Ende der Geschichte ein neuer mächtiger und gefährlicher Feind etabliert, der anscheinend wenig mit den Antagonisten zu tun hat, die Karl May entworfen und welche die Reihe des magischen Orients auf phantastische Art und Weise extrapoliert haben.

Alexander Röder muss sich leider den Vorwurf gefallen lassen, dass die Geschichte erstaunlich schwach strukturiert ist. Da wird am Ende hinsichtlich der Tarnung ein erheblicher Aufwand hinsichtlich nicht nur der Montage, sondern auch der abschließenden Demontage betrieben, ohne dass diese Tarnung wirklich eine relevante Rolle spielt.  Da kommt es zu einem perversen Duell zwischen einem der Handlager der Sklaven und einem plötzlich durchaus dominanten und heldenhaft gezeichneten Hadschi Halef Omar. Das Duell ist spannend, der Hintergrund gut gestaltet und plötzlich verpufft der Effekt durch eine Auflösung der Szene von außen.

An einer weiteren Stelle wird die entführte Djamila quasi in einer Hütte wiedergefunden. Sie muss nur an die Hand genommen und begleitet werden. Auf den ersten Blick kein klassischer Spannungsaufbau, keine interessante Auflösung der Szene. Auf den zweiten Blick geht Alexander Röder aber einen Schritt weiter und integriert nach den Fantasyelemente plötzlich auch Bezüge aus dem Cyberpunk. Diese Wendung ist nicht nur für die Helden überraschend, auch der Leser wird mit einer gänzlich anderen Herausforderung konfrontiert. Im folgenden siebenden Abenteuer schlagen die Autoren den Bogen noch weiter, in dem sie eine weltberühmte Figur einbauen, die nicht aus Karl Mays Feder stammt. Diese Art von Crossbordergeschichten könnte den bislang nur vorsichtig erweiterten Hintergrund der Karl May Abenteuer sprengen und den magischen Orient auf eine weitere von Karl May inspirierte, aber ihm nicht unbedingt respektzollende Serie reduzieren.

Aber auch bei der Erkenntnis, dass Mensch nicht immer gleich Mensch sein muss, wird diese Idee wie bei einigen anderen Klippen eingeführt, auf den Tisch gelegt und abschließend in einer erstaunlich kurzen Zeit wieder vergessen. Dabei darf der Leser nicht ignorieren, dass es sich um keine Zufallsbegegnungen handelt, sondern die Gefährten um Kara Ben Nemsi quasi durch das nördliche Afrika bis schließlich Zypern geführt, wenn nicht sogar gelockt werden.    

Bis dahin ist es ein weiter Weg, in dem sich langatmige und spannende Passagen abwechseln. Positiv ist, dass der Autor sein Wissen besser in den Text einbaut. Natürlich hat auch Karl May Hintergrundwissen positiv entliehen und immer wieder teilweise erstaunlich lange in seine Geschichten integriert. Aber das hat er auf eine derartig stilistisch freche, lebendige Art und Weise gemacht, das sich diese Abschnitte selbst heute noch gut lesen lassen. Bei Alexander Röder hatte der Leser manchmal das unbestimmte Gefühl, als nutze er ohne Frage berechtigt die Datenflut des Internets, um nicht unbedingt notwendige und vor allem zu distanzierte präsentierte Informationen dem Leser aufzudrängen. Das hatte angesichts des teilweise nicht sonderlich hohen Tempos der erzählten Geschichten den weiteren Nachteil, dass der Handlungsfluss ins Stocken geraten ist und einzelne Abschnitte zu trocken erschienen.  

Im vorliegenden Band ist die Balance zwischen Handlung und Information besser. An einigen Stellen stockt zwar der Plot weiterhin und wie eingangs erwähnt wirkt der Aufbau einzelner Szenen nicht immer entschlossen genug, aber das ganze Buch liest sich homogener.

Der Plotaufbau ist stringent, wobei der Titelbild eine der Schlüsselszenen des Romans nicht richtig wiedergibt. Kara Ben Nemsi hält sich mit seinen Freunden bei dem Magier Haschim auf.  Dort sehen sie in einem magischen Stein, wie die gerade vertriebenen Sklavenjäger das Dorf Hadschi Halef Omars überfallen und seine Frau sowie Tochter entführen.

Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar nehmen die Verfolgung auf. Ein letzter negativer Punkt ist noch, dass Alexander Röder auf die Figur der Rachesüchtigen Holländerin – der Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit den Sklavenhändlern – komplett verzichtet. Mit ihrer dominanten, waidwunden aber entschlossenen Art und Weise hat sie vor allem den Moralapostel Kara Ben Nemsi immer wieder auf schwierige Entscheidungen gestellt. Im Grunde hat sie auch in Abwesenheit recht, Schurken müssen ausgemerzt werden, sonst kommen sie immer wieder.

Anschließend baut Alexander Röder aber positiv eine Reihe von überzeugenden Ideen auf. So sehen die Dorfbewohner und Hadschi Halef Omar einen Verantwortlichen. Mit seinen Taten hat er die kleine Gemeinschaft in Gefahr gebracht, die Diebe haben das Vieh gestohlen und schließlich massakriert, als sie keine Abnehmer gefunden haben, während die Hintermänner mit den beiden Frauen entkommen.

Es wäre schön gewesen, wenn selbst in der Theorie Alexander Röder diese Idee weitergesponnen hätte. Niemand glaubt, dass so wichtige Nebenfiguren wie Omars Familie wirklich getötet werden  oder Halef für immer die Gunst seines Stammes verlieren könnte, aber der Autor erstickt zumindest eine dieser Ideen gleich im Ansatz und relativiert quasi im nächsten Absatz seine Thesen.

Die Sklavenjäger haben aber bei ihrer Flucht auf allen Zwischenstationen den Hinweis hinterlassen, das Halef ein berüchtigter Sklavenjäger ist. So wird ihm nicht geholfen. Es ist keine unbedingt neue Idee und Karl May hat diese Karte vor allem in seinen Wild West Romanen auch gerne gespielt, aber im Gegensatz zum Sachsen muss Kara Ben Nemsi erst seinen kleinen hitzköpfigen Freund bremsen und scheint nicht gleich über den legendären Ruf zu verfügen, den Karl May immer als letzte Option gespielt hat.     

Auf der Reise bis nach Zypern begegnen die Beiden einer Reihe von unterschiedlichen Figuren teilweise magischer Herkunft. Der Brückenwächter – ein Hund, der sich wie ein Mann bewegt und sprechen kann- bleibt dabei eindrücklich in Erinnerung, auch wenn seine Prophezeiung quas in einem Nebensatz umgesetzt wird.

Der Mittelteil besteht zu sehr aus Stimmungen und zu wenig aus Plot. Die Jagd auf die Schurken läuft routiniert ab. Alexander Röder setzt zu wenige Reizpunkte. Das ändert sich schließlich, als die Helden Zypern erreichen. Die Schnitzeljagd inklusiv der verschiedenen Hinweise ist spannend, Zypern mit seiner langen Geschichte vor der britischen Besetzung ist ein Ort, den weder Karl May noch die Autoren des magischen Orients bislang besucht haben und das angesprochene finale Duell ist cineastisch inszeniert, wird aber aus dem off quasi abgeschlossen.  Diese sich durch den Roman ziehende Tendenz des Unterminierens findet in dem eher ambivalenten Finale inklusiv der entsprechenden Überleitung zu einem neuen Schauplatz und vor allem einem neuem Schurken seinen Höhepunkt.

„Auf der Spur der Sklavenjäger“ ist bislang der schwächste „Karl May“ Roman aus der Feder Alexander Röders. Auch seine Tetralogie wies eine Reihe von Schwächen auf, aber die innovativen magischen Ideen und eine grundsätzlich stärker entwickelte Grundhandlung haben dieses Manko ausgleichen können. Hier ist der zugrundeliegende Plot zu vertraut und die wenigen interessanten Exkursionen werden zu hektisch abgehandelt, als das sich eine nachhaltige und vor allem befriedigende Atmosphäre einstellt.

Der Fugenroman „Sklavin und Königin“ konnte dagegen als Ausgangspunkt des Handlungsbogen auf eine Handvoll interessanter und konträrer, aber gut zusammenarbeitender Autoren zurückgreifen, die immer wieder ihre Stärken einfließen ließen und das Buch deutlich farbenprächtiger erschienen lassen. Vor allem fragt sich der Leser, warum Alexander Röder in Kombination mit Thomas le Blanc noch einmal sehr spät den bisherigen Handlungsfaden zusammenfasst, als wenn dieser Teil des Plots eher in den siebenten noch zu publizierenden Band gehört.    

Seiten: 480

Format: 13.5 x 21.5 cm

Umschlag: Klappenbroschur (mit Lackfolien-Veredelung)

Titelbild: Elif Siebenpfeiffer

Erscheinungsjahr: 2018

Verlag: Karl-May-Verlag GmbH

Bestell-Nr: 02506

ISBN: 978-3-7802-2506-1

Auf der Spur der Sklavenjäger - Karl Mays Magischer Orient, Band 6

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