Kara Ben Nemsi Band 15: In der roten Wüste

Ralph G. Kretschmann

„In der roten Wüste“ ist der abschlussband der Waffenschmugglertrilogie. Dieses Mal unterbricht Autor Ralph G. Kretschmann nicht den Handlungsbogen und lässt Kara Ben Nemsi alias Karl May – wie dieser immer wieder betont und damit gegen die Tradition der ursprünglichen Reiseromane verstößt – kurzzeitig in die Heimat ziehen.

Der ganze Roman ist von einem sehr hohen Tempo geprägt. Im Gegensatz zu den ersten beiden Abenteuern, in denen Ralph G. Kretschmann gegen Endes des ihm zur Verfügung stehenden Umfangs fast in Verzug geraten ist, wird der Plot beginnend mit der Schmugglerjagd auf dem Mittelmeer deutlich besser strukturiert und die Actionszenen ziehen sich kontinuierlich durch die ganze Handlung.

Bevor auf die Besonderheiten dieses Abenteuers eingegangen werden soll zeigt sich vorher, dass der Autor in einzelnen Punkten konsequent bis kontrovers bleibt. So schießt Kara Ben Nemsi hinterrücks einen der flüchtenden Verbrecher vom Pferd, weil es keine andere Möglichkeit aus seiner Sicht gegeben hat, den Schurken zu stellen und damit weiteres Unheil zu vermeiden. Gegen Ende des Buches ist in der Theorie Kara Ben Nemsi der Sieger und zerschlägt die Verbrecherbande, einer der Schurken wird aber auch eine spektakuläre, wenn auch sehr unwahrscheinliche Art und Weise getötet.

In einem wichtigen Abschnitt zeigt sich allerdings auch die grenzenlose Naivität Kara Ben Nemsis. In Ralph G. Kretschmanns Welt muss sich niemand ausweisen. Wie oft zog Kara Ben Nemsi die wichtigen vom König ausgestellten Dokumente, wenn er mit Karl May reiste. Hier kann dem Sachsen fast jeder erzählen, wer er sein möchte oder zu sein scheint, es wird ihm erst mal geglaubt. Das wirkt sich in diesem Band fatal aus, da selbst ein Bootsdieb – der das fremde Eigentum auch noch wieder ins Meer treiben lässt – Kara Ben Nemsi von seiner geheimen Mission und seinen Absichten überzeugen kann, ohne das wirklich hinterfragt wird.

Aber diese Kritikpunkte sind Kleinigkeiten angesichts eines zufriedenstellend abgeschlossenen Romans. Positiv ist, dass Ralph G. Kretschmann teilweise bis in die Details nicht nur die roten Fäden der ersten beiden Abenteuer aufnimmt und abschließt. Wie bei Karl May stehen auch die im Kampf für die Gerechtigkeit gefallenen Personen in freundschaftlichen oder familiären Beziehungen zu den gegenwärtigen Kämpfern und in diesen von guten Dialogen geprägten Szenen des Abschlussbandes wird noch einmal an sie erinnert.

Beginnend mit den geheimnisvollen Schiffen mit schwarzen Segeln, die lautlos wie Dämonen nachts vor der Küste kreuzen und manchen unfreiwilligen Zeugen schon getötet haben konzentriert sich Ralph G. Kretschmann auf die Jagd nach dem Hintermann, während die Mitglieder mindestens eines Geheimdiensts absichtlich eine Spur von Waffen als Köder ausgelegt haben, dem sie durch die herausfordernde wie tödliche rote Wüste folgen.

Immer wieder holt der Autor im übertragenen Sinne ein wenig Luft, um die einzelnen Handlungsabschnitte dieses allerdings über weite Strecken improvisierten Plans den Lesern zu erläutern und sie wieder auf Augenhöhe zu beringen. Dabei nutzt er zwar die üblichen Versatzstücke wie zu laut sprechende Schurken, die belauscht werden oder das schwierige Anschleichen in Indianermanier durch den tiefen Wüstensand, aber mit dem dritten Teilabschnitt hat Ralph G. Kretschmann ein besseres Gespür dafür entwickelt, was Hommage an Karl May sein kann oder besser sein sollte und was er als Autor eigenständig diesem speziellen Universum hinzufügen kann.

Alle drei Abenteuer zusammenfassend präsentiert Ralph G. Kretschmann einen grundsätzlich kurzweilig zu lesenden Stoff mit einem sehr guten Gespür eher wie Hadschi Halef Omar als den zu spröde charakterisierten Kara Ben Nemsi. Die Actionszenen sind durch die Bank gut geschrieben, der kulturelle Hintergrund besticht vor allem im dritten Band, während Flora und Fauna nicht belehrend, aber mindestens effektiv in den Spannungsbogen eingebaut worden sind. Enttäuschend ist eher die Nutzung von historischen Persönlichkeiten wie Mark Twain oder Heinrich Schliemann im Eröffnungsband, während in den beiden folgenden Abenteuern fiktive Nebenfiguren sehr viel besser und nachhaltiger in Szene gesetzt worden sind.      

H. W. Stein (Hrsg.)
IN DER ROTEN WÜSTE

Band: 15, Abenteuer-Roman
Seiten: 174 Taschenbuch
ISBN: Exklusiv nur im BLITZ-Shop
Preis: 12,95 €

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