Footfall- die Landung

Larry Niven & Jerry Pournelle

Im Original heißt die aus dem Jahr 1985 stammende Kooperation zwischen Larry Niven und Jerry Pournelle „Footfall“. Über weite Strecken wirkt das Buch wie eine Mischung aus „Der Splitter im Auge Gottes“ – menschlicher Kontakt mit einer wirklich fremden außerirdischen Rasse – und „Luzifers Hammer“ – der Einschlag eines Kometen auf der Erde – und unterhält auf eine cineastische Art und Weise trotzdem eigenständig.

 Das Buch ist für die wichtigsten Preise wie den HUGO und Locus Award vorgeschlagen worden. Wie über ein Jahrzehnt später Roland Emmerichs „Independence Day“ auf den Kinocharts konnte das epochale Werk kurzzeitig sogar den ersten Platz der New York Times Bestsellerliste erobern.

 Wie alle Kooperation zwischen Pournelle und Niven weist das Werk eine Reihe von Stärken und auch Schwächen auf. Die Idee einer Invasion durch bösartige Außerirdische, die plötzlich für die Menschen aus dem Nichts um den Saturn herum auftauchen und die Erde erobern wollen, ist weder neuartig noch wird es den grundlegenden Plot betrachtend über weite Strecken wirklich inhaltlich packend erzählt. Und trotzdem wird der Leser vielleicht nicht aufgrund der tausenden von Protagonisten, sondern fast gegen ihre teilweise klischeehaften Handlungen förmlich in den Roman eingesogen.

 Zu den Schwächen gehört die fast unübersichtliche Anzahl von allerdings notwendigen Charakteren. Die beiden Autoren erzählen den Roman auf sehr unterschiedlichen Handlungsebenen, die sie teilweise zusammenführen, aber teilweise auch wie die höflich gesprochen fast faschistoiden Überlebensfanatiker der Wagenburg abrupt beendet. Es ist vielleicht eine ironische Fußnote des Handlungsverlaufs, das diese Reaktionäre unter Waffenandrohung des Militärs nicht nur einen Haufen von Indianern retten müssen, sondern durch die Anwendung effektiver Gewalt verhindern, das die Pläne der Menschen durch einen egoistischen Reporter an die Öffentlichkeit geraten. Aber bis diese Ereignisse eine Rolle spielen, wälzen die beiden Autoren die teilweise kruden und nur unter dem Gesichtspunkt einer Invasion aus dem All nachvollziehbaren Gedankenspiele der Männer und Frauen wie ein Ping Pong Ball hin und her.

 Eine weitere Schwäche vor allem im direkten Vergleich zu „Luzifers Hammer“ sind die Folgen eines Kometeneinschlages. Die Außerirdischen haben die Ansicht, dass wie in der Antike Menschen nur sich unterwerfen, wenn der Sieger ihnen seinen Fuß auf die Brust stellen kann. Symbolisch benutzen sie dazu einen Asteroiden, den ihr Mutterschiff einfängt und auf die Erde wirft, um die Menschen nicht nur zu unterwerfen, sondern ihnen den Lebensraum zu nehmen und so die Erde für die Eroberung durch die Fremden besser vorzubereiten. Nur spielt diese Abwurf eine untergeordnete Rolle. Während der Präsident von einem Vernichtungsschlag träumt, der vor vielen Jahrtausenden schon die Dinosaurier hat untergehen lassen, sind die Folgen trotz über eine Milliarde von Toten, unzähligen Überschwemmungen und schließlich auch eines sich ändernden Wetters tolerierbar. Ein Schlag der Auseinandersetzung verlagert sich nach Afrika, wie die Zulus wieder gegen Elefanten als eine weitere ironische Wendung antreten können.

 Auch die Amerikaner haben noch Reserven, um schließlich mit passiver Unterstützung der Russen sich ein zweites Mal zu wehren. Das wirkt nicht nur patriotisch und viel mehr martialisch, es ist auch so. Jerry Pournelle hat seinen vor allem in „Der Splitter im Auge Gottes“ erkennbaren Waffenfetischismus deutlich zurückgefahren und konzentriert sich auf wenige Beschreibungen von modernen Waffen, aber mit gebremsten Schaum und in Anlehnung an die finale Auseinandersetzung in „Star Wars“ nur im erdnahen Raum können die beiden Autoren nicht auf Lokalpatriotismus verzichten. Dabei spielen die zahlreichen Science Fiction Autoren als Experten außerirdischer Invasoren erstaunlich wenig eine Rolle. Immer wieder versuchen Larry Niven und Jerry Pournelle diese Idee aufzugreifen, aber die Experten erweisen sich bis auf den finalen Rat als eine Horde von Kleinkindern, denen das Militär mehr Aufmerksamkeit schenkt als ihre Leser. Klar erkennbar sind Nat „Larry Niven“ Reynolds oder Wade „Pournelle“ Curtis mit dem dominanten Bob „Robert A. Heinlein“ Anson als Mentor der schreibenden Horde.  

 Zu den Stärken gehört ohne Frage, das die Autoren auf verschiedene futuristische Konzepte wie das Projekt Orion eingegangen sind, dessen Kern der Antrieb eines irdischen Raumschiffs mittels in stetiger Folge gezündeter Atombomben ist. Auch Teile der außerirdischen Technik werden klar umrissen. Aus der Gegenwart nicht nur der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ist die Idee transportiert worden, dass die amerikanische Raumfahrt nach der Landung auf dem Mond am Boden liegt und lange Zeit die Russen durch ihre orbitale Raumstation den Ton angeben. Das können sich die Amerikaner aber angesichts der drohenden Gefahr durch die Fremden nicht gefallen lassen. Das erste Raumschiff wird noch gemeinsam von Russen und Amerikanern den Fremden entgegengeschickt; die finale Auseinandersetzung startet aber auf amerikanischen Boden und ist von amerikanischen Wissenschaftlern und Soldaten montiert wird.

 Faszinierend ist die Kultur der Fithp. Die Fithp sind den Menschen technisch überlegen. Sie haben diese Technik auch aus Notwehr entwickelt, das sie lange Zeit auf ihrer Welt nicht die dominierende Spezis gewesen sind. Diese „Herrscher“ haben die Welt ökologisch vernichtet und viele Rassen ausgelöscht. Nach ihrem „Untergang“ haben die Fithp basierend auf ihren Aufzeichnungen das Raumschiff gebaut  und sind mit den Schläfern an Bord, aber auch den im All geborenen Nachkommen der ersten Besatzung ins All gestartet, um eine neue Welt, ein neues Sonnensystem zu finden und zu erobern.

 Der anfänglich friedliche Kontakt irritiert die Außerirdischen genauso wie die Individualität der Menschen. Als Herdentiere haben diese kleinwüchsigen Elefanten mit zwei Rüsseln eine andere Auffassung von Sozialleben. Ein Punkt, an dem sie schließlich scheitern. Sie können weder verstehen, das Menschen bis zum bitteren Ende gegen alle Wahrscheinlichkeiten kämpfen. Sie können auch nicht verstehen, dass ihre Handlungen nicht vorhersehbar sind und sie bereit erscheinen, eigene Frauen und Kindern für das Wohl der ganzen Welt zu opfern, wie eine brutale Szene in Kansas zeigt. Zwar helfen ihnen vor allem in Afrika so genannte Warlords, aber die von den Fithps an Bord des Raumschiffs  gebrachten Geiseln erweisen sich als harte Brocken. Sie verhalten sich weder wie in den aufgezeichneten Pornos, noch arbeiten sie weisungsgemäß, sondern suchen nach Möglichkeiten, die Fithps zu besiegen. Im Laufe des Buches wird dieser Aspekt mehr und mehr herausgearbeitet, so dass im Grunde beim Duell zwischen David und Goliath wieder der im Grunde Schwächere gewinnen kann, weil er nicht nur auf Kraft und Technik, sondern eine instinktive Intelligenz setzt.

 Nach einer überdurchschnittlich langen Exposition zieht das Tempo plötzlich stark an. Die Ereignisse überschlagen sich und die einzelnen Handlungsebenen werden trotz einer Reihe von eher oberflächlich, als ambitioniert beschriebener Protagonisten überzeugend zusammengeführt. Wie in einem Hollywoodblockbuster spielt das einzelne nur noch bedingt eine Rolle, obwohl das unfair gegenüber den heldenhaften Aktionen ist. Wie in „Der Splitter im Auge Gottes“ haben die Autoren das große Ziel plötzlich im Blick. Während sich in dieser Kooperation für den Leser deutlicher erkennbarer als für die teilweise naiven Protagonisten die Fremden als passive, aber lernwillige Wesen erwiesen, die auf Umwegen die Menschen erdrücken und damit besiegen wollten, sind es in diesem Fall die Menschen, die von den Fremden und ihrer Technik lernen, um den finalen Sieg davon zu tragen.

 Der Roman endet auch weniger auf einem Kompromiss, der über ein Jahrzehnt später eine Fortsetzung ermöglichte, sondern konsequent wie abrupt mit dem Sieg der einen Partei über die Andere. Dabei werden zukünftige Ideen zu Gunsten einer finalen Lösung zur Seite geschoben. In dieser Hinsicht erinnert die Struktur eher an „Luzifers Hammer“, wobei die Schäden des Kometeneinschlages nicht weg diskutiert werden können. „Footfall“ ignoriert diese Folgen absichtlich zu Gunsten einer konsequenten „jetzt erst recht“ Handlung.

 Der amerikanische Patriotismus hat in Zeiten des Kalten Krieges vor allem für angloamerikanische Leser besser funktioniert als in der Gegenwart. In dieser Hinsicht ist „Der Splitter im Auge Gottes“ besser gealtert und liest sich unabhängig von den in allen Kooperationen vorhandenen Schwächen sehr viel leichter. Aber für einen Invasionsroman mit wirklich fiesen wie konsequenten Außerirdischen ist „Footfall“ auch heute noch eine über weite Strecken interessante, nicht immer packende Lektüre, die viele andere gleich lautende Geschichten alleine durch den überambitioniert, aber effektiv umgesetzten Ansatz sowie die Geheimwaffe der Fremden in den Schatten stellt.             

  • Taschenbuch : 600 Seiten
  • ISBN-10 : 3961880913
  • ISBN-13 : 978-3961880911
  • Größe und/oder Gewicht : 14.1 x 5.7 x 21.1 cm
  • Herausgeber : Mantikore-Verlag; 1. Auflage (19. August 2019)
  • Sprache: : Deutsch