Die Frontier- Saga: Der Flug der Aurora

Ryk Brown

Ryk Browns „Die Frontier- Saga“ ist eines der gegenwärtigen literarischen Phänomene, die irgendwie nicht greifbar sind.  Auf seiner eigenen Homepage berichtet Ryk Brown, dass ihn der Erfolg der Serie, der mit über neuntausend verkauften Exemplaren des dritten Buchs förmlich explodierte, selbst überraschte.  Wie David Wellington hat Ryk Brown über den Erfolg seiner Bücher nicht nur in den USA, sondern auch mit dem Heyne Verlag in Deutschland eine Verlagsheimat gefunden.  Im Gegensatz zu David Wellington, der nacheinander das Zombie, das Vampir und schließlich auch das Werwolfgenre nicht unbedingt revolutioniert, aber zumindest positiv intelligent erweitert hat, präsentiert sich der Auftaktband von Ryk Browns Serie „Der Flug der Aurora“ als wenig originelle, aber zumindest kurzweilig geschriebene Space Opera Serie, die aus so vielen Versatzstücken zusammengesetzt worden ist, dass irgendwann das Erraten der Vorlagen mehr Spaß macht als die teilweise zu klischeehafte, nicht immer logisch durchkonstruierte Grundhandlung.    

Ryk Brown arbeitet bei der „Frontier“ Sage eher aus einer cineastischen Warte heraus. Der Hintergrund seiner Welt wird eher oberflächlich, pointiert angedeutet. Nach dunklen Zeiten kämpft sich die Menschheit nach oben. Die politische Ordnung ist die amerikanische Demokratie mit Senatoren und einem Präsidenten. Anscheinend haben die Menschen schon einmal außerhalb des Sonnensystem Planeten gefunden und besiedelt. Dabei sind sie auch auf eine außerirdische Rasse und ihrem Imperium gestoßen. Es gibt einen brüchigen Frieden, wobei schon angedeutet wird, dass die Fremden nach der Erde und den menschlichen Kolonien greifen werden. Über die Außerirdischen erfährt der Leser so gut wie gar nichts, dieser Aspekt soll in der zweiten Hälfte des Romans für latente Spannung sorgen.

Die Menschheit verfügt mit der „Aurora“ über ein neues Flaggschiff  mit einer gänzlichen neuen Technologie. Auch dieser Aspekt erinnert an unzählige Serien von „Star Trek“ bis zu Andreas Suchaneks „Heliosphere 2265“. Das Raumschiff ist mit einer neuen Sprungtechnologie ausgestattet, die Segen und Fluch natürlich zu gleich ist. Segen, weil man die gigantischen Entfernungen im All schneller und effektiver, vielleicht sogar irgendwann auch sicherer überbrücken kann. Fluch natürlich, weil am Ende des Romans ein verzweifelter Sprung die „Aurora“ ins Nirgendwo knappe eintausendsiebenhundert Lichtjahre von der Erde entfernt führt und eine Rückkehr nur mit kleinen, gezielten Sprüngen möglich wäre. Auch dieses Szenario ist weder neu noch sonderlich originell.      

Diese Technik hebt zumindest kurzzeitig die Menschheit auf eine neue Stufe. Bei ihrer Expedition in die Tiefen des Alls stößt die „Aurora“ auf zwei außerirdische Rassen, die sich gegenseitig bekriegen. Die einen sind die Guten und bewundern die Menschen ob ihrer Sprungtechnologie. Trotzdem bieten sie am Ende der Geschichte Hilfe an. Die anderen eher Gesichtslosen sind die unterdrückenden Schurken, die sofort auf die „Auroa“ schießen, als sie sich fast unfreiwillig dem Schiff nähern. Neben dieser obligatorischen Raumschlacht finden sich verschiedene Entermanöver. Am Ende kann ein vorläufiger Pyrrhussieg errungen werden, wobei die Allianz zwischen den guten Außerirdischen und den überforderten Menschen eher konstruiert als überzeugend gestaltet erscheint. 

Es wäre unfair, bei einer bislang zehn Romane umfassenden Serie einen zu harten Stab über den Auftaktband zu brechen, aber die Ähnlichkeiten zwischen Coreys „In die Dunkelheit“ und dem ersten Band der „Frontier“ Saga sind teilweise vom Ausgangsszenario ausgehend frappierend und frustrierend zu gleich. Während allerdings Corey seine rudimentäre Handlung aufbläht, springt yk Brown von einem Höhepunkt zum anderen und präsentiert ein erstaunlich leicht zu lesendes Garn.

Neben dem bisher klischeehaft entwickelten Szenario allerdings krankt „Der Flug der Aurora“ vor allem auf der relevanten Charakterebene.   Durch den Fokus auf eine Figur und dessen Perspektive versucht Ryk Brown Spannung zu erzeugen, verliert allerdings relativ schnell den Überblick und muss diese Idee im Verlaufe der Handlung aufgeben. Hinzu kommt, dass die Ausgangsprämisse absurd ist. Das neuste Schiff der Erde mit modernster Technologie auf einer Expedition ins Nichts sucht sich vor allem Rekruten aus, welche relativ schnell nicht nur die Crew ergänzen, sondern vor allem nach schweren, aber nicht existentiellen Verlusten ersetzen müssen. Schlimmer ist noch, dass diese Rekruten von ihrem Ausbildungsschiff abgezogen werden, um die „Aurora“ zu besetzen.  Das passt weder  militärisch noch realistisch zusammen.

Nathan ist der Dreh- und Angelpunkt des Romans. Er erinnert überdeutlich an den Captain Kirk, den Abrams "neu" erfunden hat. Er steht im dominanten Schatten seines Vaters, der in diesem Fall ein Politiker ist. Dieser strebt nach der Präsidentschaft und kann sich keinen missratenen, sprich selbstständig denkenden Sohn erlauben. Nathan spürt Respekt gegenüber seinem Vater, dieser entwickelt so etwas wie Stolz als er von dessen Wahl, sich als Raumkadett zu melden, erfährt. Auf der Party, die sein Vater zur Verkündigung der Kandidatur nutzt, wird Nathan von einer attraktiven jungen Frau vernascht, der er natürlich an Bord der "Aurora" wieder begegnet. Nathan ist wie ein dreizehn jähriger Junge, der mit dem anderen Geschlecht eher wenig umgehen kann. Seine Ausbildung scheint rudimentär zu sein, seine Noten durchschnittlich. Aber natürlich ist er ein Instinktpilot, der sich weniger um Vorschriften scheren muss. Aufgrund seiner schlechten schulischen Leistungen wird er vom Kommandanten der "Aurora" bei den ersten Übungen besonders gefordert. Diese Vorgehensweise ist gut so, denn am Ende des Buches ist Nathan mangels Alternativen auch Kommandant des Schiffes. Zu seinem Team gehört eine attraktive, wie spröde bis frigide Navigatorin. Die beiden jungen Leute verhalten sich von Beginn an wie ein altes Ehepaar und kein Team. Auch wenn die Hochzeitsglocken nicht läuten, sind sie unwiderruflich füreinander bestimmt und genauso geht der Autor impliziert wie klischeehaft auch vor. Anstatt den Raum zu nutzen, um den Hintergrund seiner Geschichte zu entwickeln, bleibt Ryk Brown auch als Autor auf einem erstaunlich kindlichen, vielleicht teilweise sogar kindischen Niveau hinsichtlich seiner Figuren.

Das im Hintergrund auch ein Lieutnant gerade von der Akademie gekommen alle möglichen Probleme lösen kann, ist ein weiterer Faktor, der aus "Star Trek" bekannt vorkommt.

Der nur kurze Zeit amtierende Kommandant der "Aurora" mit seiner obligatorischen Mischung aus Respektsperson und Vaterersatz ist zumindest dreidimensionaler und zugänglicher charakterisiert worden als alle anderen Besatzungsmitglieder dieses Schiffes. Aber auch hier fehlt Ryk Brown in der entscheidenden Szene die Erfahrung, um den Verlust für die Crew, die Mission und damit auch für die Menschheit greifbarer, aufwühlender zu beschreiben. Es bleibt abzuwarten, in wie weit der Autor vor allem die zu menschlichen Außerirdischen interessanter, exotischer und fremdartiger beschreiben wird als es im vorliegenden Roman der Fall ist.

 Wie schon mehrfach angesprochen muss der Leser diese brüchige Prämisse - Kadetten mit zwei Wochen Training am Simulator verhalten sich entschlossener und erfahrener als die restliche Stammcrew, die in erster Linie die zahllosen Toten zählen und die Schwerverwundeten versorgen darf - genauso akzeptieren wie der ins Leere zielende Versuch, Emotionen zu erzeugen und eine wirklich spannende oder nur originelle Handlung aufzubauen. Zu viele Ideen stammen aus anderen Büchern, werden bunt miteinander verrührt und teilweise insbesondere für einen Erstling Roman, der anscheinend für die Neuauflage bearbeitet, aber nicht überarbeitet worden ist, zu einfach, zu eindimensional präsentiert. Vor allem die Idee, immer wieder in Nathans Gedanken zu springen und damit live dabei zu sein scheitert eher durch die spröde, den Fluss der Handlung immer wieder unglücklich unterbrechende Vorgehensweise und trägt nicht dazu bei, dass "Der Flug der Aurora" wirklich ein gelungenes Debüt ist.