Perry Rhodan Androiden 3- Der Jahrtausendirrtum

Dietmar Schmidt

Dietmar Schmidt setzt in dem dritten Band der „Androiden“ Miniserie die zweigeteilte Handlung fort. Am Ende des Heftes finden sich einige Bezüge zu einem im umfangreichen Perry Rhodan Kosmos in den Hintergrund getretener Ereignisse. Das Aufgreifen dieser Nebenhandlungen macht den Reiz der Miniserien, vorher aber auch der im Heyne Verlag publizierten Taschenbuchzyklen aus.

Perry Rhodan ist mit einem Teil seiner Außentruppe am Ende des zweiten Heftes entführt worden. Auf dem Planeten Asgylon erwachen sie, finden eine Unzahl von blau- silbernen Raumschiffen und ein größeres Raumschiff, das als Langdistanz- Arche bezeichnet wird. Der erste Hinweis auf die Herkunft der Roboter, aber keine Spur von Androiden.

Die Entführer haben Zweifel, dass es sich bei der Gruppe um Menschen handelt, für welche sie ja die einzelnen Planeten erobern und herrichten. Perry Rhodan Identität wird anerkannt und gleichzeitig auch nicht. Da alle anderen Mitglieder seines Teams fälschlicherweise keine Menschen sind, kann Perry Rhodan auch kein Mensch sein.

Das Testszenario wirkt aus heutiger Sicht bizarr. Gentechnisch und damit die entsprechende „DNA“ Testung zur Feststellung der Reinheit der Menschen festzustellen,  haben bislang keinen Einzug in diese Miniserie gehalten. Die Testfolge wird distanziert und lieblos beschrieben. Der Leser erhält keinen klaren Einblick in den Ablauf und hat das Gefühl, als handele es sich eher um eine Art Ablenkung.  Höhepunkt ist, dass Perry Rhodan mangelnde Führungsfähigkeit attestiert wird. Das ist auch hinsichtlich des hier präsentierten Ablaufs richtig, denn Perry Rhodan kann zwar einen der Siganesen aus seinem Team unterstützen und retten, bei anderen Aufgaben hält er sich deutlich im Hintergrund. Das mag Taktik sein, wird aber in diesem Fall nicht überzeugend genug vom Autoren herausgearbeitet. Am Ende ist  Perry Rhodan dem Handlungsverlauf folgend kein Mensch und damit der Feind.

Spannungstechnisch stellt sich die Frage, ob diese Roboter und nicht Androiden in der Vergangenheit falsch programmiert worden sind. Aus einem Fehler oder hinsichtlich eines weiter greifenden Plans. Daher lässt sich kein abschließendes Urteil fällen, aber diese Handlungsebene wird von Dietmar Schmidt derartig distanziert bis langweilig beschrieben, als wenn dem Autor selbst nichts hinsichtlich des Exposes einfällt.

Auch die Erklärung, warum die Roboter dem Befehl des „echten“ Perry Rhodan folgen, überzeugt nicht ganz. Inzwischen heißen die Roboter Androgyne, sie sind vor mehr als 800 Jahren von der BASIS in der großen Leere ausgesetzt worden. Perry Rhodan kann es natürlich nicht auf sich sitzen lassen, dass der Übermensch kein Mensch ist und plant, selbst in die große Leere vorzustoßen. Das einzige Mittel für diese Mission steht direkt vor seinen Augen, auch wenn der Zugriff nicht leicht ist. Diese Szenen erinnern an den Beginn der Perry Rhodan Serie, als die Terraner mit einer Improvisationsgabe regelmäßig die Flaggschiffe der ihnen technisch überlegenen Nationen unter die eigene Kontrolle gebracht haben, um so gegen die natürlich bösartigen Außerirdischen zu bestehen.

Eine potentielle Gefahr aus der Vergangenheit, die so nicht geplant gewesen ist, stellte auch OLD MAN dar. Auch hier kam es erst zu Missverständnissen, bis sich Perry Rhodan mittels eines Liedes identifizieren konnte. Vielleicht hätte der ehemalige Großadministrator am Ende der hier beschriebenen Testläufe einfach ein Lied schmettern sollen. Dann wäre die Miniserie allerdings zu Ende.

Ein wenig interessanter ist der zweiter Spannungsbogen um Aurelina Bina. Sie verfolgt die Auseinandersetzung zwischen den Roboterschiffen und den Schlachtschiffen der Förderation Normon, dessen Planeten ja zwangsumgesiedelt und für die „Menschen“ vorbereitet werden.  Waffentechnisch sind die Roboterschiffe unterlegen, allerdings wendiger, entschlossener und schließlich auch schneller. Der Förderation gelingt zumindest ein Pyrrhussieg gegen die Eindringlinge. Aurelia Bina macht sich auf die Suche nach mehreren Siedlungswelten der Menschen, welche aus unterschiedlichen, aber nicht mehr bekannten Gründen aufgegeben worden sind. Hier trifft sie auf eine Virgil Inkarnation, den dienstbereiten Roboter aus einem der beiden früheren Hefte, der Aurelia Bina gerne als Probantin einer neuen Stadt für Menschen  angeheuert hätte.

Virgil versucht Bina von seinen guten Absichten des Menschen gegenüber zu überzeugen. Immer wieder begegnen sich die Beiden. Die Dialoge zwischen Virgil und Bina gehören zu den stärksten Abschnitten des Romans. Die Leser wissen genau wie Bina, dass irgendetwas aus dem Ruder läuft und die eigentliche Mission der Roboter pervertiert worden ist. Die Hintergründe sind nicht bekannt, aber Binas Versuch, gegen die brüchige Logik der Maschinen an zu argumentieren, wirkt überzeugender als die Testläufe der Roboter an Perry Rhodan und seiner kleinen Gruppe.

Als Figur wird Bina allerdings deutlich ambivalenter beschrieben. Unterschiede zwischen den Miniserien und der Hauptserie gab es immer wieder. Insbesondere Perry Rhodan durfte sich in den Miniserien nicht selten austoben und wieder „Mensch“ sein. Ein Punkt, dem die Roboter ja dieses Mal deutlich widersprechen. Aus der bislang passiv reagierenden Bina wird eine eher ambivalente Figur, die Hass gegenüber beiden in diesem Konflikt beteiligten Seiten  empfindet. Sie will ihn ohne Frage lösen, aber inzwischen hat sie erkannt, dass es mehr als Grautöne gibt. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung das Team um Kai Hirdt diesen Charakter weiterentwickelt, aber in den ersten drei Romanen hat sie mehr überzeugende Szenen als Perry Rhodan ( und Gucky) zusammen.  

Zwischen den Zeilen schwingt - aktuell der Zeit angepasst - die Idee durch, wer das Recht hat, wo zu leben. Die Vertreibungspolitik der Androgynen für “wahre Menschen” erinnert ein wenig an die hoch politischen Verhältnisse  in den von Israel besetzten Gebieten, wo auch zu Gunsten von orthodoxen Juden ganze Araberstämme zwangsumgesiedelt werden mussten. Oder die gegenwärtige Blut- und Erde Politik in der Ukraine mit dem fatalen russischen Geltungsanspruch. Die Androgynen agieren vergleichbar. Natürlich wird in den folgenden Heften ihr menschenfeindliches brutales Verhalten relativiert und auf irgendwelche “Fehler” reduziert, für die sie nicht verantwortlich sind.  Auch zwischen Androgynen und Menschen gibt es diese Frage. Was ist echtes Leben und welche Rechte haben in diesem Fall die Roboter? Agieren sie nur aufgrund einer Programmierung Perry Rhodans - wie immer diese auch ursprünglich geheißen hat - oder entwickeln sie sich selbst weiter. Auch zu den  Hintergründen ihrer Exilierung durch die BASIS fehlen noch entsprechende Fakten, um das brutale Vorgehen der Roboter mit ihren neuen, aber seelenlosen wie menschenleeren Städten richtig einordnen zu können. 

Viele interessante und sicherlich ausbaufähige Ansätze, aber Dietmar Schmidts bis auf die angesprochenen Dialoge eher wenig emotionaler, fast phlegmatischer und uninspirierter Aufbau seines Romans sowie einige Widersprüche in der grundlegenden Handlung - an einer Stelle kann Bina mal der Schlacht genau folgen, dann wieder nicht; die einzelnen Tests wirken nicht konsequent genug entwickelt, um Menschlichkeit per se zu  prüfen -  widersprechen den in der Theorie vorhandenen Potential dieser Miniserie, grundlegende Themen auf Perry Rhodan Art und Weise anzugehen. Unabhängig von der Tatsache, dass Perry Rhodan als Figur irgendwie nicht wirklich Dietmar Schmidt liegt. Er findet in wichtigen Szenen während und nach dem Test sowie dem verblüffenden, unlogischen Ergebnis keinen wirklichen Zugriff auf den Charakter und rettet sich ein wenig - sicherlich auch dem Expose geschuldet - in Plattitüden.  

Perry Rhodan Androiden Teil 3 - Der Jahrtausendirrtum - Dietmar

Heftroman, 64 Seiten

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