Rettungskreuzer Ikarus 56 - "Showdown auf Talith"

Dirk van den Boom

Mit “Showdown auf Talith” liegt die zweite “Rettungskreuzer Ikarus“ Trilogie dieses Mal aus der Feder des Serienschöpfers Dirk van den Boom komplett vor. Wie bei Irene Salzmanns Arbeit ist der Vorteil des neuen Konzeptes am vorliegenden Roman gut zu erkennen. Die Bedrohung wird im ersten Roman angedeutet, im Mittelteil werden die entsprechenden Maßnahmen diskutiert und im vorliegenden Abschlussband die Galaxis wieder einmal gerettet. Dabei muss sich der Autor den Vorwurf gefallen lassen, dass die Grundidee hinter dieser Bedrohung insbesondere in Kombination mit den Auswirkungen des Wandervirus nicht so originell ist wie die ersten Andeutungen es erscheinen lassen. Auch die Idee einer uralten wie phlegmatischen Rasse – die Talithi – wird nicht so gut ausgespielt wie es das Potential des Plots vermutet hätte. Die große Überraschung des mittleren Romans dieser Trilogie ist es ja gewesen, dass die vermeidlichen Opfer in ihrem strategisch wichtigen System sich im Grunde gar nicht um die möglichen Eroberer und willigen Freunde kümmern.  Sie haben nicht nur eine originelle Kultur, sondern vor allem eine gänzlich andere Einstellung zum Leben und Überleben ihrer Spezies.

Da Dirk van den Boom im abschließenden Band der Trilogie den Vorhang weiter lüften muss, zeigt sich, dass diese Ignoranz auch nur ein Teil eines wieder großen Plans ist, der durch Passivität auf der Seite der Talithi und durch Aktivitäten auf Seiten in erster Linie der Menschen umzusetzen ist. Dabei spielt ohne Frage auch der Zufall eine Rolle.Von der Struktur her mit zwei parallel laufenden Ebenen zieht Dirk van den Boom ohne Frage das Tempo an und versucht den zu ruhig entwickelten Mittelteil vergessen zu machen. Dirk van den Boom ist in erster Linie für seine pointierten manchmal zweideutigen Dialoge bekannt, von denen sich im ersten Teil ausreichend finden. Vielleicht ist es auch eine Spiegelung der Ereignisse, dass Biologie und Fortpflanzung in fast allen Szenen eine wichtige Rolle spielen. Die doppeldeutige Ironie des ersten Romans oder gar die emotionalen Verwicklungen, mit denen Irene Salzmann in ihren drei Romanen spielte, werden allerdings im vorliegenden Band nicht erreicht, da der Autor die Handlung zu Ende führen muss. Das gelingt ihm insbesondere im Vergleich zu einigen anderen „Rettungskreuzer Ikarus“ Romanen gut, er muss den Handlungsbogen nicht abrupt beenden oder den Plot wie Irene Salzmann ausweiten, um die ganzen Facetten zu erfassen. Wie schon angedeutet ist die Hintergrunderklärung zu wenig überraschend und mit etwas mehr Originalität und vor allem etwas mehr „Diplomatie“ hinsichtlich der sich um Talithi streitenden Parteien hätte der vorliegende Roman zu einem Höhepunkt der Serie werden können. In seinen bislang zwei „Eobal“ Bänden hat der Autor mehrfach bewiesen, dass er die Fallstricke der Politik genauso beherrscht wie exotische Rassen zu beschreiben. Letzteres ist im vorliegenden Roman ohne Frage ein Höhepunkt und wenn am Ende der Botschafter Boldin von seinem Antagonisten einige Ratschläge hinsichtlich einer ruhigen, lebenslangen Zukunft bekommt, dann schließt sich der Kreis zum Auftaktroman.

Weiterhin positiv ist, dass Dirk van den Boom in seiner Trilogie auf Figuren setzt, die vom Wanderlustvirus vielleicht nicht so sehr beansprucht worden sind. Dabei spielt die Crew um Captain Roderick Sentenza bis auf den Transportfaktor nicht einmal eine wichtige  Rolle. Es ist der multiimperiale Botschafter Boldin, der fast alle die Angelegenheit schulternd im Mittelpunkt der Geschehnisse steht. Auch wenn der Leser keinen Augenblick glaubt, dass diesen Figuren wie der Mannschaft des Rettungskreuzers Ikarus etwas passieren kann, nimmt sich Dirk van den Boom über die Trilogie hinaus sehr viel Zeit, um die Figuren liebevoll exzentrisch, aber auch glaubwürdig zu charakterisieren. Auch wenn sie inzwischen viel in ihrem Leben gesehen haben, werden sie insbesondere mit der Biologie der Talithi und den damit in einem Zusammenhang stehenden Eigenschaften fast überfordert. Boldin überschreitet auf der emotional persönlichen Ebene manchmal die notwendige Distanz und in einigen Szenen hätte ihm vielleicht auch ein kommentierender Begleiter gut zur Seite gestanden, aber die Mischung aus Handlung und handelnden Personen stimmt.    

Zusammengefasst ist „Showdown auf Talith“ ein stringenter  und überwiegend bis auf die nicht zum ersten Mal erkennbaren, aber unnötigen Vorlagen Zufriedenstellender Abschluss der zweite „Ikarus“ Trilogie, in welcher neben der natürlich galaktischen Bedrohung vor allem der Hintergrund wichtiger Nebenfiguren als Unterstreichung der inzwischen erreichten Komplexität der Serie im Vordergrund steht.  

Titelbild: Timo Kümmel
Paperback, ca. 100 Seiten, ISBN 978-3-86402-192-3.