Planet der Spieler

E.C. Tubb

Im Original heißt der dritte Earl Dumarest Roman "Planet der Spieler" "Toyman". Dieser Titel bezieht sich auf eine Bemerkung, die der Weltraumtramp frustriert zwischen den verschiedenen Auseinandersetzungen von sich gibt: er fühlt sich wie ein Zinnsoldat. Auf einer gigantischen Bühne des Spieleplaneten hin und her geschoben, bevor man ihn achtlos wegwirft. Auch wenn E.C. Tubb auf verschiedene Motive/ Themen - platonische Liebe und die Arenaspiele - zurückgreift, ragt der Roman in vielerlei Hinsicht aus dem Frühstadion der Serie positiv heraus. Earl Dumarest sucht den Planeten Toy auf, weil es dort einen Supercomputer - im Original ironisch Library genannt - gibt, der über Generationen von der herrschenden Klasse - kapitalistisch sind es Anteilseigner an dem Spielbetrieb, die als bittere Ironie ihre Quartalsdividende immer ausgeben müssen - aufgebaut worden ist. Tubb integriert eine Reihe von bösartigen Anspielungen auf einen grenzenlosen Kapitalismus, in dem für die Herrschenden das Geldausgaben zur Pflicht geworden ist. Interessanterweise zum Leidwesen des ganzen Hintergrunds verzichtet der Autor auf jegliche Art von monetärem Glücksspiel in Form von Karten – siehe „Die Telepathin“ – oder zukünftigen einarmigen Banditen. Hier hätten sich weitere Anspielungen angeboten. Trotz dieses Versäumnisses ist der kapitalistische Aufbau Toys aber für die Veröffentlichungszeit des Romans ungewöhnlich und sogar kritisch zu nennen. Dumarest möchte von ihm die Position der Erde erfahren. Da Dumarest nicht über das nötige Kleingeld für einen längeren Aufenthalt als Nichthochreisender - eine Idee, die Tubb erst in späteren Büchern sehr viel ausführlicher beschreibt - verfügt, wird er für die Arena zwangsverpflichtet. Der Plot beginnt auch mit einer Handvoll Überlebender, die am nächsten Morgen nach dem Arenakampf von Wächtern zwangsexekutiert werden. Dumarest gelingt eine spektakuläre Flucht. Er muss sich jetzt auf dem Planeten verstecken, ohne einen Schritt näher an den Supercomputer gekommen zu sein. Während die Dumarest Handlungsebene relativ stringent erzählt worden ist und der Leser die eher passiven Schritte des Weltraumtramps sehr gut verfolgen kann, ist es die politische Ebene, welche den Roman so interessant und lesenswert macht. Der Planet Toy ist vor vielen Jahren als Planet der Spiele und nicht der Spieler wie der deutsche Titel fälschlich wiedergibt gegründet worden. Inzwischen ist die Idee vom gegenwärtigen Spielleiter pervertiert worden. Er hat sich zum Diktator aufgeschwungen und steht am Kopf einer klassischen Sklavengesellschaft. Er hat die Tötung der überlebenden Gladiatoren ebenso eingeführt wie die drakonische Zwangsverpflichtung von Besuchern des Planeten. Toy ist planetar vielleicht ein wenig zu einfach konstruiert als Aktiengesellschaft mit Anteilseignern aufgebaut. Wie schon angesprochen müssen die Dividenden ausgegeben werden. Sonst verfallen sie wertlos. Das führt sie impulsiven Zwangskäufen der herrschenden Rasse. Toy ist aber im Gegensatz zu den bisherigen monosozialen Welten der ersten beiden Romane auch ein Exportplanet, was ihn für die immer dominierende Rasse der Cyclan als weitere Machtposition interessant macht. Es gibt aber auf Toy eine Art Minderheitenklausel im imaginären Aktionsrecht. Wer zumindest zehn Prozent der Anteile an der TOY Planeten Ag hält, darf den Toymaster zu einem tödlichen Duell herausfordern. Im Untergrund versuchen der Kleinaktionär Leon mit der Prinzessin Quara - sie hält die zehn Prozent - diesen Widerstand zu organisieren und suchen nach einem Werkzeug, um den Umsturz zu vollenden. Das das Interesse auf den Einzelgänger Dumarest und seine unorthodoxen Methoden fällt, wird schnell klar. Im Vergleich zu den archaisch oligarchischen Strukturen auf den Planeten Gath und Hive ist der Toy ambivalenter strukturiert. Der Aufbau mit dem Fokus auf den Gladiatorenspielen wirkt wie in anderen Büchern der Serie primitiv und die "Brot und Spiele" Manier mit in diesem Fall zusätzlich der Hinrichtung aller Mitglieder der unterlegenen Seiten ist nicht unbedingt neu. Das Dumarest die beiden langen und interessant beschriebenen Auseinandersetzungen des Buches überleben wird, steht außer Frage. Es ist die bittere Ironie, kurz vor dem Ziel wieder mit leeren Händen indirekt durch die eigene "Schuld" darzustehen, welche den Roman so unterhaltsam und zeitlos macht. Über die Kulturen auf Toy erfährt der Leser nur wenig. Sie sind so irdisch, dass die Bemerkungen, dass aufgrund der verschiedenen Hautfarben niemals alle Menschen von der Erde abstammen können, falsch klingt. Tubb bewegt sich auf einem sehr schmalen Grad. Auf der einen Seite ist die Erde ein vergessener Planet, der zumindest zu den relativen Lebenszeiten Dumarest von mindestens einem Frachter angeflogen sein musste. Da der Weltraumtramp nicht selten die Flüge zwischen den Planeten im Tiefschlaf verbringt und der Autor niemals konkret wird, auf wievielen Welten sein Held schon vor "Planet der Stürme" nach der Erde gefragt hat, ist die vergangene Zeitspanne subjektiv. Auf der anderen Seite erscheint es allerdings unwahrscheinlich, dass alle Planeten bis teilweise in die kleinsten kulturellen Details so irdisch, so mittelalterlich archaisch sind, ohne das Erinnerungen an die Urwelt von Generation zu Generation weitergegeben worden sind. In diesen ersten Bänden der "Dumarest" Saga wird der Mythos der Erde mit ihrem langweiligen, nichts sagenden Namen zu oft und zu nachhaltig verspottet, als das diese Reaktionen in diesem Umfeld realistisch erscheinen. Es sind die Cyclan bzw. in den deutschen Taschenbuchausgabe Cyber, welche die Hintergrundebene bestimmen. Während sie in den ersten beiden Abenteuern eher eine neutrale Beobachterrolle eingenommen haben, agieren sie im vorliegenden Roman als schurkische Opportunisten, die versuchen, ihre Macht mit halblegalen und verbotenen Tricks zu erweitern. Ihre Mischung aus Verführung und Drohung funktioniert beim raffgierigen Diktator ausgesprochen gut. Sie nutzen die Schwächen nicht nur den monarchistischen Systems, sondern die Abhängigkeit von einem gigantischen Computer aus, der im Gegensatz zu ihnen seine Daten nicht selbstständig „erarbeiten“ kann. Tubbs Beschreibung eines einzelnen Cyber, die noch keinen Rückschluss auf die Intention dieser künstlichen Wesen im Allgemeinen zulässt, besteht aus einer interessanten Mischung aus greifbaren Fakten und Implikationen. Es ist auch das erste Mal, dass Dumarest unbewusst deren Pläne durchkreuzt. Im Verlaufe der folgenden Romane werden die Cyber zu seinem Erzfeind, deren Interesse weit über das Verhindern seiner erfolgreichen Suche nach der Erde hinausgeht. Obwohl Tubb ihre Pläne in der ganzen Serie nicht endgültig offenbart, zeigen sie ihre manipulierende, geschäftstüchtige Ader vorzüglich in „Planet der Spieler“. „Planet der Spieler“ ist einer der wenigen Dumarest Romane, in denen der Weltraumtramp zwar mehrfach die schmutzige Arbeit erledigen und sich in der finalen Auseinandersetzung – siehe auch „Die Telepathin“ – direkt oder indirekt gegen seine „Feinde“ durchsetzen muss. Tubb variiert in erster Linie die Motive. In „Die Telepathin“ ging es darum, das ihn liebende Mädchen vor ihrem Opfergang zu retten. In „Planet der Spieler“ hat Dumarest mit den politischen Ränkespielen im Hintergrund nur in so weit zu tun, als das er einer der zehntausende von Spielern ist, die bei positivem Ausgang des politischen Umsturzes Toy lebend verlassen können und zweitens der gigantische Computer ihm eine Antwort auf seine Frage geben könnte. Dumarest ist in dieser Hinsicht deutlich aktiver als in den ersten beiden Romanen, in denen ihm seine Reaktionen quasi von außen aufgedrückt worden sind. Wie heiß die Sehnsucht nach der Erde in ihm brennt, zeigt sich alleine in der Tatsache, dass er gegen den gefährlichsten Spieler des Planeten – den Toymaster selbst – zwar mit einem Gefährten an seiner Seite antritt. Ohne die politischen Zwischentöne im Hintergrund wäre „Planet der Spieler“ ein teilweise langatmiger Band, der versucht, von seinen zwei Kampfszenen zu Beginn und am Ende des Plots zu zerren. Das ist nicht nur auf den ersten Blick zu wenig. Mit dem Planeten Toy hat Tubb einen interessanten Spielplatz nicht nur der tödlichen Eitelkeiten geschaffen, aus dem der Autor allerdings angesichts des futuristischen Potentials viel zu wenig macht. Unabhängig von diesen Schwächen ist „Planet der Spieler“ ein kurzweiliges Science Fiction Abenteuer mit einigen sehr fundiert geschriebenen Szenen, aber auch manchem stereotypen Klischee.

Taschenbuch: 160 Seiten Verlag: Moewig Sprache: Deutsch ASIN: B003IDLQ8Q