Fotograf Adam und Arzt Lawrence finden sich unversehens in einem baufälligen Badezimmer wieder. Beide sind angekettet und eine Leiche liegt in der Mitte. Aber - wie sind die beiden in diese prekäre Situation hineingeraten? Keiner der beiden Männer hat irgendeine Erinnerung daran. Doch Lawrence dämmert es nach einer Weile: Sie könnten sich beide in der Gewalt des Jigsaw-Killers befinden, der in der Stadt seit einiger Zeit sein Unwesen treibt. Seine Spezialität: Er bringt seine Opfer in eine Lage, in der sie - seiner Ansicht nach - lernen müssen, ihr Leben "wertzuschätzen". Und jetzt sind Adam und Lawrence dran.
Filmkritik:
von Susanne Picard (für SF-Radio.net)
Ja, der tumbe Kettensägenmörder ist out, das weiß der geneigte Horror-Fan schon spätestens seit “Scream”, denn Phantasie ist auch im etwas heiklen Serienkiller-Genre gefragt. Schon in “Scream” kam der Serienkiller nur mit einer gewissen Portion Selbstironie durch die Handlung. Auch “Sieben” war so ein Thriller, in dem ein durchgeknallter Serienmörder seine Opfer auf ungewöhnliche und doch schauderhaft logische Weise umbrachte oder zumindest dem Tode nahebrachte. “Saw” reiht sich da nahtlos ein und ist ein würdiger Nachfolger dieses (beinahe) besten aller neuzeitlichen Horrorfilme.
Adam und Dr. Lawrence Gordon wachen, am Fußgelenk an der Wand angekettet, in einem schäbigen und baufälligen Badezimmer auf - und sie haben keine Ahnung, wie sie dahin gekommen sind. Das schauderhafteste an diesem Szenario: Zwischen beiden liegt eine Leiche in einer riesigen Blutlache, ein winziges Diktiergerät in der Hand.
Lawrence kommt als erster darauf - wahrscheinlich sind beide in der Hand des Jigsaw-Killers, der sich ähnlich wie Killer John Doe in “Sieben” eine besonders perfide Art und Weise ausgedacht hat, sich für vermeintliches Unbill an der Menschheit zu rächen. Der Jigsaw-Killer bestraft die Menschen dafür, dass sie das Leben nicht so wertschätzen, wie es sich seiner Meinung nach gehört. Inwiefern das auf Lawrence und Adam zutrifft, stellt sich erst mit im Badezimmer versteckten Hinweisen und einem ablaufenden Ultimatum heraus und zerrt nicht nur an den Nerven der Protagonisten ...!
Die ausgeklügelte Dramaturgie des Films sorgt dafür, dass man sich der Panik, die sich langsam in Lawrence und Adam ausbreitet, kaum entziehen kann. Immer enger scheint sich die Schlinge zu ziehen, die der Mörder ausgelegt hat, und Vernunft ist kein Ausweg, wie man ja doch immer hofft und wie noch “Sieben” versprach. Wäre David Mills nicht zornig geworden, wäre Tracy vielleicht nichts passiert... Aber kann man angesichts der Tatsache, dass man sich vor die Wahl gestellt sieht, entweder sich selbst oder den anderen umzubringen, eigentlich noch vernünftig sein?
Einer der großen Vorteile von “Saw” ist in jedem Fall, dass sich der Film auf nicht sehr bekannte Darsteller verlässt. Je bekannter, desto unwichtiger, scheint er zu sagen und recht so. Man ist eben durch Sehgewohnheiten darauf geeicht, die unbekannten Schauspieler als unwichtig anzusehen und meist sterben die ja auch schon bald. Der Film verzichtet auf diese Einteilung und setzt sich darüber hinweg, so dass man nichts als sicher annehmen sollte. Jede Person bekommt ihre Geschichte, egal wie wichtig oder unwichtig sie auch scheinen mag. Das macht die Atmosphäre umso dichter und unversehens ist man in den Terror sämtlicher Figuren einbezogen, denn wer wollte sich freisprechen von dem, was die Figuren durchmachen müssen?
Jeder scheint auf gewisse Weise sowohl unschuldig wie auch schuldig an seiner Situation zu sein, angefangen von den Opfern, die sich der Jigsaw-Killer ausgesucht hat, bis hin zu den Tätern, die ja vielleicht auch nichts anderes sind als arme Opfer, nicht wahr? Kann man seine Handlungen überhaupt steuern? Vielleicht nicht. Erschreckende Vorstellung.
Ja, so kann man eine Horrorgeschichte auch erzählen, mal nicht einfach nur draufballern oder umbringen, sondern Gründe dafür zeigen. Bei Opfern und Tätern. Das erschreckt in der Tat mehr als Hunderte Liter Kunstblut! Die Logikfehler fallen da nicht mehr wirklich ins Gewicht, auch wenn sie natürlich da sind - aber in Anbetracht der Tatsache, dass das Horrogenre neben den Komödien dasjenige ist, an das Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseure die wenigste Mühe zu verschwenden scheinen, verzeiht man das gern. Dieses Mal war das eindeutig anders - schön das zu sehen und zu hören, und wie gesagt, wenn man zulässt, sich von der Geschichte einfangen zu lassen, fällt das auch gar nicht weiter ins Gewicht.