Spider-Man

Originaltitel: 
Spider-Man
Land: 
USA
Laufzeit: 
121 min
Regie: 
Sam Raimi
Drehbuch: 
David Koepp
Darsteller: 
Tobey Maguire, Kirsten Dunst, James Franco, Willem Dafoe
Kinostart: 
06.06.02

Peter Parker ist ein intelligenter, aber etwas glückloser Schüler, der für die Schülerzeitung arbeitet und seit seinem sechsten Lebensjahr in das Nachbarmädchen Mary JaneWatson verliebt ist. Das traut er sich ihr natürlich nicht zu sagen. Sein bester und einziger Freund ist Harry Osborn, Sohn des schwerreichen Konzerneigentümers Norman Osborn. Harry ist weit weniger schüchtern und bandelt während eines Schulausflugs in ein genetisches Labor direkt mit Mary Jane an. Auch sonst bietet der Ausflug Raum für Überraschungen, denn Peter wird von einer radioaktiven Spinne gebissen und entwickelt bereits am nächsten Morgen erstaunliche Fähigkeiten.


Filmkritik:
von Claudia Kern

"With great power comes great responsibility." Diesen Satz legte Spider-Man-Erfinder Stan Lee seinem Superhelden einst in den Mund und auf niemanden passt er heute besser als auf Sam Raimi, den Regisseur des Mega-Über-Hype-mehr-als-100-Millionen-Dollar-an-einem-Wochenende-Superhits Spider-Man.

Große Macht hat man ihm, der einst mit Tanz der Teufel 1 - 3 Kultstatus erreichte, gegeben, dabei war Raimis Wahl nicht nur beim Studio, sondern vor allem bei den Fans äußerst umstritten. Ein Grund dafür war seine fehlende Erfahrung mit sogenannten Big-Budget-Filmen, also Produktionen, die so riesig sind, dass der Regisseur sich fühlen muss wie eine Ameisenkönigin auf einem gigantischen Ameisenhaufen - abgesehen von dem lästigen Eier legen und diesem ekligen Schleim...

Aber zurück zum Thema: Den Fans war es natürlich herzlich egal, ob Sam Raimi mit Big Budget arbeiten konnte oder nicht, sie interessierten nur die Filme, die er in den letzten Jahren gedreht hatte und da fand man nicht nur Hits wie Tanz der Teufel, Armee der Finsternis und Darkman, sondern auch Missgeschicke wie Die Schnellen und die Toten (mit Sharon Stone als Revolverheldin und Dialogen, die man hören muss, um sie zu glauben), For the Love of the Game (Kevin Costner in einem Baseball-Film - überraschenderweise wollte das niemand sehen...) und nicht zuletzt The Gift, der mir persönlich recht gut gefiel, den die meisten Fans jedoch ablehnten.

Auch seine Produzentenkarriere im US-Fernsehen stand nach den Erfolgen Hercules und Xena unter keinem guten Stern. So war er unter anderem an den Quotenkillern Cleopatra 2525 und Jack of all Trades beteiligt und schreckte sogar vor Hercules and Xena - The Animated Movie: The Battle for Mount Olympos nicht zurück. Ob man soviel Mut jetzt bewundern oder bedauern soll, kann jeder für sich selbst entscheiden.

In jedem Fall sahen die Fans, dass ein Sam-Raimi-Film nicht zwangsläufig gut werden musste und das sorgte für Bedenken und Unkereien. Spider-Man, so war es immer wieder zu hören, sei vielleicht nicht der berühmteste Superheld, dieser Preis ginge wohl an Superman und, auch nicht der coolste, das wäre zweifelsohne Batman, aber doch der menschlichste Superheld und viele befürchteten, dass man diesen Charakterzug unter der Special-Effects-Maschinerie Hollywoods begraben würde. Grund genug hatten sie ja für ihre Skepsis, denn gerade in den letzten Jahren hielten die Sommer-Blockbuster selten, was sie versprachen; man denke da nur an Star Wars - Die dunkle Bedrohung, Planet der Affen oder Tomb Raider. Auch die vorangegangenen Comicverfilmungen glichen eher einem Trauerzug als einer Freudenparade. Katastrophen wie Batman III und IV, Spawn (der Film, nicht die hervorragende Zeichentrickserie) und Tank Girl gaben wenig Anlass zu Optimismus. War Sam Raimi wirklich der Mann, der den Fans das Vertrauen in Hollywood zurückgeben konnte?

Um die ganze Sache abzukürzen: Ja.
Sam Raimi gelingt es nicht nur, den Geist der Spider-Man-Comics einzufangen, er erzählt gleichzeitig auch noch eine richtig gute Geschichte und die hört sich in etwa wie folgt an: Peter Parker (Tobey Maguire) ist ein intelligenter, aber etwas glückloser Schüler, der für die Schülerzeitung arbeitet (in US-Filmen stets ein klares Zeichen für einen der unteren Ränge auf der Beliebtheitsskala) und seit seinem sechsten Lebensjahr in das Nachbarmädchen Mary JaneWatson (Kirsten Dunst) verliebt ist. Das traut er sich ihr natürlich nicht zu sagen. Sein bester und einziger Freund ist Harry Osborn (James Franco), Sohn des schwerreichen Konzerneigentümers Norman Osborn (Willem Dafoe). Harry ist weit weniger schüchtern und bandelt während eines Schulausflugs in ein genetisches Labor direkt mit Mary Jane an. Auch sonst bietet der Ausflug Raum für Überraschungen, denn Peter wird von einer radioaktiven Spinne gebissen und entwickelt bereits am nächsten Morgen erstaunliche Fähigkeiten. Er verfügt plötzlich über große Körperkräfte, benötigt keine Brille mehr und kann klebrige und enorm belastbare Spinnennetze aus seinen Handgelenken verschießen (eigentlich dachte ich ja immer, die Netze kämen bei Spinnen aus dem--- na ja, ist vielleicht nicht so wichtig). Außerdem hat er eine Art Frühwarnsystem für Gefahren entwickelt, kann die Wände hoch laufen und ist so dermaßen schnell, dass Keanu Reeves in The Matrix echte Probleme bekäme.

Schon mit Beginn der ersten Szene macht Sam Raimi deutlich, dass es ihm nicht um Spider-man geht, sondern um Peter Parker. Es ist seine Geschichte, die erzählt werden soll, es geht um sein Leben und um die Veränderungen, mit denen er durch seine Spinnenkräfte konfrontiert wird. Und so ist es auch kein Wunder, dass Tobey Maguire den Film über weite Strecken trägt. Er portraitiert Peter Parker als unsicheren und schüchternen Schulabgänger, der nicht so recht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll und erst hinter der Maske des Spider-Man genügend Selbstbewusstsein findet, um mit Mary Jane zu flirten.

Auch die anderen Figuren sind hervorragend besetzt, von Kirsten Dunst über Hollywood-Urgestein Cliff Robertson bis hin zu Gastauftritten von Bruce Campbell und Sam Raimis Bruder Ted. Einzig Willem Dafoe ist ein wenig verschenkt, denn hinter der starren Maske des grünen Kobolds lässt sich seine Mimik nicht mehr erkennen, was wirklich schade ist.

Aber es sind nicht nur die Charaktere und die Handlung, die einen Sommer-Blockbuster ausmachen, sondern auch der Action-Gehalt und der ist in der zweiten Stunde deutlich höher als in der ersten. Während wir zu Beginn die Figuren und Peters Fähigkeiten kennen lernen, lässt Raimi es in Stunde zwei so richtig krachen. Da schwingt sich Spider-Man wie Tarzan durch die Häuserschluchten New Yorks, während der grüne Kobold auf seinem Fluggleiter die Stadt terrorisiert. Die Geschwindigkeit zieht stark an und es gibt ein oder zwei richtig gelungene Wendungen, bevor der Film noch einmal zur Ruhe kommt und dabei genau die richtige Mischung aus einem glücklichen und einem unglücklichen Ende findet.

Wollte man Spider-Man auf einen Punkt reduzieren, so wäre es diese Balance aus Charakterarbeit und Action, Tragik und Humor, die ihn neben Unbreakable zum besten Superheldenfilm der letzten Jahre macht.

In der alten Spider-Man-Serie hieß es im Vorspann: "Spider-Man, Spider-Man, doing the things that a spider can". Der neue Spider-Man kann das auch, aber noch viel, viel mehr.

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