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Während der Originaltitel der aktuellen Episode von The Walking Dead mit “Still Gotta Mean Something” noch Bezug auf eine Aussage Carls und dessen Wunsch nach einer besseren Welt nimmt, hält man es im Deutschen simpler: “Ich sterbe nicht” - und trifft damit ein Problem der neueren Staffeln unpoetisch auf den Punkt.
Der ewige Kreis
Keine Frage, auch diese Episode hat ihre Momente und kann zwischenzeitlich unterhalten. Doch dreht man sich mit der Handlung und den Hauptcharakteren weiterhin im Kreis. Niemand stirbt, niemand entwickelt sich bedeutend weiter, niemand hat eine große Eingebung, und alles zieht sich weiter wie sehr schaler Kaugummi.
Immerhin kann man Morgan seine Verzweiflung ob der Feststellung, dass er nie stirbt, aber immer anderen dabei zusehen beziehungsweise selbst töten muss und alles nur schlimmer und schlimmer wird, verstehen.
So ist auch der “große” Cliffhanger bezüglich Tara in Wirklichkeit gar keiner: Natürlich hat sie überlebt, da Dwight sie mit einem sauberen Pfeil angeschossen hat. Das große Fragezeichen nach dem Angriff der Survivor auf Hilltop bleibt: Wieso sind mit Zombieschmodder beschmierte Waffen auf einmal ein Problem?
In der Serie kam es zigfach vor, dass offene Wunden in direkten Kontakt mit Zombiegedärm kamen, ohne dass sich je einer infizierte. Auch waren diverse Waffen in der Vergangenheit sicherlich nicht steril, ehe sie jemanden verletzten. Zumindest ein kleiner Hinweis innerhalb der Seriengeschichte wäre da schon sinnvoll gewesen. Nun wirkt es arg aufgedrückt und deplatziert, dass sich so einfach und schnell quicklebendige Hilltopper in Zombies verwandeln konnten.
Nicht, dass man Tara groß hinterher weinen würde - aber im Vergleich zu den Opfern aus der hinteren Reihe wäre sie immerhin ein etwas präsenterer Charakter gewesen, den es getroffen hätte.
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Glück muss man haben
Nach dem Wirbel im Hilltop ist der kleine Henry verschwunden. Carol hat schon so eine Ahnung, was mit dem wohl passiert ist und ist nicht sonderlich erpicht darauf, auf die Suche zu gehen. Was Ezekiel nicht unbedingt erschreckt, aber immerhin arg irritiert - was ist aus der starken, mutigen Kämpferin geworden?
Schließlich begibt sie sich doch auf in die Wälder, allerdings um ein Auge auf Morgan zu haben. Dieser befindet sich nach wie vor voll im Massenmörder-Rache-Modus. Zwar kann man ein Auge nach Henry offen halten, aber eigentlich geht es darum, die Savior zur Strecke zu bringen.
Carol muss irgendwann einsehen, dass sie Morgan ziehen lassen muss. Allerdings entwickelt sie dann doch den Wunsch, Henry zu finden - und wenn es nur eine Zombieversion ist.
Doch ach, es kommt anders. Denkt dran: Niemand stirbt. Was für ein Glück, dass Carol gerade in dem Moment auftaucht, wo es für den Jungen so richtig eng wird. Im letzten Moment erledigt Carol eine kleine Gruppe Zombies und schließt Henry überglücklich in die Arme. Alles hat auf einmal wieder einen Sinn. Ezekiel hatte recht. Konfetti. Für das Drehbuch kann der Darsteller nichts, aber ja - Henry nervt. Sehr. Dem Jungschauspieler wünsche ich alles Gute, für Henry wäre mir ein Zombiekinddasein allerdings deutlich lieber.
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Ignorieren hat schon immer geholfen
Dass Rick der Tod seines Sohnes zu schaffen macht, ist klar. Schön wäre jedoch, wenn man dies irgendwie ernsthaft erkennen würde. Seine Wut und Verzweiflung wirkt nicht anders als bereits zuvor. Er hat Carls Brief an Negan gelesen, möchte wissen was, er Michonne schrieb - aber seinen eigenen liest er nicht. Weil .. .weil. Dass er definitiv nicht so handelt, wie es sich Carl gewünscht hat, dürfte eh klar sein.
Während man Michonne die Trauer und Verzweiflung durchaus ansieht, fehlt bei der Darstellung der Partnerschaft von Michonne und Rick weiterhin jede Chemie. Es hilft auch nicht, dass diese jenseits der extra geschriebenen Paar-Momente komplett ignoriert wird. Keine kleinen Gesten, kurze Worte der Zuneigung oder Ähnliches. So ist es beinahe jedes Mal aufs Neue eine Überraschung, wenn sich beide küssen - auch, weil es sehr gezwungen wirkt.
Anstatt also sich etwas mit seiner Trauer zu beschäftigen oder sich auch nur um die Restrukturierung seiner Gruppe zu kümmern, zieht Rick los auf die Suche nach den Saviorn und Negan. Natürlich um Rache zu nehmen und es diesmal wirklich endgültig final richtig zu beenden.
Zum Glück trifft er unterwegs Morgan, der immerhin ähnliche Vorstellungen hat. Nicht lang, und sie finden die aus dem Hilltop getürmten Savior. Oder eher: Diese finden Rick und Morgan. Eine Fesselszene mit herannahender Zombiehorde brauchte die Episode noch dringend. Im Chaos bleibt Morgan und Rick genug Zeit, die zerstrittenen Savior - von denen einige gar keine mehr sein wollen - weiter zu entzweien und sich befreien zu lassen.
Nachdem die Zombiegefahr weitestgehend gebannt ist, richten sich Rick und Morgan wortlos gegen die Savior und metzeln sie nieder. Obwohl Rick vorher einigen davon nicht nur Verschonung, sondern gar Aufnahme in seine Gruppe versprochen hat. Spätestens jetzt ist klar: Rick hat kaum noch Skrupel und es ist nicht absehbar, ob überhaupt noch irgendwer mit Blick auf die Zukunft für eine bessere Welt kämpft.
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© Gene Page / AMC
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Negan Houdini
Die schönsten Szenen der Folge gingen abermals an Jadis. Jedoch muss man viel “irgendwie hat das funktioniert” hinnehmen.
Man sieht, wie sie mit großer Schauspielkunst und schneller Denke das Gemetzel der Simon-Savior als einzige ihrer Gruppe überleben konnte. Aber wie konnte sie Negan nach dessen Kampf mit Rick in ihr Auto bekommen? Ist sie Rick gefolgt - und auch hier wäre die Frage: Wie?
Ähnlich wie zu den Anfangszeiten von The Walking Dead sind das Fragen, die man sich amüsiert stellen kann, solange die Geschichte an sich funktioniert. Und das tut sie bei Jadis. Abermals ist es äußerst wirkungsvoll, dass sie sehr wenig spricht und die Szenen vor allem durch ihr starkes Schauspiel getragen werden.
So sieht man auch, dass Jadis nicht im Müll der Halde lebt. Von innen sieht ihr Container nach sehr moderner, stylisher Minimalistenwohnung aus. Sorgsam packt sie einen Koffer und verabschiedet sich. Es ist klar: Sie wartet auf etwas.
Die Zwischenzeit nutzt sie, um etwas mit Negan zu spielen. Diesen hat sie der Einfachheit halber auf ein Rollbrett gefesselt. Zwar droht sie mit Lucille, aber schlägt nicht selbst zu. Zum Einschüchtern holt sie eines ihrer bekannten Zombie-Konstrukte. Allerdings ist in der Zusammenstellung auch unklar, ob der mit einem Bettgestell verbundene Zombie dem an ein Brett gefesselten Negan überhaupt gefährlich werden könnte.
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Natürlich merkt auch Negan, wie gebrochen Jadis ist - und redet ihr zu. Auf seine ganz eigene Negan-Art wirkt er damit schon beinahe sympathisch und erzählt auch zumindest ein wenig was über sich. Ob die Geschichte rund um die Namensgebung von Lucille wirklich stimmt, sei dahingestellt. Aber abnehmen konnte man es ihm.
Zudem hat Negan magische Fähigkeiten. Anders ist es nicht zu erklären, dass er im Bruchteil eines Augenblicks in seinem vollgefesselten Zustand aus einem geschlossenen Koffer, der in etwas Entfernung stand, Bilder und weitere Gegenstände entwenden konnte. Es sind die letzten Dinge, die Jadis geblieben sind und mit denen er sie zu manipulieren versucht. Und ja, innerhalb der Episode wirkt es eher so, als habe man eine entscheidende Szene verpasst.
Erstaunlich ist, wie gefasst Negan die große Überraschung aufnimmt: Jadis hat nicht nur zufällig auf einen Hubschrauber gewartet, sondern wusste recht genau, wann dieser auftauchen wird. Allerdings wird Jadis nicht wie erwartet abgeholt, sondern der Hubschrauber dreht wieder ab.
Die Verzweiflung ist ihr anzusehen. Und wieder einmal gelingt es Negan, lebend aus der Sache zu entkommen. Weder tötet Jadis ihn noch hat er Ambitionen ihr etwas anzutun. Beide sind sich einig: Menschen sind eine Ressource.
So zieht Negan abermals von dannen und reitet / fährt in den Sonnenuntergang. Auf seinem Weg zurück zur Sanctuary sammelt er noch zufällig jemanden auf - dem Zuschauer wird jedoch noch vorenthalten, um wen es sich handelt. Im Netz kursieren einige Theorien, bis hin, dass es Carl sein könnte. Naheliegender wäre jedoch Laura - eine der höheren Savior, die weiß, dass Dwight der Maulwurf ist und auf Seite von Rick steht.
Fazit
Stirb endlich - sowohl auf einzelne Charaktere als auch den kompletten Kriegs-Handlungsstrang bezogen. Die Geschichte dreht sich im Kreis und zieht sich unnötig. Zwar gelingen durchaus einzelne gute Momente, die können jedoch nicht die komplette Episode tragen. Ein klarer Schnitt und Neuanfang ist dringend nötig.