Kiwami 2 Headerbild
Neuauflagen scheinen in den vergangenen Jahren Hollywoods Erfolgsrezept Nummer Eins zu sein und sind vielen Fans der Originale ein Dorn im Auge. Ob es diese Remakes wirklich braucht, diese Frage ist der Gegenstand vieler Diskussionen. In der Videospielwelt ist das nicht anders, doch hier muss man zwischen den Begriffen Remaster und Remake differenzieren. Ein Remaster ist eine technisch aufgebesserte Version eines Titels, damit dieser auf aktueller Hardware noch zeitgemäß aussieht, ohne inhaltliche Veränderungen. Das ergibt in der Videospielindustrie sehr viel Sinn: Wenn neue Konsolen erscheinen, haben selbst Titel, die erst wenige Jahre alt sind, durch die neuen Komponenten auf einmal viel mehr Möglichkeiten.
Ein Remake hingegen verändert das Spiel teilweise von Grund auf. Zusätzlich zur technischen Aufwertung eines Remasters, wird das Gameplay in unterschiedlich großen Teilen angepasst, ganz neue Teile können ergänzt werden. Das Äquivalent im Filmbereich wäre wohl am ehesten ein Director’s Cut. Mehr zu diesem Thema wird im Mehr-Spieler-Podcast beredet. Aktuell hat Publisher Sega Yakuza 2 von 2006, damals noch auf der Playstation 2, ein Remake in Form von Yakuza: Kiwami 2 spendiert. Dafür bekamen die Verantwortlichen viel Kritik, denn manche Inhalte wurden aus dem neuen Spiel herausgenommen. Es kommt die Frage auf: Was darf eigentlich ein Remake?
Diskurs und Erinnerung ist das, was bleibt
Die wesentlichen Neuerungen in Kiwami 2 sind ein neues Kampf- und Levelsystem, neue Minispiele, Nebengeschichten und zwei große Nebenbeschäftigungen für den Protagonisten. Diese Inhalte ersetzen natürlich die Originalen, doch die größte Kritik gibt es für den Schnitt von Shinseikai, einem Stadtviertel von der japanischen Großstadt Osaka. Dieses Gebiet wurde in Yakuza 2 erst spät im Spiel freigeschaltet, was für viele Spieler eine angenehme Überraschung war. Die Theorie von vielen Fans: Das Studio war schlicht “zu faul”, um Shinseikai in neuer Grafik erstrahlen zu lassen. Wilde Theorien kamen vor der Veröffentlichung auf und damit auch die Befürchtung ein großer Teil der Geschichte könnte geschnitten worden sein. Um diese Frage zu beantworten ohne diesen Teil der Geschichte zu spoilern, ein kurzer Ausblick.
Yakuza: Kiwami 2 dreht sich um den Krieg zwischen den zwei größten Yakuza-Clans im Spiel: Dem Tojo-Clan aus Tokio und der Omi-Allianz aus Osaka. Nach mehreren Attentaten der Allianz, auch auf Protagonist Kiryu Kazuma, kommt eine dritte Partei zum Vorschein - die kriegerische koreanische Jingweon Mafia. Diese wurde eigentlich vor zwanzig Jahren von der Yakuza in stummer Übereinkunft mit der machtlosen Polizei vollkommen ausgelöscht. Mit blutigen Aktionen wollen die Koreaner nun ihre Rache, auch wenn dabei die ganze Nation brennt. Um aufzudecken, was wirklich in der Vergangenheit passiert ist, tut sich Kiryu mit der aufstrebenden Kommissarin Kaoru Sayama zusammen. Und weil das noch nicht genug ist, nutzt der Antagonist Goda Ryuji das Durcheinander, um die gesamte Unterwelt an sich zu reißen.
Die Geschichte bleibt dem Original treu und umgeht den Schnitt eines Gebiets elegant mit einer abgeänderten Mission, die nun stattdessen im kultigen Sotenbori spielt. Einige Zwischensequenzen spielen somit vor anderen Hintergründen und mit anderer Musik. Das ist natürlich weniger eine stilistische Entscheidung, als durch Lizenzgründe begründet. Die japanischen Entwickler hätten vor zwölf Jahren wohl kaum ahnen können, dass sie alle Rechte des Soundtracks mehr als ein Jahrzehnt später für ein Remake brauchen könnten. Leidenschaftliche Fans, die das Original glasklar im Gedächtnis haben, mögen sich durchaus aus nostalgischen Gründe echauffieren, doch die Änderungen bleiben marginal. Ein Remake kommt per Definition mit inhaltlichen Veränderungen daher, wer die Zwischensequenzen eins zu eins wie 2006 sehen möchte, der kann ja auf das Original zurückgreifen, was bis heute noch beeindruckend aussieht, beachtet man die zwei Konsolengenerationen, die dazwischen liegen.
Die Vorgeschichte zum Prequel des vorletzten Prequels
Das Remake Yakuza: Kiwami 2 als solches zu akzeptieren, wäre wahrscheinlich die einfachste Lösung für alle. Neueinsteiger erfreuen sich an einer etwas zeitgemäßeren Umsetzung des Spiels, und alte Fans erleben eine neue Erfahrung oder Neuinterpretation. Niemand wird gezwungen, am Kanon zu zweifeln, man braucht sich nicht einmal fragen, ob das Remake überhaupt nötig gewesen ist. Denn Kiwami 2 bietet alleine mit seinen zwei neuen Nebenbeschäftigungen, dem taktischen Clan Creator und dem Managmentspiel Kabarett Club, dutzende Spielstunden neue Erfahrung. Der Club ist eine Fortsetzung der Geschichte von Yakuza 0, bei der diesmal Kiryu ein eigenes Etablissement leiten darf, was von amüsant klischeelastigen Antagonisten bedroht wird.
Im sogenannten Clan Creator, einer Weiterführung eines Spielelements aus dem sechsten Teil, hilft Kiryu seinem Langzeitrivalen Goro Majima, dessen Baufirma vor der gewalttätigen Konkurrenz zu verteidigen. Wie in Yakuza üblich, werden Probleme hier durch einen gezielten, aber unsanften Schlag auf das Cranium gelöst. In einer Vogelperspektive lenkt der Spieler die Spielfiguren wie in einem MOBA (Multiplayer Online Battle Arena, siehe Titel wie League of Legends oder DOTA 2). Diese beiden Minispiele können dutzende Stunden unterhalten, wenn der Spieler es denn will. Alternativ gibt es natürlich noch Karaoke, Mahjong, Baseball, Golf und mehr.
Die beste Ergänzung zum Originalspiel ist aber die eigenständige Majima-Saga. Hier übernimmt Majima als Protagonist und löst etwa drei Stunden lang auf, was mit bisher unaufgelösten Handlungssträngen zwischen Kiwami 1 und Kiwami 2 passiert ist. Das ist gerade für Kenner von Yakuza 0 sehr spannend, die Geschichte ist zwar nicht unfassbar wichtig, dennoch bieten die Zwischensequenzen sehr emotionalen Stoff. Majima hat zwar äußerlich seine Vergangenheit aufgegeben, doch hier hat er noch eine Chance wirklich damit abzuschließen.
Fazit
Yakuza: Kiwami 2 mag zwar umstritten sein, doch auch, wer das Original bis aufs Blut verteidigt, kann mit dem Remake viel Vergnügen haben. Viele neue Inhalte sollten genug sein, um alle Fans der Reihe zum Spielen anzuregen. Kiwami heißt frei übersetzt “extrem”, und genau so haben die Entwickler die Freiheiten ihrer Neuinterpretation aufgefasst. Das Yakuza 2 auf der Playstation 2 wird dadurch nicht entehrt, die neue Version zeigt vielmehr, wie gut die Geschichte um den Mord einer gesamten Mafia-Familie heute noch funktioniert.
Yakuza: Kiwami 2 ist für die Playstation 4 erhältlich. Die Serie wird auch langsam für den PC veröffentlicht, eine Adaption ist wahrscheinlich.