Comic-Kritik zu Black Hammer 3 + 4

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Black Hammer

Wer die Comic-Kritiken zu den ersten beiden Bänden nachholen will, wird hier fündig. Selbstredend muss in diesem Beitrag auf das bisherige Geschehen eingegangen werden, über Gebühr gespoilert wird jedoch nicht - zumal man im Falle von Black Hammer ohnehin lieber zu wenig als zu viel verraten sollte.

Age of Doom Buch 1 + 2

Wer nach Vergessene Helden und Das Ereignis immer noch nicht davon überzeugt war, dass Jeff Lemire mit Black Hammer eine Comic-Reihe von außergewöhnlicher Qualität geglückt ist, dürfte es mit hoher Wahrscheinlichkeit nach der Lektüre des ersten Age-of-Doom-Buches sein. Auf diesen 136 Seiten beweist der Kanadier auch dem letzten Zweifler, wie einfallsreich er und vor allem auch, wie durchdacht die von ihm ersonnene Geschichte ist. Man könnte sogar so weit gehen, zu sagen, dass mit jedem Kapitel die vorherigen noch aufgewertet werden, da immer offensichtlicher wird, wie sich alles fügt. Wobei das nicht bedeutet, dass sämtliche Fragen beantwortet werden. Die wichtigsten werden es aber, und all die Dinge, die vorerst im Unklaren bleiben, spielen im weiteren Verlauf der Handlung noch eine Rolle.

Dieser Umstand ist es nämlich unter anderem, der in den Augen vieler diese Panels so besonders macht: All das Präsentierte und die Art, wie es präsentiert wird, ist bereits absolut ungewöhnlich, doch der Ausnahmeautor gibt allen, die sich auf die von ihm minutiös vorbereitete Reise einlassen, von Seite zu Seite mehr das Gefühl, dass sie ihm vertrauen können. Ein unbefriedigendes, plattes oder vorhersehbares Ende ist ab einem Punkt Y nur noch schwer vorstellbar bis undenkbar. Wenn potenzielle Fallstricke nicht übersehen, sondern absichtlich ausgelegt werden, um den Heftkäufern zu zeigen, dass man gewillt ist, sie, allerdings auch sich selbst, herauszufordern, zeugt das von anspruchsvollem Storytelling. Lemire, der in Interviews schon häufiger erwähnt hat, wie wichtig ihm dieser von ihm kreierte Kosmos ist, traut sich eine Menge. Und seine Leser honorieren diese Risiken nicht nur, ihr Vertrauen in seine Fähigkeiten wird dadurch nur noch größer.

Black Hammer 4

Es scheint so, als hielte diese Welt noch unendlich viele Abenteuer für ihre sechs Ex-Helden und ihren aktiven Neuzugang bereit. Und wie sich im dritten wie auch vierten Band zeigt: Für diese Theorie lassen sich zahlreiche Argumente finden - zum Beispiel die Tatsache, dass Age of Doom endlich damit beginnt, dieses Universum etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis: Wer wissen will, was real ist und was nur den Eindruck erweckt, real zu sein, muss sich gedulden, rätseln, Mutmaßungen anstellen und vielleicht einfach einmal seiner Fantasie freien Lauf lassen. Exakt dazu lädt Black Hammer nämlich ein: Male dir etwas richtig Verrücktes aus, wundere dich am Ende jedoch nicht, wenn das, woran du gedacht hast, in ähnlicher Form eintritt - und Sinn ergibt.

Zumal dieser “Liebesbriefcharakter“, der die ersten beide Alben ausgezeichnet hat, nun noch um eine entscheidende Komponente ergänzt wird: eine Metaebene. Diese ist der Beleg dafür, dass Lemire mit Black Hammer nicht nur die Leistung unzähliger Kollegen von ihm würdigen möchte, die seit Jahrzehnten etwa für die großen Zwei arbeiten, sondern auch ganz allgemein die Comic-Kunst. Als sein neuer titelgebender Protagonist und Colonel Weird zwischenzeitlich (unabhängig voneinander und mit etwas zeitlichem Abstand) von den anderen “Farmbewohnern” getrennt werden, landen sie an Orten, die zuvor mit keinem Wort thematisiert worden sind. Daher ist es auch nur logisch, dass die beiden nicht wissen, wo sie sie sich befinden und alles daran setzen, um die anderen wiederzufinden. Währenddessen begegnen sie überwiegend skurrilen Gestalten, die noch mehr als die kuriosen Schauplätze für den bereits erwähnten Einfallsreichtum des Kanadiers stehen. Die einen passen auf den ersten Blick so gar nicht zu der Farm, ihren Bewohnern und deren Vergangenheit in Spiral City, auf den zweiten aber schon. Die anderen auf den ersten, auf den zweiten allerdings so gar nicht. Und dieser Effekt hat selbstverständlich weniger mit den Reaktionen und Worten der Hauptfiguren als mit den entsprechenden Zeichnungen zu tun. Diesen sieht man förmlich an, wie sehr es Dean Ormston, der für die meisten verantwortlich zeichnet, und Rich Tommasso, der vollkommen absichtlich für einen inhaltlich begründeten stilistischen Bruch sorgt, genossen haben müssen, sich hier richtig austoben zu können.

Was die Neulinge, die so schnell auftauchen, wie sie verschwinden, jedoch alle eint, ist, dass es gut vorstellbar ist, dass sie irgendwann plötzlich wieder wichtig werden - einer von ihnen ist sogar schon einmal zu einem früheren Zeitpunkt aufgetreten. Und der Hinweis, dass dem so war, ist ein Beispiel für eine Art indirektes Durchbrechen der berühmten vierten Wand. Gerade der vierte Band beinhaltet viele Momente, die auch als direktes Kommunizieren mit der Leserschaft verstanden werden können. Zumal besagter den Reboot-Hype der Gegenwart aufgreift und “Black-Hammer-isiert“, und zwar abermals so, dass dieser Vorgang sehr schlüssig und plausibel anmutet. Den Fans wird gewissermaßen eine alternative Version des Anfangs der Geschichte nachgereicht, der ihnen bisher im Prinzip vorenthalten worden ist. Die spärlichen Rückblicke in die “Vor-Landleben-Zeit“ werden damit noch deutlicher zu Auszügen aus einer Chronik, alten Zeitungsartikeln oder verblassten Erinnerungen. Sie dienten lediglich dazu, den Rezipienten die eine oder andere zusätzliche Information zu liefern und ihnen zu vergewissern, dass die Helden dieses Comics einst tatsächlich echte Helden waren.

Gleichzeitig wird durch diesen Neustart zum Thema gemacht, ob ebensolche überhaupt gebraucht werden, und inwiefern es das Leben eines Kämpfers für das Gute verändert, wenn er erstmals die Maske aufsetzt und/oder ein Cape anlegt. Diese Überlegungen wurden bereits vielfach und am Beispiel der unterschiedlichsten Beschützer des Planeten durchgespielt - der Schluss, zu dem Jeff Lemire (vorerst) am Ende dieser 192 Seiten kommt, ist aber neu. Dieses (vorläufige) Ende ist eben keines, das man schon zigmal in leicht abgeänderter Form gesehen hat, dafür allerdings eines, das nicht in Stein gemeißelt ist. Und deshalb fühlt sich dieser Abschluss auch viel mehr wie ein Auftakt an - einer, der in jedem Fall Lust auf die zahlreichen Spin-offs macht, die mittlerweile existieren.

Fazit

Mit Black Hammer: Age of Doom Buch 1 und 2 unterstreicht Jeff Lemire eindrucksvoll, dass er mit dem von ihm erschaffenen Multiversum offenbar noch viel vorhat und schürt bei seinen Anhängern berechtigte Hoffnungen darauf, dass die Ideen, die er noch nicht umgesetzt hat, diejenigen, die bereits in Heftform vorliegen, in den Schatten stellen könnten.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Dark Horse/ Splitter Verlag

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