Kritik zu Lucifer 2.10 - Quid pro ho

SPOILER

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Tom Ellis, Kevin Alejandor und Lesley-Ann Brandt in Lucifer

Wer erinnert sich noch gerne an die etwas enttäuschende Folge "My Little Monkey"? Diese nicht vollends durchdachte Folge mit einigen unrunden Momenten hat mit "Quid pro ho" nun ihre Daseinsberechtigung gefunden.

Denn mit der aktuellen Folge von Lucifer steht nun der Prozess gegen den Mörder von Chloes (Lauren Decker) Vater an. Zur moralischen Unterstützung ist Chloes Mutter Penelope (Rebecca De Mornay) dabei - und auch Lucifer (Tom Ellis).

Das Setting ergibt auf den ersten Blick wenig Sinn und noch weniger Sinn, wenn der Fall der Woche darin besteht, denjenigen zu finden, der aus Boris den kopflosen Russen gemacht hat. Boris war übrigens der, der in der Dampfbadszene von "My Little Monkey" das Sagen hatte. Nun ist es an Ella (Aimee Garcia), dessen Kopf herrlich ungerührt aus dem Paket zu nehmen und ihn zu untersuchen. Ihr trockener Humor ist ein gelungenes Gegengewicht zu der zum Teil überkorrekten und emotionalen Chloe.

"He killed Uriel to protect her."

Dass diese den Prozess noch erleben kann, hat sie Amenadiel (D.B Woodside) zu verdanken. Es war sowieso zu erwarten, dass die Autoren keinen Hauptcharakter über die Klinge gehen lassen, jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt in der Handlung. Von daher stand eigentlich nur die Frage im Raum, wie man es dieses Mal wieder schafft - schließlich wäre es in dieser Staffel bereits das zweite Mal gewesen, dass Chloe sterben soll.

Die Lösung wirkt etwas halbgar, aber noch zufriedenstellend. Im Prinzip redet Amenadiel so lange auf seine Mutter ein, bis es zu spät ist, um den Auslöser zu betätigen. War auch keine ganz so unkluge Idee, die beiden hätten eigentlich auch zu nah am Auto gestanden, wenn es Bumm gemacht hätte. Das schönste Detail an dieser Szene war jedoch, dass Amenadiel seinen kleinen Bruder im Gespräch mit seiner Mutter bei der Koseform nennt. Das sind Kleinigkeiten, die auf den ersten Blick unbedeutend wirken, für die Charakterisierung jedoch wichtig sind; und so, wie sich die Autoren zwischendurch präsentiert haben, könnte die Verbindung der Brüder für den weiteren Verlauf noch von größerer Bedeutung sein.

"So help me Dad."

Die Verhandlung entwickelt sich in der Folge unterdessen zum amüsanten Kammerspiel. Weder Lucifer noch Charlotte (Tricia Helfer) lassen etwas unversucht, um die Geschworenen auf ihre Seite zu ziehen. Die Darstellung aus Lucifers Sicht ist mit Wortwitzen gespickt und kokettiert wieder einmal deutlich mit dem Charme, den dieser Charakter versprüht. Man hat den Eindruck, als würde Tom Ellis in solchen Momenten noch ein Schippchen auf seinen britischen Dialekt draufpacken, um vor allem die weiblichen Charaktere vollends auf seine Seite zu ziehen.

"She doesn't deserve you."

"Quid pro ho" zeigt aber, dass seine Mutter so gut wie immun dagegen ist. Dabei kommt der Zuschauer für einen flüchtigen Moment in den Genuss, wie dem Teufel kurzfristig alle Gesichtszüge entgleisen, als nicht alles nach Plan läuft. Allerdings zeigt sich wieder einmal, dass auch Charlotte nur eine Mama ist. Denn schließlich sind viele Mütter gerade nach einer Trennung schnell bei dem Spruch "Die/der hat dich nicht verdient".

Umso treffender ist es dann, wie die Episode einen scheinbaren Logikfehler von "My Little Monkey" aufgreift, indem Charlotte vor Gericht die berechtigte Frage stellt, warum Chloe nie unter Verdacht gestanden hat und damit der Geschichte die entscheidende Wendung gibt. Damit droht der gewonnen geglaubte Prozess zu kippen.

Aufmerksamen Zuschauern wird nicht entgangen sein, dass Lucifer es nie müde wird zu erwähnen, dass er stets die Wahrheit sagt. Dies war immer wieder ein Thema, vor allem in den letzten Episoden. Und auch hier ist es großartig, wie die Drehbuchautoren die Auflösung dazu geben: Man kann den Teufel locker bei den Eiern, pardon, bei der Ehre packen, wenn man ihn der Lüge bezichtigt. Sein großer Bruder ist da immerhin von einem ganz anderen Schlag, da er der Wahrheit des öfteren immensen Spielraum gibt.

"Apologize your ass off."

Tatsächlich konnte man sich mit Charlottes Angebot für einen kleinen Moment nicht sicher sein, wie Chloe sich entscheiden würde Zwar hat die Serie nimmermüde darauf hingewiesen, wie gutherzig Chloe ist. Sie war ja schon so gut und moralisch gefestigt, dass es beinah langweilig war. Jedoch hatte man bei "My Little Monkey" deutlich gesehen, dass das Papa-Thema ein böses Thema ist und auch Chloe nicht immun gegen Rachgelüste ist.

Ihre Entscheidung führt zu einem wunderbar emotionalen Moment zwischen ihr und Lucifer. Hier stimmt die Chemie zwischen Tom Ellis und Lauren German einfach, die einen stummen Dialog zwischen Chloe und Lucifer mit wenigen Blicken gekonnt darstellen können.

Diese Episode hält jedoch nicht nur gefühlsduselige Momente parat; bei Lucifer liegt eine Stärke auch in der Komödie. Ella macht sich einen sichtlichen Spaß daraus, Dan (Kevin Alejandro) damit zu konfrontieren, dass seine sexuelle Durststrecke beendet ist. In einem Moment sehen wir noch Charlotte, die Dan an den Hintern packt und über sein Ohr leckt, in der nächsten Einstellung sitzt ein sichtlich betrübter Amenadiel bei Linda (Rachael Harris) auf der Couch - mit einem Lenkrad in der Hand, den kläglichen Überresten seines Autos, das Maze (Lesley-Ann Brandt) in die Luft gesprengt hat. Solche Schnitte könnten in die Hose gehen, passen vom Timing her jedoch wunderbar und sorgen für einen garantieren Lacher. Herausragend ist hier vor allem, dass die Darsteller sich für solche Momente nicht zu schade sind und es gekonnt rüberbringen.

Außerdem tragen diesen Szenen allen Lachern zum Trotz immer wieder zur Charakterisierung bei. Die kleine Kampfszene im Tempel zeigt nämlich gleich drei Dinge: Die Serie nimmt sich selbst nicht zu ernst, was sie an der Art, wie die Szene aufgebaut ist, beweist. Lucifer macht sich an Kleinigkeiten nicht die Hände schmutzig - auch wenn wir schon lange nicht mehr gesehen haben, dass er selbst ordentlich austeilen kann. Und Maze ist ihm immer noch unterstellt, da er sie wie einen Hund zurückpfeift; selbst seine Bemerkung lässt da wenig Raum für Interpretationen.

"No more secrets, Mom. No more lies."

Mit dieser Episode sind wir nun auch einen Schritt weiter. Chloe ist offiziell etwas Besonderes. Was genau - damit hält man sich immer noch zurück. Fest steht, dass Amenadiel schon einmal wegen Papa und Mama Decker auf die Erde geschickt wurde. Was genau Gottes Plan war, ist aber noch nicht klar geworden. Ob Er nun wusste, dass sein Jüngster aus der Hölle ausbricht und Chloe das Mittel sein wird, dass ihn wieder an seinen Platz zurückbringt - wer weiß.

Eins dürften wir aber jetzt schon wissen. Auch der vermeintliche Cliffhanger dieser Folge wird keiner sein. Fans der Serie können jetzt bis Januar darüber diskutieren, ob "DeckStar" Wirklichkeit wird und sie sich (endlich) küssen. Allerdings stehen die Zeichen dafür, dass Chloe und Lucifer im letzten Moment gestört werden - vermutlich öffnet sich wie so oft in der Serie mal wieder die Fahrstuhltür.

Fazit

"Quid pro ho" ist deutlich anzumerken, dass für Staffel 2 erst 13 Episoden vorgesehen waren, da die Handlung hier nun deutlich voranschreitet und einige Fäden zusammenführt. Das tut der Serie gut, weil die Haupthandlung in den vergangenen Folgen etwas dahin dümpelte. Bei Charlotte dürfte jetzt feststehen, dass sie wenig gute Absichten verfolgt und diese mit allen Mitteln durchsetzt - fraglich ist allerdings, welches Ziel genau sie verfolgt. Ab Januar geht es dann weiter mit Lucifer und der Folge 11 "Stewardess Interruptus".

Lucifer 2x11 Promo "Stewardess Interruptus" (HD) Season 2 Episode 11 Promo

Lucifer Staffel 2

Originaltitel: Lucifer (seit 2016)
Erstaustrahlung am 25.01.2016 bei Fox / 15.06.2016 bei Amazon Prime Video
Darsteller: Tom Ellis, Lauren German, Kevin Alejandro, D. B. Woodside, Lesley-Ann Brandt, Scarlett Estevez, Rachael Harris
Produzenten: Tom Kapinos, Ildy Modrovich, Len Wiseman, Jonathan Littman, Jerry Bruckheimer
Staffeln: 3+
Anzahl der Episoden: 51+


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