Winnetou: Der Mythos lebt - Kritik zu Teil 2 & 3 der RTL-Neuverfilmung

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Winnetou: Der Mythos lebt

Mit Eine neue Welt gelang RTL ein durchaus solider Auftakt zur neuen Winnetou-Trilogie. Selbst als Schwarzseher im Vorfeld musste man zugeben, dass die erwartete Katastrophe zunächst ausblieb. Die Fortsetzung Das Geheimnis vom Silbersee rückte dann allerdings das Weltbild vieler RTL-Kritiker wieder zurecht. Der zweite Film bewegt sich auf einem erschreckend schwachen Niveau und auch Der letzte Kampf hat mit so einigen Problemen zu kämpfen.

Der Schatz im Silbersee ist sicherlich die bekannteste Geschichte rund um Winnetou und Old Shatterhand. Natürlich darf diese bei einer Neuverfilmung nicht fehlen. Dass die Drehbuchautoren allerdings wohl nie ein Karl-May-Buch in der Hand gehabt haben, fiel auch dem Karl-May-Verlag auf. Nach einem Rechtsstreit wurde der Produktion untersagt, den tatsächlichen Buchtitel zu nutzen. Stattdessen wandelte man den Namen in Das Geheimnis vom Silbersee um, und stellt so sicher, dass das Drehbuch verfilmt werden konnte. Eine gute Idee war das nicht.

Das Desaster vom Silbersee

Die Macher der Trilogie betonten im Vorfeld immer, dass es ihnen vor allem um die Darstellung der wunderbaren Männerfreundschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand gegangen ist. Daran ist grundsätzlich nichts falsch, nur war schon im ersten Film spürbar, dass man dafür die meisten anderen relevanten Eigenschaften der beiden Figuren, vor allem in Hinblick auf ihr Können als Westmänner, über Bord warf. Das Geheimnis vom Silbersee macht dies noch einmal besonders deutlich. Wer schon immer einmal Winnetou und Old Shatterhand Ewigkeiten über Liebe, Sex oder Hochzeit debattieren sehen wollte, für den ist der Film vermutlich die Erfüllung. Alle anderen bekommen eine Reihe von erschaudernd schlechten Dialogen präsentiert, bei denen man einfach nur abschalten möchte.

Es spricht dabei Bände, dass dieser Teil noch nicht das Schlimmste an Das Geheimnis vom Silbersee ist. Dieser Titel geht an Fahri Yardım als El Mas Loco. Die Buchvorlage hat mit Cornel Brinkley und dem Schwarzen Wolf zwei gute Schurken zu bieten. Doch warum sollte man diese auch nutzen, wenn man sie durch einen kaum ernst zu nehmenden Gitarrenspieler ersetzen kann. Dass Yardım nicht wirklich einen bedrohlichen Schurken abgibt, ist anscheinend auch den Macher aufgefallen. Aus diesem Grund erschießt El Mas Loco den ganzen Film über wahllos Freund und Feind, wie es die wirklich bösen Typen eben so machen.

Komplettiert wird das Ganze am Ende durch jede Menge Gerede über Götter, Schamanismus und Wiedergeburt. Auch dies wirkt sehr deplatziert und mitunter sogar peinlich. Dabei hilft es auch nicht, dass Teil 2 offensichtlich dazu diente, Geld zu sparen. In der ersten Verfilmung von 1962 bekommen die Zuschauer mit dem Angriff auf Butlers Farm beispielsweise ein echtes Highlight geboten. In Das Geheimnis vom Silbersee kann man dagegen Winnetou und Old Shatterhand 15 Minuten beim Tauchen zusehen. Zugegeben, eine ähnliche Schlacht dürfte außerhalb der finanziellen Möglichkeiten gelegen haben. Trotzdem hat man den ganzen Film über das Gefühl, dass die Macher sparen mussten. Auch das Ende selbst gerät dementsprechend eher unspektakulär und mit dem Heiratsantrag sogar wieder unfreiwillig peinlich.

Der Abschluss der Trilogie

Nachdem Ausflug zum Silbersee erholt sich die Trilogie qualitativ im dritten Teil wieder etwas, als gut kann man Der letzte Kampf allerdings trotzdem nicht bezeichnen. Dazu ist das Drehbuch wieder einmal zu schwach und die Wendungen sind zu einfach und vorhersehbar. Auch haben die Macher den Weltverbesserer-Modus angeworfen und präsentieren ein Ende, das noch einmal besonders schmalzig ausfällt. Man wollte dem Zuschauer offensichtlich mit einem positiven Gefühl entlassen, doch schießt man an dieser Stelle deutlich über das Ziel hinaus.

Ein weiteres Problem ist die Figur des Santer. Wie schon bei den anderen Charakteren hat dieser mit seiner Vorlage aus den Büchern nicht viel gemeinsam. In den Romanen ist Santer ein Gegner auf Augenhöhe, der Winnetou und Old Shatterhand sogar überlisten kann. Da die beiden Hauptfiguren allerdings in der Trilogie nicht die formidablen und cleveren Westmänner der Bücher sind, würde dazu nicht viel gehören. Aus diesem Grund wurde Santer in einen verzogenen, feigen und geldgierigen Geschäftsmann verwandelt, also in eine Figur, die kreativloser nicht hätte sein können. Einziger Lichtblick ist hier Mario Adorf als Santa Senior, der von seinem Sohn allerdings unbedingt als Big Daddy angesprochen werden musste. Adorfs Rolle gewinnt zwar auch keinen Innovationspreis, dafür strahlt er aber in wenigen Momenten mehr Bedrohlichkeit aus, als Michael Maertens im ganzen Film.

Inszenatorisch gibt es für die Zuschauer zudem endlich noch einmal eine größere Schlacht. Hier wird allerdings sehr deutlich, dass man es doch nur mit einer TV-Produktion zu tun hat. Der Kampf wirkt eher wie ein kleines Scharmützel und kann zum Beispiel nicht mit der Schlacht im originalen Der Schatz im Silbersee mithalten. Nett inszeniert ist er trotzdem, leider macht die Szene aber doch wieder klar, dass selbst ein hohes TV-Budget mit einer Kinoproduktion nicht konkurrieren kann.

Fazit

Nach einem soliden Auftakt folgt mit Das Geheimnis vom Silbersee der absolute Tiefpunkt der neuen Winnetou-Trilogie. Im Anschluss gibt es zwar noch einmal eine Steigerung, ein positives Gesamtfazit lässt sich aber auch nach Der letzte Kampf nicht ziehen. Letztendlich haben die Charaktere mit ihrer Vorlage einfach zu wenig gemeinsam, und auch den Geist der Bücher fangen die Filme nicht ein. Die Macher wollten die Geschichte einer außergewöhnlichen Männerfreundschaft erzählen. Dies ist ihnen durchaus gelungen, es ist nur leider nicht die von Winnetou und Old Shatterhand.

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