Eine Lanze brechen: Conan der Barbar - Se lämendäschn of ser wimmen!

Die 1980er waren in vielen Belangen eine seltsame Zeit. Modisch, musikalisch, sogar politisch: Der Mehltau der Kohl-Jahre lähmte die Bundesrepublik, während in der DDR das Gegenteil geschah und die Menschen begannen, langsam gegen ihre Obrigkeit aufzubegehren. Die Popper zelebrierten ihre Verachtung für alles Politische, während die Friedensbewegung die Grünen als neue Partei in die Parlamente spülte. Die USA waren, je nachdem auf welcher Seite des Eisernen Vorhangs man lebte, entweder immer noch der Klassenfeind oder der große, stets wohlwollende Bruder, dessen Präsident zur Abwechslung mal forderte, eine Mauer einzureißen, statt eine neue zu bauen.
Modisch dominierte Jeansstoff an Stellen, an den man ihn nicht tragen sollte sowie der ewige Kampf zwischen Dauerwelle und Minipli. Popkulturell feierte man die bunten Herrenanzüge von Miami Vice, die opferlosen Schießerein des A-Teams oder hakelig animierte Cartoons, die keine Animes waren. Und aus irgendwelchen Gründen waren Barbaren extrem beliebt.

Filme, Serien, Spielfiguren ergötzten sich am muskelbepackten Hünen, meist blond, der mit Axt, Hammer oder Schwert bösen Menschen oder anderen fiesen Wesen das Fressbrett eindrosch. He-Man, die 1982 gestartete Action-Figuren-Reihe von Mattel, stellte die kindgerechte Version da, verzichtete aber ebenfalls nicht auf Lendenschurz und Muskelpakete. Warum gerade Barbaren, mag man sich da fragen. Nun, man könnte kulturtheoretische Überlegungen bemühen, könnte anführen, dass die Reagan-Präsidentschaft in den USA zu einem wiedererstarken des Konservatismus führte, zu einer Zementierung bestimmter Männlichkeitsbilder, die wiederum für einen Boom der Fitness- und Bodybuilding-Industrie sorgte. Aber wahrscheinlich spielte auch ein ganz bestimmter Film eine Rolle, der einen bekannten Barbaren nahm und mit einem Schauspieler kombinierte, der wie geschaffen schien für die Rolle.

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Conan Movie Still

Conan der Barbar erschien 1982 und war wohl ein größerer Erfolg, als alle Beteiligten erwartet hätten. Arnold Schwarzenegger hatte seine Paraderolle gefunden und begeisterte das Publikum, obwohl er verdächtig wenig Worte sprach. Die ersten Sätze äußert die „steirische Eiche“ erst nach 20 Minuten. Aber dafür sind es auch die kultigsten: Conan wird gefragt, was das Beste im Leben sei. Legendär seine Antwort: „To crush your enemies, see them driven before you and hear the lamentation of their women“. Ursprünglich wird diese etwas blutrünstige Einschätzung allerdings Dschingis Khan (und gemeint ist damit nicht das gleichnamige musikalische „Phänomen“ aus den 1980ern) zugeschrieben.

Diese Zeile unterstreicht die kompromisslose Hingabe des Films an die Herkunft Conans aus den sogenannten Pulp-Magazinen der 1930er Jahre. Conans Erfinder Robert E. Howard erschuf den Cimmerier 1932 in einer Geschichte für das Magazin Weird Tales, einer der damals auf billigem Papier (dem namensgebenden „Pulp“) gedruckten Kurzgeschichtensammlungen. Howard verdiente sein Geld mit dem Schreiben lauter solcher Geschichten und produzierte eine beachtliche Anzahl an Figuren, die alle einem ähnlichen Schlag entsprachen. Mit Conan hatte Howard aber eine Figur gefunden, die das Publikum begeisterte. Wohl durch ihren Witz, ihre Geradlinigkeit, einer gewissen Ablehnung der auch von Howard als dekadent erfunden Zivilisation – und vielleicht auch, weil Conan mit seiner Verachtung für die üblichen Umgangsformen eine für viele dringend benötigte Flucht in Fantasien von Stärke und Unabhängigkeit darstellte.

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Kein Wunder also, dass Regisseur John Millius, der sich selbst als „Zen Anarchist“ beschreibt und später den konservativ angehauchten Film Red Dawn (über eine Invasion der USA durch die Sowjetunion) drehen sollte, die Zügel bei Conan der Barbar in die Hand nahm. Er schrieb das von Oliver Stone gefertigte Drehbuch um, so dass der ursprünglich in einer post-apokalyptischen Welt spielende und auf vier Stunden ausgelegte Film in zwei Stunden und mit wesentlich geringerem Budget erzählt werden konnte. Außerdem fand er mit Basil Poledouris einen Komponisten, der den Film auf ein neues erzählerisches Niveau hob.

Es gibt beim Drehbuchschreiben den wichtigen Grundsatz: „Show, don‘t tell“. Das heißt: Alles, was man visuell erzählen kann, ohne es einem Charakter in den Mund zu legen, sollte man einfach zeigen. Conan der Barbar ist ein wunderbares Lehrstück in Show, don‘t tell, auch dank des furiosen Soundtracks von Poleduoris. Das fängt schon wenige Minuten nach der Eröffnungsnarration an, als der Angriff auf Conans Dorf gezeigt wird: Zu den Pauken und dem ominösen Gesängen eines Chors greift der Trupp des Bösewichts Thulsa Doom das wehrlose Dorf an, tötet seine Bewohner und versklavt die Kinder. All das wird erzählt mit Bildern, Musik und Soundeffekten, aber ohne störende Texteinblendungen oder einen Erzähler. Es ist glasklar, was passiert. Conan wird versklavt und erlangt durch seine Arbeit an einer Mühle unglaubliche Stärke. Er kämpft als Gladiator in einer Arena, erreicht Ruhm und Reichtum, wird schließlich freigelassen und begibt sich auf die Suche nach Thulsa Doom, um sein Dorf zu rächen. Unterwegs begegnet er seinen zwei Begleitern: Subotai und Valeria, in die er sich verliebt.

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Conan der Barbar schafft es, zu erzählen, ohne zu erzählen: Allein dank der Bilder und der Musik ist klar, was passiert. Das zeugt vom großen handwerklichen Können des Regisseurs und von der Brillianz des Komponisten: Seine Musik erzählt von den Reisen und Begegnungen, welche die Gefährten haben, und treibt die Action voran, wenn Conan und Co auf Gegner treffen. Bis heute wird Poledouris‘ Musik gerne als Platzhalter-Soundtrack genommen, für Filme, die noch keine eigene Musik haben. Die Musik zu Conan der Barbar war für Poledouris schließlich der Durchbruch. Vor allem mit Paul Verhoeven ergab sich eine konstruktive Zusammenarbeit, Poledouris unterlegte die Filme Robocop, Flesh and Blood sowie Starship Troopers mit seinen Kompositionen.

Zugegeben: Sonderlich kompliziert oder komplex ist die Handlung von Conan der Barbar nicht und auch die Charaktere bleiben eher flach. Aber anders als moderne Comicverfilmungen nimmt sich Conan der Barbar selbst nur selten zu ernst, wohl auch, weil der Charakter von Conan mit seiner Rachefixierung und übertriebenen Männlichkeit (Conan vergießt am Ende keine Träne, also weint Subotai für ihn) fast schon eine Karikatur ist.

Natürlich brilliert auch Arnold Schwarzenegger trotz offensichtlich (noch) fehlender Schauspielfähigkeiten als Conan. Zwar ist sein Akzent oft ein bisschen deplatziert und sorgt dafür, dass seine wenigen Sätze alle eine unbeabsichtigte Komik entwickeln, aber dieser Film machte Schwarzeneggers Akzent endgültig zu seinem Markenzeichen. Außerdem beeindruckt der Bodybuilder natürlich mit seiner Physik und seine Darstellung des Conan ist bis heute stilprägend für das Bild des Barbaren (manchmal sogar inklusive Akzent). Ironischerweise übertrieb es Schwarzenegger bei den Vorbereitungen zu Conan der Barbar beinahe mit dem Muskelaufbau und trainierte seine Brust fast so viel, dass er seine Schwerter nicht mehr ordentlich schwingen konnte.

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Interessanterweise hält sich der Kultfilm aber eher wenig an die Kultfigur: Conan der Cimmerier hat mit dem Conan aus dem Film weniger gemein als eine andere Figur von Robert E. Howard. Der Hintergrund als Sklave und Gladiator sowie die Begegnung mit Thulsa Doom stammen eher aus dem Kosmos von Kull, dem Atlanter. Der ist ein ähnlich barbarischer Charakter wie Conan, nur lebte er rund 100 000 Jahre vor dem Cimmerier. Thulsa Doom ist Kulls Nemesis, obwohl die Schlangenästhetik und ein paar andere Elemente der von Conans Widersacher Toth Amon gleichen. Immerhin: Stilistisch ist Kull ziemlich genau Conans Vorgänger, die erste Kurzgeschichte mit dem Cimmerier war eine Neufassung einer Erzählung zu Kull, dem Atlanter.

Insgesamt mag Conan der Barbar viel B-Movie-Charme versprühen und mit Sicherheit gehört er nicht zu den dramatischsten Werken, die Hollywood hervorgebracht hat. Aber in Sachen filmisches Handwerk zeugt Conan der Barbar von großem Können und hat sich deswegen einen fundamentalen Platz in der Liste der besten Fantasy-Filme verdient erarbeitet. Es ist genau diese handwerkliche Perfektion, die den Film vom nachfolgenden Fantasy-Durchschnitt abhob.

Der Erfolg von Conan der Barbar entfachte nämlich ein Lauffeuer an ähnlich gelagerten Filmen, meist mit einem irgendwie „barbarischen“ Helden im Mittelpunkt. Am bekanntesten sind da vielleicht Filme wie Krull (1983) oder die Beastmaster-Filme (1982, 1991, 1995). Die Begeisterung für Fantasy führte dann schließlich auch zur Verfilmung von Die Unendliche Geschichte, deren erster Teil sich tief in die Herzen der 1980er-Generation eingebrannt hat.

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Leider führte Conan der Barbar auch zu einem Nachfolger, Conan der Zerstörer (1984), über den man besser den Mantel des Schweigens hüllt. Der Fremdschamfaktor beim sogenannten „Schauspiel“ ist zu hoch und die Geschichte, selbst angesichts des ersten Teils, steckt voller Klischees. Lediglich Grace Jones als Amazonenkriegerin Zula macht eine gute Figur, aber selbst für sie lohnt sich der Film nicht. Man braucht den zweiten Teil nur zu schauen, um sich klar zu machen, wie gut im Vergleich der erste ist. Auch Red Sonja, geplant als dritter Conan-Teil, aber aufgrund von Lizenzproblemen für eine weitere Howard-Figur umgeschrieben, sollte lieber ignoriert werden.

Viel eher kann man sich da der Neuinterpretation des Stoffes durch den Conan-Film aus dem Jahr 2011 widmen. Die wartet mit einigen bekannten Gesichtern wie Ron Perlman, Stephen Lang und Rose McGowan auf und Conan wird verkörpert durch den passend gestählten Jason Momoa, aber auch der neue Film kann aufgrund von Schwächen des Drehbuchs nicht wirklich die handwerkliche Klasse des allerersten Films erreichen. Ob der seit einiger Zeit in Planung befindliche The Legend of Conan, in dem Schwarzenegger wieder die Rolle des namensgebenden Barbaren übernehmen soll, die Qualitäten seines Vorgängers erreicht, bleibt abzuwarten. Denn trotz Beteuerungen von Schwarzenegger, dass der Film auf jeden Fall realisiert werde, gibt es noch keine konkreten Pläne für die Produktion.

Die 1980er waren in der Tat eine seltsame Zeit. Aber immerhin schufen sie eine Reihe klassischer Fantasy-Filme, die sich noch nicht so sehr um Altersfreigaben und Zielgruppen scherten wie heutzutage und sich deshalb viel kompromissloser der Realisierung einer fantastischen Welt und ihrer überzeichnet-primitiven Helden widmen konnte. Daher gehören für Conan der Barbar genauso viele Lanzen gebrochen, wie Conan mit seiner barbarischen Kraft zerstören kann.

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