Kritik: Alien - Isolation

SPOILER

Zuerst eine spoilerfreie Kurzkritik für alle, die auch eine Woche nach Erscheinen noch nicht wissen, ob sie sich Alien: Isolation zulegen sollen.

Ja.

Wenn ihr ein Fan des ersten Films seid und Survival Horror mögt, der nicht nur aus Schockeffekten besteht, dann ist das ein Spiel für euch. Trotz einiger Schwächen, besonders im letzten Drittel, überzeugt Alien: Isolation durch Atmosphäre, Story und Gameplay.

Und nun zur vollständigen Kritik, die auch so wenig wie möglich von Spiel verraten wird, aber nicht ganz ohne Spoiler auskommt.

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Ripley

Ihr spielt Amanda Ripley (im Original super gesprochen von Kezia Burrows), Film-Ripleys Tochter. Auf den ersten Blick wirkt das wie der billige Versuch, einen stärkeren Bezug zum Alien-Universum herzustellen und das Spiel zu legitimieren. Zum Glück funktioniert das aber sehr gut, vor allem, weil die Verbindung zwischen den damaligen und den heutigen Ereignissen recht subtil erfolgt. Man hat nie den Eindruck, dass etwas mit Ach und Krach hingebogen wird, nur um Film und Spiel in Einklang zu bringen.

Als wir Ripley kennenlernen, arbeitet sie als Mechanikerin und soll den auf einer Station aufgetauchten Flugschreiber der Nostromo abholen. Natürlich klappt das nicht wie geplant, und nach einer von Gravity inspirierten Cutscene findet sich Ripley allein auf Sevastopol Station wieder. Ab diesem Punkt läuft das Spiel auf Hochtouren (und meine etwas in die Jahre gekommene Grafikkarte auch). Sevastopol Station ist die Nostromo von Alien: Isolation und die Atmosphäre dort passt perfekt zu Ridley Scotts Film. Die Station ist ein Ort, an dem gearbeitet und gelebt wird. Nichts wirkt wie eine Kulisse, alles erweckt den Eindruck, als würde es tagtäglich benutzt. Sevastopol Station spiegelt den Alltag von Menschen wider, die für einen Konzern, dem sie egal sind, und für einen mageren Lohn ihr Leben riskieren. Wenn man über Computerterminals auf ihre Emails zugreift oder sich das Graffiti an den Wänden ansieht, spürt man eine Frustration, die sich auch auf Ripley übertragen lässt.

Der Konzern, der Sevastopol Station betreibt, nennt sich Seegson Synthetics. Spätestens beim ersten Auftauchen der Androiden erkennt man, dass es dort ein wenig primitiver als bei Weyland-Yutani zugeht. Während dessen Androiden sich erst von Menschen unterscheiden lassen, wenn ihnen der Kopf abgerissen wird und milchige Flüssigkeit aus dem Körper schießt, wirken die künstlichen Arbeiter von Seegson so realistisch wie Schaufensterpuppen. Ihre Emotionslosigkeit und ihre maskenhaften Gesichter machen sie zu einschüchternden und gruseligen Gegnern.

Sevastopol soll verschrottet werden, deshalb ist kaum noch jemand an Bord und Teile der Station sind bereits unbewohnbar. Im Gegensatz zu Ripley, die das Wort Xenomorph noch nie gehört hat, weiß man als Spieler, dass das Alien irgendwo lauern muss. Man ist konstant so angespannt wie die Besatzung der Nostromo, wenn man durch die dunklen Gänge schleicht. Und schleichen sollte man, denn - und das ist etwas, dass das Spiel sehr schnell klar macht - Ripley kann das Alien nicht besiegen. Sie kann auch nur selten vor ihm weglaufen. Wenn es sie entdeckt hat, ist es meistens schon zu spät.

Alien: Isolation ist kein simples Katz-und-Maus-Spiel, sondern Survival Horror mit einem sehr hohen Stealth-Anteil. Man muss vorausschauend denken und die Fähigkeiten, die Creative Assembly Ripley mitgegeben hat, sinnvoll einsetzen. Als Mechanikerin kann Ripley Dinge reparieren, was ein unverzichtbarer Teil des Spiels ist. Dass einem der Xenomorph dabei im Nacken sitzt, erhöht den Druck ungemein. An einem Punkt habe ich versehentlich mit dem Knie den Rechner ausgeschaltet, so sehr bin aus Nervosität auf dem Stuhl herumgerutscht. Als Alien-Fan kommt der Horror, wenn der Xenomorph auf dem Bewegungsmelder auftaucht und sich plötzlich in rasender Geschwindigkeit nähert, an nichts anderes heran.

Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem bei diesen Reparaturaufgaben Monotonie Todesangst ablöst. Man landet des öfteren in Bereichen, die man bereits erkundet hat, und führt irgendwann nur noch lethargisch Reparaturen aus, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. Gerettet wird dieser Teil des Spiels durch den allgegenwärtigen Schrecken des Aliens. Die Begegnungen mit dem Xenomorph sind ein Horror, an den man sich nie gewöhnt. Das liegt vor allem daran, dass das Spiel sich bei diesen Begegnungen zurückhält und der Phantasie des Spielers viel Arbeit überlässt. Das ist ein Alien, so wie es sein sollte - eine furchteinflößende, unbegreifliche Mordmaschine, die aus dem Nichts auftaucht und wieder im Nichts verschwindet.

Dass Alien: Isolation im letzten Viertel der Schwung fehlt, ändert nichts an den vielen Höhepunkten, die es zu bieten hat: eine tolle Atmosphäre (auch dank des perfekten Sounddesigns) in einer hervorragend konstruierten Welt und ein im besten Sinne des Wortes Angstgegner, der den Herzschlag hoch treibt und einen über weite Strecken durch das Spiel trägt.

Die Stealth-Mechanik ist präzise, auch wenn sie nichts Neues bietet, die Kampfmechanik solide. Es gibt automatische und manuelle Savepunkte in humanen Abständen, sodass man nicht gezwungen wird, nur weil man versehentlich seine Pistole abgefeuert und damit das Alien angelockt hat (ähem), die letzte Stunde noch mal zu erleben. Neben der Kampagne gibt es kurze, intensive Survival-Einzelmissionen, die erneut beweisen, wie brillant das Design und die AI des Xenomorphs sind.

Alien: Isolation ist trotz aller Höhepunkte kein perfektes Spiel, aber es ist das beste Alien-Spiel, das ich je spielen durfte, und verdient deshalb die Höchstwertung.

How Scary is Alien Isolation?

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