Filmkritik: The Imitation Game

SPOILER

Alan Turing. Für einige ein vielleicht unbekannter Name. Die Geeks unters uns aber wissen: Alan Turings Arbeit ist für die Informations- und Computertechnologie immens wichtig. Denn seine Arbeit schuf einen großen Teil der theoretischen Grundlagen für genau jene Technologie. Mit The Imitation Game ist nun heute ein Film in die Kinos gekommen, der sich mit dem Leben Turings beschäftigt.

Turing gehörte im Zweiten Weltkrieg zu dem Team aus Kryptoanalysten, die zur Aufgabe hatten, Enigma zu entschlüsseln. Also jene Maschine, mit deren Hilfe die Nazis ihre Funksprüche verschlüsselt übertrugen.

In Zickzack-Linien erzählt The Imitation Game den Lebensweg Turings. Von seiner Bewerbung für die Entschlüsselung Enigmas über die harten Schulzeiten bis hin zu seinem kurzen Lebensweg nach Ende des Kriegs. Die Handlung springt innerhalb des Films mehrmals in den verschiedenen Lebensabschnitten Turings hin und her – und das immer zum geeigneten Moment. Denn so offenbart sich der Charakter von ihm erst nach und nach.

Erscheint er anfangs noch etwas arrogant und von sich selbst überzeugt, als er behauptet, dass er der einzige ist, der in der Lage sei, Enigma zu entschlüsseln, wird schnell klar, dass Alan Turing autistische Züge hat. Humor ist ihm fremd, Witze versteht er nicht. Bereits in der Schule trennte er sein Gemüse, dabei „Die Erbsen dürfen die Karotten nicht berühren“ murmelnd. Ein Verhalten, für das er von seinen Mitschüler übel drangsaliert wurde. Zu Schulzeiten hatte Alan dann auch nur einen Freund – Christopher. Christopher ist es auch, der ihm die Welt des Codierens erschließt, indem er ihm ein Buch darüber überlässt.

Erst, als Turing neue Bewerber für das Team sucht und Joan Clarke in sein Leben tritt, ändert er sich. Joan ist es, die Turing ansatzweise die soziale Kompetenz gibt, die er benötigt, um mit seinem Team arbeiten zu können. Und so kann Turing sein Werk vollenden: seine Maschine namens Christopher. Mit Christophers Hilfe gelingt es schließlich, Enigma zu entschlüsseln.

So viel sei zur Handlung von The Imitation Game gesagt. Aber worum geht es denn eigentlich schwerpunktmäßig? Um die Entschlüsselungsarbeit? Um die Verfilmung einer Biographie? All dies würde dem Film aber nicht gerecht werden. Ja, er ist die Verfilmung einer Biographie. Ja, er zeigt, wie die Briten damals Enigma entschlüsselt haben. Aber dennoch tritt erst leise, aber zuletzt sehr eindringlich ein weiterer Punkt ins Zentrum – der Film behandelt nämlich auch die Homosexualität Turings. Eine Tatsache, die er zur damaligen Zeit unbedingt geheim halten musste, da Homosexualität strafbar war. Es sind erst kleine Andeutungen im Film, die schließlich offen angesprochen werden und auf die Katastrophe am Ende von Turings Leben hindeuten.

Getragen wird der Film klar von Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch. Wer gedacht hat, dass seine Darstellung von Sherlock Holmes einzigartig ist, bekommt hier definitiv das Sahnehäubchen präsentiert. Cumerbatch spielt die Rolle des genialen Sonderlings so intensiv, dass der Zuschauer unwillkürlich in den Film herein gezogen wird. Als Gegenpart spielt Keira Knightley die Rolle der Joan Clarke mit einer Leichtigkeit, die es für diesen Film benötigt, um ihm die benötigten heiteren Elemente zu geben. Dabei rutscht sie nie ins Lächerliche oder Mädchenhafte ab und trifft sich mit Cumberbatch auf Augenhöhe. Besonders in der Schlussszene liefern die Darsteller hier eine Leistung ab, die unter die Haut geht.

Generell ist The Imitation Game bis in die kleinste Nebenrolle perfekt besetzt. Die Chemie des Casts stimmt hier einfach und dies merkt man dem Film auch an. Trotz der harten Thematik gibt es eben jene leichten Momente, die den Film jedoch niemals ins Lächerliche ziehen. Als Alan seinem Team eine Tüte Äpfel mitbringt und diese unbeholfen verteilt, stimmt das Timing einfach. Obwohl die Andeutung auf Turings Ende in dieser Szene klar enthalten ist…

Am Ende bleibt jedoch die Erschütterung. Die Erschütterung darüber, wie im Krieg Sachen entschieden werden mussten. Aber auch die Erschütterung darüber, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass Homosexualität strafbar war.

The Imitation Game ist ein rundum gelungener Film, der sich seine Oscar-Nominierungen redlich verdient hat. Untermalt ist er mit einem Soundtrack aus der Feder von Alexander Desplat. Er läuft seit heute in den Kinos. 

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