Heliosphere 2265- Band 6 Die Bürde des Captains

Andreas Suchanek

Mit dem sechsten Band „Die Bürde des Captains“ endet die erste Hälfte des ersten Minzyklus der „Heliosphere 2665“. Autor Andreas Suchanek bemüht sich angesichts des sehr offenen Cliffhangars die Leser in seinem Nachwort quasi zu beruhigen. Im Vergleich zum großen Bruder „Perry Rhodan“ wird es keine Wunderheilungen oder im letzten Augenblick eingreifende Superintelligenzen geben. Auf der anderen Seite leidet der spannende sechste Teil allerdings auch ein wenig unter der Duplizität der Ereignisse.

Der neu ernannte Diktator Sjöberg – wie sich herausstellt, eine weitere Marionette in einem sich stetig entfaltenden paranoiden Spiel um Macht – will, dass Cross und seine wichtigsten Offiziere auf der nächsten Mission der „Hyperion“ ums Leben kommen. Dazu schickt er seinen seiner Handlanger mit. Andreas Suchanek baut diese Handlungsebene interessant und spannungsfördernd auf, aber zynisch gesprochen hätte ein einziger Sprengsatz im richtigen Moment gezündet angesichts der Selbstmordmission ausgereicht. Cross soll mit der „Hyperion“ in den Raumsektor der Parliden eindringen, mittels eines von ihren bislang eher zurückhaltenden ehemaligen Verbündeten zur Verfügung gestellten Transmittersystems eine Planeten zerstörende Bombe über der Hauptwelt der Parliden platzieren, Milliarden der Wesen töten und damit der potentiellen Hydra während des bevorstehenden Angriffs der irdischen Raumschiffe den Kopf abschlagen. Cross selbst ist gegen den Massenmord an Unschuldigen, muss sich aber den Befehlen beugen. Wie angesprochen ist die Ausgangssituation vor allem angesichts der eingeschleusten „Kontrolloffiziere“ und der daraus resultierenden Spannungen interessant und Andreas Suchanek hält das Tempo auch hoch. Er muss sich allerdings auch den Vorwurf gefallen lassen, für einen derartig kurzen Text allerdings unter verschiedenen Prämissen zweimal auf den im Grunde unausweichlichen Tod wichtiger und sympathischer Handlungsträger zurückzugreifen. Wie in seinem Nachwort positiv besprochen, löst er die eine Situation durch das Eingreifen der Sarah McCall Fraktion zufrieden stellend auf. McCall mit ihrem Helfer an Bord – dessen Identität ist keine wirkliche Überraschung – hat gut vorgearbeitet und die verschiedenen Schachzüge ihrer Gegner im voraus erkannt. Dabei bewegt sich Andreas Suchanek immer auf einem schmalen Grad zwischen Glaubwürdigkeit und „Deux Ex Machina“ Lösung. Mehrfach hat der Autor seine Protagonisten schon in aussichtslose Lagen gebracht. Ab der Mitte des Zyklus beginnt er, die Situation langsam aufzulösen. Sjöbergs Putschversuch ist zumindest Cross und seinen wichtigsten Offizieren bekannt. Es fehlen nur die Beweise für eine offizielle Befehlsverweigerung. Ein Teil der menschlichen Flotte hat sich inzwischen abgesetzt und hält sich in den Grenzregionen bereit. Dieser Aspekt wird im vorliegenden Roman zu wenig berücksichtigt. Immerhin müsste die Rüstungsindustrie – selbst wenn sie aus dem Stand mit fast einer Überproduktion von Kriegsschiffen beginnt – nicht nur die zerstörten, sondern auch die desertierten Schiffe ersetzen. Von der Ausbildung der entsprechenden Mannschaften ganz zu schweigen, um gegen die Parliden nach dem hinterhältigen Anschlag auf die Heimatwelt offensiv vorzugehen.

Die zweite Hälfte des Romans besteht aus einer Reihe von sehr gut geschriebenen Actionszenen, in denen Suchanek Planung und Realität geschickt gegenüber stellt. Die Bedrohungen von außerhalb werden von den Spannungen, dem Misstrauen und der Paranoia innerhalb der Schiffsbesatzung sehr gut reflektiert. Der schon angesprochene Höhepunkt/ Cliffhangar muss allerdings zufrieden stellend aufgelöst werden. Auch wenn es zynisch klingt, wäre es sinnvoll, auch lieb gewordene Figuren angesichts der chaotischen Ereignisse sterben zu lassen.

Die zweite Handlungsebene betrifft das Schicksal der ehemaligen Schiffsärztin Irena Petrova auf der relativ schnell zu einem Gefängnisplaneten umfunktionierten, von den Außerirdischen bei ihrem Angriff mittels eines Schiffsabsturz verwüsteten Welt. Ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Gefangenen beschreibt Suchanek die zynische Vorgehensweise der Umstürzler, politische Feinde durch natürliche Selektion unter unwirtlichen Umständen zu eliminieren. Die Lebenserwartung ist niedrig. Zusammen mit einem anderen ehemaligen Mannschaftsmitglied beginnt sich Irena Patrova zumindest kurzzeitig abzusetzen und entdeckt eine bislang geheime Forschungsstation, deren Hinterlassenschaften eine weitere Facette der verschiedenen Verschwörergruppen aufdecken. Die Grundidee des archaisch primitiven Gefängnisplaneten, in dem sich schnell Machthierarchien mit brutaler Unterdrückung unter Ignoranz der Aufseher bilden, ist nicht sonderlich neu und der Autor kann diesem handlungstechnischen Aspekt keine neuen Impulse geben. Zumindest rückt der Leser näher an eine weitere wichtige Figur heran und erfährt mehr über Irena Petrovas Motive, sich mit dem Verlierer des Machtkampfes – Admiral Michalew – zu „verbünden“. Auch diese Handlungsebene endet allerdings mit weniger Fragen offen.

Zusammengefasst ist „Die Bürde des Captains“ ein in mehrfacher Hinsicht trotz vielleicht einiger kleinerer Konstrukte gegen Ende sehr spannender Roman. Zum einen muss Cross gegen seine Ehre als Captain eine Mission anführen, die weder ehrenvoll noch menschlich ist. Zum anderen explodieren die latenten Spannungen insbesondere zwischen dem Aufpasser Sjöbergs und der Besatzung. Und zum dritten scheint die Mission von Beginn an zum Scheitern verurteilt zu sein, da die Parliden über eine gänzlich andere, nicht uninteressante Verteidigung verfügen. Weiterhin positiv ist, das die überlegene Transmittertechnik nicht zu einer „Deus ex Machina“ Lösung für einen Fernwaffenkrieg dient, sondern nur unter eingeschränkten Bedingungen effizient eingesetzt werden kann.

Mit der zweiten Handlungsebene wird ein weiteres Einzelschicksal sehr ausführlich beschrieben. Es bleibt abzuwarten, wann und nicht wie diese beiden Ebenen wieder zusammenlaufen. Die Charakterisierung der einzelnen Protagonisten mittels kurzer Rückblenden geht nahtlos weiter, so dass sich das Panorama der „Heliosphere“ Zukunft angetrieben von einer stringenten Grundhandlung weiter entschließt.  

Heliosphere 2265 - Band 6: Die Bürde des Captains
von Andreas Suchanek
(Cover: Arndt Drechsler, Innenillustrationen: Anja Dreher)

E-Book (93 Seiten), 2,49 Euro
Taschenbuch (2 Romane, ca. 250 Seiten), 9,90 Euro