Felix Leiter

Felix Leiter, Splitter Verlag, Rezension
James Robinson & AAron Campbell

Mit „Felix Leiter“ erscheint der erste von bislang zwei Spin Offs der populären, im amerikanischen Dynamite Verlag publizierten „James Bond“ Comic Serie als handlicher Hardcover im Splitter Verlag. „Miss Moneypenny“ hat ein einzelnes Heft gewidmet bekommen.

 Dynamite hat mit James Robinson, der vor allem in den neunziger Jahren mit seiner eigenständigen Serie „Starman“ für Furore gesorgt hat, aus dessen Feder aber auch „Superman“ und „Batman“ Abenteuer stammen einen exzellenten Autoren für James Bonds ewigen Begleiter bei offiziellen Einsätzen in den USA gefunden. Aaron Campbell hat dessen geradlinige Geschichte im Grunde nicht illustriert, sondern förmlich gemalt. Dazu kommen einige großformatige Zeichnungen, in denen ein fast perfekter Fotorealismus erreicht worden ist.

 In einem Punkt weicht James Robinson von der Chronologie der „James Bond“ Filmreihe ab. In „Ein Quantum Trost“ wird James Bond gegenüber erwähnt, das Felix Leiter inzwischen befördert worden ist. Welchen Rang er jetzt genau im US amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA einnimmt,  wird nicht gesagt. In James Robinsons Comic ist Felix Leiter deprimiert und fast gebrochen aus dem amerikanischen Geheimdienst anscheinend freiwillig ausgeschieden und verdient sein Geld erfolglos als Privatdetektiv. Übernommen worden ist aus der Buch bzw. Filmreihe die Idee, dass Felix Leiter einen Arm und ein Bein verloren hat, wobei James Robinson die Idee moderner neuer Gliedmaßen aus der Comic Reihe im Allgemeinen und dem schon bei Splitter veröffentlichten „Eidolon“ Abenteuer im Besonderen übernommen hat.

 Impliziert deutet James Robinson an, dass die beiden sich wie in der Filmreihe aus „Dr. No“ zum ersten Mal kennen. Beim Relaunch mit „Casino Royale“ ist es aber wie in Ian Flemings Vorlage Felix Leiter, der James Bond am Spieltisch Geld zuschanzt, damit er weiter gegen Le Chiffre spielen kann.

 In den Büchern hat Felix Leiter ja Hand und Unterschenkel verloren, als er in „Leben und sterben lassen“ von verrückten Drogenboss in ein Becken mit Haifischen geworfen worden ist. Die Filmreihe hat diese Szene erst später in „Lizenz zum Töten“ verwandt. Dort ist Felix Leiter in seiner Hochzeitsnacht überfallen worden. Seine Frau wurde getötet und er den Haien zum Fraß vorgeworfen. Spätestens diese Situation muss ihn endgültig mit James Bond verbinden, der ja am Ende von „Im Geheimdienst seiner Majestät“ vor seiner Hochzeitsnacht seine Frau an Blofeld verloren hat.

 James Robinson scheint aber einen Teil der gegenwärtigen Leitergeschichte absichtlich umgeschrieben zu haben. Felix Leiter ist nach Japan beordert worden, um eine hübsche russische Geheimagentin zu identifizieren, mit welcher er als amerikanischer Agent eine gemeinschaftliche Mission in Afghanistan gegen Drogenschmuggler unternommen hat. Dabei hatten die beiden Sex und Leiter hat sich irgendwo in die attraktive Frau verliebt. In Japan entkommt sie ihm, will den gebrochenen und ein wenig auch jammernden Mann nicht töten.

 Bezugnehmend auf den Giftgansanschlag einer Sekte 1995 in Japan spinnt James Robinson anschließend ein modernes wie spannendes Garn. Ein Mann bringt sich vor dem japanischen Parlament um und aus seinem Körper strömt Giftgas. Viele Menschen kommen ums Leben. Anscheinend ist er Mitglied einer Sekte gewesen. Tiger Tanaka – bekannt aus dem Ian Fleming Roman und der entsprechenden Verfilmung  „Man lebt nur zweimal“ – ist Leiter des japanischen Geheimdienstes und einer entsprechenden Spezialeinheit. Er nimmt Felix Leiter als Zeugen mit, als sie das Versteck der Sekte stürmen und dessen Oberhaupt gefangen nehmen wollen.

 Tiger Tanaka und Felix Leiter ahnen nicht, dass sie lange Zeit nur Teil eines perfiden, komplexen Plans sind. Grundsätzlich könnte das Agentenabenteuer auf die klassischen und manchmal auch ein wenig klischeehaften Strukturen der James Bond Serie reduziert werden. Ein charismatischer Gegenspieler, eine attraktive wie wehrhafte Frau mit zwielichtiger Vergangenheit und Gegenwart; eine nicht unbedingt globale, aber sehr perfide Bedrohung und eine Reihe von Actionszenen, in denen Brutalität und der Kampf ums Überleben sehr gut mit moderner Technik kombiniert wird. Am Ende gibt es für den Leser, aber nicht Felix Leiter einen Hinweis auf die laufende „James Bond“ Serie mit einem starken Bezug zu den letzten Kinofilmen. Dieses Korsetts ist sich James Robinson nicht nur bewusst, er bewegt sich handlungstechnisch effektiv wie interessant in dessen Rahmen, um ein James Bond Abenteuer zu erzählen, das im Kern durch Felix Leiter kein echtes James Bond Abenteuer ist.

 Immer wieder werden Bezüge zu Bond gezogen und nicht selten wünscht sich der ehemalige amerikanische Agent und inzwischen auch anscheinend Alkoholiker Felix Leiter seinen besten Freund an seiner Seite bzw. auf den Missionen des weiterhin hitzköpfigen, ein wenig unvorsichtigen Tiger Tanakas als Schutz hinter dessen Rücken. Aber im Gegensatz zu Bond kann Felix Leiter nur reagieren und seine Fehler sind weniger dramatisch als sein intelligentes Handeln manche Situation rettet. James Robinson bringt den Plot ganz in die Nähe der James Bond Abenteuer, um im letzten Augenblick zu zeigen, dass es Felix Leiter ist, der mit seiner bisherigen intellektuellen Überlegenheit und seiner bedingten körperlichen Einsatzbereitschaft die Möglichkeiten des modernen Terrorismus aufgezeigt bekommt.

 Viel interessanter ist darüber hinaus die Zeichnung der Figuren. Die Liebesgeschichte aus der Vergangenheit in die Gegenwart übertragen wirkt wie ein absichtlich Klischee, eine Art Katalysator, der Leiters Stolz verletzend ihn gegen alle Wahrscheinlichkeiten immer weiter treibt. Felix Leiter ist im Gegensatz zur stolzen Kinofigur ein Wrack. Dabei ist er ja das Opfer eines Verbrechers während einer Mission geworden. Immer am Rande des Selbstmitleids fühlt er sich körperlich behindert und sieht sich eher als Bremsklotz denn effektives Teammitglied. Bevor diese emotionale Schwerlast den Plot zu erdrücken droht, schenkt James Robinson diesem so anderen und doch irgendwie auch vertrauten Felix Leiter einen kleinen Augenblick des Ruhm, an dem er sich wieder aufbauen kann.

 Tiger Tanaka muss durch die buchstäbliche Hölle gehen. Es ist auf der einen Seite sein naiver Leichtsinn, sein großer Fehler, der vielen seiner Männer das Leben kostet. Ihm bleibt fatalistisch wie ein Samurai nur übrig, gegen alle Wahrscheinlichkeiten den Feind alleine – nur Felix Leiter stärkt ihm eher indirekt den Rücken – zu bekämpfen, wobei in diesem Fall die Wachen der Feinde ein wenig zu naiv sind.

 Am Ende verbindet James Robinson politische Brisanz zwischen Nord Korea und Japan mit modernster wie perfider Art von nicht fanatisch, aber monetär gesteuerten Terrorismus. Es ist ein Pyrrhussieg, den Felix Leiter und Tanaka erringen. Der interessante Epilog zeigt, dass es sich nicht um das Ende, sondern nur eine Art Probelauf handelt. Dieses offene Ende stellt vielleicht nur bedingt zufrieden, es passt aber zum ambivalenten Ton der ganzen Geschichte, die nahe an den Agentenabenteuern des Mannes mit der Lizenz zum Töten ist, aber eben vor dem vertrauten und sehr überzeugend minutiös entwickelten Hindergrund eine ein wenig andere Geschichte erzählen möchte.

 Es ist eine kurzweilige Unterhaltung, die vor allem neben den auch in der deutschen Übersetzung pointierten Dialogen vor allem durch die bislang besten Zeichnungen der „Dynamite“ James Bond Serie besticht. Die Aufteilung zwischen großen, vor allem die Hintergründe betonenden Flächen und kleinen Panels, welche vor allem emotional wichtige Szenen betonen, ist aus den ersten Miniserien übernommen worden. Aaron Campbell geht es aber cineastischer an. An einigen Stellen wird der Zuschauer ein wenig an die Dramaturgie moderner Kriegsfilme erinnert, wenn die Hubschrauber gegen die untergehende Sonne anfliegen oder die Stealth Technologie ein Verharren über alt ehrwürdigen japanischen Gebäuden ermöglicht. Die Actionszenen sind sehr dynamisch gezeichnet worden und vor allem die markanten Gesichter sind sehr gut wieder erkennbar und gehen nicht so ineinander über wie bei einigen der bisherigen Miniserien.

 „Felix Leiter“ ist in mehrfacher Hinsicht die bislang beste Hommage an die Originalbuchreihe und vor allem die frühen, dunkleren James Bond Filme mit einer Farbgestaltung, die in einigen Szenen an Filme wie Ridley Scotts „Black Rain“ erinnert. Michael Douglas Charakter scheint diesen Felix Leiter auch ein wenig beeinflusst zu haben. Dazu kommt ein positiv gesprochen typische James Bond Handlung mit aktuellen politischen Bezügen; einer unangenehm realen, hoffentlich so schnell nicht wieder realisierten Bedrohung und wie mehrfach erwähnt überzeugend Nebenfiguren der James Bond Serie, die mit viel Würde behandelt aus dem langen Schatten des bekanntesten britischen Agenten treten dürfen und gänzlich überzeugen.       

  • Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
  • Verlag: Splitter-Verlag; Auflage: 1 (1. Oktober 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3958395082
  • ISBN-13: 978-3958395084
  • Originaltitel: James Bond
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