The Magazine of Fantasy and Science Fiction November/ December 2019

C.C. Finlay

Nicht nur in dieser Ausgabe, sondern auch gleich als Jahresauftakt für 2020 hat Herausgeber J.J. Finlay neben einigen Vertrauten wie Matthew Hughes vor allem auf Fantasy sowie Horror gesetzt und den Science Fiction Anteil in den Ausgaben zurückgefahren.

Michael Libling eröffnet die Ausgabe mit „How I Came to Write Fantasy“.  Es ist eine Komödie, sondern erinnert an die Weird Tales Geschichten aus dem Magazin. Der Erzähler ist im Grunde verflucht. Menschen, mit denen er sich zwangslos unterhält, haben das Bedürfnis, ihm das Herz auszuschütten. Durch die Trennung von seiner Freundin Shelly lernt Jacob, der ihm eine unglaubliche Geschichte um Hexen und Unsterblichkeit erzählt. Der zwanglose Ton entschädigt für das offene Ende, in dem Michael Libling vor allem auf den Titel seiner Geschichte Bezug nimmt. 

Eher klassische Fantasy ist Charlotte Ashleys “The Joy in Wounding” über drei Schwester, die ein schwebendes Haus suchen. Dort musste eine der Schwester mit Gewalt einen Gott heiraten. Das Haus setzt sich auf ein Farmhaus, im Grunde verschmelzen die beiden „Familien“, da die Schwester gegen ihren Willen ja einen Gott geheiratet hat, der Farmer ebenfalls eine ungewöhnliche Ehe führt. Das Ende wirkt eher wie ein aufgesetztes Happy End und ist nicht zufriedenstellend, während vor allem der gute Auftakt mit überzeugenden Protagonisten eine Erwartungshaltung weckt, welche der Autorin abschließend nicht gerecht wird.    

Matthew Hughes setzt seiner Serie um den Gehilfen eines Zauberers fort. Im Grunde handelt es sich über weite Strecken um einen Krimi. Sie sollen den Mord an dem Bote der Tochter des Herzogs aufklären. Dieser musste nach der Flucht der Tochter aus ihrer Zwangsehe Gegenstände zurückholen. Der Mord weist auf eine Gilde hin, das macht aber keinen Sinn. Die Suche nach den verschwundenen Gegenständen und vor allem dem Täter wird lange Zeit spannend beschrieben. Am Ende befinden sich die beiden so unterschiedlichen magischen Ermittler wieder in einer aussichtslosen Lage, aus welche der Autor sie mit einem offenen auf Fortsetzungen hinweisenden Ende befreit. Diese Schwäche zeichnen einige seiner Novellen aus, so dass es wahrscheinlich sinnvoll ist, auf eine Buchveröffentlichung zu warten. 

James Morrow präsentiert in „Bird Thou Never Wert“ eine weitere faustische Variante. Eine kleine Gruppe von angehenden Schriftstellern trifft sich regelmäßig. Auf einem dieser Treffen bietet ein Magier den Menschen eine Chance, die einige nicht ablehnen können oder wollen. Es würde sie zu literarischen Giganten machen. Allerdings müssen sie ihre Texte auf eine ungewöhnliche Art und Weise schreiben. 

James Morrows interessanter Stil und seine routinierte Zeichnung von exzentrischen Charakteren heben den ansonsten eher vorhersehbaren Plot aus der Masse vergleichbar strukturierter Geschichten heraus, wobei James Morrow zumindest einzelne Aspekte sehr gut vor der Erzählerin und damit auch den Lesern durch die Rahmenstruktur verdeckt.   

Benjamin Rosenbaum hat eine der wenigen Science Fiction Geschichten beigesteuert. Leider wird sie eher wie ein Bestandteil einer Novelle oder eines Romans. Der biblische Bezug sowohl auf den Titel „Rejoice, my Brothers and Sisters“ sowie das Sinnbild des Engels, der außerhalb einer Umrandung lebt und quasi körperlich zu den innerhalb der Umgrenzung lebenden Menschen tritt werden später relativiert. Durch den Abbruch jeglicher Kommunikation mit der Außenwelt ist der Bote auf sich alleine gestellt und muss mit den Menschen in diesem Gefängnis irgendwie fertig werden, ohne seine eigene Identität zu verraten und sich noch mehr als notwendig in Gefahr zu bringen. Es bleiben aber abschließend viel zu viele Fragen offen, um wirklich überzeugen zu können.

Marie Vibbert bekommt den Preis für die ungewöhnlichste Science Fiction Story des Jahres, auch wenn die technische Logik sich nicht unbedingt gleich erschließt. In „Knit Three, Save Four“ wird ein blinder Passagier an Bord eines wirklich brüchigen Raumschiffs gefunden, das wegen der mangelnden Hüllenintegrität nicht andocken darf. Anscheinend ist man auch nicht willig, die Leute von Bord zu holen. Zu aufwendig und zu teuer. Dank der Laden findet sie eine sehr ungewöhnliche Methode, um das Schiff zusammenzuhalten und macht später daraus ein Geschäftsmodell. Viele kleine Teile wirken unlogisch, aber in diesem Fall siegt die literarische Frechheit, in dem sie wirklich eine gute irdische Idee einfach extrapoliert. Außerdem ist der Text humorvoll frisch geschrieben worden, auch wenn die Zeichnung der Protagonisten bis auf die Hauptperson schematisch ist.

Die dunkelste Geschichte stammt von Gregor Hartmann. „A Hand at the Service of Darkness“ spielt auf einem Frontierplaneten, auf dem ein Polizeioffizier widerwillig für den Geheimdienst arbeiten muss. Sie sollen einen potentiellen Terroristen verhaften und müssen ihn quasi aus seiner Umgebung herausholen, was ja eine Art Standardplot zu sein scheint. Die Offizierin muss sich der eigenen Loyalität stellen und erkennen, dass ihre zukünftigen Handlungen, nicht einmal Entscheidungen ihr Leben verändern werden. Der Plot ist ausgesprochen direkt erzählt, die politischen Seiten sind schwarz oder weiß. Die typischen Grautöne fehlen, was die Story vor allem im direkten Vergleich zu einigen anderen Texten eindimensionaler und damit auch langweiliger erscheinen lässt. Es ist ein eher solider Text, der von zahlreichen ungewöhnlichen Ideen dieser Ausgabe an den Rand gedrängt wird.   

M. Rickert vertritt mit seiner „Scrooge“ Variante „Evergreen“ die Horror Fraktion. Es ist selbst für die Weihnachtszeit eine ungewöhnliche Geschichte um Geister, die in und um Weihnachtsbäume herum erscheinen. Die Protagonistin beginnt trotz der Härten in ihrem Leben auch das Positive zu sehen. Vielleicht ist die ganze Geschichte ein wenig zu kompakt, um nachhaltig Stimmung zu erzeugen, aber es ist wenigstens eine ungewöhnliche Variation.

Auch Rebecca Zahabis „It never Snows in Snowtown“ könnte als Horror gezählt werden. Eine geführte Tour durch diese Attraktion – in der Stadt schneit es immer – wird zu einem Alptraum, als nicht nur Graffiti auf den Wänden vor dem Schnee warnen, sondern die Hintergründe erkennbar werden. Dunkel, zynisch, aber in einem Punkt auch fragwürdig. Wenn es immer wieder schneit und dieser „Schnee“ nicht schmelzen kann, dann müsste die Stadt entweder inzwischen unter den Massen begraben worden sein oder der Schnee wird jede Nacht abtransportiert. Trotzdem erweckt die ungewöhnliche Story böse Assoziationen an eine sehr dunkle Zeit.  

 “The Vicious World of Birds” von Andy Stewart ist die dritte dieser dunklen Geschichten. Eine Familie, deren Mitglieder sich nicht unbedingt grün sind, fährt gemeinsam in einen Kurzurlaub. Dort werden einzelne Familienmitglieder von einem Vogel angegriffen und verletzt. Auf der einen Seite spielt die Familie eine untergeordnete Rolle, der Leser lernt sie nur bedingt kennen, so dass vor allem die Vergleiche mit anderen Vogelarten zu kurz kommen.

Der Leser muss selbst entscheiden, ob „Shucked“ von Sam J. Miller noch Horror oder Phantastik ist oder nicht. Ein junges Pärchen, das sich kurz nach dem Kennenlernen außerhalb des Betts schon langweilt, wird von einem Mann angesprochen, der ein unmoralisches Angebot macht. Zehntausend Dollar für eine Stunde mit dem Mann. Wenn dieser zurückkehrt, will er natürlich nicht über die Sache sprechen, er scheint aber verändert. Richtig positiv verändert. In Ihren Gedanken stellt sich die Frau einiges vor, aber Sam J. Miller verweigert jegliche Antwort, so dass die Prämisse ein wenig an Kraft verliert und der Leser eher enttäuscht und frustriert neugierig zurückbleibt.

Abgeschlossen wird die Ausgabe wieder durch Buchrezensionen, die alle ein wenig oberflächlich erscheinen und David J. Skals ausführlicher Exkursion in den Bereich der Netflix Fernsehserien. Dazu ein wissenschaftlicher Beitrag und die Kuriosität wieder immer auf der letzten Seite. 


Taschenbuch, 252 Seiten

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