Ork City

Michael Peinkofer

Michael Peinkofer macht in seinen Nachbemerkungen deutlich, dass sich die Welt der Orks inzwischen verselbstständigt hat. Auch wenn es in seinem neuen Roman “Ork City” einzelne Hinweise  “Die Rückkehr der Orks” gibt, steht der Text für sich alleine und öffnet die Tore zu zahlreichen Crossover Welten. Nicht hinsichtlich des stringent erzählten Inhaltes, sondern in diesem Fall der überzeugenden Kombination aus Hardboiled Elementen und Fantasy Sujets. 

Der Autor zitiert zu Beginn des Romans Raymond Chandler. Der Handlungsbogen ist aber ein klassischer Dashiell Hammett, “Die Spur des Falken” lässt grüßen. Ein sich immer am Rand der Pleite bewegender nicht unattraktiver Privatdetektiv. Eine Femme Fatale, die sein Büro aufsucht und ihm einen Auftrag gibt. Dazu eine Art MacGuffin, den verschiedene Gruppen mit einer unterschiedlichen Bereitschaft zu Gewalt suchen. Am Ende wird das Objekt gefunden und die Masken fallen. Im Gegensatz zu Hammett ist Michael Peinkofer aber kein klassischer Zyniker und scheint seinem Privatdetektiv Corwin Rash - Ähnlichkeiten zu einer wichtigen Gestalt der Ork Geschichte werden im Laufe der Handlung immer wieder eingestreut - zumindest einen kleinen Triumph zu gönnen. 

Corwin Rash ist als ehemaliger Polizist sehr weit unter angekommen. Er arbeitet als Geldeintreiber für die Schwestern, die ihn schlecht bezahlen. Aber er muss Geld verdienen. Da kommt ihm jeder andere Auftrag recht. Die Sängerin Kity Miotara - Schwarze Haar, grüne Haut, auch wenn sie einiges dafür kann, daß sie so “gezeichnet worden ist - betritt sein Büro und bittet Rash. nach ihrem verschwunden Manager zu suchen. Der wollte mit den Zwergen einen neuen Deal aushandeln ist ist seitdem verschwunden. 

Schnell stellt sich heraus, dass nicht die Suche nach dem Manager, sondern einem besonderen Gegenstand aus dem Elfenreich im Mittelpunkt von nicht nur Kity Miotaras Interesse steht. 

Michael Peinkofers Roman “Ork City” lässt sich auf der einen Seite gut in die beiden Genres Fantasy und Hardboiled Fiction aufteilen, auf der anderen Seite ist er inzwischen ein routinierter Autor, der weiß, dass in einem gelungenen Crossover die beiden Teile miteinander verbunden werden müssen, damit der Roman grundsätzlich als Ganzes funktioniert. 

Das ist bei “Ork City” der Fall. Betrachtet der Leser zuerst die Krimielemente, so ist die eigentliche Suche wie bei einigen Hammett oder Chandlerromanen zweitrangig. Nicht umsonst ist es fast unmöglich, dem grundlegenden Plot von “Tote schlafen fest” zu folgen und die unlogischen Verstrickungen auseinanderzubrechen. Auch Hammetts “Die Spur des Falken” basiert auf einer Aneinanderreihung von Begegnungen und vor allem der Charakterisierung einer Reihe von skurrilen Charakteren als einer klassischen Ermittlungsarbeit. Da muss schon der Zufall helfen. In diesem Punkt ist Michael Peinkofer deutlich konsequenter und der Leser folgt Corwin Rashs Ermittlungen über weite Strecken auf Augenhöhe. Natürlich wird Corwin Rash zweimal aus brenzligen Situationen durch den Faktor Zufall - gigantische Krokodile in der Kanalisation; bewaffnete Zwerge -  gerettet, aber generell kann der Leser dessen Gedanken sehr gut folgen. 

Es sind vor allem die Protagonisten, welche den Roman neben der in die vierziger Jahre zurückt ransportierten Stadt Tirgaslan, auf der Erdwelt gelegen, zu einer interessanten modernisierten Hommage machen. 

Im Gegensatz zu Chandler/ Hammett, dessen paranoide Ermittler nur über einen rudimentären Hintergrund verfügen, ist Corwin Rash ein Mann mit Vergangenheit, aber einer auch monetär unsicheren Zukunft. er war früher mal Boxer - auch das hilft ihm in einer wichtigen Sequenz - Polizist und wahrscheinlich auch mal Soldat, wie die Verbindung zur Kneipenbesitzerin vermuten lässt. Inzwischen ist er selbstständig, auch wenn er kaum über die Runden kommt. Corwin Rash ist Trinker, damit gehört er einer Art Weltreligion an. Er ist aber auch ein abgebrannter Mann der Ehre, der sich anheuern, aber nicht kaufen lässt. Er schlägt einige finanziell sehr lukrative Angebote aus, weil er eben schon eine attraktive Auftraggeberin hat, die ihm allerdings hinsichtlich des Auftrags nur bedingt die Wahrheit gesagt hat.   

Kity Miotara wirkt eher wie Jessica Rabbitt als Brigid O'Shaughnessy aus “Die Spur des Falken”. Sind ist eine der berühmtesten Sängerinnen der Stadt. Sie sammelt alte Objekt der Elfen. Ihr Leibwächter ist ein einäugiger Zyklop. Sie zeigt sehr viel Interesse an Corwin Rash, ihrer im Grunde dritten Wal, da die ersten beiden Detektivs den Auftrag ablehnten. In “Die Spur des Falken” ist es Bogarts Partner, der in einer dunklen Gasse getötet wird. Hier erledigen manchmal die ebenfalls an den Artefakten interessierten Zwerge oder die Mitglieder eines Kults diese Aufgaben. 

Die Suche führt Corwin Rash quasi in die Ober- und die Unterstadt. In der Oberstadt versucht eine reiche Industrielle ihn und seine Informationen zu kaufen. In der Unterstadt muss er sich mit den angesprochenen gigantischen Krokodilen, aber auch den Mitgliedern eine Kults auseinandersetzen. Höhepunkt der Ermittlungen ist die Erkenntnis, was eine aufgefundene Karte wirklich symbolisiert. 

Michael Peinkofer gibt sich sehr viel Mühe, neben den angesprochenen Hauptfiguren eine Reihe von Nebencharakteren zu etablieren, die zwar mit nur wenigen Strichen skizziert erstaunlich dreidimensional (allerdings immer am Rande des Klischees ) erscheinen und dem Leser länger im Gedächtnis bleiben als die Hauptfiguren. 

  Zu den Fantasyelementen gehören die Vertreter verschiedener Völker. Da haben wir die Orks, zu denen auch Rash zu einem Viertel gehört. Michael Peinkofer beschreibt sie nicht aufdringlich offensiv, es sind die kleinen Gesten oder die entsprechende Mimik, welche die Leser immer wieder daran erinnern, das sie sich nicht in einer klassischen Krimiwelt, sondern eben nur auf der Erdwelt befinden. Dazu kommen die Zwerge, die Zyklopen; schließlich auch die Elfen mit ihren legendären, aber irgendwie auch allgegenwärtigen Hinterlassenschaften. Auch wenn “Ork City” in einer Stadt spielt, die den USA der dreißiger und vierziger Jahren näher steht als zum Beispiel die bisherigen Zwergen oder Orks Romane, achtet Michael Peinkofer penibel darauf, dass es eben nicht die Erde, sondern nur eine Erdwelt ist. 

An keiner Stelle ist Magie entscheidend. Der Plot lässt sich auch sehr gut bis auf die finale Doppelgängerszene von allen übernatürlichen Elementen entkleidet lesen und funktioniert innerhalb der Schemata des Genres. Er ist spannend, mit einigen Längen im mittleren Abschnitt. 

Aber den Unterschied zwischen dem billigen über die Theke verkauften Gesöff und den edlen Tropfen, die unter dem Tresen stehend auf die richtigen Gourmets warten, liegt bei “ork City” in den Details. Immer wieder verfremdet Michael Peinkofer unauffällig klassische Hardboiled Szenen, in dem er mit den angesprochen kleinen Gesten, der Mimik oder manchmal auch nur zynischen Beschreibungen aus Rash Perspektive deutlich macht, dass sich keine Menschen im Molochdschungel der Großstadt gegenüberstehen, sondern Orks und Zwerge, die sich in Abwesenheit der Elfen grundsätzlich sowieso nicht ausstehen können und deren Zeitvertreib das gegenseitige Betrügen ist. 

Dadurch wirkt”Ork City” erstaunlich homogen. Der Plot fließt mit einer sehr zufriedenstellenden Geschwindigkeit dahin, auch wenn der Autor manchmal ein wenig zu sehr auf Versatzstücke und wie angesprochen mindestens zweimal auf den Faktor Zufall setzt, um seine auf jeden Fall interessante Hommage an den Hardboiled Krimi zu erzählen. Aber wie bei Chandler und Hammett kommt es nicht immer auf Plausibilität an, sondern vor allem auch auf Stimmung und Stimmungen. Neben den bizarren Charakteren das große Plus dieses interessant zu lesenden Romans        

  • Herausgeber ‏ : ‎ Piper; 1. Edition (11. Januar 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Broschiert ‏ : ‎ 368 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3492705545
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3492705547
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.6 x 3.75 x 20.5 cm

    

Ork City

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