Cotton Reloaded 28" Killerschaben"

Alfred Bekker

Alfred Bekker präsentiert in seinem Beitrag zum "Jerry Cotton" nicht nur eine bizarre Idee inklusiv eines Seitenhiebes auf die verschiedenen Wettbüros, sondern spricht eine Variation von David Finchers unterschätzten Filme "The Game" nebenbei an. Der gelangweilte Sohn einer reichen chinesischstämmigen Industriellenfamilie, die aber anscheinend Geld für die Mafia wäscht, wird tot aufgefunden. Im Gegensatz zu Cotton und Decker hat der Leser einige wenige rudimentäre Informationen mehr erhalten. Er wurde entführt und von mindestens zwei Männern zusammengeschlagen, was zu seinem Tod geführt haben könnte.

Die Familie reagiert eher abweisend. Ermittlungen auf dem Gelände der Universität führen erstaunlich schnell in zwei Richtungen. Zum einen hat der Junge Verbindungen zur Wettmafia und hat anscheinend bei Killerschabenduellen fleißig mit gewettet. Auch die eigentliche Entführung dürfte für ihn keine Überraschung gewesen sein, wobei Alfred Bekker in einem Punkt ein interessantes Plotelement buchstäblich aus dem Fenster wirft.

Die Entführung ist oragnisiert und gebucht gewesen. Aber nicht nur hat der Vater die Rechnung bezahlt, der Sohn ist ebenfalls informiert gewesen. Alleine der Zeitpunkt der Entführung ist unbekannt gewesen. Warum Menschen deswegen einen Adrenalinkick vielleicht nur aus der rauen Behandlung ziehen sollen, kann der Leser nicht unbedingt nachvollziehen. Der Kick bei "The Game" bestand ja darin, dass der Beschenkte nichts von seinem Glück wusste und wenn der Vater zumindest den Wunsch des Sohnes direkt und vielleicht zu einem unglücklichen Zeitpunkt während anderer Geschäfte umgesetzt hätte, dann wäre die Spannungskurve steiler verlaufen. Als dann auch noch die potentiellen Entführer umgebracht werden, fallen die einzelnen Komponenten der Ermittlung sehr schnell auch dank der erdrückenden technischen Hilfe aus dem Hintergrund zusammen.

 Unabhängig von dieser mechanischen Umsetzung einer guten Idee profitiert der vorliegende Roman aber auf anderen Ebenen. Alfred Bekker setzt routiniert das immer intensiver werdenen natürlich rein dienstliche Verhältnis zwischen Decker und Cotton fort. Neben den pointierten Dialogen und einigen Exkursen darf allerdings Decker im Vergleich zu den letzten Abenteuern deutlich weniger machen und Cotton infiltriert zusammen mit einem Polizistenkollegen die illegale Wettmafia, trifft gleich auf den Hintermann und kann so abschließend die entsprechenden Verhaftungen vornehmen, wobei rückblickend diese Handlungsebene nur peripher mit der Entführung und dem Tod des Jungen verbunden ist.  Wie die Ermordnung der angeheuerten Profis und deren am Rande der Legalität sich bewegende Vorgehensweise aufgelöst werden, ist solide und routiniert erzählt, geht angesichts potentieller Verdächtiger vielleicht ein wenig zu schnell.  Die Wettmafia Handlungsebene ist nicht zuletzt durch die Exkursion nach Chinatown ohne Frage bizarrer und wird von Alfred Bekker mit den Killerschaben und deren Werten von 3000 Dollar für einen Sieger und nichts für den Verlierer als Wertberechnung der kleinen Käfer auf eine ironische Spitze getrieben. Ohne die Hintergründe viel aufzuhellen führt er den Leser zusammen mit Cotton durch dieses Labyrinth.

 Zu den Schwächen gehört die eigentliche Ermittlungsarbeit, die insbesondere hinsichtlich der Befragung von Zeugen und dem Aufsammeln von Hinweisen zu geradlinig voranschreitet. Um einfühlsam zu sein, muss Cotton bei der Schwester des Ermordeten wieder die Hinweise auf den 11. September und den Tod seiner Schwester einstreuen, die erstaunlich deplatziert erscheinen. Da hilft auch Deckers Hinweis wenig, dass Cotton einmal vorsichtig und emotional auf die Gesprächspartner achtend vorgegangen ist. Zusammengefasst ist "Killerschaben" trotz oder vielleicht auch teilweise wegen des ausgesprochen bizarren Hintergrunds ein stringentes, geradliniges Garn, in dem sich Bekker mit den vorhandenen, aber auch den von ihm entwickelten Figuren sichtlich wohl fühlt.

 

 

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 3116 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 100 Seiten
  • Verlag: Bastei Entertainment (8. Januar 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00QX7GHZ6
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