Angriff der Aquakrieger

Earl Warren
Mit "Angriff der Aqua- Krieger" liegt die erste Hälfte eines weiteren Roberta Lee Abenteuers aus der Feder Earl Warrens als Paperback im Rahmen der Romantruhereihe "Die Schatzjägerin" vor. Das Titelbild passt allerdings nicht zum eigentlichen Band. Auch der Hinweis, dass es sich um das elfte Abenteuer mit Roberta Lee handelt, ist mißverständlich. Auch bei den Kelter Taschenheften haben sich die Handlungsbögen wie bei der Romantruhe über zwei Bände hingezogen, so dass im Kelterverlag nicht acht Roberta Lee Expeditionen beschrieben worden sind, sondern deutlich weniger.
Unabhängig davon schließt Earl Warren zumindest vordergründig an die im anderen Verlag veröffentlichten Abenteuer an. 
Die Idee, Roberta Lees auf einer geheimen Mission verschollenen Verlobten - den Green Beret Captain Roger Stone - zu reaktivieren, verwirft der Autor gleich wieder. Der amerikanische Geheimdienst hat ihn nach drei Jahren aus den Händen der Taliban freigekauft. Durch die Folter und Gehirnwäsche ist er zu einem seelischen Wrack geworden, dass seine Umgebung im Allgemeinen und Roberta Lee im Besonderen nicht wieder erkennt. Auch wenn Earl Warren immer wieder Roberta Lees treues Seelenleben - bis auf den einen One Night Stand - beschrieben hat, wirken diese vordergründig emotional elementaren Szenen zu distanziert beschrieben. Es zeigt sich nachdrücklich, dass diese Schwäche in Warrens umfangreichem Werk bislang nicht behoben werden konnte. Wenn er dann auch noch eine Beziehung zu Stones ehemaligen Kollegen und jetzigen Ansprechpartner Lees für die kommende gefährliche Mission Dex Kelley in die Handlung einführt, dann wirkt es klischeehaft. Bislang funktionierte Roberta Lee in erster Linie, weil sie auf der einen Seite eine sehr attraktive wie intelligente Frau gewesen ist, die sich ihrer Stärken und kaum vorhandenen Schwächen bewusst gewesen ist. Natürlich kann man angesichts des geistigen Zustandes von Roger Stone verstehen, dass sie nach der langen Wartezeit extrem enttäuscht ist, aber die Beziehung zu Kelley inklusiv der nach Lateinamerika aufbrechenden Expedition wirkt eher wie unnötiges Füllmaterial. 
 
In einem frühen Band hat Earl Warren gerne Ausflüge in den Bereich der prähistorischen Phantastik unternommen. Der Außerirdische im Grab des Khans sei hier genauso expliziert genannt wie das Volk der amphibischen Mayones, die einen Brückenschlag zwischen der untergegangenen Maya- Zivilisation und zahlreichen Sagen um die Fischmenschen bilden. Earl Warren geht am Ende des Buches noch einen Schritt weiter. Die Mayones kennen den Weg zum legendären Atlantis, das hoffentlich im nächsten Band eine wichtige Rolle spielt. Bis dahin verfügt "Angriff der Aquakrieger" über eine ausgesprochen stringente wie ökologisch kritische Haltung. Die Mayones sehen sich nicht zuletzt durch die zahlreichen Umfeldkatastrophen im Golf von Mexiko und dem Bermuda Dreieck in ihrer unterirdischen, von den Lees geheim gehaltenen Existenz bedroht. Sie beschließen, mit Aktionen auf Bohrinseln und gigantischen Öltankern zurückzuschlagen. Dabei töten sie rücksichtslos die Besatzungen der Inseln oder Schiffe. Sie fordern, dass jeglicher gefährlicher Schiffsverkehr auf den Weltmeeren eingestellt und die Verschmutzung ihres Lebensraums vermieden wird. Earl Warren streut eine Reihe von interessanten Fakten in den Plot ein, die er allerdings dieses Mal hart an der Grenze zur Belehrung abarbeitet. Die amerikanische Regierung schickt Roberta Lee nach Hinweisen ihres Vaters zusammen mit einer Handvoll Navy Seals aus, um den Mayones ihre Grenzen aufzuzeigen und hoffentlich die verschwundenen Männer und Frauen von der im Prolog angegriffenen Bohrinsel oder dem Tanker zu befreien. Roberta Lee soll die ihnen bekannten Mayones bestimmt überzeugen, das Widerstand gegen die insbesondere in der Theorie allmächtigen amerikanischen Spezialeinheiten sinnlos ist.
Abschließend ist die Auftakthälfte schwer zu beurteilen. Zu viele Fäden  sowohl auf der persönlichen wie plottechnischen Ebene hängen noch in der Luft. Earl Warren bringt Roberta Lee pikant am Ende des Buches wieder in Schwierigkeiten, wenn sie nackt den Göttern geopfert werden soll. Zusätzlich sind ihr engster Mitarbeiter Harry und ihr Vater auch Gefangene der Mayones, während die Seals zumindest in der Planung die Frist von 48 Stunden außerhalb des Höhlenlabyrinths abwarten, um Roberta Lee Zeit zum Verhandeln zu geben. Das die attraktive Archäologin nicht erfolgreich geopfert werden kann, steht außer Frage, so dass der von Warren beabsichtigte Spannnungsaufbau ins Leere geht. Überhaupt wirkt Roberta Lee erstaunlich passiv. Wie schon angesprochen funktioniert die emotionale Ebene zu schematisch und was den eigentlichen Fall angeht, wird der im Vergleich zum Umfang des Taschenheftes für die Protagonistin erst zu spät relevant. 
Unabhängig von diesen Schwächen und den penetranten Wiederholungen - es muss nicht in jedem Roman Roberta Lees Namensgeschichte erläutert werden und den sich wiederholende Hinweis auf den Familienkater als Ersatzspielzeug des Vaters in seinem Arbeitszimmer hat sich inzwischen für Stammleser auch abgenutzt - ist "Angriff der Aquakrieger" eine Rückkehr zu den semiphantastischeren Ideen, welche den Reiz der ersten, allerdings deutlich dynamischer und pointierter geschriebenen Roberta Lee Abenteuer ausmachen. 
  
 
 
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