2010 - Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen

Originaltitel: 
2010: The Year We Make Contact
Land: 
USA
Laufzeit: 
111 min
Regie: 
Peter Hyams
Drehbuch: 
Peter Hyams
Darsteller: 
Roy Scheider, Douglas Rain, Bob Balaban, Helen Mirren
zusätzliche Infos: 
Nach einer Romanvorlage von Arthur C. Clarke. Musik von Richard Strauss, György Ligeti, David Shire
Kinostart: 
22.02.84

10 Jahre nach den Ereignissen aus 2001 – Odyssee im Weltraum fliegen Haywood Floyd und 2 weitere Amerikaner auf einem sowjetischen Raumschiff zum Jupiter umd die Umstände der gescheiterten Discovery Mission zu klären. Während die Grossmächte am Rand des 3. Weltkriegs stehen, erkennen die Astronauten, das sie nicht allein sein. Und dann steht Floyd vor Dave Bowman, einem der Astronauten, die 2001 angeblich starben.


Filmkritik:
von Dirk Wilkens-Hagenkötter (für SF-Radio.net)

Regisseur Peter Hyams begab sich in „2010“ schon zum zweiten Mal zum Jupitermond Io. Schon 3 Jahre zuvor hatte er in „Outland – Planet der Verdammten“ die schwefelgelbe Vulkanlandschaft des Satelliten gezeigt. Bei 2010 arbeitete er nun wie einst Stanley Kubrick mit Arthur C. Clarke zusammen. Clarke hatte parallel zur Produktion von 2001 den Roman geschrieben. Eigentlich sollte damals die Reise zum Saturn gehen, aber aus finanziellen Gründen wurde das noch während der Dreharbeiten umgeworfen und wegen besserer Bilder der Jupiter gezeigt. Clarke hatte das in seinem Roman aber nicht mehr berücksichtigt, und so unterschieden sich Buch und Film in diesem Punkt. Als Clarke nun die Fortsetzung schrieb, passte er den Stoff an neuere astronomische Erkenntnisse an, und wechselt auch gleich vom Saturn zum Jupiter. Dadurch ist das Buch 2010 keine wirkliche Fortsetzung seines literarischen Vorgängers. Auf den Film trifft das nicht ganz zu. Da ja 2001 bereits den Jupiter als Reiseziel zeigt, ist der Film hier wesentlich angeschlossener als der zugrunde liegende Roman. Es bleiben einige Details, in denen sich der Film 2010 von seinem Vorgänger 2001 unterscheidet: Der offensichtlichste ist die Bedeutung, die Haywood Floyd für das Scheitern der Discovery-Mission hat. Gescheitert war die Mission, weil HAL seinerzeit über die wahre Mission informiert war, nämlich den Monolithen nahe Io zu finden. Die Besatzungsmitglieder sollten davon aber erst erfahren, wenn die Discovery ihr Ziel erreicht hatte. Dadurch war HAL gezwungen seine menschlichen User anzulügen, was aber gegen seine Programmierung verstieß. Letztlich führte das zum Zusammenbruch des Supercomputers. In 2010 erfährt Haywood Floyd diese Ursachen, nachdem Chandra den Computer wieder aktiviert hat. Er ist entsetzt und meint, er hätte niemanden beauftragt, HAL über den Monolithen zu informieren.

Das widerspricht aber dem Film 2001, wo man eine Videoaufzeichnung sieht, in der Floyd eben genau dieses der Besatzung mitteilt, nämlich dass HAL über die wahre Mission informiert war. Ein anderer Unterschied zwischen 2001 und 2010 besteht in der Bedeutung von Dr. Chandra. In 2010 heißt es, er sei der Konstrukteur und der Programmierer. In 2001 singt HAL aber das Lied Hänschen Klein (deutsche Fassung), das er von seinem Programmierer gelernt habe, einem Mister Langley. Von Chandra ist da nicht die Rede.

2010 hatte das Problem, dass es sich mit 2001 messen musste. Peter Hyams drehte in einem ganz anderen Stil als Stanley Kubrik. Von der Symbolik und Bildsprache des Vorgängers war nichts übrig geblieben. 2010 war dadurch zwar wesentlich verständlicher und spannender, aber lange nicht so Anspruchsvoll und Revolutionär wie 2001. Das hatte zur Folge, dass die Fans von 2001 sehr enttäuscht waren. Sie hatten nicht erwartet, in einen „Popkorn“ Film zu gehen. Andere hatte gerade der hohe Anspruch von 2001 abgeschreckt überhaupt in die Fortsetzung zu gehen. Es ist auch heute kaum möglich die beiden Filme völlig getrennt zu betrachten. Aber genau das muss man streng genommen machen. Der eine erzählt zwar die Geschichte des anderen weiter, aber stilistisch und erzähltechnisch haben sie nichts gemeinsam. 2010 würde sicher besser abschneiden, wenn man ihn für sich allein betrachten würde. Denn der Film alles zu bieten, was ein Science Fiction Film von 1984 bieten kann: Tolle Spezialeffekte, mit Roy Scheider einen erstklassigen Hauptdarsteller und eine spannende Handlung. Peter Hyams selbst hat aber dann doch recht viele Verknüpfungen und Anspielungen auf 2001 eingebaut, dass es eben sehr schwer fällt, keine Verbindung herzustellen: Da wäre die Kommandantin der Leonow: Sie heißt Kirbuk, das ist Kubrik rückwärts geschrieben. An anderer Stelle sieht man als Titelbild des Time Magazin den amerikanischen Präsidenten und den sowjetischen Parteichef. Bei genauem Hinsehen erkennt man Arthur C. Clark als US-Präsident und Stanley Kubrik als Sowjetchef. Arthur C. Clarke ist noch an anderer Stelle zu sehen: Vor dem Weißen Haus füttert er Tauben. Schließlich sieht man noch einen Werbespot der PanAm, wo man Bilder der Raumstation aus 2001 sieht.

Die Unterschiede zwischen dem Roman 2010 und dem Film fallen etwas größer aus. Fast alle Figuren sind im Buch plastischer. Walter Curnow, der Ingenieur, ist schwul und flirtet mit dem sowjetischen Kosmonauten Maxim Brajlovsky. Es war wohl selbstverständlich, dass dies in der Filmversion weg gelassen wurde. Übrigens zählte Haywood Floyd im 3. Teil der Odyssee Reihe – 2061 Odyssee III - ein schwules Paar zu seinem engsten Freundeskreis. Dadurch zeigt Arthur C. Clarke sehr schön, wie man ohne viel Federlesens die Normalität unterschiedlicher Lebensweisen darstellen kann, ohne daraus ein Problemwerk machen zu müssen. Wesentlich mehr Probleme hatte Floyd in 2010 mit seiner eigenen Frau. Während der monatelangen Reise ließ sie sich von ihm scheiden. Im Film merkt man davon nichts, außer dass die ersten Mitteilungen, die er verfasst an seine Frau gehen, später aber an seinen Freund bei der Raumfahrtbehörde.

Bei der Darstellung der Zukunft war man diesmal nicht ganz so akribisch und pingelig wie bei 2010. Trotzdem ist das, was gezeigt wird, wissenschaftlich korrekt. Sehr beeindruckend wurde das Abbremsmanöver dargestellt, wenn die Leonow von der Jupiter Atmosphäre abgebremst wird. Das sowjetische Raumschiff Alexeij Leonow war nach dem ersten Menschen benannt, der 1965 einen Weltraumspaziergang machte, Arthur Clarke kannte ihn persönlich.

Alles in allem ist 2010 einer der besseren Science Fiction Filme der 80er Jahre. Es ist bedauerlich, dass der 3. Teil der Odyssee Reihe nie verfilmt wurde und von daher der Zyklus nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Um die spannende Frage zu beantworten, was sich auf dem Europa tut, muss man dann doch zum Buch greifen.