Kritik zu BFG - Big Friendly Giant: Wohlfühlkino ohne Vorschlaghammer

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Der BFG und Sophie auf dem Weg ins Traumland.

BFG steht für Big Friendly Giant und erzählt die Geschichte der 10-jährigen Sophie aus London. Die lernt eines Tages einen gutmütigen Riesen kennen, der sie in seine magische Welt mitnimmt. Hier gibt es jedoch auch böse Riesen, die gern Menschen verspeisen. Als die bösen Riesen in unsere Welt einfallen, liegt es an Sophie und dem BFG, sie zu stoppen.

Steven Spielberg ist einer der vielseitigsten Regisseure Hollywoods. Er dreht ernste Filme wie Der Soldat James Ryan oder Schindlers Liste, aber auch fantastische wie E.T. - Der Außerirdische oder Jurassic Park. Viele seiner Filme tragen eine bestimmte erzählerische Handschrift: Sie sind rührend und emotional inszeniert, inhaltlich aber oft flach. Meisterhaftes Unterhaltungskino, aber nicht mehr.

Eine Kinderbuchverfilmung für Erwachsene

BFG - Big Friendly Giant ist die Verfilmung eines Kinderbuchs von Roald Dahl aus dem Jahr 1982. Dahl ist im englischsprachigen Raum für viele weitere Klassiker wie Charlie und die Schokoladenfabrik oder James und der Riesenpfirsich bekannt. Der Film richtet sich eher an Erwachsene, die das Buch noch aus ihren eigenen Kindertagen kennen. Ein Indiz dafür ist, dass der Film in einem London irgendwo in den 1970er oder '80er Jahren spielt, sichtbar an Minis und fehlenden Überwachungskameras.

Dieses "alte" London wird kurz durch Kamerafahrten eingeführt, bevor Sophie dann mit dem BFG im Land der Riesen verschwindet. Vieles am Film ist computergeneriert, aber zumindest haben sich die Macher Mühe gegeben, durch ein paar echte Kulissen und Gegenstände die Glaubwürdigkeit hoch zu halten. Und das funktioniert, vor allem beim namensgebenden Riesen BFG, gespielt von Mark Rylance (Bridge of Spies: Der Unterhändler), der eine sehr glaubwürdige Mimik besitzt und daher als Charakter ernst genommen werden kann. Leider fällt diese Illusion auseinander, sobald Realität und Computeranimation vermischt werden, beispielsweise wenn Sophie vom Riesen getragen wird. Das reißt unnötig aus dem Film heraus und zerstört den eigentlich positiven Gesamteindruck der Computerbilder.

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Statt nachts zu schlafen, liest Sophie (Ruby Barnhill) heimlich unter der Bettdecke.

Dabei spielen aber sowohl Rylance als auch Ruby Barnhill ihre Rollen überzeugend. Vor allem die sehr junge Barnhill zeigt bemerkenswertes Talent. Das Schauspiel trägt zudem glücklicherweise über die erste Hälfte des Films, welche einen erzählerischen roten Faden vermissen lässt. Zu sehr ist der Film in dieser Zeit damit beschäftigt, seine Welt zu etablieren und die Charaktere zu zeichnen. Angesichts der erzählerischen Ziellosigkeit der ersten Hälfte und leicht widersprüchlicher Motivationen der Figuren stellt sich mitunter Verwirrung und sogar Langeweile ein. Der Film schafft es nicht, in den wichtigen Momenten einen starken Plot zu entwickeln.

Dafür ist die zweite Hälfte besser und nachvollziehbarer erzählt. Die Unvereinbarkeit der realen und fantastischen Welt wird rührend, jedoch ohne emotionalen Vorschlaghammer inszeniert. "Wohlfühlkino," sagt man wohl dazu. Erkauft wird das Happy End allerdings mit einer inhaltlichen Leere, die über einen Appell an den Glauben an das Fantastische oder Magische kaum hinausgeht.

Der Kontrast von Realität und Fantasie

In seinen besten Momenten erinnert BFG - Big Friendly Giant an den Spielberg-Film Hook oder auch an Harry Potter, die Fantastik und Realität zueinander in Kontrast setzen. Hook profitierte allerdings von einer stärkeren Motivation seiner Hauptfigur und einer Konzentration auf praktische Effekte und Sets, was diesen Film visuell und emotional greifbarer machte. Harry Potter wiederum band seine Haupthandlung gekonnt in die erzählte Welt ein.

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Sophie (Ruby Barnhill) und der BFG (Mark Rylance) sind dicke Freunde geworden

Ein Wort noch zur deutschen Synchronisation. Zwar ist sie gewohnt gut, bietet aber manche Holprigkeiten in der Übersetzung. So wird der große, freundliche Riese tatsächlich BFG gerufen, einmal sogar das englische "Big Friendly Giant" gesagt. Das macht zwar im Kontext des Films und den Bemühungen um Verständlichkeit Sinn, führt aber auch zu Momenten der Irritation. Davon gibt es noch weitere: Für Freunde von Videospielen heißt BFG nämlich in erster Linie "Big Fucking Gun", eine Waffe aus dem Klassiker Doom. Und wer früher gerne Fernsehen schaute, fühlt sich durch die fortwährenden Buchstabenverwechselungen des BFG hin und wieder an den berühmten Kentucky-Schreit-Ficken-Sketch der Comedy-Veteranen von RTL Samstag Nacht erinnert.

Fazit

BFG - Big Friendly Giant ist gekonnt und rührend inszeniertes Wohlfühlkino, eine Kinderbuchverfilmung für Erwachsene. Die erste Hälfte des Films geht erzählerisch ein wenig ins Nichts, die zweite Hälfte ist dafür solide. Das trifft auch für die sehr guten Computeranimationen zu, die nur in wenigen Momenten wirklich künstlich wirken. Insgesamt bietet der Film handwerklich sehr solides Unterhaltungskino. Freunde von Spielberg-Filmen wie Hook oder E.T. - Der Außerirdische finden Spaß an der Interpretation von Roald Dahls Sophiechen und der Riese.

BFG - Big Friendly Giant Poster
Originaltitel:
The BFG
Kinostart:
21.07.16
Regie:
Steven Spielberg
Drehbuch:
Melissa Mathison
Darsteller:
Mark Rylance, Ruby Barnhill, Penelope Wilton, Rebecca Hall, Bill Hader, Jemaine Clement
Als die 10-jährige Marie einen gutmütigen Riesen kennenlernt, glaubt sie in einer Märchenwelt gelandet zu sein. Doch dann greifen dessen böse Verwandten die Welt ein und nur Marie kann die Menschen vor der Gefahr warnen.

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