Kritik zu The Walking Dead 8.03: Monsters

SPOILER

Noch stärker als zuvor präsentiert sich The Walking Dead weniger mit in sich runden Folgen, sondern eher einem langen, in Episoden aufgeteilten, zusammenhängenden Film. So geht auch in "Monsters" die Handlung der beiden Vorgängerepisoden nahtlos weiter.

Hi Morales. Bye Morales.

Der Spiegel, der Rick in der letzten Episode wortwörtlich vorgehalten wurde, kann diesmal sprechen und heißt Morales. Zum Ende von "Mercy" stoppt Morales die Waffenlager-Such-Mission. Er hält Rick mit einer Pistole in Schach und ruft weitere Savior zur Verstärkung.

Es bleibt aber natürlich genug Zeit für ein Gespräch zwischen den beiden alten Bekannten. Neben kurzen Update, welche geliebten Menschen mittlerweile so verstorben sind, informiert Morales Rick auch darüber, dass seine Familie Birmingham nie erreicht hat. Er selbst hatte eigentlich schon aufgegeben, als die Savior ihn aufgriffen und für würdig genug hielten. Negan zu werden war seine Chance und Überlebensstrategie. Und dies mache ihn keinen Deut schlechter oder anders als Rick. Wer ist hier ein Monster?

Die “Wiedersehensfreude“ bei diesem seit der fünften Folge der ersten Staffel verschollenen Charakter währt nur kurz. Ein wieder aufgetauchter Daryl erledigt das Problem schnell und wortkarg mit seiner Armbrust aus dem Hintergrund. Rick scheint kurz entsetzt, immerhin hat man ihn doch gekannt. Das ist Daryl aber sichtbar egal gewesen – und Rick dann irgendwie auch wieder.

Hat es sich wirklich gelohnt dafür noch einmal nachzulesen, wer Morales überhaupt war, geschweige denn den Charakter überhaupt noch einmal auftauchen zu lassen? Es ist nun nicht so, dass einen das Schicksal von Morales seit seinem Abschied in der ersten Staffel brennend interessiert hätte oder dieses abermalige “Spiegel vorhalten” weiterbringt.

Natürlich tauchen dann die zur Unterstützung gerufenen Savior auf. Rick und Daryl versuchen, sich in Sicherheit zu bringen. Bei der Suche nach einem Fluchtweg, kombiniert mit gelegentlichen Schusswechsel im Labyrinth aus Fluren und Türen in diesem Hochhaus, dürfte es einigen Gamern sicher in den Fingern gejuckt haben. Das Setting erinnerte doch an so einige Computerspielsituationen.

Von Heiligen und Sündern

Jesus tut weiter, was man … von einem Jesus eben erwartet. Inklusive beschwichtigender heiliger Handhaltung. Die Meinungsverschiedenheit bezüglich des Umgangs mit den Saviorn zwischen Tara, Morgan und Jesus wächst weiter und eskaliert schließlich. Jesus besteht weiterhin darauf, dass niemand, der sich ergeben hat oder wehrlos ist, getötet wird. Tara und Morgan pochen eher auf die Gefahr und die begangenen Taten der Savior.

Als mal wieder eine Horde Zombies passend lautlos aus dem Nichts auftaucht, nutzt eine zusammengebundenen Gruppe Gefangener den Tumult zur Flucht in den Wald. Morgan will sie nicht so einfach entkommen lassen. Er stellt ihnen nicht nur nach, sondern beginnt auch, sie gezielt auszuschalten. Dies weiß Jesus mit vollem Körpereinsatz zu beenden. Warum genau niemand der sonstigen Anwesenden den eskalierenden, handgreiflichen Streit (natürlich nebst der beliebten Jesus-Kicks) unterbricht, ist hierbei ebenso offen wie die Frage, warum die Zombies so trollig den Grashügel runterrollen (Spaßtag für die Darsteller?) und dabei nicht deutlich größeren Schaden nehmen. Sichtbar weit verwest müssten dabei doch Teile abhanden kommen … aber ich drifte ab. Morgan hat genug von der Gruppenaktion und wird lieber wieder Einzelgänger. Wer will es ihm verdenken.

So schafft es der Trupp rund um Jesus und den gefangenen Saviors nach Hilltop, wo Maggie ein finales Machtwort sprechen soll. Jesus ist allerdings erstmal davon überrascht, Gregory anzutreffen. Eben noch kleinlaut um Mitleid bettelnd (und damit tatsächlich abermals Erfolg haben), macht dieser jetzt wieder einen lautstark auf dicke Hose, wird von Maggie jedoch in die Schranken gewiesen.

Maggie ist natürlich ebenfalls skeptisch und auch etwas entgeistert, dass Jesus ausgerechnet die Saviors an den Ort bringt, wo sich viele geliebte, besonders schutzbedürftige Menschen der Gruppe aufhalten. Eine Zwickmühle: man kann sie weder einfach laufen lassen, aber sie zu töten wäre ethisch auch nicht vertretbar, wie Jesus recht deutlich darstellt. Also sollen sie derweil in stark bewachten Containern untergebracht werden, und man würde weitersehen, wenn der Krieg beendet wäre.

Aus der Kategorie: Was soll schon schief gehen?!?

Keine Verluste

König Ezekiel und seine Gefolgschaft bleiben ein Highlight. Die Geschichte von The Walking Dead ist ohnehin wenig glaubwürdig, dann kann man auch Spaß damit haben. Theatralische Sprache und Tiger wird als Würze so schnell nicht langweilig.

Zudem sorgen die wenigen Sekunden, in denen man die Taktik der Gruppe sieht, für das gewisse Etwas im Vergleich zum reinen Rumgeballer in den anderen Plotsträngen. Da hätte ich mir fast gewünscht, dass Ezekiel mit seiner “fake it till you make it“-Taktik und dem Vorhaben, nicht nur zu siegen, sondern dabei keine Verluste in den eigenen Reihen zu verbuchen, erfolgreich geblieben wäre. Mit dem abrupten Ende und Cliffhanger sieht das nun nicht danach aus.

Wen kümmert es?

Der in der letzten Folge mit Bauchschuss schwer verwundete Eric ist gestorben. Aber wen, außer seinen Partner Aaron, kümmert das? Eric als Zombie nun nicht mehr, und selbst die anderen anwesenden Charaktere schienen Eric nun auch nicht so viel näher gewesen zu sein als der Zuschauer. Dabei waren beide, vor allem Aaron, theoretisch seit mehreren Staffeln Teil der Gruppe von Rick in Alexandria. Praktisch eben eher Statisten im Hintergrund.

Dies zeigt abermals einen großen Schwachpunkt der Serie: Zu viele Personen, die oftmals viel zu wenig beleuchtet werden – dann aber auf einmal im Fokus stehen. Das dürfte für die wenigsten Zuschauer funktioniert haben. Schade, dass man so der verschenkten Screentime eher hinterher trauert als einem Charakter.

“Wen kümmert es?“ denkt sich auch Daryl und erschießt einen entwaffneten, jugendlichen Savior einfach – obwohl Rick diesem zuvor ausgiebig sein Wort gegeben hat, diesen ziehen zu lassen, wenn er sich ergibt und mit Informationen rausrückt. Daryl hat wiederholt keinen Nerv mehr für derlei Vorgehen und zieht die brutale Abkürzung vor. Abermals ist Rick kurz irritiert, nimmt es aber (erstmal?) so hin.

Die Hoffnung ist nun natürlich, dass dies noch Konsequenzen haben wird und zu Differenzen führt. Sollte auch diese Charakterentwicklung keine spürbaren Folgen haben, dürfte sich endgültig die Frage stellen, wofür es Daryl und Rick überhaupt noch in der Serie braucht.

Wie es Gabriel und Negan ergeht, ist nach wie vor offen. Wartet man mit der Auflösung bis zum Midseason-Finale? Praktisch, dass Rick als Kriegsberichterstatter für ihn derweil alles mit der Polaroid-Kamera dokumentiert. In guter Negan-Tradition.

Fazit

Zugegeben, einen kurzen Moment hatte ich überlegt, ob ich diese Kritik nicht einfach aus den Texten zu den beiden Vorgängerepisoden zusammenwürfel. Der Tenor, Grundhandlungsstrang, Locations und Charaktere sind nach wie vor dieselben.

Aber dies würde “Monsters“ nun doch nicht gerecht. Denn trotz einiger Kritikpunkte, die eher das gesamte bisher sichtbare Staffelkonzept betreffen, wirkte die Episode stimmig erzählt. Zwar gab es keine Überraschungen und alles war reichlich vorhersehbar – oder stumpf egal -, aber es gibt dennoch genug offenen Fragen, um sich für die Fortsetzung und die Entwicklung einiger Charaktere zu interessieren.

Ja, die Latte für The Walking Dead liegt mittlerweile deutlich niedriger als noch zu den wilden Anfangszeiten der Serie.

Originaltitel: The Walking Dead (seit 2010)
Erstaustrahlung am
31.10.2010 bei AMC / 11. Mai 2012 bei RTL1
Darsteller:
Andrew Lincoln (Rick Grimes), Norman Reedus (Daryl), Lauren Cohan (Maggie), Chandler Riggs (Carl), Melissa McBride (Carol), Steven Yeun (Glenn), Laurie Holden (Andrea), Danai Gurira (Michonne), Sonequa Martin-Green (Sasha), Jon Bernthal (Shane), Sarah Wayne Callies (Lori), Jeffrey DeMunn (Dale), Michael Rooker (Merle), David Morrissey (Govenor), Scott Wilson (Hershel), Michael Cudlitz (Abraham), Emily Kinney (Beth), Chad L. Coleman (Tyrese), Lennie James (Morgan), Jeffrey Dean Morgan (Negan), Alanna Masterson (Tara), Josh McDermitt (Eugene), Christian Serratos (Rosita)
Produzenten: Gale Anne Hurd, David Alpert, Robert Kirkman, Charles H. Eglee, Glen Mazzara, Scott M. Gimple, Greg Nicotero, Tom Luse, Frank Darabont
Basiert auf der gleichnamigen Comicreihe von Robert Kirkman
Entwickelt von Frank Darabont
Staffeln: 9+
Anzahl der Episoden: 115+

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