Gruselkabinett: Kritik zum Hörspiel Die Köpfe von Apex

Das Hörspiellabel Titania Medien vertont für seine Serie Gruselkabinett klassische Schauergeschichten von berühmten Autoren wie Bram Stoker, Arthur Conan Doyle oder Edgar Allan Poe. In den späteren Folgen griff man auch auf Vorlagen von H. P. Lovecraft und Robert E. Howard zurück, welche ihre Horrorgeschichten in den Magazin Weird Tales veröffentlichten.

"Das Leben ist und bleibt eine Wundertüte"

Für die 131. Folge haben die Macher der Reihe die Geschichte Die Köpfe von Apex des heute in Vergessenheit geratenen Autors Francis Flagg ausgewählt. Flagg ist das Pseudonym von Henry George Weiss (1898-1946), der seine Erzählungen in den Zwanziger- und Dreißigerjahren in verschiedenen Pulpmagazinen wie Amazing Stories, Astounding oder Weird Tales unterbrachte.

Wie bei seinen Zeitgenossen Lovecraft und Howard sind auch Flaggs Geschichten eine Mischung aus Science-Fiction, Horror, Abenteuer sowie Fantasy und keine klassischen Gruselgeschichten. Wobei Flaggs Stil eher Howards am Abenteuer orientierter Herangehensweise ähnelt als Lovecrafts schleichenden kosmischen Horror.

"Ich glaub ich träume. Das ist doch alles total verrückt."

New York im Jahr 1927. Der arbeitslose ehemalige Soldat Justus Miles sitzt frustriert auf einer Bank im Park. Seine letzter Auftrag als Söldner liegt schon eine Weile zurück. Aus Zufall erfährt er von einer Stellenanzeige für eine geheimnisvolle Expedition. Durch die Fürsprache seines Freundes Sergeant Harry Ward bekommt Miles die Stelle.

Sein Auftraggeber Solino ist ein mysteriöser, glatzköpfiger Mann im Rollstuhl. Auch Ward kann Miles nichts weiteres über die Pläne des alten Mannes berichten. Bei Nacht und Nebel besteigen sie zusammen mit zehn weiteren Kämpfern ein großes Unterseeboot. Gesteuert wird es von einem zweiten glatzköpfigen Mann im Rollstuhl.

Doch bei ihrer Ankunft kommt es unter Wasser zu einem Unfall. Solino, der Steuermann und alle anderen Söldner kommen dabei ums Leben. Miles und sein Freund Ward sind die einzigen Überlebenden der Katastrophe. Sie folgen einem unterirdischen Stollen und stoßen schließlich auf eine grün leuchtende Stadt. Dort müssen sie sich gegen muskulöse grüne Männer und Riesenschlangen zur Wehr setzen. Schließlich stoßen sie auf eine Gruppe lebender Köpfe und werden in die Machtkämpfe des geheimnisvollen Reiches Apex verstrickt.

"Das kann keine Sackgasse sein, das würde jeder Logik entbehren."

Flaggs Geschichte wurde von Marc Gruppe zum Hörspiel umgeschrieben. Wie bei fast allen Folgen der Serie führte Gruppe auch zusammen mit Stephan Bosenius die Regie.

Was schnell auffällt, ist das Fehlen dieser gewissen Behäbigkeit, die sich in anderen Teilen der Reihe, zum Beispiel in Das Schloss des weißen Lindwurms, oft bemerkbar macht. Dafür sollte man in Die Köpfe der Apex keine atmosphärisch dichte Gruselstimmung erwarten. Genauso wenig liegt der Handlung eine tiefere Wahrheit oder Botschaft zugrunde.

Es gibt Abenteuer, es gibt Action, und die Helden treten gegen grüne große Männer, Riesenschlangen und lebende Köpfe an. Wer so etwas für Trash hält und damit nichts anfangen kann, sollte um die Folge lieber einen Bogen machen. Wirklich unheimlich ist die Folge auch zu keiner Zeit.

Die Erzählung ist ein Kind ihrer Entstehungszeit, und Gruppe scheint wenig daran geändert zu haben. So sinnieren die beiden Söldner ausführlich und öfters über das Kämpfen und gelangen nie zu einer sehr friedensliebenden Schlussfolgerung.

"Kämpfen ist mein Leben. Ich würde allemal lieber im Kampf sterben, als wochenlang untätig auf einer Parkbank hocken. Das ist deprimierend."

Nach einer kurzen, ruhigen Einleitung nimmt das Hörspiel schnell Fahrt auf. Szenen, die die Hintergründe und Geheimnisse erklären, werden immer wieder schnell von Actionsequenzen unterbrochen. So bleibt dem Hörer nie groß Zeit zum Nachdenken. Das ist auch ganz gut so, denn nicht immer folgen die Handlungen der Figuren einer inneren Logik.

Die Liebesgeschichte, die sich plötzlich in den letzten Minuten zwischen Miles und der schönen Bewohnerin der mysteriösen Stadt entwickelt, ist dann auch völlig unglaubwürdig. Der einzige Grund, warum sie nicht negativ ins Gewicht fällt, ist das schnell folgende Ende des Hörspiels.

Konsequent dargestellt sind hingegen die Söldnerseelen der beiden Helden. Auch wenn sie sich nach einigen Wendungen der Handlung am Ende auf die Seite der Moral und ihres Gewissens schlagen, vergessen sie nie ihre Belohnung.

"Ich erwarte, dass Sie mir aufmerksam zuhören, weiter nichts."

Michael-Che Koch leiht dem Söldner Justus Miles seine Stimme. Da die Geschichte aus seiner Sicht erzählt wird, übernimmt Koch zudem die Rolle des Erzählers. Der Schauspieler spielte bisher in verschiedenen Fernsehserien mit und war in einigen Geister-Schocker-Hörspielen zu hören.

Als Erzähler macht Koch seine Sache sehr gut und vermittelt dem Hörer stimmungsvoll das Geschehen. Allerdings schafft er es in den Dialogen nicht immer, seinen Söldner glaubhaft rüberzubringen. Gerade im Vorstellungsgespräch mit seinem Auftraggeber klingt er wie ein übernervöser Schuljunge. Da ist man von Koch Besseres gewohnt, zum Beispiel in dem Geister-Schocker-Hörspiel Der Götze vom anderen Stern. Insgesamt ist seine Leistung aber gut.

Die zweite Hauptrolle Ex-Sergeant Harry „Rusty" Ward wird von Thomas Balou Martin (Hörspiel Der Schwarm, Hörbuchsprecher Sinclair Academy) übernommen. Martin gelingt es, den rauen und dennoch gutmütigen Söldner sowohl in den Actionszenen als auch in den wenigen ruhigeren Moment überzeugend darzustellen.

In weiteren Rollen sind Helmut Winkelmann (Geisterjäger John Sinclair in den Hörspielen des Tonstudios Braun), Horst Naumann (Erzähler der Hörspielserie Masters Of The Universe) und Matthias Lühn (Sprecher des Hörbuches Die Lügen des Lock Lamora) zu hören. Von der Leistung fällt hier nur Helmut Winkelmann als Solino durch eine recht merkwürdige Betonung einzelner Worte in seinen Reden negativ auf.

Zum Ende hat Reinhilt Schneider einen kurzen Auftritt. Schneiders Stimme dürfte den Hörern aus sehr vielen kleineren und größeren Rollen in den Hörspielreihen H. G. Francis′ Gruselserie, Drei ???, Larry Brent, TKKG oder Hanni und Nanni vertraut sein. Sie schafft es, noch mit 72 Jahren einer junge Frau glaubhaft ihre Stimme zu leihen,

"Sein Schädel ist durch den Aufprall wie eine Eierschale zertrümmert worden."

Titania Medien produziert in der Regel Hörspiele in einer sehr guten Qualität. So kann man auch bei Die Köpfe der Apex nicht über die Soundeffekte meckern. Explosionen, Monsterschreie und Menschenmengen werden glaubhaft zum Leben erweckt. Die Musik hält sich meist im Hintergrund und ist nur in wenigen Szenen oder Übergängen stärker präsent.

Mit einer Laufzeit von 62 Minuten besitzt das Hörspiel genau die richtige Dauer. Viel länger hätte die doch recht seichte Abenteuergeschichte auch nicht sein dürfen.

"Wenn es doch aufhören würde."
"Das wird es, irgendwann."
"Kann ich nur hoffen."

Fazit

Die Köpfe von Apex ist eine ungewohnt trashige Folge der Gruselkabinett-Reihe und weit entfernt vom schaurigen Gothic-Horror. Aber wenn man sich darauf einstellt und die zwei bis drei Logikfehler in der Handlung ignoriert, wird man dennoch sehr gut unterhalten. Die Geschichte stammt aus einem Pulpmagazin, und genau das bekommt nun als Hörspiel geboten: ein Abenteuer irgendwo zwischen Science-Fiction und Fantasy mit leichtem Gruselfaktor.

Eine kurze Hörprobe gibt es auf der Homepage von Titania Medien.

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