Kritik zu Devil May Cry 5: Drei Teufel für ein Halleluja

In den Ruinen einer Stadt, die von einer dämonischen Invasion geplagt wird, stapft ein junger Mann scheinbar sorgenfrei durch eine zerstörte Kathedrale. Auf seinem Kopf flattert - gut frisiert - weißer Schopf, die Schultern ziert eine blaue Lederjacke und auf seinem Rücken hängt ein übergroßes Schwert. Plötzlich fliegt eine Ambulanz auf ihn zu, scheint ihn zu zerdrücken und kommt an einer Mauer zu stehen. Im nächsten Moment steigt der junge Mann unbeschadet aus der Seitentür des Krankentransporters und fragt den gigantischen Dämon, der ihm das Fahrzeug entgegengeschleudert hat, wer denn einen Arzt gerufen habe. Das Ganze gleicht einem gutaussehenden B-Movie, auch der Kampf danach kann sich sehen lassen, wenn der Dämon einen halben Kirchturm benutzt, um dem jungen Mann das Leben schwer zu machen. Das ist schwachsinnig, mit viel zu guter Regie inszeniert und natürlich vollkommen unnötig. Ja, es ist eindeutig der fünfte Teil von Devil May Cry.

Die Geschichte von Devil May Cry 5 spielt einige Jahre nach dem vierten Teil und konzentriert sich auf eine apokalyptische Dämoneninvasion, die vom mysteriösen Dämonenkönig Urizen ausgelöst und angeführt wird. Der legendäre Dämonenjäger Dante und sein oben beschriebener Kollege Nero werden von Serien-Newcomer V zu dem Bösewicht dirigiert, nur um direkt zu Beginn eine dramatische Niederlage zu erleiden. Dante, die Hauptfigur der Spielereihe, verschwindet und Nero wird schwerverletzt vom gehbehinderten V gerettet. Ein verblüffend ernster Auftakt macht im fünften Teil gleich klar, wie dramatisch die Lage wirklich ist. Der stärkste Dämon der Reihe beginnt die moderne Zivilisation zu zerstören und Nero geht allein, ohne seine teuflischen Kräfte, auf die Jagd.

Teufel dürfen weinen, aber ein cooler Roboterarm tröstet schnell

Während Dante dank seiner Fähigkeit, dem Devil Trigger, seine Kräfte als Halbdämon nutzen konnte, war Nero auf seinen dämonischen Arm angewiesen. Neben seinem Mentor verliert er jedoch auch sofort seine teuflische Gliedmaße und ist nur noch ein starker Mensch mit riesiger Klinge. Glücklicherweise ist seine Mechanikerin Nico auch erfinderisch und versorgt ihn während des Spielverlaufs aus einem umgebauten Camper mit schlagfertigen und explosiven Prothesen. Ein eleganter Weg, Neulinge mit den Grundlagen der Serie vertraut zu machen, bevor übernatürliche Kräfte im Gemetzel zum Einsatz kommen. Das besagte Gameplay bleibt beim alten, Devil May Cry ist schließlich ein Titan des Hack-and-Slay-Genres und will wieder beweisen, dass es etwas auf dem Kasten hat. Und für diesen Beweis führen die Entwickler diesmal drei spielbare Charaktere an.

Devil May Cry 5 Nero

Im direkten Vorgänger wurde Nero eingeführt, nun darf er die ersten Missionen bestreiten. Spielerisch bleibt er beim alten, einsteigerfreundlich, aber komplexe Kombos und die neuen Arm-Prothesen lassen Experten und Hardcore-Fans vor dem Bildschirm grinsen. Rakatenarm? Check. Lasso-Arm? Natürlich auch dabei. Arm mit Gabelaufsatz zum Pasta essen? Wenn jemand danach das Blut und die Tomatensoße aufwischt, kann auch dieser im Kampf verwendet werden. Der zweite Charakter ist der mysteriöse Death-Metal-Fan und Satanist V. Hier experimentieren die Entwickler mit einem indirekten Kampfsystem, bei dem die Spielfigur nicht direkt kämpft, sondern drei Dämonen beschwört. V ist zwar jung, aber dennoch auf einen Gehstock angewiesen, an Schwertkämpfeist also nicht zu denken. Das fühlt sich für den Spieler gewöhnungsbedürftig und unhandlich an und ist damit vielleicht auch der größte Kritikpunkt an Devil May Cry 5. In einem Spiel, dass so viel Wert auf direkte Kontrolle der Figuren legt, diese Kontrolle für einen Protagonisten wieder zu entreißen ist eher ein gewagtes Experiment, als eine gute Entscheidung.

Die dritte Hauptfigur ist natürlich der Sohn von Sparda höchstpersönlich, Dante darf endlich wieder Dämonen aufmischen. Dafür bringt er sein altes Arsenal mit, am Ende wechselt er so zwischen gut acht Waffen, die mit seinen verschiedenen Fähigkeiten mehr Kombinationen bieten, als der durchschnittliche Spieler in einem Durchlauf zu sehen bekommt. Veteranen dürften damit zufrieden sein und über das Gameplay von V hinweggetröstet werden. Mit diesen drei Charakteren gewappnet schafft es der Titel, den Spieler schnell zu packen und zieht ihn in einen schier endlosen Kampf. Es ist die Art Spiel, wo das Gefühl zählt, und weniger die systematische Vorgehensweise. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, Devil May Cry sei das bloße Erzielen der Bewertungen, die das Spiel im Kampf mit basslastiger Dämonenstimme verkündet. Von den Noten D bis S gibt es Punkte für stylisch vollzogene Angriffe und erfolgreiches Aufspießen der höllischen Gegner.

Drei Dämonenjäger und ein Dämonenkönig gehen in eine Kneipe...

Doch irgendwie schaffen es die Entwickler wieder ein Schulnotensystem ohne Druck zu realisieren. Spaß am Kämpfen steht im Vordergrund, der auch ganz organisch einsetzt. Dabei ändert sich der schmetternde Rock im Hintergrund - mit den Blutfontänen setzen auch Liedtexte und Instrumente ein. Jeder Knopfdruck löst ein Spektakel auf dem Bildschirm aus, zusammen mit der Inszenierung eine wahrlich hypnotische Erfahrung. Viel mehr ist das Spiel nicht, man könnte meinen, es handele sich um eine vergessene Idee aus einer Zeit, als Videospiele noch nicht “mehr” sein mussten. Diese Idee spiegelt sich auch in den fabelhaft aussehenden Zwischensequenzen wider, die mit flotten Sprüchen und absurder Handlung einen Kitsch ausstrahlen, der vergessen lässt, dass ja auch das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel steht. In Devil May Cry 5 strahlen Dante in ernster Lage eben Scheinwerfer an und er improvisiert kurz einen Tanz von Michael Jackson. Ein ungünstiger Zeitpunkt für eine solche Anspielung, ja, aber die Absurdität der Szenen macht Laune.

Devil May Cry 5 Dämon

Doch bei dem Actionfeuerwerk muss auch kritisch angemerkt werden, wo dieses denn abgeschossen wird. Leider spielen viele der Missionen im sogenannten Qliphoth, einem titanischen Dämonenbaum, der menschliches Blut trinkt. Eine etwas verbrauchte Idee, an der sich beispielsweise Horrorfans schon mehr als satt gesehen haben. Räume und Tunnel aus Fleisch und Blut mit riesigen pulsierenden Adern gefallen sicherlich manchen Innenarchitekten, über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Doch irgendwann wird es einfach zu viel: Sieben Missionen hintereinander im Qliphoth sind eine stattliche Menge, beinahe die Hälfte der etwa elfstündigen Spielzeit. Mehr Abwechslungen hätte der Umgebung gut getan, außerdem ließe sich in die verrückte Geschichte sicherlich auch mehr Großstadt, ein Dschungel oder sogar eine Wüste einbauen. Immerhin lenkt es hervorragend ab, wenn Dante vor dem öden Hintergrund zwei Hälften eines Motorrads als Schwerter benutzt und Gegner mit metallischem Surren zu Brei schlägt.

Fazit

Dürfen Teufel weinen? Diese Frage wird auch in Devil May Cry 5 nicht endgültig geklärt, doch die Reihe kann nach dem umstrittenen Reboot an alte Stärken anknüpfen. Wer mit der Absurdität leben kann, wird wieder einen Hack-and-Slay-Titel finden, der es schafft, Neulinge und Veteranen gleichzeitig zu bedienen. Für das Gameplay leben die Entwickler, auch wenn sie dabei riskieren anachronistisch zu wirken. Es muss aber eben nicht alles eine offene Welt sein, manchmal reichen auch tausend Möglichkeiten, Dämonen zurück in die Hölle zu kutschieren.

Devil May Cry 5 ist für Playstation, Xbox und den PC erhältlich.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Capcom

Devil May Cry 5 - E3 2018 Announcement Trailer

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