Comic-Kritik zu American Gods: Schatten (Band 1 + 2)

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American Gods Comic

Längst zweifelt niemand mehr daran: Streamingdienste benötigen exklusive Inhalte, um sich von der Konkurrenz abheben zu können. Viel Geld für teure Lizenzen auszugeben, ist eine Möglichkeit, um sein Portfolio um attraktive Titel anzureichern, eine andere das Ausweiten des Angebots an Eigenproduktionen. Eine, mit der Prime Video international nachhaltig auf sich aufmerksam machen konnte, war American Gods, das eigentlich der berühmten Starz-Schmiede entstammt, doch außerhalb der USA logischerweise primär mit Amazon respektive dessen VoD-Service assoziiert wird.

Den wenigsten ist allerdings bewusst, dass es sich (wie so häufig) hierbei um die Adaption eines Romans handelt. Zurück geht dieser auf Tausendsassa Neil Gaiman, den wohl die Mehrheit der Popkulturbegeisterten als Autor der berühmten Sandman-Comics kennt. Die Geschichten rund um Dream beziehungsweise Morpheus erfreuen sich bis heute enormer Beliebtheit, sodass es im Grunde nur eine Frage der Zeit zu sein schien, bis sich ein Zeichner einem Titel wie American Gods annehmen und die nächste fantastische Welt, die auf den Engländer zurückgeht, grafisch umsetzen durfte. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Von Schatten …

Shadow steht kurz vor seiner vorzeitigen Entlassung. Er bereut seine Tat und hat früh gelernt, wie man im Gefängnis Ärger aus dem Weg geht. Seine Gedanken kreisen hauptsächlich um seine geliebte Laura, … bis er erfährt, dass sie unmittelbar vor ihrem Wiedersehen bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist - sie und sein bester Freund, der der Fahrer des Unfallwagens war und der ihm einen Job in Aussicht gestellt hatte. Die unschönen Details, die nach dem Ableben der beiden ans Licht kommen, hätten eine Zusammenarbeit jedoch wohl verhindert.

Die ersten Tage in Freiheit hatte sich Shadow sicherlich anders vorgestellt. Doch bevor er zu sehr ins Grübeln kommt, macht er die Bekanntschaft mit einem Mann, der sich ihm als Mr. Wednesday vorstellt und der Dinge über ihn weiß, die er eigentlich gar nicht wissen kann. Der Unbekannte möchte den ehemaligen Häftling anheuern, bleibt bei der Beschreibung des Aufgabenprofils aber recht vage. Shadow lehnt das Angebot mehrfach ab, nimmt es schlussendlich allerdings doch an, nachdem er seinem neuen Chef deutlich zu verstehen gegeben hat, dass dieser sich an die getroffenen Absprachen halten muss, wenn das Ganze funktionieren soll.

Seit einiger Zeit hat der Protagonist zudem sehr merkwürdige Träume, in denen sich äußerst Skurriles ereignet und sonderbare Personen und Kreaturen auftauchen. Und seit seinem ersten Arbeitstag wird es für Shadow immer schwieriger, Traum und Realität auseinanderzuhalten, da sich immer mehr abzeichnet, dass sein Boss im Vergleich zu den anderen “Personen“, die ihm begegnen, tendenziell eher noch als “normal“ bezeichnet werden kann - also für eine Gottheit. Shadow wird immer mehr bewusst, dass das Abenteuer, auf das er sich eingelassen hat, ihn noch vor viele Herausforderungen stellen wird. Und so viel sei verraten: Die bereits Genannten waren nicht die Letzten, die ihr Leben lassen müssen.

… und Licht

Dieses Licht bezieht sich nun jedoch weniger auf die bislang im Fokus stehende Handlung, also das Was, sondern mehr auf das Wie. Denn es spricht sehr für das verantwortliche Kreativteam, wenn die geschaffene Atmosphäre allein theoretisch schon genügt, um den Band nicht aus der Hand legen zu wollen. Es dominiert zwar eine gewisse Ruhe, diese wirkt aber eher wie die berühmte vor dem Sturm. Man erfährt einiges, es bleibt allerdings noch genug im Verborgenen, um stets auf Überraschungen gefasst sein zu müssen - und das ist nicht alltäglich. All die üblichen 0815-Wendungen werden dem Leser erspart, stattdessen darf er wirklich mitfiebern und sich an diesem unverbrauchten Setting erfreuen.

Hinzu kommt, dass man nie befürchtet, sich zu einem Zeitpunkt X über ein unbefriedigendes Ende zu beklagen, da bereits im Kleinen angedeutet wird, dass dieser Kosmos davon lebt, in sich stimmig zu sein. Neil Gaiman und Philip "P.“ Craig Russell haben es wahrlich verstanden, aus Gaimans Roman exakt die Worte herauszufiltern, die es braucht, um – unterstützt durch entsprechende Bilder - selbst langjährigen Fans das Gefühl zu vermitteln, dass nichts Wesentliches ausgespart worden ist und etwaige leichte Anpassungen nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Die Arbeit von Scott Hampton darf in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben: Seinen Zeichnungen ist es in erster Linie zu verdanken, dass diese trostlose, düstere Welt so plastisch erscheint und man keinesfalls mit Shadow tauschen möchte. Denn hier muss sekündlich mit allem gerechnet werden …

Fazit

In den ersten beiden Bänden aus der American-Gods-Comic-Reihe mit dem Titel Schatten passiert nicht wahnsinnig viel, sie liefern auch kein Actionfeuerwerk und sind trotzdem absolut lesenswert. Am Ende ist man mittendrin und gleichzeitig weiterhin am Anfang dieser übernatürlichen Geschichte. Denn mit jeder aufkommenden Frage, die beantwortet wird, ergibt sich im Prinzip eine neue - beste Voraussetzungen also, um den restlichen vier Hardcovern gespannt entgegenzufiebern.


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American Gods

Originaltitel: American Gods (2017)
Erstaustrahlung 2017 bei Starz
Darsteller: Ricky Whittle (Shadow Moon), Ian McShane (Mr. Wednesday), Emily Browning (Laura Moon), Yetide Badaki ( Bilquis), Bruce Langley, Jonathan Tucker, Crispin Glover, Pablo Schreiber, Cloris Leachman, Peter Stormare, Chris Obi, Mousa Kraish, Gillian Anderson
Produzenten: Bryan Fuller, Michael Green
Basiert auf Neil Geimans gleichnamigen Fantasyroman aus dem Jahr 2001
Staffeln: 1
Anzahl der Episoden: 8


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