Die Trying - Kritik zu Star Trek: Discovery 3.05

SPOILER

Star Trek: Discovery 3.05 “Die Bewährungsprobe” (OT: “Die Trying”) lässt nicht nur die Zuschauer sich in vertrauter Trek-Manier heimelig fühlen, auch die Crew scheint endlich “Zuhause” angekommen zu sein.

Home away from home

Heimat ist nicht nur ein Ort, sondern vor allem auch ein Gefühl. In den bisherigen Episoden der Staffel wurde bereits schön aufgebaut, dass es die Ideale der Sternenflotte und die Idee der Föderation nebst dazugehörigen Regularien sind, die die Crew eint, zusammenhält und weiterstreben lässt - insbesondere jetzt, wo sie nach dem enormen Zeitsprung nicht anderes mehr haben.

Entsprechend berührend und schön ist es, nicht nur die übliche Hauptcrew, sondern auch zahlreiche Statisten voller Erleichterung, Freude und aufgeregter Neugier im Anflug aufs Föderations-Hauptquartier zu sehen. Fliegender Regenwald, organische Schiffe, Energiefelder -  Dinge in der praktischen Umsetzung, die es im 23. Jahrhundert nur als rein theoretische Idee gab, sind glänzende Augen und staunende Gesichter auf jeden Fall wert. Musikalisch und optisch ein Fest, nicht nur, weil man die Discovery mit sehr betriebsamer Landebucht endlich mal länger von hinten sieht.

Für die Anknüpfung an Bekanntes und frühere Zeiten - für Crew und Zuschauer - fliegt die Discovery eng an der USS Voyager (J, 11. Generation) und der USS Nog vorbei. Letztere eine Hommage an den im letzten Jahr verstorbenen Aaron Eisenberg, der in Deep Space 9 den Neffen von Quark spielte und der erste Ferengi in der Sternenflotte wurde.

Was habt ihr eigentlich erwartet?

Wie schon häufiger erwähnt: Eine Folge, die mit Voice-Over-Logbucheinträgen anfängt, ist erstmal eine gute. Diesmal rahmt das Führungs-Duo aus Captain Saru und First Officer Burnham die Episode mit ihren Zwiegesprächen in Vorbereitung auf die erwartbar große Ankunft beziehungsweise eben auch hinterher zum Abschluss, bei dem Saru in voller Captain-Manier Burnham für ihr stürmisches, einem First Officer nicht würdiges, Verhalten rügt. Die Differenz der beiden - zum einen Sarus striktes Befolgen der Regularien von Föderation und Sternenflotte sowie Burnhams in derlei Strukturen eher unpassender besserwisserischer Freigeist - ist also ein Thema, das sich fortsetzt.

Saru hat Vertrauen, dass zumindest die wichtigsten Grundideale der Sternenflotte und Föderation die Zeit überdauert haben. Es stellt sich jedoch die Frage, was genau sie erwartet haben? Natürlich werden sie auf Herz und Nieren geprüft. Und es sollte auch klar gewesen sein, dass die fehlenden Aufzeichnungen in den Sternenflottenarchiven (schön, dass dieser Punkt der 2. Staffel nochmal aufgegriffen wird) und das Fehlen jeglicher Beweise für die wilde Geschichte der Discovery, zu Problemen führen könnte.

Auch dass die Crew - zumindest erstmal - getrennt werden muss, um sie sowohl mental als auch technisch und informativ ins 32. Jahrhundert und die neuen Anforderungen der Sternenflotte zu bringen, sollte nicht so sehr überraschen. Da trifft Admiral Charles Vance (Oded Fehr) durchweg sehr verständliche und kluge Entscheidungen.

Und, was hast du im letzten Jahr so gemacht?

Natürlich muss sich die Crew vielen Fragen und einer sehr genauen Beleuchtung stellen. Eine Chance, um noch einmal dem neu entdeckten Humor der Serie sowie den individuellen Charakteren einzelner Personen etwas Raum zu geben, ohne dass viel Zeit verloren geht. Warum ausgerechnet Hologramme als Befrager am besten geeignet sind, erschließt sich mir jedoch noch nicht so ganz - gerade da es nicht einmal besonders zuverlässige und ausgeklügelte Versionen zu sein scheinen. Der Trend von medizinischen Notfall-Hologrammen mit viel eigenem Charakter zieht sich anscheinend aber bis ins 32. Jahrhundert hinein - ich brauche noch eine Erklärung dafür, warum ELI eine Fliege trägt.

Auch Georgiou kann sich - trotz vorhandener Kampffähigkeiten - dem Verhör nicht entziehen. Zwar schafft sie es durch Blinzel-Programmier-Verwirrung die Hologramme auszuschalten, doch in Kovich (David Cronenberg) scheint sie ihren Meister gefunden zu haben. Er lässt sich nicht durch ihre bissigen Kommentare und Scharfsinnigkeit irritieren, sondern scheint Georgious Schwachpunkte zielsicher zu treffen (auch wenn die emotionale Bindung an Burnham als Grund für Georgious Anwesenheit auf der Discovery immer noch zu dünn ist). Das terranische Imperium ist gestürzt, die Grenze zum Spiegeluniversum ist stetig schwieriger geworden und seit gut 500 Jahren habe es keinen Austausch zwischen den Universen mehr gegeben.

Was auch immer Kovich mit Georgiou angestellt hat, dass sie am Ende so abwesend erscheint; und was auch immer Kovichs Brille Spezielles kann - sie ist sicherlich nicht nur ein Modegimmick. Ich hoffe auf Geheimdienstler der Sektion 31, maximal zusätzlich ein Zeitagent und nichts noch tiefergehendes. Das wäre immerhin auch eine gute Überleitung hin zur bereits angekündigten eigenen Sektion-31-Serie.

Vom Alien-der-Woche und winzigen Samenbanken

Die rahmengebende Begleitgeschichte ist eigentlich ziemlich egal und albern, aber eben auch heimelig oldschool Star Trek und gibt der Episode eine klare Struktur. Obwohl die Krankenstation mit kranken Kili überflutet sein soll, bekommen wir nur vier Namenlose zu Gesicht. Es ist egal, an welcher Krankheit sie leiden und was dahinter steckt - zur Heilung wird eine alte Pflanze der Kili-Heimat gebraucht. Culber von Bingen kann mit seinem veralteten Wissen helfen und der Sporenantrieb der Discovery rechtfertigt, dass nur dieses fossile Schiff mit der bestehenden Crew die Mission erledigen kann.

Eigentlich erstaunlich, dass sowohl Klamotten als auch Technik, Sprache … überhaupt alles so reibungslos kompatibel zu sein scheint, obwohl 1.000 Jahre Entwicklung und Fortschritt dazwischen liegen. Auch wenn der Burn nochmal einiges zurückgeworfen hat. Man stelle sich vor, eine militärische Einheit des Jahres 1020 kommt bei uns an, um unsere Probleme zu klären - und wir ihnen unsere Welt im Jahr 2020 erklären müssten.

Die Mission von Culber, Nhan und Burnham an Bord der winzig kleinen USS Thikov, die Samen von Pflanzen aller bekannter Welten beherbergen soll, scheint vor allem dazu zu dienen, dass Nhan Platz macht für Lt. Willa (Vanessa Jackson). Letztere wurde von Admiral Vance zur Sicherheit mit der Discovery losgeschickt und scheint sich bei der Beobachtung der dysfunktionalen Crew gar nicht mal so unwohl zu fühlen.

Schade, jetzt wo ich mich gerade wieder an Nhan erinnern konnte und anfing, sie zu mögen. Immerhin bekommt sie noch ein wenig Handlung zum Abschied. Barzan ist - wie auch Kaminar - der Föderation beigetreten, und nun möchte sie ihren Heimatplaneten einen Besuch abstatten. Ansonsten gibt es nicht wirklich einen Grund, warum sie alleine zurückbleiben sollte. Dr. Attis will nicht geheilt werden und seine Familie nicht verlassen. Ok. Dann nimmt man eben die Thikov im Schlepptau mit? So ganz sinnig scheint es ja ohnehin nicht zu sein, eine so wertvolle Fracht in der Obhut von Einzelpersonen auf einem winzigen, nicht sonderlich geschützten Schiff im All treiben zu lassen. Aber nun gut, Nhan wird jetzt Botanikerin und kommt ja vielleicht nochmal als Poison Ivy in Deus-Ex-Manier an irgendeinem Punkt zurück.

Fazit

"Die Bewährungsprobe" ist bestanden, die Discovery ist wieder Teil der Sternenflotte und Star Trek: Discovery im vollen Star-Trek-Modus. Da kann man die dünne Rahmenhandlung nicht nur verzeihen, sondern sogar Spaß an der albernen Alien-der-Woche-Begleitgeschichte haben. Im Fokus steht nämlich abermals der Zusammenhalt der Crew und ihre ansteckende Begeisterung. Bleibt die Hoffnung, dass die Föderation nicht doch auf einmal eine große Bösewicht-Organisation aus dem Spiegeluniversum oder so ist.

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


Regeln für Kommentare:

1. Seid nett zueinander.
2. Bleibt beim Thema.
3. Herabwürdigende, verletzende oder respektlose Kommentare werden gelöscht.

SPOILER immer mit Spoilertag: <spoiler>Vader ist Lukes Vater</spoiler>

Beiträge von Spammern und Stänkerern werden gelöscht.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren.
Ein Konto zu erstellen ist einfach und unkompliziert. Hier geht's zur Anmeldung.