Kritik zu Resident Evil: Infinite Darkness - Tom Clancy lässt grüßen

SPOILER

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Resident Evil: Infinite Darkness Vorschaubild

Ein Bürgerkrieg erschüttert den fiktionalen Nahost-Staat Penamstan. Diese Gelegenheit nutzt die US-Regierung, um im Chaos eine Vormachtstellung gegenüber dem angrenzenden China aufzubauen - wenn da nicht der korrupte Verteidigungsminister wäre, der einen Krieg anzetteln möchte, um daraus Profit zu schlagen. Die Inhaltsangabe der neuen CGI-Miniserie Resident Evil: Infinite Darkness hört sich weniger nach den bekannten Horror-Videospielen an, als nach einem Politthriller aus der Feder von Tom Clancy. Doch reichen reduzierte Action sowie der zurückhaltende Einsatz von Zombies, um der Marke nach den eher umstrittenen Filmen von Paul W. S. Anderson neues Leben im bewegten Bild einzuhauchen?

Probiert haben dieses Vorhaben auch schon die Animationsfilme Resident Evil: Damnation sowie Degeneration, in deren Reihe von abgeschlossenen Kurzgeschichten sich Infinite Darkness nun einreiht. Der vierteiligen Serie auf Netflix ist auch deutlich anzusehen, dass sie in ihrer Produktionsgeschichte ein Film gewesen sein muss, der mit einigen wiederholten Rückblenden gestreckt und dann grob aufgeteilt wurde. Und um Verwirrung vorzubeugen: Mit der geplanten Live-Action-Serie um eine alternative Wesker-Familie hat Infinite Darkness wohl wenig zu tun, die Handlung ist Kanon in der Videospielreihe.

Das Weiße Haus unter Präsident Graham im Jahr 2006

Nachdem Leon Kennedy und Claire Redfield in Resident Evil 2 aus Raccoon City entkommen sind, hatten sie keinen gemeinsamen Auftritt mehr in einem Videospiel. Die Beziehung der Charaktere wird nun in der Serie weiter beleuchtet, doch erst einige Zeit, nachdem Leon im vierten Teil die Präsidententochter Ashley Graham gerettet hat. Der Held mit seiner ikonischen Frisur arbeitet - jedenfalls offiziell - beim Secret Service und soll gemeinsam mit den Agenten Jason und Shen May einen internen Vorfall im Weißen Haus untersuchen. Kurz vor dem Treffen mit Präsident Graham dringen jedoch Zombies fast bis in das Oval Office vor. Die einzige Spur führt in das durch Kriege gezeichnete Penamstan.

Resident Evil: Infinite Darkness mit Leon

Dort findet Claire bei der Arbeit für eine NGO, die sich humanitären Hilfeleistungen verschrieben hat, Hinweise auf einen Zombieviren-Ausbruch, verschleiert durch den Bürgerkrieg. Anschließend folgt für beide unabhängig voneinander eine Reise mit Abstechern über ein nukleares U-Boot nach China und natürlich zu einem geheimen Virenlabor. Der Fokus liegt klar auf Leon und den zwei neuen Agenten, die aber wenig charakterisiert werden. Claire ermittelt nebenbei in einem Bruchteil der Laufzeit und wird auch nie wirklich Teil der seltenen Actionsequenzen - sie darf lediglich kurz die Jungfrau in Nöten spielen. Eine Enttäuschung für alle Fans, die sich ein befriedigendes Wiedersehen der Helden gewünscht haben, die im zweiten Teil noch zu gleichen Teilen auf Zombies schießen durften.

Stilvoll animierte Action macht sich meist rar

Infinite Darkness bedarf insgesamt sogar kaum Vorwissen, bietet Neueinsteigern aber auch ebenso wenig zufriedenstellendes Popcornkino. Lediglich die Auseinandersetzung mit einem infizierten Rattenschwarm in einem U-Boot bleibt in Erinnerung, die restlichen Gefechte sind austauschbar, der Horror-Aspekt der Videospiele verschwindet gänzlich. Stattdessen ist die kurze Serie vor allem mit pathetischen Dialogen und Rückblenden aus verschiedenen Perspektiven bestückt. Das übergreifende Mysterium ist dabei von der ersten Folge an offensichtlich, genau wie die Antagonisten. Natürlich ist es ein korrupter Patriot, der die Viren und Biowaffen nutzen möchte, um die Vereinigten Staaten zu stärken und gleichzeitig sein Konto bis zum Anschlag zu füllen.

Viele Dialoge sollen nebenbei auch die Schrecken des Krieges beleuchten und Infinite Darkness emotional tragen. Eine Idee, die schnell in sich zusammenfällt, da alle Charaktere comichaft überzeichnete Motivationen haben. Ein Soldat, der seine Kameraden verloren hat, fühlt sich von seinem Land verraten, ist sich aber gleichzeitig nicht zu fein, andere Kollegen und Zivilisten umzubringen. Sein Ziel? Die Gesellschaft soll die gleiche Angst spüren wie er damals, in Panamstan. Seine Kollegin verrät ihr Land, da ihr Bruder infiziert wurde und nur noch als stöhnende Hülle medizinisch am Leben erhalten wird. Um Rache zu üben, möchte sie einen Mikrochip mit Beweisen der Presse übergeben - warum dieser aber über viele Jahre unberührt im Elternhaus lag, bis Leon auch dort eintreffen konnte, wird nicht klar.

Resident Evil: Infinite Darkness mit Claire

Doch einen Lichtblick gibt es in den vier Episoden doch. Die CGI-Modelle, Animationen und Effekte sehen meist sehr gut aus, seltener sogar vergleichbar mit Realfilm-Aufnahmen. Lippenbewegungen passen meist zu den gesprochenen Worten, ein Fortschritt gegenüber vergangenen Ablegern und vergleichbaren Filmen. Nur manche Nebenfiguren wirken etwas hölzern, das Uncanny Valley ist aber glücklicherweise selten ein Reiseziel für die Gedanken der Zuschauer. Etwas enttäuschend ist aber das Aussehen von Zombies, Biowaffen und Mutanten. Wo in der Videospielreihe schon früh wuchernde Körper mit Dutzenden Augen zu sehen waren, gibt es im Serienformat keine Überraschungen.

Fazit

Unterm Strich bleibt Resident Evil: Infinite Darkness trotz netter Optik eine Enttäuschung. Die Handlung wurde so sogar schon besser in einem Call of Duty präsentiert, Actionsequenzen bleiben bis auf eine Ausnahme generisch und auch Leon und Claire haben sich gegenseitig nichts Neues zu erzählen. Für Popcornkino, bei dem der Kopf abgeschaltet werden kann gibt es zudem bessere Alternativen - das gilt für Neueinsteiger sowie Serienfans. Warum überhaupt versucht wurde innerhalb des Kanons, wo regelmäßig Charaktere mit Raketenwerfern aus Hubschraubern springen, einen dialoglastigen Politthriller zu erzählen, bleibt unklar.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Netflix/Capcom

Resident Evil: Infinite Darkness | Official Trailer | Netflix

Originaltitel:
Resident Evil: The Final Chapter
Kinostart:
26.01.17
Laufzeit:
106 min
Regie:
Paul W.S. Anderson
Drehbuch:
Paul W.S. Anderson
Darsteller:
Milla Jovovich, Iain Glen, Ali Larter, Ruby Rose, William Levy, Eoin Macken, Shawn Roberts, Fraser James
Um Umbrella und die Red Queen endgültig besiegen zu können, geht Alice eine Allianz mit ihrem Erzfeind Albert Wesker ein. Gemeinsam mit anderen Verbündeten geht es daraufhin zurück nach Racoon City.

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