Dreamland Grusel 51: Kritik zum Hörspiel Die Caves und der Klang des Todes

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Die namenlose Kleinstadt könnte Hawkins oder Castle Rock heißen – auf jeden Fall ist sie einer jener Orte irgendwo in den USA, in der eine Gruppe jugendlicher Helden gegen ein übernatürliches Grauen kämpfen muss. Die Inspirationsquellen für das neue Dreamland-Grusel-Hörspiel "Die Caves und der Klang des Todes" sind unschwer zu erkennen. Da reicht eigentlich schon ein Blick auf die Namen der Hauptfiguren und eine kurze Zusammenfassung des Inhalts.

Am Beginn des Sommers 1987 scheint die Welt der vier Außenseiter Will Bowers, Nancy Donner, Denis Willburn und Dave Law noch in Ordnung zu sein – sieht man von gelegentlichen Auseinandersetzungen mit den Schulschlägern ihrer Highschool ab. Doch von einem Moment auf den anderen verwandelt sich ihr heiles Kleinstadtleben in eine grauenvolle Hölle.

Zu Hause beim Fernsehgucken, in der Schule beim Nachsitzen oder beim Besuch der örtlichen Videothek verwandeln sich Erwachsene in hirnlose Monster, die brutal aufeinander losgehen. Auslöser der Verwandlung scheint ein geheimnisvolles Störgeräusch aus Radio- und Fernsehgeräten zu sein.

Kinder und Jugendliche scheinen gegen diese akustische Attacke immun zu sein, obwohl auch sie die Töne hören können. Dave, Will, Denis und Nancy können sich nach Angriffe ihrer Eltern, Lehrer und ältere Geschwister in eine Höhle in der Nähe der örtlichen Mall retten. Dort scheinen sie vorerst sicher zu sein vor dem geheimnisvollen Geräusch und den Angriffen der erwachsenen Bewohner ihrer Heimatstadt.

"Das kannst du deiner Oma erzählen, Bowers!"

Die Grundkonstellation der Geschichte ist nicht wirklich neu. Schon Stephen King schrieb in den 80er-Jahren verschiedene Geschichten, die Teenager in einer Kleinstadt mit übernatürlichen Grauen konfrontiert – und dann wäre da noch diese erfolgreiche Netflix-Serie, die sich genau dieser Mixtur aus Horror, 80er, Kleinstadt und Teenager bedient. Thomas Birker, der Produzent von Dreamland Grusel, bat den Autoren Thomas Plum auch exakt um eine Geschichte, die den Geist von Stand by me, Es und Stranger Things transportiert. Das neue Hörspiel ist trotz dieser bekannten Muster durchaus eine Bereicherung für die Reihe.

Die erste Folge Dreamland Grusel kam 2005 auf dem Markt. Die Serie verstand sich als Hommage und indirekte Fortsetzung der 80er-Jahre-Gruselserie von H.G. Francis aus dem Hause Europa. So gibt es immer wieder direkte Fortsetzungen ("Wolfsnächte", "Draculas Todesinsel" und zuletzt "Die Weltraummonster") der alten Francis-Hörspiele. Mittlerweile hat man sich von dem Vorbild gelöst, und die Spannbreite des Horrors reicht nun von Vampiren und Werwölfen über Killerhaie und Aliens bis zu unheimlichen Dämonen im Altenheim.

"Wer bist du eigentlich?"

Die vier Hauptrollen sind mit Sprechern besetzt, welche Ende der 80er-Jahre geboren wurden oder wie Vincent Borko erst 1998 auf die Welt kamen. Auch wenn ihre Teenager-Zeit nun schon länger zurückliegt, gelingt es allen, die jugendlichen Helden glaubhaft rüber zu bringen. Luisa Wietzorek als Nancy Donner ist darin besonders gut. Sie synchronisiert unter anderen Taissa Farmiga (American Horror Story).

Auch Vincent Borkos Stimme dürfte dem ein oder anderen Serienfan bekannt vorkommen. Er leiht Aidan Gallagher als Nummer Fünf in The Umbrella Academy seine Stimme. Im Hörspiel spielt er Denis Willburn. Felix Strüven als Will Bowers und Benjamin Stolz als Dave Law synchronisierten bisher kleinere Rollen in unterschiedlichen Serien und Animes. Außerdem waren sie bereits in anderen Dreamland-Grusel-Folgen zu hören. Die Stimmen der drei männlichen Sprecher lassen sich zum Anfang etwas schwer auseinanderhalten, insgesamt kann man aber über ihrer Leistung nicht meckern.

Die meisten Nebenrollen sind mit erfahrenen Sprechern besetzt. Zu hören sind unter anderen Peter Lontzek (Synchronstimme von Tom Hiddleston), Santiago Ziesmer (Synchronstimme von Steve Buscemi) und Bernd Egger (neue Synchronstimme von Arnold Schwarzenegger) – und man muss schon genau hinhören, um Lutz Mackensy (Erzähler der Hörspielserie Fünf Freunde), Dietmar Wunder (Synchronstimme von Daniel Craig) oder Eckart Dux (Synchronstimme von Ian McKellen in der Hobbit-Trilogie) in ihren sehr kurzen Auftritten nicht zu verpassen.

Bei so viel qualitativ hochwertigen Sprechern fallen einige mittelmäßigen Auftritte umso mehr auf – aber nicht großartig ins Gewicht. Die Hörspielmacher haben sich in der Folge selbst verwirklicht und legen bei ihren Einsätzen viel Enthusiasmus an den Tag, kommen aber nicht an die Qualität der professionellen Sprecherriege heran, die sie für "Die Caves und der Klang des Todes" um sich versammelt haben.

"Jetzt lernst du fliegen, mein Junge!"

Es ist nicht weiter schlimm, dass sich die Geschichte typischer Klischees wie Nerds und Schulschläger bedient. Ein 80er-Teenage-Horror-Szenario würde ohne diese Stereotypen etwas fehlen. Außerdem ist das Thema im Hörspielbereich gar nicht so abgenutzt, da dort die Geisterjäger erwachsen sind und die Kinderbanden immer nur Jagd auf menschliche Verbrecher machen.

Auch ist die Idee sehr gelungen, dass die Erwachsenen sich durch ein Geräusch in brutale Monster verwandeln. Dies gab es zwar schon: Man vergleiche Stephen Kings Roman Puls und auch in dem Film Pontypool verwandeln sich die Menschen durch ein Radiosignal in eine Art Zombies. Bei einer Audioproduktion bietet ein akustischer Auslöser für das Grauen doch ein ganz neues Hörerlebnis.

Es bleibt interessant, was hinter dem unheimlichen Störgeräusch steckt und wie die vier Helden es schaffen, die unbekannte Macht dahinter zu stoppen, denn das Hörspiel endet nach 50 Minuten ohne Auflösung. Bei der 51. Dreamland-Grusel-Folge handelt es sich um einen Zweiteiler. Die Fortsetzung folgt im Mai in "Die Caves und ein tödlicher Feind".

Problematisch am ersten Teil ist nicht der Inhalt, sondern wie dieser erzählt wird. Wer keine Rückblenden mag, wird nach kurzer Zeit feststellen, dass hier genau mit dieser Erzähltechnik gearbeitet wird. Das wäre nicht das Schlimmste, wenn man wenigstens einen Erzähler eingebaut hätte, statt die vier Jugendlichen ihre Rückblenden selbst einzuleiten. Hier wird die Möglichkeit verschenkt, etwas mehr 80er-Jahre-Atmosphäre und Gruselstimmung aufzubauen.

Außerdem gibt es immer wieder unnötige Nebenhandlungen, die von der eigentlichen Story ablenken. Bisher ist nicht klar, welche Rolle zum Beispiel die Erzählung rund um die Trennung von Wills Eltern spielt – was vielleicht noch in zweiten Teil zum Tragen kommt oder lediglich ein misslungener Versuch darstellen mag, der Figur mehr Tiefe zu verleihen. Gerade zu Beginn wirkt das Hörspiel durch die Rückblenden und Nebenhandlungen etwas wirr.

"Du kannst froh sein, dass du hier nicht auf eine Leiche oder einen gruseligen Clown gestoßen bist."

Im Klappentext der CD-Hülle steht, dass "Die Caves und der Klang des Todes" im Jahr 1987 spielt. Im Hörspiel selbst wird dazu keine Angabe gemacht. Es gibt aber eine Anspielung auf Stephen Kings Roman Es, welcher erst 1986 erschien. Die vielen Anspielungen auf Rambo, Shining und andere Filme der 80er-Jahre sollen dem Hörer verdeutlichen, in welchem Jahrzehnt das Hörspiel spielt.

Serien wie Stranger Things haben es da wesentlich leichter, das Retro-Feeling zu transportieren. Mit der richtigen Mode, alten Automodellen und passenden Kulissen kann man die 80er-Jahre schnell wieder zum Leben erwecken. Im Hörspiel geht das alles nicht. Aber statt ständiger Filmtitel und -zitate hätten die Protagonisten auch mal über den neuen Stephen-King-Roman reden können, jemand hätte auf den Commodore Maniac Mansion zocken können oder eine Nachrichtensendung im Hintergrund hätte einfach den US-Präsidenten Ronald Reagan erwähnt.

Lieder von Billy Idol, U2, Bon Jovi oder den Pet Shop Boys im Hörspiel einzuspielen hätte auch der zeitlichen Einordnung dienen können, wäre für ein so kleines Label sicher zu teuer gewesen. Da hat man sich aber sehr gut mit einem eigenen Retro-Soundtrack geholfen. Die Musik von Komponist Tom Steinbrecher, der als Autor auch die Dreamland-Grusel-Folgen "Im Bann der Teufelskrähe" und "Galgendorf" mit verfasste, vermittelt ein passendes Retro-Gefühl und sorgt an den richtigen Stellen für schaurige Gruselstimmung.

Vergleicht man die neue Folge mit vorherigen Hörspielen der Dreamland-Grusel-Reihe, dann fällt die unterschiedliche Art des Horrors auf. "Die Caves und der Klang des Todes" bietet einen härteren Grad an Gewalt, welcher so bisher nur in Zombiegeschichten zu hören war. Eltern, die in Gegenwart ihrer Kinder brutal übereinander herfallen, rechtfertigen eine Altersempfehlung ab 16 Jahren durchaus.

Fazit

"Die Caves und der Klang des Todes" ist eine spannende Geschichte für Fans von 80er-Teenage-Horror. Es hätte der Geschichte gut getan, wenn sie stringenter erzählt würde und sich der Regisseur um ein weniger mehr 80er-Jahre-Atmosphäre und Gruselstimmung bemüht hätte. Die zum Großteil sehr professionellen Sprecher können diese leichten Schwächen auffangen. Zusammen mit dem sehr guten Soundtrack von Tom Steinbrecher ist das Hörspiel ein gelungener Nostalgietrip in die 80er. Man kann gespannt sein, welches Grauen hinter den akustischen Attacken steckt und welches Schicksal die vier jungen Helden in der Fortsetzung im Mai ereilt.

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