If Memory Serves - Kritik zu Star Trek: Discovery 2.08

SPOILER

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Star Trek: Discovery

Star Trek: Discovery scheint sich warmgelaufen zu haben - Episode 2.08 präsentiert endlich ein paar Antworten. Dank “Gedächtniskraft” ist der Weg frei für die zweite Staffelhälfte und die Rettung des Universums. Die Zeit läuft, wenn auch nicht unbedingt linear.

A blast from the past

“Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2257. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise Discovery …”. Gleich zu Beginn der Episode klärt sich die Frage, wie man denn nun den Nichtkennern von Raumschiff Enterprise die Sache mit Talos IV erklären will. Ganz einfach: Man kreiert aus der originalen Pilotepisode einfach ein kleines Best-of und nutzt dieses als Einstiegssequenz der neuen Discovery-Folge. Das ist nun nicht sonderlich elegant und lässt vermuten, dass die Drehbuchschreiber wahlweise aufgegeben oder gar nicht erst versucht haben, die nötigen Informationen innerhalb des eigenen Drehbuches vernünftig unterzubringen - aber es funktioniert!

Zugegeben müssten sich jetzt mal die zu Wort melden, die bislang von Talos IV so gar nichts gehört haben, aber an sich kam alles Wesentliche in der kurzen Zusammenstellung vor und wurde vereinzelt in der Episode selbst genannt. Obwohl ich beim Anblick der TOS-Szenen erstmal ungläubig lachen musste, wurden doch die nostalgischen Gefühle geweckt und die Überblende vom alten Pike (Jeffrey Hunter) der Enterprise hin zu Anson Mounts Version an Bord der Discovery ist gelungen.

Into the woods

Wie schon der Trailer zur Episode verriet, schaffen es Burnham und Spock tatsächlich nach Talos IV. Es klärt sich auch rasch die offengebliebene Frage, ab wann der Planet zum Sperrgebiet erklärt wird beziehungsweise wurde - wohl doch bereits direkt nach dem ersten Besuch von der Enterprise im Jahr 2254. Der Bordcomputer warnt nämlich mit zunehmender Eindringlichkeit vor dem Überqueren der Grenze, und auch die Talosianer selbst ziehen alle Illusionsregister, um möglichst abschreckend zu wirken.

Trotz großer Bedenken nach der Offenbarung, dass die Discovery-Macher tatsächlich die Classic-Serie kreuzen möchten, hat das in diesem Fall erstaunlich gut funktioniert - inklusive singender blauer Blumen. Auch wenn die Talosianer und Vina (!) selbst eher Mittel zum Zweck sind. Als mächtige Telepathen sind sie Spocks Rettung. Bei ihm ist nämlich seit einem vulkanischen Mind-Meld-Versuch mit dem Roten Engel alles ein wenig zu sehr timey-wimey: Er erlebt die Zeit nicht mehr linear, sondern wild durcheinander und alles auf einmal. Inklusive anstehender Zerstörung der Erde, Andoria und vielen weiteren Planeten. Das war dann doch alles ein wenig zu viel für Spock.

Die Talosianer rücken ihm den Kopf wieder gerade und bringen auch uns Zuschauern durch ihren Gegenleistungswunsch endlich Klarheit. Burnham muss mit ihnen das schrecklich dunkle Geheimnis teilen, wie es genau zum Bruch mit ihrem Bruder kam: Sie hat ihre innere Slytherin gechannelt und ihn Schlammblut genannt! Quasi. Allerdings eigentlich nur, um ihn zu beschützen. Zumindest rückblickend dankt er Burnham schon beinahe dafür, immerhin habe ihn das seine Emotionen abkapseln und sich gänzlich zur vulkanischen Logiklehre hinwenden lassen.

Eine Bitte: Sollte ich jemals andeuten in die Wälder Vulkans gehen zu wollen - haltet mich ab, auch wenn ich euch beschimpfe. Was war das denn für ein Viech, und wieviele gibt es davon noch? Jessas, das komplette Haus Sarek braucht dringend eine gemeinsame Therapie inklusive Familienaufstellung.

Eine Frage an die Trek-Tech-Experten - auf Talos IV lässt sich Burnham die Koordinaten zum untergründigen Treffpunkt mit den Talosianern geben und beamt sich und Spock direkt dorthin. Mir ist zuvor noch nirgends in Star Trek bewusst aufgefallen, dass Shuttles eigene kleine Transporter mit an Bord haben, sondern dass dies in der Regel über ein in Umlaufbahn befindliches Raumschiff mit Transporterraum geschieht. Mag mich aber täuschen und bitte um Erleuchtung in den Kommentaren.

Star Trek: Discovery High

Während Burnham sich um Spock kümmert, hat Pike alle Hände voll zu tun. Sowohl mit ordentlich Druck von Seiten der Sternenflotte und Sektion 31 als auch mit angespannter Stimmung an Bord der Discovery. Irgendwas liegt im Argen, immerhin versucht man, Spock Morde in die Schuhe zu schieben, die er definitiv nicht begangen hat. Georgiou wettert erwartbar gegen Leland und gewinnt an hoher Sternenflottenstelle zunehmend an Ansehen. Burnham gilt wieder als Meuterin. Und von der sabotierenden Rotaugen-Airiam weiß Pike noch gar nichts. Auch hier fügen sich also diverse Nebenhandlungen der vergangenen Staffel zueinander.

Stamets freut sich derweil unbändig über die unerwartete Rückkehr von seinem Hugh und möchte ihm alles so vertraut wie möglich machen. Der erinnert sich zwar an alles, aber kann nichts fühlen. So gut die Chemie zwischen beiden vorher war, so befremdlich wirkt es jetzt. Eine gute schauspielerische Leistung von Wilson Cruz und Anthony Rapp also.

Und was war ich erleichtert, als die deplatziert wirkende Pausenhofschlägerei im Showdown zwischen Tyler und Culber inklusive umstehender Schaulustiger, die sicherlich auch gegen so ziemlich alle Regularien verstößt, noch in der Episode selbst kommentiert wurde. Gleich in einem Aufwasch mit der Frage, ob Saru vor seiner Vahar’ai  wohl die gleiche Entscheidung getroffen hätte. Allerdings hat er wohl recht, über den Umgang mit einem Mensch-Klingonen-Frankensteinversuch im Clinch mit einem vom Tode Auferstandenen sagen die Sternenflottenregeln vermutlich wirklich wenig. Übrigens wird ähnlich direkt die scheinbar miese Sicherheit der Sektion 31 aufgegriffen, als Leland für Spocks Verschwinden eins auf den Deckel bekommt. Ich werte das mal als sympathische Selbstironie der Serienmacher. Und Pike darf auch noch ein wenig den Captain rauslassen. Kurz und knapp, ohne dass viel Zeit dafür verbraten wird und doch erkennbar aufgegriffen. Sehr gut. Vielleicht werden Tyler und Culber jetzt noch beste Freunde, immerhin wissen beide nicht, wer sie sind.

Die Discovery könnte eine Counselor Troi vertragen.

Und alle für einen

Den Bogen zwischen den beiden Haupthandlungsorten und auch gleich über Jahrzehnte Seriengeschichte hinweg spannt Vina. Dank konzentrierter Telepathenkraft gelingt die geistige Übertragung über lange Strecke bis hin in Pikes Quartiere. Praktisch, denn so können Burnham, Spock und er kommunizieren, ohne dass die Signale von irgendwem abgefangen werden können.

Leider, leider ist der Sporenantrieb ausgefallen (Cylonen-Airiam!), so dass man auf den banalen Warpantrieb zurückgreifen muss, um nach Talos IV zu gelangen. Pike missachtet damit seine Befehle. Zu Beginn der Staffel wäre es vermutlich noch anders ausgegangen (man erinnere sich an die “Ich bin nicht Lorca”-Rede), doch mittlerweile weiß er die Crew ganz auf seiner Seite, so dass niemand das Angebot ergreift, die Brücke zu verlassen. Yeah, Meuterei für alle!

Mit der Sektion 31 im Nacken ergibt sich über Talos eine klassische Patt-Situation. Beide Schiffe erfassen Burnham und Spock. “Wenn du nicht loslässt, lass ich auch nicht los, dann machen wir sie kaputt”. Talosianer zur Hilfe. Bekommen die einen halt eine Illusion und die anderen die Echten. Sektion 31 nicht nur mit schlechter Sicherheit, sondern auch nicht die Cleversten. Abermals gilt: Nicht sonderlich originell, aber es funktioniert!

Diesmal durfte Ethan Peck endlich etwas mehr von seinem Spock zeigen und bei aller Dramatik sogar für Lacher sorgen. So flach es ist, aber bei “Hallo, Spock” inklusive vulkanischen Gruß hat es mich fast gerissen. Außerdem sehr erfreulich zu sehen, dass trotz nur weniger Sekunden gemeinsamer Screentime am Ende schon jetzt die Harmonie zwischen Pike und Spock sofort deutlich rüberkommt.

Fazit

Eine runde Sache. Es gibt endlich Antworten, die die Handlung vorantreiben. Auch einzelne Nebengeschichtchen werden weitergebracht, und die Darsteller haben sichtlich Spaß an ihren Charakteren. Vor allem aber: Überraschenderweise ist das Einbinden von Talos IV gelungen. Mehr noch, “Gedächtniskraft” bildet für Pike, Vina und Spock eine wunderbar passende Brücke zwischen der TOS-Pilotepisode “Der Käfig” und dem späteren Zweiteiler “Talos IV - Tabu”.

Sehe ich da etwa ein Lächeln?

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


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