Sülters IDIC

Sülters IDIC: Ich bin bereit für Star Trek: Discovery - Ihr auch?

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Sülters IDIC

Weisst du noch?

Es fühlt sich schon ein wenig surreal an. Bereits im November 2015 wurde eine neue Star Trek-Serie angekündigt, über die man damals jedoch noch ziemlich wenig wusste. Alex Kurtzman (der sich durch seine Beteiligung an den Reboot-Filmen viel Kritik hatte gefallen lassen müssen) war als Produzent an Bord gekommen, und man wollte die Serie nutzen, um den weitestgehend unbekannten Streamingdienst CBS All Access zu befeuern. An beiden Brennpunkten hat sich seitdem nichts geändert. Dass die Serie dennoch fast zwei Jahre durchs Feuer gehen musste, dürfte jedoch den wenigsten Fans entgangen sein...

To Fuller or not to Fuller

Zunächst einmal merkten viele Fans auf, als Trek-Fan und Edel-Produzent Bryan Fuller den Job des Showrunners erhielt. Keimte da sogar direkt so etwas wie vorsichtige Euphorie auf? Eine erste Verschiebung der Serie, das Ende von Fuller und weitere Verzögerungen ließen diese jedoch fast direkt wieder ersticken. Star Trek: Discovery entwickelte sich besonders im Übergang von 2016 zu 2017 zu einem Problemfall, dem die Fans mehr und mehr mit Skepsis entgegen sahen.

It's been a long road

Auch ich muss zugeben, dass meine Vorfreude eine lange Zeit auf Sparflamme vor sich hin köchelte. Das lag jedoch weniger an Franchisemüdigkeit, sondern vielmehr an Befürchtungen, der Name Star Trek würde erneut nur benutzt werden, um eine Vermarktungsplattform zu bewerben. So hatte man 1995 mit Star Trek: Voyager eine eigentlich vom Ansatz spannende Serie auf einem vollkommen ungeeigneten Network (UPN) platziert und sie in ihrer inhaltlichen Entfaltung stark behindert - einzig um dem angestrebten Klientel des Senders gerecht zu werden. Letztlich schwang aber auch die Angst mit, man würde nun auch noch den letzten Funken Lebensenergie, der durch die Reboot-Filme zumindest kommerziell wieder angeheizt worden war, aus der einstmals fetten Kuh Star Trek melken wollen.

Doch was soll ich sagen? Fast zwei Jahre Entwicklungszeit, erste Infos, Bilder und Trailer sowie eine besonders auf der Zielgeraden durchaus geschickte Kampagne haben auch in mir das Feuer wieder entfacht. Obwohl ich in den vergangenen über dreißig Jahren bereits tausende Stunden Star Trek konsumiert habe, bin ich bereit für mehr. Ich bin bereit für neue Abenteuer, neue Charaktere, neue Blickwinkel und dafür, mich wieder fesseln zu lassen. Von einer Crew, die erzählerisch dorthin vordringt, wo vielleicht wirklich noch niemand - oder nur wenige - vor ihr waren.

Björns Einkaufsliste

Was brauchen wir dazu? Zunächst einmal müssen die Autoren dafür sorgen, dass die Charaktere leben. Wir brauchen Menschen und Außerirdische, mit denen wir leiden und lachen können und die wir ins Herz zu schließen bereit sind. Wir möchten angeregt werden von guten Geschichten, spannenden Beobachtungen unserer Zeit, eingepackt in den Kontext der Serie. Wir möchten am Ende einer Episode ungeduldig auf die Fortsetzung warten und dabei nicht von billigen Tricks oder falschen Fährten hereingelegt werden. Wir brauchen echtes Drama und keine Schaumschlägerei. Wir möchten, dass die Autoren den Kanon respektieren, aber auch kreativere Wege gehen, als nur Bekanntes auszuschlachten. Wir nehmen Fan-Service gerne an, wollen aber nicht von Tribbles, bekannten Charakteren und Zaunpfählen erschlagen werden. Wir möchten in rund einem Dreivierteljahr sagen können: Ja, das war eine tolle Staffel! Gebt uns mehr! Dann wäre Star Trek wirklich zurück - und zwar genau dort, wo es eigentlich herkommt und hingehört: Auf dem heimischen TV.

Mit Robots & Dragons in der ersten Reihe

Wir von Robots & Dragons haben euch in den zurückliegenden 22 Monaten mit allen News versorgt, die wir für euch im weltweiten Netz finden konnten, wir haben mit der Kolumne Sülters IDIC verschiedene Ecken des Trek-Universums beleuchtet, Fragen gestellt, beantwortet, offen gelassen und letztlich mit euch dank eurer tollen Kommentare über viele spannende Themen diskutiert.

Und das war erst der Anfang! Viele von euch haben vergangene Woche bereits in unseren brandneuen Podcast Planet Trek fm reingehört, der sich ab sofort jede Woche den neuesten Episoden widmen wird. Dazu werde ich weiterhin spannende Gäste wie die Autoren Mike Hillenbrand, Christian Humberg oder Claudia Kern begrüßen, Fans und Trek-Kenner und viele weitere Überraschungen. Wir werden die Episoden für euch einordnen, verschiedene Sichtweisen abgleichen und bewerten, was uns da auf den TV-Schirm gelangt. Ab sofort übrigens auch via iTunes. Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr uns dort besucht, abonniert und bewertet!

Zusätzlich werde ich jede Episode in einer ausführlichen Rezension würdigen. Nach mehr als zwanzig Jahren, in denen ich bereits über Trek schreibe, ist der Reiz dabei immer noch genauso groß wie zu Beginn. Ich freue mich auf eure Kommentare und heiße Diskussionen!

Und selbstverständlich wird unsere fleißige Redaktion auch weiterhin alles für euch herausfinden, worüber es sich zu lesen und zu sprechen lohnt. Eigentlich ist es ganz einfach: Robots & Dragons ist und bleibt eure Anlaufstelle für Star Trek: Discovery und alle anderen Themen aus den Bereichen Science-Fiction und Phantastik.

Sülters letzte Worte

Vorfreude ist die schönste Freude, doch jetzt darf es gerne endlich losgehen. Sofort. Ich möchte die Charaktere kennenlernen, das Flair der Serie fühlen, die Welt erkunden, die Story aufsaugen und einfach wieder eintauchen in eine Welt, die mich seit nahezu dreieinhalb Jahrzehnten begleitet. Star Trek lebt und schenkt uns vorerst mindestens fünfzehn neue Abenteuer. Kann schiefgehen, kann aber auch richtig toll werden. Ich bin bereit! Ihr auch?

 

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Im Printbereich schreibt er zum Beispiel für das Phantastik-Magazin Geek!. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons begleitet er exklusiv die neue Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC , ist für den Podcast Planet Trek fm verantwortlich und wird auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations. Zusätzlich gibt er in Sülters Warpkerkette regelmäßig Anekdoten über Star Trek zum besten.

Björns Homepage und somit viele seiner Artikel und Trek-Rezensionen erreicht ihr unter www.sülterssendepause.de.

Sülters IDIC: Zwei Dinge, die Star Trek: Discovery haben muss - Teil 2

Nur noch eine Woche bis zum Start der neuen Serie - und plötzlich ist unserem Kolumnisten völlig klar, was die Produzenten ihrer Kreation dringend noch mit auf den Weg geben müssen. Nachdem es in der ersten Kolumne um den Faktor Humor ging, schauen wir uns heute die zweite wichtige Zutat an. 

Where my heart will take me

Ich befürchte, dass einige meiner Leser bei der bloßen Erwähnung des Titelsongs von Star Trek: Enterprise grün angelaufen sind und akute Schnappatmung entwickelt haben. Bevor ich auf das wahre Thema dieser Kolumne eingehe, sollte ich sie vielleicht kurz damit einleiten, wie sich meine Einstellung bezüglich des Intros der Prequel-Serie von 2001 darstellt.

Fangen wir mit etwas Konsensfähigem an: Die gewählten Bilder sind einfach grandios. Sie zeichnen den Entdeckergeist der Menschheit nach und sind zudem stilistisch treffend umgesetzt. Angesichts einer Serie, die das erste Raumschiff präsentiert, welches die Menschheit in die Tiefen des Raumes vordringen lässt, eine tolle Wahl und bis heute - rein visuell - der für mich beste Trek-Vorspann.

Kommen wir nun zum problematischen Teil der Rechnung: Als der Titelsong "Where my heart will take me", gesungen von Russel Watson und geschrieben von Diane Warren, erstmals zu hören war, explodierten weltweit die Fernsehgeräte. So konnte man zumindest vermuten, angesichts des Aufschreis, den das Internet in der Folgezeit und bis heute erlebte.

Der erste Kritikpunkt der Fans war, dass überhaupt ein gesungenes Titellied ("wie bei einer Tennie-Soap") gewählt wurde, statt auf ein klassisches Orchesterstück zu setzen, wie die bisherigen Serien. Nun kann man derartiges Denken als ewig gestrig bezeichnen, der Wunsch, lieber den Stil der anderen Serien weitergeführt sehen zu wollen, ist aber valide.

Der zweite Kritikpunkt war, dass der Song auf dem Lied "Faith of the Heart" basierte, den Warren bereits 1998 für Rod Stewart und zur Verwendung im Film Patch Adams geschrieben hatte. Es handelte sich also nicht um etwas Einzigartiges, was man extra für Star Trek: Enterprise geschaffen hatte, sondern um einen aufgewärmten Popsong aus einem mäßig begeisternden Kinofilm, den man einfach neu einsingen ließ. Eine wirkliche Kreativleistung sieht zugegebenermaßen anders aus.

Was bei der ganzen Kritik jedoch immer wieder unter den Tisch fällt: Der Song passt toll auf die Bilder und bietet einen Text, der den von Star Trek immer gezeigten Kern für eine positive Weltanschauung und das Entdeckertum äußerst kompetent trifft. Zudem spiegelt er ideal die Geschichte von Jonathan Archer und seines Vaters, die ihre lange gehegten Träume in der Serie verwirklicht sehen.

Ich gebe zu: Das war ein wirklich langer Exkurs. Ich komme mal lieber zum Thema zurück.

Faith of the heart

Star Trek hatte uns in den Sechzigern eine sympathische Crew präsentiert, die sich Woche für Woche in neue Abenteuer stürzte und dabei stets mit positiver Energie voran stürmte, wo Engel furchtsam weichen eben ganz wie ihr Captain, der legendäre James T. Kirk. Immer wieder streute man relevante Themen in die Stories ein, verklausulierte sie und hielt somit der Menschheit einen Spiegel vor.

Perfektioniert wurde dieses Gehabe dann allerdings ehrlicherweise erst in den Achtzigern, als ein gewisser Captain Picard zum Vorzeige-Diplomaten wurde und Abenteuer für Abenteuer den friedlichen Konsens suchte. Er fand ihn nicht immer - doch war sein Ansinnen immer ehrenhaft und konsequent pazifistisch. Er wollte Neues entdecken und dabei Prinzipien bewahren.

Etwas Ähnliches wollten auch die Captains Sisko und Janeway nahe eines neuen Wurmlochs und im fernen Delta-Quadranten, doch war der eine von einem langen und zermürbenden Krieg gezeichnet und sah sich oft Extremsituationen und schwerwiegenden Entscheidungen gegenüber, die andere musste abseits der Föderation agieren, zu viele Kompromisse eingehen und hielt es - dank der Autoren - oft auch gar nicht so sehr mit ihren Prinzipien.

Captain Archer schließlich war dann der Versuch des ultimativen Gutmenschen, ein Captain America wie aus dem Bilderbuch. Dass er dabei als jemand fehlgezeichnet wurde, der die menschlichen Werte allen Völkern überstülpen wollte und die Autoren ihn oft auch ungünstig schrieben, muss man hier ausblenden. Der Charakter war vom Ansatz her ein klassischer Entdecker, ein Mann, der immer das Richtige tun wollte, und somit ein Trek-Prototyp.

Star Trek stand immer für diesen positiven Drang, unser Wissen zu mehren, Neues zu finden und zu studieren, die Menschheit zu verbessern und friedlich zu koexistieren. Aus diesem Ansatz entstanden in nunmehr 51 Jahren die besten, ergreifendsten und inspirierendsten Geschichten, die man sich immer wieder gerne anschaut.

Völkerverständigung, gesellschaftliche Probleme, Ausgrenzung, Miteinander, das Aufsprengen von Vorurteilen - alles Themen, die zu Klassikern geführt haben und die heute nichts von ihrer Relevanz verloren haben. Ob es gelingen wird, derartige Erzählungen in die horizontal vorgetragene Handlung rund um den Klingonenkonflikt zu integrieren? Oder wird dieser die Kreativität eher hemmen? Star Trek im TV braucht Raum für Ideale und das Stellen großer Fragen. Nur dann können Charaktere über sich hinauswachsen und Antworten finden, die uns mit etwas zurücklassen, was uns herausfordert.

Das Beispiel hat ein dickes Hinkebein

Und so geht es am Ende eben doch wieder um "Faith of the heart". Einziger Makel an dieser Geschichte ist, dass gerade Star Trek: Enterprise leider mit dem im Vorspann aufleuchtenden Entdeckergeist nicht wirklich Schritt halten konnte.

Viele Themen wurden vergessen, fallengelassen oder waren unterrepräsentiert: Wie bewertet die Menschheit die Vorgänge auf der Enterprise? Hier wären viel mehr Szenen und Einblicke möglich gewesen - besonders in den ersten beiden Jahren. Außer einer kleinen Fragestunden über Toilettengänge an Bord fiel den Autoren hier nicht viel ein.

Zu sehr verlegte man sich zudem auf stereotype Aliens, Baukasten-Storys und schließlich sogar auf eine sehr militärische Geschichte nach einem verheerenden Angriff auf die Erde. Der Entdeckergeist keimte dann erst im letzten Jahr wieder auf, doch auch hier entschied man sich, lieber primär im eigenen Franchise-Kanon zu wildern, anstatt sich wirklich konsequent mit dem Ur-Setting zu befassen.

Sülters letzte Worte

So muss man am Ende zwischen Ansatz und Ausführung differenzieren. Denn vollkommen abgesehen von der Qualität des ersten Trek-Prequels bleibt festzuhalten: Den Forschergeist, die Begeisterung von der Erkundung des Alls, den Wunsch, die Menschheit dort zu präsentieren und repräsentieren und den Anspruch, mit den Völkern des Universums friedlich koexistieren zu können, hatte man der Serie in die DNA geschrieben und dies auch zu verschiedenen Gelegenheiten zu zeigen versucht.

Auf diese Weise hatte man die Idee von Star Trek wunderbar gewürdigt und gezeigt, wie viel Wertschätzung man den positiven Visionen der Originalserie entgegen brachte. Star Trek: Discovery macht bisher noch nicht den Eindruck, diesem Pfad konsequent folgen zu wollen. Vom molllastigen Titellied über das Kriegsthema, das die erste Staffel dominieren soll, einen düsteren Harry Mudd, die Probleme von Michael Burnham bis hin zu 25 klingonischen Häusern, die ihre Identität suchen, wirkt hier alles arg deprimiert und grüblerisch. Das muss nicht schlecht sein, keine Frage. Nicht umsonst ist Star Trek: Deep Space Nine meine Lieblingsserie.

Mir fehlt jedoch in diesem Sumpf aus Ernsthaftigkeit noch ein wenig die Freude am Forschen. Ich würde mir wünschen, dass die neue Serie trotz Zeitgeist-Ausrichtung auch hier ein Plätzchen findet, um jene Geschichten zu erzählen, die die Trekkies weltweit seit über 50 Jahren so sehr lieben. Jeder Mensch braucht Ziele und Hoffnung - und was, wenn nicht Star Trek kann im TV-Bereich dafür Lieferant sein?

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Im Printbereich schreibt er zum Beispiel für das Phantastik-Magazin Geek!. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC begleiten und sobald die Serie startet, auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden und einen Podcast sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations. Dazu gibt er in Sülters Warpkerkette regelmäßig Anekdoten über Star Trek zum besten.

Björns Homepage und somit viele seiner Artikel und Trek-Rezensionen erreicht ihr unter www.sülterssendepause.de.

Sülters IDIC - Star Trek: Discovery und die Klingonen - Interessante Theorie zum Kanon

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Header: Sülters IDIC - Star Trek: Discovery - Machen sie die Klingonen "great again"?

Nachdem vergangene Woche zunächst ein Teaser veröffentlicht worden war, in dem Michael Burnham versicherte, dass die Föderation in friedlicher Absicht handeln würde, gab es einen Tag später Nachschlag. Diesmal stellte man den klingonischen Anführer T’Kuvma in den Mittelpunkt und ließ ihn ein paar Worte sagen. Im Wortlaut hieß es da übersetzt:

"Sie kommen. Atom für Atom werden sie uns zum Schweigen bringen. Zelle für Zelle werden unsere Seelen die ihren werden. Wir müssen für eine Sache kämpfen, die wichtiger ist als alle anderen: Klingonen zu bleiben."

(Original: They are coming. Atom by atom they will silence us. Cell by cell our souls will become theirs. We must fight to for one thing above all – to remain Klingon.)

Eine grundsätzliche Einordnung war schnell gefunden. Während die Menschen ihre friedlichen Absichten bekunden, hat hier jemand ganz offenbar Angst um die Identität seines Volkes. Spannend, beide Seiten derart zu beleuchtet meinten die einen. Plakativ und wenig kreativ, sagten die anderen.

Ein Aspekt fiel dabei jedoch hinten über: Warum formuliert T’Kuvma derart ungewöhnlich? Was hat es mit den Atomen und Zellen auf sich? Würde ein Klingone wirklich auf diese Weise sprechen, wenn es nicht einen ganz konkreten Hintergrund dafür gäbe?

We do not discuss it with outsiders

Erinnern wir uns: Schon immer hat das veränderte Aussehen der Klingonen die Fanseelen beschäftigt. Während jedem dabei eigentlich immer klar war, dass man zu Zeiten der Classic-Reihe schlicht das Geld für Masken dieser Art nicht hatte (und/oder nicht auf die Idee kam, diese anders darzustellen), änderte sich das mit den Kinofilmen. Dort zeigten die Klingonen plötzlich Stirnwulste. In TNG, DS9 und Voyager wurde dieser Look weiter verfeinert - aber im Kern immer beibehalten. In der Episode “Trials and Tribble-Ations” aus Star Trek: Deep Space Nine ließ man die Crew inklusive Worf dann auf Klingonen der Classic-Serie treffen. Was den einsilbigen Krieger zu der Formulierung “wir diskutieren das nicht mit Außenstehenden” veranlasste.

Konsens war: Da muss wohl in der Klingonengeschichte etwas geschehen sein, was das Aussehen veränderte. Diese spaßige Nicht-Erklärung hätte den meisten Fans vermutlich bis ans Ende aller Tage ausgereicht.

Als Star Trek: Enterprise dann jedoch startete und als Prequel zu den Classics plötzlich auch die aus späteren Inkarnationen bekannten Stirnwulst-Klingonen zeigte, geriet dieser Ansatz wieder ins Wanken. Man warf den Produzenten zurecht vor, hier unsensibel vorzugehen, wobei die Sehgewohnheiten und Geldgeber vermutlich gar keine andere Lösung zugelassen hätten.

Mit der Doppelepisode “Affliction”/”Divergence” in der vierten Staffel machte man sich jedoch die Mühe, alles in einem Rutsch zu erklären. Laut dem dort Gezeigten hatten die Klingonen also immer Stirnwulste gehabt - durch das Herumexperimentieren mit der Augment-DNA wurde jedoch ihr Erbgut geschädigt und viele Klingonen starben oder veränderten sich. Sie sahen plötzlich wieder aus, wie die Klingonen aus den Classics. Somit war der Weg frei für diese Darstellung und die Rückverwandlung (die man weiterhin offen ließ) zu einem späteren Zeitpunkt in der Geschichte. Alles war soweit stimmig, viele waren glücklich.

Doch dann kam Star Trek: Discovery. Zeitlich weit nach Star Trek: Enterprise und rund zehn Jahre vor den Classics angesiedelt, holte man nun wieder Stirnwulst-Klingonen ins TV. Dass diese generell vom Look einem Update unterzogen wurden, will ich dabei gar nicht mal mit einbeziehen. Es geht mir schlicht um den generellen Look. War man hier nun also erneut unsensibel und ignorierte die mühsamen Erklärungen des Kanons?

Atom für Atom. Zelle für Zelle.

Vielleicht eben nicht. Nehmen wir für einen Moment an, bei T’Kuvma und seinen Leuten handelt es sich tatsächlich um eine Splittergruppe, die lange Zeit verschollen oder unterwegs war - oder schlicht ganz woanders eine Heimat gefunden hatte als im Zentrum des Klingonischen Reichs oder gar auf Qo’noS.

Nehmen wir weiter an, diese Gruppe hätte die genetischen Veränderungen aus den genannten beiden Episoden verpasst und würde nun zurückkehren, um ihre Leute zu einen und die klingonische Identität zu schützen oder gar zu retten. Jene Identität, die sie nicht zuletzt durch den genetischen Eingriff als bedroht ansehen. Man kann natürlich sagen, dass die Klingonen selbst schuld waren, mit der Augment-DNA zu experimentieren. Man kann aber natürlich auch eine Verwässerung des Erbgutes darin sehen, einen Plan der Menschen oder der Föderation, um die Klingonen langfristig zu schwächen und sie den Menschen gleich zu machen.

Keine Frage: Es wäre äußerst unerwartet, wenn die Produzenten von Star Trek: Discovery derart starken Bezug auf die Geschehnisse des ersten Trek-Prequels nehmen würden. Außerdem wäre es vermutlich auch mutig, dieses Wissen einzubeziehen oder gar vorauszusetzen. Doch kann es sich hier wirklich um einen Zufall handeln?

Probleme unserer Zeit

Ein weiterer spannender Nebenaspekt dieser Story wäre der gesellschaftskritische Ansatz und die metaphorische Brücke zu unserer Zeit. Hier könnte man auf die Angst eingehen, die Kulturen umtreibt, die ihre Identität bedroht sehen, die fürchten, sich zu sehr anpassen zu müssen, weil sie in Sachen Religion oder Lebensweise anders ticken, als die großen Player dieser Welt. Hier könnte man seitens der Autoren von Weltpolitik bis zum täglichen Leben diverse Betrachtungen anstellen, die uns, unser Vorgehen, unsere Weltanschauung und die Art wie wir mit anderen umgehen, spiegeln und hinterfragen können. Spannend. Und irgendwie pures Star Trek. Einen Fan hätten sie damit schonmal gewonnen.

Nebenbei hätte man auch einen aus meiner Sicht großen Kritikpunkt ausgeräumt:  Die viel zu oft verwendeten Klingonen auf Kosten des Kanon erneut prominent einzusetzen. Wenn es kommt, wie hier beschrieben, könnte das alles nämlich tatsächlich Sinn machen - und dem Kriegervolk neues Leben einhauchen.

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Im Printbereich schreibt er zum Beispiel für das Phantastik-Magazin Geek!. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC begleiten und sobald die Serie startet, auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations. Dazu gibt er in Sülters Warpkerkette regelmäßig Anekdoten über Star Trek zum besten.

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We must fight for one thing above all: to remain Klingon. #StarTrekDiscovery

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Sülters IDIC - Zwei Dinge, die Star Trek: Discovery haben muss - Teil 1

Je näher der Start der neuen Serie rückt und je mehr Informationen das Licht der Welt erblicken, desto klarer wird mir, was die Produzenten ihrer Kreation dringend mit auf den Weg geben müssen - heute schauen wir uns den ersten von zwei Aspekten genauer an.

Eine Flasche Pommes frites bitte

Nein, nein. Ganz so zotig wie im beliebten Uralt-Sketch des Herrn Hallervorden (“Palim, palim“) muss es natürlich nicht zugehen, wenn Star Trek: Discovery im September die Bildschirme entert. Und doch ist Humor ein für mich äußerst relevanter Faktor zum Gelingen der neuen Serie. Hiermit sei jedoch keineswegs gemeint, dass man aus den Abenteuern der Discovery eine Comedyshow machen muss. Auch plädiere ich nicht für eine Ferenginar-Sitcom (“Moooooogiiieeee“) oder die Couchgeheimnisse der Rikers (“Ich habe dich noch nie mit Bart geküsst...“).  
 
Es geht mir hier vielmehr um den Flair der Serie. Als Star Trek in den Sechzigern auf Sendung ging, war vieles leichter und lockerer. Kirk & Co neckten sich und blödelten auch mal herum. Der Russe und der Schotte leisteten sich übertriebene Akzente, die hochgezogene Augenbraue von Spock wurde zum Markenzeichen und lud zum Schmunzeln ein, während der Score klimpernd beipflichtete, dass hier gerade ein entspannter Moment vor sich gegangen war. Zwar brachte die deutsche Spaß-Synchronisation teilweise noch ein ganzes Pfund mehr an Kalauerstimmung mit an den Tisch, doch auch im englischen Original war die Atmosphäre meist gelöst und freundlich. Man mochte sich und zeigte dies auch.
 
In Star Trek: The Next Generation hielt dann die Ernsthaftigkeit Einzug. Mit Picard präsentierte man einen anderen Typ Captain, ein klares Triumvirat aus Freunden wie mit Kirk, Spock und McCoy war nicht auszumachen. Dennoch gab es auch hier Spaß: Riker war für die charmanten Scherze zuständig, Data für die kindlich naiven Einzeiler und freundschaftlichen Kabbeleien mit Geordi. Das Ganze wirkte dabei jedoch bis zum Ende der Kinofilme immer etwas steifer und verlieh der Serie dadurch immerhin eine Seriosität, die zur Mission und zur Zeit passte. Dennoch konnte man gerade mit Fortgang der Jahre auch hier mehr kleine Momente des Humors finden, etwa beim Captain-Picard-Tag (“The Pegasus“) oder O'Briens Hochzeit (“Data’s Day“). Und auch der subtile Humor eines Brannon Braga wie in “Phantasms“ (Troi als Kuchen) oder “Timescape“ (Picard lacht über den Smiley im Warpkern) blieb im Gedächtnis.

Star Trek: Voyager kann man mit TNG in Sachen Humor definitiv vergleichen, wenn dort auch die Crew nie den gleichen Charme entwickelte wie die der Enterprise D. Hier waren es in erster Linie der wunderbare Doktor, Sevens herber Humor und auch oft Janeways Kauzigkeit, die Spaß machten. Dem entgegen stand aber oft auch der hohe Actionanteil und redundante Stilmittel (“Schilde runter auf 4,3%“).
 
Eine Ausnahmestellung bildete dazwischen wie so oft Star Trek: Deep Space Nine. Die Ferengi zum Beispiel dienten dort fast schon per Definition als Dauerbespaßung. Figuren wie Morn hatten keinen anderen Zweck, als das Publikum zum Lächeln zu bringen. Doch auch die wachsende Freundschaft zwischen O’Brien und Bashir sowie Bashir und Garak, die gewachsene und doch neue zwischen Sisko und Dax und die Eskapaden von Jake und Nog rundeten das Bild ab. Auf DS9 herrschte am meisten Chemie und Charme und in jeder Episode blieb an irgendeiner Ecke Platz für ein wenig harmlosen Spaß. Hier wehte dann auch am ehesten der Wind der Classic-Serie durch die Kulissen, was in der Gesamtbetrachtung zwar oft zu Soap-Vergleichen führte, aber letztlich ein dickes Plus der Serie war. Gleiches galt übrigens auch für Babylon 5, wo das Humorelement noch deutlich stärker ausgespielt wurde, als auf DS9. Allerdings gab es bei den Niners auch noch eine andere Seite: Mit dem Dominion-Krieg zog eine Ernsthaftigkeit und Brutalität in das Franchise ein, die viele nicht goutieren wollten. Trek war hier also gleichermaßen hart und realistisch wie liebenswert und zum Knuddeln - wie das reale Leben eben.
 
Star Trek: Enterprise versuchte dann mit der Brechstange, diese Düsternis und Action abzuschütteln und lieber wieder der Naivität der Classic-Serie nachzueifern. Man strickte ein Trio aus Archer, Trip und T’Pol, das jedoch nie wirklich zu einem wurde und verpuffte, man nahm einen kauzigen Doktor auf (der zwar ein toller Charakter war, aber dennoch wie ein heimlicher Sohn von Neelix und dem Holodoc wirkte) und hatte sogar wieder lustige Akzente am Start (Trip und Reed). Dennoch gelang es hier nie, wirklichen Charme aufzubauen. Alles blieb irgendwie steril und oberflächlich. Und wollte die Serie dann mal so richtig lustig sein (“A Night in Sickbay“, “Precious Cargo“, “Bound“) wurde es meist richtig schlimm. Szenen wie Archers Versuche, einer Schulklasse auf der Erde das Leben an Bord zu erklären (“Breaking the Ice“) oder der Trip nach Risa (“Two Days and two Nights“) sowie Reed und Trip verlassen und betrunken im “Shuttlepod One“ bildeten hier einige positive Ausnahmen.
 
Die bisherigen Trailer und Informationen zu Star Trek: Discovery nun lassen zwar noch kein klares Bild zu, scheinen aber doch in eine Richtung zu deuten. Man hörte schon einige Male von den Verantwortlichen, Star Trek müsse “edgier, grittier, darker“ werden, es müssen immer und überall Todesfälle und Opfer möglich sein - Game of Thrones im All eben. Das macht zwar aktuell The Expanse schon vor, die Trek-Produzenten meinen aber offenbar, den gleichen Weg gehen zu müssen. Dass es dabei schwer sein wird, Humor einzuflechten, sieht man aber eben auch an The Expanse, wo alles sehr ernst und schwermütig vor sich geht.
 
Auch die bisherigen Ausschnitte zur neuen Serie deuten eher auf eine hochgestylte Story über persönliche Schicksale, großangelegte Dramen und politisch-gesellschaftliche Irrungen und Wirrungen hin. Von Humor - wie er zuletzt auch in den Abrams-Filmen stark in den Fokus rückte - war noch nichts zu sehen.

Das Orville-Paradoxon

Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, dass FOX ebenfalls im September mit einer Serie von Trek-Fan Seth MacFarlane an den Start gehen wird, die nicht nur wie Star Trek Anno neunziger Jahre mit aktuellen Special-Effects aussieht, sondern sich auch noch wie eine Mischung aus klassischer Trek-Serie und Galaxy Quest anfühlt. MacFarlane verspricht zudem, auch ernste Themen anzusprechen, sein Team aus Ex-Trek-Größe wie Brannon Braga oder David Goodman tut da sein Übriges. Der Zweikampf, der sich hier zwischen den beiden Serien ergeben wird, ist abseits von der Qualität der Formate somit auch eine kleine Richtungsentscheidung, was die Trekkies und SF-Fans sich wünschen: Eine Raumschiffserie mit ernstem Ton und hohen Risiken oder eine turbulente Tour de Force mit Anspielungen und hier und da ernsten Momenten? Oder geht vielleicht doch noch beides?

Sülters letzte Worte

Humor ist sicher nicht die erste Eigenschaft, die man mit einer Science-Fiction-Show assoziieren würde. Dennoch bildet bei Star Trek der Mut zum Spaß seit jeher einen emotionalen Kern, den keine neue Show gänzlich eliminieren sollte. Humor macht Charaktere greifbarer und liebenswerter und verbindet uns mit ihren Schicksalen. Humor lockert ernste Momente auf und setzt ein Gegengewicht zu den bedeutungsschwangeren Vorgängen und erreicht letztlich etwas, das in der heutigen Zeit immer relevanter wird: Uns eine hoffnungsvolle Vision von dem zu geben, was kommt. Und das ist im Kern eben 100 Prozent Star Trek. Wer möchte schon in einer Welt leben, in der es nichts mehr zu lachen gibt?

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Im Printbereich schreibt er zum Beispiel für das Phantastik-Magazin Geek!. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC begleiten und sobald die Serie startet, auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations. Dazu gibt er in Sülters Warpkerkette regelmäßig Anekdoten über Star Trek zum besten.

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Sülters IDIC - Trailer-Alarm bei Star Trek: Discovery - wie nicht gewollt und doch gekonnt?

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Sülters IDIC: Star Trek Discovery

Wenn der erste echte Trailer einer neuen Serie erst Monate nach dem zunächst geplanten Startdatum des Endproduktes erscheint, sagt das vermutlich schon einiges über den Produktionsprozess aus. Nach schier unmenschlichem Warten war das Nägelkauen nun jedoch zu Ende. Freie Sicht auf das, was uns erwartet. Doch kann man sich nun wirklich uneingeschränkt vorfreuen?

Der Look

Was direkt auffällt: Die saubere und übersichtlich-aufgeräumte Trek-Welt der bisherigen Serien ist visuell betrachtet passé. Mit Star Trek: Discovery hält ein modernerer Look Einzug, der viel näher an den Abrams-Filmen beheimatet ist, als an allem, was im Trek-Serienbereich bisher vom Stapel lief. Am deutlichsten wird das kurioserweise genau bei den Szenen, die man in Jordanien drehte – diese wurden in der Nachbearbeitung derart stark verfremdet, dass man im Ergebnis nicht mal mehr den Einsatz eines Green Screens ausschließen würde. Vergleicht man hier das Endresultat mit der Location-Arbeit von Serien wie Game of Thrones, stellt sich zumindest die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer so starken digitalen Vernebelung realer Orte. Auch umweht die Präsentation an dieser Stelle ein Hauch der Effektqualität des Fanfilms Prelude to Axanar, was man einerseits als Kompliment an das Team um Alec Peters verstehen kann, andererseits aber auch als leise Kritik am neuen CBS-Flaggschiff.

Die immerhin titelgebende USS Discovery bekommen wir überraschenderweise nicht zu sehen – dafür aber die USS Shenzou, die einen passablen Eindruck hinterlässt. Die Brücke ist jedoch arg düster und ebenfalls irgendwo zwischen NX-01 und der USS Kelvin aus Star Trek Beyond angesiedelt. Dass man die Discovery ausgespart hat, liegt vielleicht auch am Desaster mit den ersten Bewegtbildern vergangenes Jahr. Hier möchte man nun gegebenenfalls bis zum letzten Moment und somit zum finalen Design warten, bevor nochmal etwas enthüllt wird.

Die gezeigten Aliens könnten allesamt der Schmiede von Michael Westmore entsprungen sein – Latexmasken, blaue Farbe, merkwürdige Gerätschaften. Trek, wie man es kennt. Wer hier etwas wirklich Neues erwartet hatte, wird vorerst ausgebremst. Das gilt auch für Lt. Saru, der Assoziationen zu Lorien aus Babylon 5 weckt. Nur, dass dessen Makeup schon vor rund 20 Jahren so aussah.

Die Klingonen sind ebenfalls ein Thema für sich. War deren Äußeres bereits in den Abrams-Filmen zu Recht auf wenig Gegenliebe bei den Fans gestoßen, sehen die stolzen Krieger hier sogar noch ein wenig tumber aus und erinnern an Kreationen aus Das fünfte Element. Ein paar wallende Haare hätten dem Erscheinungsbild sicher nicht geschadet. Warum man an dieser Spezies derart herumdoktert, statt einfach ein Update des Gewohnten mit heutigen Möglichkeiten zu präsentieren, ist schleierhaft.

Bleiben die Kostüme und Special Effects, die sich wirklich sehen lassen können und den letzten Kinofilmen in nichts nachstehen. Die Uniformen gefallen als Weiterentwicklung der blauen Versionen aus Star Trek: Enterprise und von der USS Kelvin, Kommunikator und Trikorder lassen eine Verbeugung vor The Cage und den Classics vermuten. Klasse!

Die Story

Hier bleibt es wie so oft im Bereich der frühen Trailer noch generisch und undefiniert. Außer den bereits aus Interviews mehr oder weniger bekannten Taglines "discover your destiny“, "discovery courage“ und "discover adventure“ zeigt man uns das Zusammentreffen mit den Klingonen, eine angedeutete Beförderung von Hauptfigur Michael Burnham, diverse Dialoge, die noch keinen größeren Zusammenhang ergeben, einen Ausflug ins All per Raumanzug und eine Prise Action. Letztlich nichts, was man nicht schon wüsste oder erwarten durfte. Wie sich alles sortiert, wann Burnham zu was genau befördert wird, was mit der Besatzung der Shenzou passiert, wie der Kontakt mit den Klingonen ablaufen wird und warum diese eine Art Sarkophag am Start haben (und offenbar den Tod von jemandem begehen) – abwarten.

Die Figuren

Fünf der bisher bekannten Figuren erhalten prominente Screentime. Am besten kommt dabei James Frain als Sarek weg, der eine elegante Kühle an den Tag legt, die der Spezies der Vulkanier und der altbekannten Figur sehr angemessen ist. Sonequa Martin-Green hingegen ist zwar viel zu sehen, kann aber aufgrund der Szenenauswahl in ihren kurzen Sequenzen noch kein Momentum aufbauen. Michelle Yeoh irritiert durch eine hölzerne Sprechweise, die für mich jede Szene im Keim abtötet. Schlimmste Assoziationen zu Genevieve Bujold bei Star Trek: Voyager werden hier wach. Hoffentlich täuscht der Eindruck – im Zweifel muss es die Synchronisation für die deutschen Fans retten. Dieses Kunststück war bereits bei Star Trek: Enterprise zu Beginn mit der Rolle der T´Pol gelungen, als Jolene Blalock noch auf der Suche nach dem richtigen Tonfall für ihren Charakter war und zwischen Arroganz und Steife wechselte. Als letzter im Bunde darf sich Doug Jones als Lt. Saru länger zeigen, ohne dabei jedoch unter Tonnen von Latex großen Eindruck machen zu können.

Das Gefühl

Großes Trek-Feeling kommt nicht auf. Zumindest kein nostalgisches. Der Trailer wirkt eher wie aus einem Guss mit denen der letzten drei Kinofilme. Doch auch hier kann der erste Eindruck brutal täuschen. Bei Star Trek Beyond ließ mich der Trailer zum Beispiel ein vollkommen seelenloses Machwerk voller Action vermuten. Am Ende wurde es jedoch - zumindest für mich - der in Bezug auf Humor, Gefühl und Charaktere stärkste Reboot-Film. Es nützt also weiterhin nichts, das Buch nach dem Cover zu bewerten. Für den Moment jedoch scheint es auf ein Hochglanzprodukt hinauszulaufen, das mehr einer Serie wie The Expanse nacheifert, als dem klassischen TV-Trek. Wer dessen Ästhetik vermisst (und zudem tiefergelegten Humor besitzt), sollte vielleicht demnächst mal bei FOX reinschauen. Dort hat Trek-Fan Seth McFarlane mit The Orville eine SF-Parodie am Start, die wie ein direkter Nachfolger von TNG, DS9 und Voyager aussieht. Alle anderen warten geduldig auf den zweiten Trailer und dann ja vielleicht auch endlich einen konkreten Starttermin.

Sülters letzte Worte

Das war jetzt wieder ein bunter Mix aus Gejaule und etwas Lob. Allerdings muss ich mich outen. Trotz meines Trekkie-typischen Lamentierens über Dieses und Jenes bin ich durchaus angefixt und freue mich auf das Endprodukt. Richtig ist, dass man kaum schlauer ist als vorher. Die Produzenten mochten uns vermutlich noch nicht mehr zeigen und haben damit doch in gewisser Weise die richtigen Knöpfe gedrückt. Der Look ist cool, und mangels konkreterer Informationen würde es mir zu diesem Zeitpunkt nicht einfallen, den Inhalt vorzuverurteilen. Kritikpunkte wie das Klingonen-Makeup und einigen Entscheidungen bezüglich der Effekte und Bearbeitung lassen wir für den Moment ebenfalls unter den Tisch fallen – hier kann erstens noch viel passieren, zweitens muss sich so etwas auch immer ein wenig entwickeln. Star Trek: Discovery steht in den Startlöchern, fühlt sich endlich realer an und gibt mir mit diesem ersten Trailer am Ende dann doch das Gefühl, bereit zu sein, für diese neuen Reisen einer Trek-Crew.

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC begleiten und sobald die Serie startet auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations.

Björns Homepage und somit viele seiner Artikel und Trek-Rezensionen erreicht ihr unter www.sülterssendepause.de

Star Trek: Discovery | Vorschau [HD] | Netflix

Sülters IDIC - Vier Erkenntnisse zum Teaser von Star Trek: Discovery

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Sülters IDIC: Vier Erkenntnisse zum Teaser von Star Trek: Discovery

Ein Aufschrei ging in den letzten Tagen durch die Reihen der Trek-Fans. Trudelte doch tatsächlich statt weiterer Hiobsbotschaften ein Teaser zu Star Trek: Discovery ein, der nicht nur aus dem Stand für Gänsehaut sorgte, sondern sogar ein paar Rückschlüsse auf das spätere Produkt zulässt - wenn man denn genau hinschaut. Ein paar dieser Erkenntnisse habe ich für euch zusammengestellt.

Erkenntnis 1: Der Mut der Verzweiflung? CBS greift nach den Trekkies

Eine Frage, die man sich berechtigterweise seit Ende der Neunziger immer wieder stellen durfte, beantwortet der Teaser direkt zu Beginn: Ist es noch schicklich und möglich, ein neues Trek-Produkt auf die bestehende Basis an Trekkies auszurichten? Lange galt diese Frage mit „lieber nicht“ als beantwortet. Als zu kompliziert, abgehoben, übersättigt und zerstritten galten die Nerds aus der Neutralen Zone der SF-Landschaft. Und sogar J. J. Abrams wurde 2009 nicht müde zu erwähnen, dass sein Trek-Reboot für alle zugänglich sei – besonders aber für eben jene, die mit Trek bisher gar nichts zu tun hatten. Zu gering war berechtigterweise das Vertrauen, mit den alten Fans einen Box-Office-Hype generieren zu können.

Doch die Zeiten scheinen sich erneut geändert zu haben. Im ersten wirklichen Teaser zu Star Trek: Discovery geht man direkt in die Vollen: Ein Beginn in nostalgischem Schwarz-Weiß, die Erwähnung von Gene Roddenberry, eine Schreibmaschine, die mit ein wenig Phantasie an die Form der Untertassensektion der Enterprise-D erinnert und eine Galerie aus denkwürdigen Momenten der anderen Trek-Serien. Wer genau hinschaut erkennt auf dem ersten Bild übrigens Majel Barrett Roddenberry alias Number One aus "The Cage" - ein Wink mit dem ganzen Zaun. Außerdem stellt der Teaser klar, dass es bei Star Trek immer um das ging, was uns Menschlich macht. Ein Motiv, das auch Bryan Fuller mehrfach zu Beginn seiner kurzen Amtszeit erwähnte.

Star Trek: Discovery wird diese Tradition nun fortsetzen. Mehr Retro geht nicht. Offenbar sollen also doch die wahren Fans die Kohlen aus dem Feuer holen und die Zuschauerbasis für die neue Serie bilden. Optimistisch? Bestimmt. Ambitioniert? Mit Sicherheit. Zum Scheitern verurteilt? Nicht unbedingt. Charmant? Auf jeden Fall. Den Schreiber dieser Zeilen haben die Produzenten mit ihrem Bauerntrick auf jeden Fall schon abgeholt.

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Screenshot aus dem Teaser zu Star Trek: Discovery

Erkenntnis 2: Die Discovery ist immer noch klobig

Der erste kleine Schnipsel an Bildmaterial hatte 2016 auf der Comic Con (und danach) für Aufruhr gesorgt. Zu schwach waren die Effekte, zu klobig das neue Schiff. Zwar bemühte man sich sofort um Deeskalation und erklärte, man hätte hier unfertige Probesequenzen gezeigt, dennoch hielt sich die Sorge um den Look der Discovery – und somit der ganzen Serie. Hier nun zeigt man uns im Teaser  eine Kamerafahrt vorbei an einer Wand mit Außenansichten der Discovery.

Und was soll man sagen? Das gute Schiff hat sich entweder kaum verändert oder man verkauft uns hier ältere Konzeptzeichnungen als aktuellen Stand. Eventuell aus Kalkül, eventuell aber auch weil man schlichtweg nicht dran gedacht hat, dass die Fans darauf achten würden. Klobig und irgendwie befremdlich ist das neue Schiff somit immer noch – das tut der Vorfreude aber sicher keinen Abbruch. Mit diesem Mix aus Enterprise-E und klingonischen Elementen muss irgendetwas bezweckt werden – warten wir also einfach ab.

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Screenshot aus dem Teaser zu Star Trek: Discovery

Erkenntnis 3: Die Shenzhou ist typisch Eaves

Richtig – es wird nicht richtig klar, um welches Schiff es sich bei den Zeichnungen handelt. Dennoch sollte man annehmen dürfen, dass das zweite hier gezeigte Sternenflottenschiff die USS Shenzhou unter dem Kommando von Michelle Yeohs Captain Georgiou ist.

Das Design ist einem Konzept des legendären Trek-Concept-Artist John Eaves sehr ähnlich: Der USS Mawson. Eaves hat in der Vergangenheit für viele beliebte Designs in Star Trek gesorgt, ist offiziell aber nicht an DSC beteiligt. Die Verantwortlichen von Axanar (der Fan-Serie gegen die CBS zuletzt einen langwierigen Prozess angestrengt hatte) äußerten aber, dass Eaves nach ihrer Kenntnis doch an DSC arbeiten würde. Hier muss man abwarten – das Design der Shenzhou spricht aber in dieser Causa eigentlich Bände. Sicher erinnert das Design auch an die Akira- oder Centaur-Klasse, dennoch ist die Ähnlichkeit mit der Mawson am deutlichsten.

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John Eaves' Design der USS Mawson

Das Design der Shenzhou ist auf jeden Fall – ganz im Gegensatz zur Discovery – typisch Trek und typisch Starfleet und sollte keinerlei Grund zur Kritik bieten dürfen. Wer sich nebenbei fragt, woher der Name des Schiffes kommt: Shenzhou (chinesisch für „magisches Schiff“ bzw. „Götterschiff“) ist der Name für das erste bemannte chinesische Raumschiff und das dahinterstehende Programm der China National Space Administration. Bisher gab es elf Missionen – zuletzt brachte die Shenzhou 11 im Oktober 2016 zwei Astronauten zum Weltraumlabor Tiangong 2. Für 2017 ist eine weitere Mission geplant.

Erkenntnis 4: Von Uniformen & einem merkwürdig gesprungenen Delta

Ob es sich bei der gezeigten blauen Uniform um die Standard-Dienstvariante oder eine Gala-Uniform handelt, können wir freilich nur mutmaßen – rein vom ersten Eindruck würde man vermutlich eher auf die edlere Ausgehversion tippen, es ist aber fraglos auch möglich, dass es sich um das übliche neue Gewand der Crew handelt. Auffällig sind die goldenen Verzierungen, die viel Platz einnehmen und an beiden Seiten sowie mittig eingearbeitet wurden und das – auch hier wieder – geteilte Deltasymbol. Ergänzend kommt eine Art Rang-Pin hinzu, der sich unten am Delta befindet.

Das Delta an sich gab es bei Star Trek: Enterprise noch nicht. In Star Trek war es jedoch ebenfalls schon auf der Front der Uniform vorhanden. Den Rang konnte man bei Star Trek: Enterprise auf der rechten Seite im oberen Bereich anhand von silbernen Streifen erkennen. Bei Star Trek waren es Streifen an Ärmeln auf Höhe der Handgelenke gewesen, ab Star Trek: The Next Generation dann Rang-Pins am Revers. Hier scheint man eine Kombination gewählt und den Rang ins Delta integriert zu haben. Das ist kein Kanonbruch und würde in Rück- und Vorausschau durchaus Sinn ergeben.

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Screenshot aus dem Teaser zu Star Trek: Discovery

Das Zeichen im Delta steht übrigens für Mitarbeiter der Bereiche Engineering oder Security. In Kombination mit der blauen Uniform lässt das auf eine grobe Weiterführung des Stils aus Star Trek: Enterprise schließen. Dort waren die Uniformen alle blau und nur durch eine farbliche Absetzung an der Schulter zu unterscheiden. Diese fehlt hier offenbar oder ist nur nicht zu erkennen. Zum gewählten Bereich würde dann die Farbe Rot gehören – dies wurde sowohl bei Star Trek: Enterprise als auch bei Star Trek so gehandhabt – erst später tauschte man Gold und Rot, wie ab Star Trek: The Next Generation zu sehen ist.

Kommen wir zuletzt noch zum Delta selber. Die Frage, warum es nicht nur im Logo der Serie, sondern auch hier, durchlaufend gesprungen erscheint, konnte noch nicht geklärt werden. Die Vermutung liegt nahe, dass man hier auf irgendetwas hinweisen möchte, was handlungsrelevant ist. In Kombination mit dem Design der Discovery kann man hier durchaus auf Ideen kommen. Dass die Klingonen auch in Sachen Cast eine gewichtige Rolle spielen, ist ja inzwischen anhand von drei konkreten Rollen bekannt – Klingonen auf der Discovery wären jedoch in Sachen Kanon gewagt – Schiffsdesign und Delta könnten aber genau auf so etwas hindeuten. Eine gemeinsame Mission der verfeindeten Mächte? Oder handelt es sich am Ende doch nur um ein optisches Gimmick, das die Sternenflotte (wenn man den Kanon weiterspinnt) später wieder abschaffte. Hier hilft aktuell nur raten und die Phantasie spielen lassen.

Sülters letzte Worte

Schon besser! Endlich kommt so etwas wie Vorfreude auf, endlich darf man das doppelt verschobene und vom Fuller-Abgang gezeichnete neue Trek-Kind auch mal kurz anschauen. Zwar noch in Decken gewickelt und mit etwas Sicherheitsabstand, und doch erzielt dieser kurze Einblick genau den richtigen Effekt: Die Serie wird greifbar, lebendig und real. Der Teaser gefällt zudem mit einem sympathischen Retro-Feeling, einer stimmigen Musikuntermalung und hübschen Details. Für den Moment ist das mehr als man gehofft hatte, erste Bewegtbilder werden aber ebenfalls gerne zeitnah  genommen!

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC begleiten und sobald die Serie startet auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations.

Björns Homepage und somit viele seiner Artikel und Trek-Rezensionen erreicht ihr unter www.sülterssendepause.de

Star Trek Discovery - Now in Production! | official featurette (2017)

Sülters IDIC - Star Trek: Discovery auf dem Weg in die totale Sackgasse

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Sülters IDIC: Star Trek Discovery auf dem Weg in die totale Sackgasse

Erneut verzögert sich der Start der neuen Trek-Serie – und obwohl just der Drehstart erfolgte, gibt es mehr Fragen als Gründe zur Vorfreude. Hat Bryan Fuller dem Team mit seiner eigentümlichen Vision vielleicht gar einen Bärendienst erwiesen? Und wäre ein ganz anderer Ansatz nicht von vornherein die bessere Wahl gewesen? Unser Kolumnist Björn Sülter hat mal nachgedacht.

Bereits bei der ersten Ausgabe von Sülters IDIC im Dezember benutzte ich das Wörtchen „eigentlich“ inflationär oft. Denn eigentlich hätten wir uns in rund drei Monaten und ein paar Tagen über die ersten Abenteuer der USS Discovery freuen und unterhalten sollen. Doch aus diesem schon einmal verschobenen Termin wird nun wieder nichts. Und dieses Mal möchte man sich seitens der Produktion lieber gar nicht mehr auf ein neues Startdatum festlegen. Was ist da los?

Gut Ding will Weile haben?

Nun ja – diese alte Weisheit gilt in vielen Bereichen sicher nach wie vor. Und es ist definitiv ein gutes Zeichen, wenn man sich heutzutage noch die Zeit nimmt, ein Produkt reifen zu lassen. Dass man dabei in Sachen Marketing aber auch ein fast schon desaströses Bild abgibt, ist die andere Sache. Erst schiebt man den Start von auf Januar auf Mai 2017, verliert dann den Hoffnungsträger der Fangemeinde an dessen hoffnungslos selbstverschuldetes Zeitmanagement und musste nun noch ein weiteres Mal eine Aussage zum Start der Serie revidieren.

Nein – mit dem Start der Discovery wird es wohl so schnell nichts werden. Dass sie irgendwann durch die Wohnzimmer fliegt, steht natürlich außer Frage, auf das Wann sollte man aber lieber keine Wetten mehr platzieren. Noch stehen offenbar nicht mal alle Darsteller fest, über die Charaktere weiß man außerhalb des geheimen Produktionszirkels so gut wie nichts und erste Bilder vom Set, den Kostümen oder Requisiten lassen ebenfalls noch auf sich warten - von Einblicken in die Handlung ganz zu Schweigen.

Fullers schräger Ansatz

Vielleicht war die Beteiligung des Querdenkers Fuller am Ende doch nicht der große Segen für die inhaltliche Ausrichtung der Serie. Dieser hatte bereits früh in verschiedenen Bereichen Entscheidungen getroffen, die klar seinen ganz persönlichen Stempel trugen. Dass er dabei auch seinem ureigenen Rhythmus folgte, setzte eine Kette von Verschleppungen in Gang, die bis heute nachhallt. Seine Ideen zudem in den Händen von anderen Autoren und Produzenten zu wissen, birgt in hohem Maße die Gefahr der Verwässerung seiner (eventuell ja wunderbaren) Grundidee und somit vielleicht auch die einer halbherzigen Umsetzung von Dingen, die das aktuelle Team lieber doch irgendwie ganz anders gemacht hätte. Natürlich bewegen wir uns hier im höchst spekulativen Raum, ein Vorgang wie der plötzliche Abgang Fullers ist aber selbst bei einer solchen Produktion keine reine Routine und führt an den Schnittstellen immer zu Reibungsverlusten.

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Raumschiff Enterprise: Szenenbild aus der Episode \"Balance of Terror\"

Doch was wollte Fuller eigentlich für einen Trek auf die Beine stellen? Bis heute gibt es dazu keine konkreten Informationen. So steht seit Monaten schlicht die Aussage im Raum, die Handlung werde zehn Jahre vor der klassischen Trek-Serie ihren Anfang nehmen und somit erneut ein auf wenig Gegenliebe treffendes Prequel zu TOS, TNG, DS9, Voyager und allen Kinofilmen (sogar denen des hier nicht relevanten Reboots) darstellen. Einzig Star Trek: Enterprise bleibt für DSC als zeitlicher Vorgänger erhalten. Die Krux ist, dass man sich damit in Sachen Kulissen und Ausstattung schwer einengt oder eben den Zorn vieler Fans auf sich ziehen dürfte. Und auch thematisch nimmt man sich einen derart festgelegten Raum zur Hand, den zu füllen die Kreativität arg beschneiden müsste.
 
Ausgehend von verschiedenen Informationen (zum Beispiel aus der Episode "The Menagerie“) spielt "The Cage“, der erste Pilotfilm der klassischen Serie, um das Jahr 2254 herum. Rund elf Jahre später begann die erste 5-Jahres-Mission unter Captain Kirk, von der wir drei Jahre innerhalb der Serie zu sehen bekamen (und noch etwas mehr in der Zeichentrickserie die nicht zum Kanon zählt). Nehmen wir also aufgrund von Fullers Aussagen an, dass Star Trek: Discovery rund ein Jahr nach „The Cage“ im Jahre 2255 ihren Anfang nimmt und somit zu einer Zeit spielt, als Captain Pike und Spock noch ihren frommen Dienst an Bord der USS Enterprise NCC-1701 verrichten.
 
Bekannt ist über diese Jahre herzlich wenig, so dass man weitestgehend freies Schussfeld hätte, wenn da nicht noch Jahrhunderte der Vor- und Nachgeschichte wären, an die man sich eigentlich gerne zu halten hätte. Neue oder zeitfremde Alienrassen (man denke an den diskutablen Xindi-Zwischenfall oder das bemühte Auftauchen der Romulaner und Ferengi in Star Trek: Enterprise) müssten und sollten genau überlegt werden. Widersprüche zur Trek-Geschichte sind in einem derart großen Spielfeld an Folgeserien aber kaum zu vermeiden.
 
Bis zum zweiten Pilotfilm der Originalserie „Where no man has gone before“ im Jahre 2265 und den folgenden Jahren der 5-Jahres-Mission (inklusive der Episode „The Menagerie“ im Jahre 2267) wäre in Sachen Historie aber ansonsten nichts Akutes zu beachten. Erst dann müsste man die Geschehnisse der klassischen Serie definitiv mit einbeziehen oder zumindest berücksichtigen.

So erwähnte Fuller vor seinem Abgang explizit die Episode „Balance of Terror“, die in den Classics erstmals die Romulaner zeigte und im Trek-Kanon das Ende der rund 100-jährigen Funkstille nach dem großen Krieg von 2156 bis 2160 markierte, als „touchstone“ für den Story-Arc von DSC. Ob er damit jedoch das generelle Gefühl eines schwelenden Konfliktes oder tatsächlich einen inhaltlichen Bezug meinte, blieb offen. In letzterem Falle könnte in DSC beispielsweise eine verdeckte Mission vorkommen, die auf die Ereignisse in „Balance of Terror“ hinarbeitet – ähnlich dem Ansatz von „Rogue One“. Aber wäre das kreativ oder spannend? Ein wenig drängt sich da ein Gefühl auf wie beim Schauen von Rikers uninspirierter Holophantasie in "These are the Voyages“. Nein - hoffen wir mal auf ein falsches Gleis.

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Szenenbild aus Star Trek: Enterpise \"These Are The Voyages\"

Politisch gesehen liegt der Krieg mit den Romulanern wie erwähnt bereits lange zurück, die Neutrale Zone ist seitdem etabliert, die Föderation wurde 2161 gegründet. Mit den Klingonen befindet man sich im Kalten Krieg, weitere beliebte Spezies des Trek-Kanon (Cardassianer, Bajoraner, Ferengi, Borg) dürften eigentlich keine Rolle spielen. Einzig für die Vulkanier müsste erneut ein Platz zu finden sein.
 
Selbstverständlich ist man nicht gezwungen, die Welt, in der die Serie spielt, in Gänze in die Handlung einzubeziehen. Man kann hier auch durchaus einen Mikrokosmos beleuchten, der das große Ganze nicht wichtiger nimmt als nötig. Es muss keine USS Enterprise vorkommen, und Gastauftritte von Spock und Pike sind keine Pflicht. Auch ist es unnötig, den jungen Kirk oder andere spätere Crewmitglieder zu zeigen oder zu erwähnen. Wie auch in Better Call Saul könnte man den Zuschauern schlicht das Gefühl geben, sich der Spielwiese bewusst zu sein und hier und da kleine Gags für die Fans einbauen – so könnten sich Crewmitglieder über irgendeine Enterprise-Mission unterhalten oder ein weibliches Crewmitglied erzählt von einem aufdringlichen Kadetten, den sie in einer Bar in Iowa kennengelernt hat.

Doch warum dann überhaupt explizit ein Prequel irgendwo inmitten der bekannten Trek-Timeline machen? Solchen Überlegungen widerspricht auch das erneute Casting von Sarek, den man als Spocks Vater bereits aus TOS, den Filmen und sogar TNG kennt und Fullers Kommentar, er würde gerne zu irgendeinem Punkt auch Spocks Mutter Amanda mit einbeziehen. Was hätte das alles für einen Sinn, wenn man nicht zumindest auf einen Auftritt von Spock spekuliert? Allerdings herrscht in der Phase von DSC dem Kanon nach zwischen Sarek und Spock wegen dessen Entscheidung zur Sternenflotte zu gehen, Eiszeit – erst während der Classic-Serie näherten sich die beiden wieder an. Man sieht: Es ist und bleibt äußerst kompliziert mit dem Kanon zu arbeiten – und je mehr man darüber nachdenkt, desto mehr wünscht man sich Antworten der Autoren, in welche Richtung das Ganze denn nun wirklich gehen soll.

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Star Trek IV: Sarek (Mark Lenard) und Spock (Leonard Nimoy)

Die eine Generation baut die Straße, auf der die nächste fährt

Dieses chinesische Sprichwort hätte Fuller und seinem Team dabei schon früh einen Weg bedeuten können, der neuen Serie einen anderen Dreh zu geben. Zugegeben: Einfach eine weitere Serie zeitlich nach TNG, DS9 und Voyager zu platzieren wäre vielleicht nicht der Kreativität letzter Schluss gewesen, dennoch hätte dieses Modell auch viele Vorteile und Möglichkeiten mit sich gebracht.
 
Erstens hätte man in die Zukunft gerichtet absolut freie Bahn gehabt. Wäre man zum Beispiel zehn Jahre nach Star Trek: Nemesis eingestiegen, hätte sich die politische und gesellschaftliche Struktur außer- und innerhalb der Föderation vollkommen verändert haben können. Neue Aliens, neue Bedrohungen, neue Bündnisse und neue Charaktere hätten einen spannenden Ausblick auf die Zeit nach dem uns bekannten Kanon bieten können.
 
Zudem hätte man die Chance gehabt, die Serie in Sachen technischer Umsetzung so modern und zukunftsfähig wie möglich zu machen. Ein Weiterdenken des Bekannten wäre problemlos machbar gewesen und hätte visuell sicher zu einem tollen Ergebnis geführt - ohne den Kanon zu belasten. Ein neues Schiff wie die Discovery hätte auch hier vorkommen und mit den neuesten Standards ausgerüstet sein können.

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Star Trek: Nemesis - Die USS Enterprise NCC 1701-E

Und noch ein weiterer Aspekt wäre zum Tragen gekommen: Wie bei einer Anthologieserie hätte man Charaktere und Geschehnisse der Vorgängerformate hier und dort in die Handlung einbeziehen können. Wie steht es um Cardassia? Was macht Garak? Was treiben die Klingonen? Sind Riker, Troi und Wesley noch auf der USS Titan? Wer befehligt die Enterprise? Ist Picard inzwischen Admiral? Was ist aus B4 geworden? Was hat die Voyager-Crew nach ihrer Rückkehr so angestellt? Was treibt Seven of Nine? Was wurde aus DS9, Bajor sowie Sisko, Odo und all den anderen? Diese Vielfalt hätte man en passant einfach mitnehmen können. Dabei wäre man nicht einmal darauf angewiesen gewesen, dass jeder Zuschauer jeden Verweis hätte verstehen müssen. Hätte man inhaltlich sauber gearbeitet, wäre ein selbsterklärendes und reichhaltiges Buffet für Fans aller Serien entstanden, das im Kern aber immer noch eine völlig neue Show über eine Crew inmitten einer neuen Zeit hätte sein können. Die eierlegende Wollmilchsau, die es eigentlich doch gar nicht gibt?
 
Doch so wird es nicht kommen. Hätte, hätte, Warpkernkette. Nur Bryan Fuller und seine Mitstreiter-Nachfolger wissen, warum sie diesen Weg nicht gegangen sind und vielleicht auch, ob der ihre nicht sogar der bessere ist. Hoffen wir es zumindest mal.

Sülters letzte Worte

Nur damit das klargestellt ist: Den Preis als größte Unke des Jahres möchte ich mit meinen Zweifeln und Befürchtungen definitiv nicht gewinnen – und ohne Frage kann aus der neuen Serie trotz aller Anlaufschwierigkeiten immer noch etwas Wunderbares werden. Aktuell jedoch wird die Fanszene von so vielen Fragen wie lange nicht mehr umgetrieben. Wohin sollte man inhaltlich gehen? Wie geht man mit dem berüchtigten Kanon um? Sind visuelle Updates gerade noch in Ordnung oder stellen sie per se ein Sakrileg dar? Und was zur Hölle erwartet uns da irgendwann in einer immer ferneren Zukunft denn nun wirklich?

Solange die Produzenten keine Antworten darauf geben, wird dieser Zustand anhalten. Und solange die Serie sich Monat um Monat aus unserem Sichtfeld schiebt, werden die Zweifel nur größer werden. Vielleicht ist es an der Zeit, mit ein paar Fotos vom Dreh und ersten klaren Handlungsinfos mit den Sorgen aufzuräumen und wieder so etwas wie Vorfreude zu entfachen. Die PR-Leute haben sich bislang ja nicht mit Ruhm bekleckert – vielleicht möchten sie sich nun rehabilitieren? Viele Fans hätten sicher nichts dagegen.

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und auch Robots & Dragons aktiv. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne Sülters IDIC begleiten und sobald die Serie startet auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations.

Björns Homepage und somit viele seiner Artikel und Trek-Rezensionen erreicht ihr unter www.sülterssendepause.de

Sülters IDIC - Star Trek: Discovery oder Die Suche nach dem verlorenen Potential von Star Trek

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Sülters IDIC: Star Trek: Discovery oder die Suche nach dem verlorenen Potential von Star Trek

Der Start von Star Trek: Discovery wirft seine Schatten voraus. Unser Kolumnist Björn Sülter widmet sich ab heute exklusiv bei Robots & Dragons dem neuen Flaggschiff des Franchise und beginnt mit der Frage, wofür die neue Serie überhaupt stehen kann, will und muss.

Eigentlich stünden wir bereits kurz vor der Premiere der ersehnten neuen Trek-Serie. Und eigentlich müssten wir bereits fast alles über die Crew der Discovery und die Prämisse der Serie wissen. Tja, eigentlich müsste unsere Euphorie längst den ultimativen Siedepunkt erreicht haben. Doch eigentlich ist das aus verschiedenen Gründen bei dem einen oder anderen Fan leider ganz und gar nicht der Fall.

Von Zweifeln, dem Abgesandten und einem gepflegten Trailerdesaster

Als die neue Serie angekündigt wurde, begegnete man dem Hauptverantwortlichen Alex Kurtzman zunächst mit Skepsis. Seine Beteiligung an den bei Teilen der Fans unbeliebten Reboot-Filmen und vielen blutleeren Serien- und Filmprojekten ließ wenig Gutes erahnen.
 
Doch seitens der Produktion war man clever genug, schnell mit weiteren Namen aufzuwarten, die die Stimmung in eine andere Richtung lenkten. Nicholas Meyer, der bei Star Trek II und Star Trek VI Regie führte und auch an den Storys und Drehbüchern für beide Filme und sogar Star Trek IV beteiligt war, sowie Roddenberry-Sohn Rod machten Hoffnung auf eine Wende. Als schließlich gar Bryan Fuller als Showrunner benannt wurde, kam fast so etwas wie Euphorie auf, hatte dieser doch mit seiner Arbeit an DS9 und Voyager sowie Serien wie Hannibal oder Pushing Daisies ein hohes Maß an Sensibilität in Sachen Charakterentwicklung und Storys bewiesen. Fuller war zudem selbst ein Fan und erklärte, hier seinen größten Traum erfüllt zu sehen. Wie einst Captain Sisko erschien er der darbenden Fangemeinde als von einer höheren Macht entsandt, das brachliegende Heiligtum in eine bessere Zukunft zu führen.
 
Da wirkte es fast wieder erdend, als der erste Teaser auf der Comic-Con in San Diego das Licht der Welt erblickte: Ein kantiges Raumschiff, das in leider schlechtem CGI ein Raumdock verließ. Dass dieser viel zu frühe Release von unfertigem Material ein Fehler war, dämmerte Fuller & Co spätestens bei der Häme, die über den eigentlich nur gutgemeinten Anheizer ausgeschüttet wurde. Nun sollte man diesem Fauxpas aber nicht zu viel Bedeutung beimessen. Die Serie wird angesichts des proklamierten Budgets sicherlich optisch deutlich mehr hermachen, als man hier vermuten durfte. Schwamm drüber.

Viel spannender muteten aber Äußerungen über Änderungen an bekannten Rahmenbedingungen des gefürchteten Trek-Canon an. Neue Spezies, überarbeitete Designs und angepasstes Make-up. Drohte hier vielleicht sogar ein kleines, verstecktes Reboot? Fuller hatte leider keine Zeit mehr, näher auf diese Fragen einzugehen. Ende Oktober platzte eine Bombe, die keiner wirklich als detonationsgefährdet angesehen hatte.

Der Captain geht zuerst von Bord

Man stelle sich vor, Captain Jean-Luc Picard hätte kurz vor einer großen Schlacht mit den Worten „Ich flieg zurück zur Erde, da gibt es auch tolle Jobs“ die Brücke verlassen und Wesley Crusher zum neuen Anführer seiner Crew bestimmt. Die Besatzung hätte sich vermutlich ähnlich überfahren gefühlt wie wir Fans, die wir ja auch irgendwie mit an Bord sind und nun zusehen müssen, wie der große Hoffnungsträger der nächsten Trek-Inkarnation die Schlüssel zur Zukunft der ganzen Reihe einfach mir nichts, dir nichts einem wenig renommierten Handlanger übergibt.
 
Ich gebe es gern zu: Der Rücktritt von Bryan Fuller als Showrunner war im ersten Moment ein Schock. Man hatte zunächst gedacht, er wäre vielleicht trotzdem weiter als Autor oder Produzent am Tagesgeschäft beteiligt – doch auch diese Resthoffnung scheiterte. Nein – Fuller hat zwar (gemeinsam mit anderen) das Fundament für die Serie und die erste Staffel gelegt und den Piloten geschrieben, mit dem fertigen Produkt wird er jedoch vorerst nichts mehr zu tun haben. Somit brach auch seine wichtige Position als Gegenpol zu Mainstream-Produzent Kurtzman weg. Der schnell an Bord geholte Akiva Goldsman darf in diesem Zusammenhang leider auch eher als Garant für Massenware gesehen werden. Die neueste Trek-Serie wird nun also von einem Team auf die Beine gestellt, das uns – ketzerisch und überspitzt – mit Klassikern wie Batman & Robin, Lost in Space, Transformers oder Cowboys & Aliens versorgt hat. Da darf man schon mal schlucken.
 
Macht mir diese Entwicklung also Angst? Ja und nein. Auf der einen Seite ist ein Ende mit Schrecken dem Schrecken ohne Ende immer vorzuziehen. Somit war Fullers Abgang letztlich alternativlos und richtig. Ein mulmiges Gefühl bleibt aber. Fuller hätte ich zugetraut, den zuletzt sanft entschlummerten Geist von Star Trek wiederzufinden. Den Übriggebliebenen um Kurtzman & Co traue ich maximal ein kompetentes Hochglanzprodukt zu. Genau an dieser Schnittstelle wäre ein Querdenker mit Sinn für Charaktere und Storyaufbau essenziell gewesen. Die Mischung Fuller/Kurtzman hätte sich auszahlen können – ob nun am Ende noch genug Fuller übrig bleibt, um dem Ganzen neben zu erwartenden Schauwerten eine Seele zu geben, bleibt offen. Doch ist diese ominöse Seele von Star Trek überhaupt erforderlich? Und worum handelt es sich da?

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Star Trek VI - Das unentdeckte Land : Die Crew auf der Brücke

Wofür will, darf und muss Star Trek heutzutage noch stehen?

Um diese Frage zumindest im Ansatz beantworten zu können, muss man weit in die Vergangenheit zurück springen. Und wie in den schönsten Zeitreiseepisoden streifen wir durch die Jahrzehnte auf der Suche nach dem Kern von Star Trek. In den Sechzigern reichte bei der Classic-Serie vereinfacht gesagt die mutige Entscheidung, eine kunterbunte Weltbürger-Crew aufzustellen, die gemeinsam in fremden Territorien Abenteuer erlebte. Weiße, eine farbige Frau, ein Asiat, ein Russe und sogar ein Außerirdischer waren dabei und lehrten die Bürger der Erde, dass wir alle gemeinsam für unsere übergeordneten Ziele und gegenseitiges Verständnis einstehen sollten. Dass auch ein Großteil der Geschichten sozialkritische Ansätze verfolgte, festigte den Ruhm der Serie. Hier zeigte ein zuerst als Trash abgestraftes TV-Format der intellektuell-offenen und frei denkenden Bevölkerung eine positive Vision der Zukunft der Menschheit.

Zwei Jahrzehnte später kam bei der Crew der Next Generation sogar noch ein Faktor hinzu: Fingerspitzengefühl. War Kirk eher der Haudrauf eines zünftigen Western gewesen, präsentierte man uns hier eine Führungsfigur, die in Zeiten des abschwellenden Kalten Krieges Vorbildfunktion besaß. Picard war der geborene Diplomat und suchte nicht nur in seiner erneut bunten Crew stets mit Ruhe und Empathie nach Kompromissen, sondern vermittelte auch ebenso gekonnt und unaufgeregt zwischen allen anderen Völkern des Universums. Star Trek war einen Schritt erwachsener geworden und letztlich mit dieser zweiten Serie so nah bei sich selbst angekommen, wie es weder vorher noch nachher jemals wieder zu beobachten war.
 
Star Trek: Deep Space Nine machte in einer bestimmten Beziehung dann eine Kehrtwendung. Die Zeiten wurden zynischer und dystopischer, der Zeitgeist verlangte nach Konflikten. Die dritte Trek-Serie auf diesen simplen Nenner herunter zu brechen wäre jedoch zu einfach. Zwar ist es richtig, dass man der klinischen Reinheit und der konfliktarmen Crew der Enterprise-D hier vereinfacht gesagt mit einem Haufen Rüpeln begegnete, damit warf man jedoch letztlich nur eine weitere Facette – und in Sachen Trek ein Alleinstellungsmerkmal – in den Mix.

Man gestand - realistischerweise - ein, dass Konflikte durchaus vorkommen können – auch innerhalb einer Crew. Zur Frage wurde es jedoch an dieser Stelle, wie man damit umzugehen bereit war. Auch Sisko und seine Truppe suchten immer zuerst friedliche und diplomatische Lösungen. Wenn man jedoch auf einem Pulverfass aus Politik, Religion und konkurrierenden Interessen sitzt und sich täglich mit den Auswirkungen der eigenen Entscheidungen an einem festen Standort auseinandersetzen muss, sind eben auch andere Kompetenzen gefordert. Mit dieser Problematik punktete die Serie über sieben Jahre derart konstant, dass sie qualitativ mit zum Besten wurde, was Trek im TV geleistet hat. Gemeinsam mit der Next Generation, die ich knapp hinter DS9 ansiedle, stehen sich hier zwei Facetten der Trek-Ideologie gegenüber, die so unvereinbar sie scheinen, sich nicht ausschließen und wunderbar herausgearbeitet wurden.
 
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man am Kern von Star Trek immer weiter gefeilt und ihn durch neue Ideen ergänzt. In den wilden Neunzigern kam jedoch auch noch ein anderer Faktor hinzu, der letztlich den Niedergang des Franchise im TV einläuten sollten: Die Gier nach mehr. Zugestanden, auch bei DS9 war diese Gier eine treibende Kraft gewesen, dort hatte man jedoch eine erzählerische Vision gehabt und letztlich dank der richtigen handelnden Personen konsequent verfolgt.

Mit Star Trek: Voyager, der Nachfolgeserie der Next Generation, wollte man nun aber ein wenig auf Nummer sicher gehen. Eine neue kunterbunte Crew in einem fernen Quadranten sollte wieder vermehrt abgeschlossene Abenteuer erleben - der Beginn der austauschbaren Bedrohung der Woche und von stereotypen und viel zu willkürlichen Reißbrettcharaktere begann: War eine Frau als Captain noch logisch und dem Zeitgeist angemessen gewesen, kam man bei einem Indianer, einem Asiaten, einem farbigen Vulkanier, einer Halb-Klingonin und einem Hologramm als Arzt dann schon fast ins Schmunzeln. Hier drängte sich der Eindruck auf, als sollte ohne Rücksicht auf die zu erzählende Story einfach jeder irgendwie zu seinem Recht kommen. Keine Frage: Die Serie hat viele starke Episoden hervorgebracht, war in letzter Konsequenz aber eben auch ein schaler Aufguss der Next Generation. Es fehlte die Richtung (absurd geradezu bei einer Serie über die Reise nach Hause gegenüber einer statischen Serie auf einer Raumstation, der es an Fokus nie mangelte), es fehlte der Schliff, die übergeordneten Ideen und am Ende die durchgehende Qualität des Autorenstabs in Sachen Charakterentwicklung und Kontinuität.

Man hätte meinen müssen, die Produzenten hätten das nach sieben Jahren im Delta-Quadranten verstanden. Doch dann kam Star Trek: Enterprise. Die bisher letzte Trek-Serie, die als erste nach der Classic-Serie vorzeitig beendet wurde, ließ schon mit dem ersten bekannt gewordenen Castingaufruf böses Erahnen. Ein abenteuerlustiger Captain, eine weibliche Vulkanierin als erster Offizier, ein Brite, eine Asiatin, ein Südstaaten-Charmebolzen, ein außerirdischer Doktor und ein farbiger Steuermann. Mehr Schema F war nicht denkbar gewesen. Nun heißt das nicht, dass aus diesem Setup keine großartige Serie hätte werden können: Nur leider zeigte sich, dass es auch hier im Ansatz an einer tiefergehenden Vision mangelte. Zwar verlegte man die Geschehnisse zurück in Erdnähe und näher an unsere Zeit, um mehr Bodenständigkeit zu generieren, ansonsten änderte sich jedoch kaum etwas. Man zitierte die alten Serien immer wieder dreist selbst, ließ die Handlung plätschern und erreichte einen derart hohen Anteil an Füllerfolgen, dass die Quoten rasant bröckelten und der Unmut der Fans stieg.

Dabei war alles so schön geplant gewesen: Archer sollte der neue Kirk werden, T'Pol die neue Spock. Hoshi und Mayweather tauschten mit Uhura und Sulu Geschlecht und Hautfarbe, und Trip war der neue Scotty – fröhlich und immer mit einem Spruch auf den Lippen. Zudem konzipierte man ihn als dritte starke Kraft und somit als eine Art McCoy für die Archer/T'Pol-Dynamik. Die leichte Sperrigkeit von McCoy bekam dann noch Reed ab und erhielt dazu noch Scottys britische Herkunft. Es könnte fast lustig sein, wäre es nicht so traurig gewesen. Auch in Sachen Storys und übergeordneter Handlung zeigte sich schnell: Hier sollte es schlicht genau so weitergehen wie die ganzen Jahre zuvor. Abenteuer, Aliens der Woche und spaßige Eskapaden ohne tiefere Wirkung und abseits anhaltender Konsequenzen. Unterhaltsam war das alles noch immer und auch einen gutgemeinten Trek-Kern kann man der Serie nicht absprechen. Nur leider grub niemand mehr tief genug, um das Gold zu heben, welches sich eventuell unter der Oberfläche versteckte. Die Produzenten und Autoren waren betriebsblind und genügsam geworden. In dieser Zeit hörte man oft etwas von Franchisemüdigkeit. Doch nicht die Fans waren zu satt geworden, sondern die Verantwortlichen.

Was über Star Trek: Discovery bisher an Informationen durchgesickert ist, reicht hingegen noch nicht für eine eingehende Analyse. Michelle Yeoh in der Rolle des Captains eines anderen Schiffes, Doug Jones als noch unbekanntes außerirdisches Crewmitglied Lt. Saru und Anthony Rapp als Lt. Stamets, seines Zeichens homosexueller Experte für Pilze – die Wahl der Darsteller ist erfreulich, inhaltlich lässt sich hier jedoch noch nicht viel ablesen. Auch die Frage, ob man es bei der Serie generell eher mit einer Blutauffrischung des Franchise zu tun bekommt, die bestehenden Canon ignoriert oder zumindest dehnt, oder ob man sich fest an Etabliertes halten will, ist noch nicht abschließend zu klären – dies wird aber in Kürze sicher Thema einer weiteren Kolumne sein. Was Fakten und Details angeht, werden die kommenden Wochen ganz sicher äußerst spannend. Viel wichtiger ist für den Moment aber ohnehin die übergeordnete Ausrichtung.

Und somit kommen wir dann doch endlich noch auf den Kern der zuvor gestellten Frage: Wofür soll Trek im Jahr 2017 stehen? Die Antwort ist rechtschaffen simpel: Für sich. In einer Zeit, in der die Konkurrenz schier unmenschlich groß geworden ist und man schlicht nicht mehr auf irgendeine neue austauschbare Trek-Serie angewiesen ist, muss diese sich und ihren Wurzeln mehr denn je treu bleiben. Relevante Geschichten erzählen, Charaktere präsentieren, die vor schweren Aufgaben stehen und an diesen wachsen oder scheitern können, Konsequenzen für die Protagonisten und für die Welt in der sie leben, einen Kontext zu den Problemen unserer Zeit herstellen ohne plakativ zu werden oder zu polemisieren, uns, der Menschheit einen Spiegel vorhalten und eine Vorstellung davon geben, was da draußen für uns noch liegen könnte, wo wir hingehen – und auch wo wir herkommen. Denn oft lehrt uns die Vergangenheit die Gegenwart und die Zukunft. Trek würde gut daran tun, ebenfalls wieder diesen Weg zu beschreiten.

Sülters letzte Worte

Es liegt mir fern, den zukünftigen POTUS zu zitieren, dennoch versteckt sich in meiner Erwartungshaltung für die neue Serie auch eine klare Aufforderung an das Produktionsteam: Macht Star Trek wieder zu dem, was es einmal war. Macht uns wieder stolz auf Star Trek und lasst unsere Augen wieder leuchten, angesichts starker und vielschichtiger Charaktere, fantasievoller Geschichten und Themen, über die es sich nachzudenken und zu diskutieren lohnt. Serien wie Black Mirror machen es vor: Es gibt so viel zu sagen. Da draußen ist noch so viel mehr.

Star Trek: Voyager und Star Trek: Enterprise sind exakt an dieser Problematik qualitativ gescheitert: Eine neue Trek-Serie zu machen, ohne eine erzählerische Vision in der Hinterhand zu haben. Sollten die Produzenten und Autoren aus diesem Fehler gelernt haben, besteht Hoffnung.

Somit muss man gar nicht zu pessimistisch denken: Star Trek: Discovery kann durchaus ein Erfolg werden. Auf der rein formalen Ebene besteht die größere Chance allerdings darin, ein solides und SF-affines Publikum zu finden, das die Serie über mehrere Jahre und durch eine Reihe von Abenteuern tragen kann. Der ganz große Quotendruck dürfte angesichts der Vermarktung auf CBS All Access und Netflix hier nicht zum Kernproblem werden. Die kleinere und für uns Fans letztlich aber relevantere Chance und Hoffnung besteht jedoch darin, auch den Zauber zurückzubringen, den das Franchise irgendwann in den Neunzigern nach und nach an die Beliebigkeit des Mainstreams verloren hat.

Dass man keine eierlegende Wollmilchsau erwarten darf, muss klar sein. Kein Trek kann und wird es jemals jedem Fan Recht machen. Aber Trek kann denen, die den Kern und die Seele dessen verstehen, was Gene Roddenberry da vor fünfzig Jahren ins Leben rief, auch heute noch Träume und Gedanken schenken, die nicht schon nach dem Abspann mangels Tiefgang verpuffen.

Gelingt dieser Spagat, werden zumindest meine Augen ab Mai 2017 ziemlich sicher leuchten.

Björn Sülter ist als freier Redakteur unter anderem bei Onlinepublikationen wie Quotenmeter, Serienjunkies und ab sofort auch Robots & Dragons aktiv. Der Autor und Musiker ist Fachmann in Sachen Star Trek. Seit 20 Jahren schreibt er über das langlebige Franchise.

Für Robots & Dragons wird er exklusiv die Entstehung der neuen Trek-Serie mit seiner Kolumne „Sülters IDIC“ begleiten und ab Mai auch für ausführliche Kritiken zu den Episoden sorgen. Der Name der Kolumne steht stellvertretend für das, was uns Trekkies auszeichnet: Einen offenen Geist zu behalten und die Vielfalt als etwas Wertvolles zu schätzen. Infinite Diversity in Infinite Combinations.

Björns Homepage und somit viele seiner Artikel und Trek-Rezensionen erreicht ihr unter www.sülterssendepause.de
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