Dr. Who "Königliches Blut"

Una McCormack

“Königliches Blut” ist nicht nur eine der ersten Romanarbeiten  der vor allem auch durch ihre „Star Trek“ Werke bekannt gewordenen Una McCormack im “Doctor Who” Universum, es ist auch der Auftaktband der „Glamour“ Trilogie, in welcher der zwölfte Doctor und Clara Oswald ein gefährliches, zumindest im vorliegenden Roman eher ambivalent geschriebenes Artefakt „The Glamour“  suchen.  Gary Russel in „Big Bang Generation“ und Trevor Baxendale mit „Deep Space“ haben die zwei anderen Bände dieser Trilogie verfasst.  Es ist aber nicht das erste Mal, dass der Doctor so genannter „Glamour“ Trilogie begegnet ist.

Es ist auch nicht das erste Mal, dass der Doctor den Legenden um den Heiligen Gral oder den Rittern der Tafelrunde begegnet ist. Fast überambitioniert versucht die Autorin die eher geradlinige Geschichte aus sehr unterschiedlichen, teilweise durch die Ich- Erzählerform auch subjektiven Perspektiven zu berichten. Es kommt aber noch ein anderes Problem hinzu. Una McCormack macht es sich deutlich zu einfach. Von Beginn an konfrontiert sie den Leser mit einer Vielzahl von Fakten, ohne den Hintergrund wirklich zu erklären. Eine Schlüsselbemerkung kommt vom Doctor. Angeblich ist der Heilige Gral selbst auf der Erde ein unbewiesener Mythos. Darum darf oder kann er nicht auf diesem Planeten existieren. Der Leser beginnt sich spätestens an dieser Stelle zu fragen, warum die Ausschlusskriterien auf der Erde ausgerechnet in diesem möglicherweise fremden Universum auch gelten sollen?  Vor allem negiert die Autorin ohne mit der Wimper zu zucken ihre selbst aufgebaute Prämisse und nimmt sich eine Reihe von Spannungselementen.

Der Stadtstaat Varuz bricht langsam zusammen. Der Herzog Aurelian ist sich dieser Tatsache bewusst. Feindliche Armeen unter dem Kommando von Duke Conrad stehen vor den Bergen, um über die schwierig zu durchquerenden Pässe einzudringen und Varuz auszulösen. Als ein Mann aus der Legende – wie so oft nicht der tatsächliche Segensbringer, sondern der Doctor – auftaucht, erhofft sich Aurelian eine Art übernatürliche Fürsprache für einen Kampf, in dem er im Grunde keine Chance hat. Durch den Doctor lernt der Leser zumindest eine Absonderlichkeit dieser Stadt kennen. Sie wirkt mittelalterlich. Es gibt klare Hierarchien mit einem Herzog an der Spitze.  Aber ihre Schwerter bestehen offensichtlich aus Lasern und die Hallen sind mit elektrischem Licht beleuchtet. Diese  Absonderlichkeit greift die Autorin am Ende des Romans noch einmal mit viel Potential auf. Dazwischen gibt es aber in dieser Hinsicht auch sehr viel Leerlauf. Anstatt von Beginn an den potentiellen Angriff Duke Conrads durchaus auch in einem ökologischen Licht darzustellen und das dekadente, aber auch zerfallende Reich als Krebsgeschwür deutlicher zu brandmarken, bleibt sie bis zum zumindest in der Theorie aktuellen, herausfordernden aber letztendlich zu wenig erläutertem Ende ambivalent.  Es ist vielleicht akzeptabel, dass die Verpackungszettel quasi als Warnung in der Vergangenheit in Vergessenheit geraten sind. Die Erde der Gegenwart zeigt ja ähnliche Tendenzen, aber dann hätte die Autorin es effektiver in die Handlung einbinden können statt es quasi als Botschaft am Ende mit dem Holzhammer nachzureichen.

Es ist aber nur eine Schwäche des ganzen Buches. Die Idee der Suche nach dem Heiligen Gral-  genau wie der Doctor nach dem Glamour schaut - wäre effektiver, wenn sie wirklich nachhaltig in den Roman eingebunden erschienen wäre. Der Verbindung zu den irdischen Legenden taucht aus dem Nichts heraus auf. Meistens denkt der Leser an mögliche virtuelle Spielwelten oder andere Manipulationen, aber hier entsteht die Suche aus dem Nichts heraus. Es gibt keinen echten Bezug zu Varuz und der Doctor ist genauso verblüfft wie der Leser, wenn dieser Handlungsarm wieder im Nichts verschwindet.

   Auch bei den wichtigen Protagonisten liegen einige Probleme dieses Buches begraben. Die Autorin kommt mit Clara deutlich besser zu Recht als mit dem Doctor. Von Beginn an etabliert sich Clara als aktive Mitwisserin, die vor allem mit der Frau des Herzogs – es handelt sich um eine politische Hochzeit – besser klar kommt als der Doctor mit allen anderen Figuren. Zusätzlich bewegen sich die Frauen nicht im Hintergrund, sie erkennen die Schwierigkeiten, in denen sich der Herzog sowie sein Königreich befinden, deutlich früher als die eitlen Ritter. Es bleibt allerdings bei einigen theoretischen Anspielungen, so dass am Ende sie keine nachhaltig aktive Rolle einnehmen können.

Noch eindimensionaler ist der zwölfte Doctor beschrieben. Peter Capaldi ist ohne Frage nicht jedermanns Sache, aber an keiner Stelle kommt die Autorin wirklich mit dieser Figur in emotionale Berührung. Es ist nicht unbedingt notwendig, den Doctor in den Mittelpunkt der Handlung zu stellen. Einige sehr gute Romane funktionieren ohne ihn und seinen Schraubenzieher sogar besser, weil die ohne Frage oft stereotypen Handlungsstrukturen durchbrochen werden können. Aber hier ist das Bemühen der Autorin erkennbar, den Doctor irgendwie und vor allem im schwachen, langweiligen Mittelteil irgendwo als Mittler zum Leser zu benutzen, der dank des energischen Off Erzählers und seiner kryptischen Hinweise an mehr als einer Stelle inzwischen deutlich voraus ist.  Es ist frustrierend, das sich wahrscheinlich die Ereignisse auch ohne den Doctor   entsprechend entwickelt hätten. Hinzu kommt, dass diese mittelalterliche Welt bis auf die angesprochenen technischen Abweichungen zu erdähnlich ist, als das nicht zumindest die Lehrerin Clara eine entsprechende Bemerkung hätte fallen könne.

Auffällig ist vor allem auch, das der für die meisten Bücher und die Fernsehserie so charakteristische Humor in „Royal Blood“ bis auf einige eher flapsige Bemerkungen gänzlich fehlt. Dabei ist ausreichend Potential vorhanden. Alleine die Idee der verkleinerten Runde der Tafelritter um Lancelot hätte inklusiv einiger Querverweise auf die „Robin of Sheerwood“ Legnde in Form der populären britischen Fernsehserie ausgereicht, um einige Seiten lebendig erscheinen zu lassen.  Zumindest fehlt positiv der Hinweis auf eine außerirdische Invasion jeglicher Art, die nicht selten über die Bewohner des Planeten/ der Raumstation/ dem Brocken im All oder der Erde das ganze Universum bedroht.

Auch wenn sich die Übersetzerin Susanne Döpcke alle Mühe gegeben hat, wirkt der Roman in entscheidenden Phasen leblos, distanziert und aufgrund der eher rudimentär entworfenen, so viel Potential ignorierenden „Welt“ auch eher wie ein Torso als  eine ausgereifte spannende Geschichte.    

  • Broschiert: 250 Seiten
  • Verlag: Cross Cult (23. Mai 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3864258693
  • ISBN-13: 978-3864258695