Die Maschine

Andrew Bannister

 Andrew Bannisters “Die Maschine” ist der Auftakt einer Trilogie anscheinend vor allem über den Hintergrund miteinander verbundener Science Fiction Romane, in dessen Verlauf der Leser nicht nur an einer Stelle an einige Züge von Iain Banks „Culture“, aber auch seinen Meanstream Romanen im Gegensatz zum Worldbuilding von Peter Hamilton oder Alistair Reynolds erinnert wird. Wie bei Banks greift Bannister immer wieder und sehr kontinuierlich zu sadistischen Szenen zurück, die nicht um ihrer Selbstwillen, aber teilweise spürbar um vor allem den Leser immer wieder zu provozieren stellenweise mechanisiert in den Handlungsbogen eingebunden worden sind. Es ist aber nicht die einzige Idee, die Bannister von Banks inspiriert übernommen und erweitert hat. Auch die Spin Intelligenz – körperlos aber stimmgewaltig – wirkt wie die Vertreter der Überzivilisationen, die in einigen von Banks „Culture“ Geschichten zu den eher unterwickelten Völkern ausgeschickt worden sind, um diese auf Linie zu trimmen. Aber hier hören auch die Unterschiede bislang auf und Andrew Bannister scheint sich eher in Richtung eines Cyberpunks auf den letzten Seiten entwickeln zu wollen.

Es ist ohne Frage ein sehr ambitioniertes Debüt, das strukturell aber auch unter einem fehlenden Lektor ein wenig leidet. Das Tempo variiert zu wenig und die einzelnen Sprünge zwischen den Handlungsebenen erscheinen stellenweise weniger natürlich als aus der Situation heraus initiiert, um von den kleinen Sackgassen abzulenken, in welche sich der Autor geschrieben hat. An anderen Stellen erscheint diese futuristische Welt vor allem auf der Dialogebene zu irdisch, zu wenig weiterentwickelt. Für viele Autoren ist es leichter, den fundamentalen Hintergrund weiterzuentwickeln als das zu profane Verhalten im Grunde nichtmenschlicher Wesen – so weit haben sich auch Abkömmlinge der Menschen in Bannister Zukunftsvision von ihren Wurzeln entfernt – auch fremdartig zu beschreiben. Immer wieder wird der Leser teilweise rüde auf den ersten Seiten trotz des bizarren Hintergrunds des besonderen Gefängnisses, der wenig spektakulären, aber sehr effektiven Befreiungsaktion und schließlich der irgendwie stattfindenden Flucht aus der Handlung gerissen.

Auf der anderen sehr positiven Seite hat sich Bannister sehr geschickt und vom Klappentext nicht eingeengt ein klassisches Garn vorgenommen, das deutlich positiver auch im Space Operas wie „Star Wars“ so gut funktioniert hat.  Es ist die Geschichte einer bislang erfolglosen Rebellion, die Suche nach jeglicher Art von Erlösung sowie die Entdeckung eines fremdartigen, vielleicht sogar künstlich geschaffenen Ökosystems. Als Bezugsperson etabliert der Roman gleich zu Beginn mit Fleare eine ehemalige Soldatin eben dieser Rebellin, die ihre Herkunft ignorierend zum Gesicht der Revolution geworden ist und jetzt quasi auf Ewigkeit in ein bizarres Exil verbannt worden ist.

Auf der anderen Seite steht Bannisters Version des Imperiums. Alameche ist die rechte Hand des brutalen wie hinterhältigen Patriarchen einer Gruppe von Planeten, die als die Volksrepublik Taussich firmieren. Interessant ist, dass sich Bannister wie viele Autoren und Leser eher zur schurkischen Seite jeglicher Macht hingezogen werden. Es ist nicht selten, dass die Antagonisten deutlich brutaler, aber auch charismatischer und mit entsprechendem zynischem Humor charakterisiert werden. Dazu kommen sein Größenwahn und einige interessante, gut aus der Vergangenheit des Mittelalters extrapolierte Foltermethoden, um seine Szenen aus dem Roman herausstechen zu lassen.

Damit soll nicht gesagt werden, dass die Rebellen irgendwie farblos erscheinen. Während Fleare eher opportunistisch gezeichnet worden ist, erscheint ihre Verbindung zur Nanon Spin Intelligenz namens Muz der Höhepunkt ihrer Szenen zu sein. Ambitioniert, aber ambivalent anscheinend auch viele Fakten für die nächsten Romane zurückhaltend. Auf dieser Handlungsebene nutzt Bannister vielleicht ein wenig zu stark die Idee von Rückblenden, welche den Leser auf den neusten Stand der Revolution, aber auch dieser Zukunftswelt bringen sollen. Das hemmt an einigen Stellen deutlich den Lesefluss, während der Schurke freier „agieren“ kann. Seine Hintergründe werden quasi im Vorbeifliegen von den potentiellen Helden mit aufgehellt.  

Bannister braucht natürlich für eine derartige komplexe Welt relativ viel Platz – angesichts der Länge des Romans und weniger auf die ganze mögliche Trilogie bezogen - , so dass die grundlegende Handlung sich erst spät entwickelt. Die sowohl im Originaltitel als „The Creation Machine“ genannte sowie auch der einfacheren deutschen Version einfach als „Die Maschine“ bezeichnete Zauberkiste erscheint eher wie eine Art MacGuffin, um die einzelnen Protagonisten in Marsch zu setzen. Bei ihrer Herkunft bleibt der Autor erstaunlich vage. Anscheinend hat die Maschine möglicherweise den ganzen Spin erschaffen. Im Umkehrschluss bedeutet es auch, dass diese Maschine den Spin wieder zerstören könnte. Eine unbewiesene These, deren Potential aber eine gewaltige Suche nach ihr auslöst.  Mit dem Spin hat Bannister aber eine der interessantesten Kreationen der letzten Jahre erschaffen. Es könnte tatsächlich eine künstliche erschaffene Galaxis sein, wobei weniger die Maschine als deren Erbauer sehr viel Sinn für Humor gehabt haben. Die Beschreibungen ermöglichen es allerdings Bannister auch, mit vielen wissenschaftlichen und physikalischen Thesen zu brechen und eigene Ideen auf einer dem Leser aber zumindest nachvollziehbaren Ebene einzuführen. Dabei wirkt der Highway zwischen den Sternen – nicht gerade gezogen, sondern einzelne Sterne um kurvend oder auf die exzentrischen Orbits der Planeten Rücksicht nehmen – eher wie eine Douglas Adams Idee, die nach der Zerstörung der Erde im ersten Band von „Per Anhalter durch die Galaxis“ in einem brutaleren Paralleluniversum umgesetzt worden ist. Oder die Katastrophenstraße, bestehend aus der Trümmern zweier Welten, die wahrscheinlich den Spin aus dem Tritt bringend „zusammen gestoßen“ sind und inzwischen durch die Schwerkraftfelder eine eindrucksvolle Trümmerlandschaft hinterlassen haben. Je tiefer die Protagonisten in diese Schöpfung eindringen, desto realistischer wird die Idee einer Art Gottesmaschine, auch wenn ihre Schöpfer wie es sich gehört, seit vielen Millionen von Jahren „verschwunden“ zu sein scheinen.  Bannister versucht gegen Ende seines Romans vielleicht zu viel. Er führt als Hommage an den Cyberpunk eine weitere  Wendung ein, die aber in den nächsten beiden Romanen deutlich besser entwickelt werden muss. So wirkt sie ein klein bisschen wie ein Fremdkörper, der nur eingesetzt worden ist, um die Leser an sich zu binden. Rudi und seine „Welt“ erscheinen ein wenig zu bizarr, aber zumindest versucht Bannister, sie in das Universum zu integrieren.  

Auch wenn der Eindruck erweckt wird, als bestünde „Die Maschine“ vor allem aus Kopien und Würdigungen verschiedener bekannter Science Fiction Arbeiten oder Fernsehserien wie „Star Trek“, in denen es zumindest eine gigantische Doomsday Machine gegeben hat, ist der Roman trotz im Rahmen der Trilogie ein relativ eigenständiges Werk, das stilistisch noch entwicklungsfähig versucht, aus den vorhandenen Versatzstücken etwas Eigenständiges zu schaffen und neue Wege zu gehen. Trotz der Schwäche im Aufbau ein sehr ambitionierter Debütroman, der dank des innovativen Hintergrunds dieses Universums vor allem die Phantasie der Leser anregt und damit die strukturellen Defizite in den Schatten treten lässt. 

 

  • Broschiert: 416 Seiten
  • Verlag: Piper (4. Oktober 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3492704093
  • ISBN-13: 978-3492704090
  • Originaltitel: Creation Machine