Die Computer Cops

Edward D. Hoch

Der 1971 veröffentlichte Science Fiction Krimi "Die Computer Cops" ist der erste von zwei Romanen um eine spezialisierte Agenteinheit, die Edward D. Hoch verfasst hat. Zehn Jahr später führte er viele vor allem politisch hintergründige Ideen in dem nicht mehr übersetzten Roman "The Fellowship of the HAND" fort. Handlungstechnisch liegt zwischen diesen beiden Büchern nur ein Jahr und die ermittelnden Beamten greifen immer wieder auf ihre Erfahrungen aus dem hier beschriebenen Fall zurück, wobei das Spektrum deutlicher breiter und das hintergründige Thema politisch brisanter ist. Aus dieser Perspektive wirkt der im Original "The Transvection Machine" betitelte von BASTEI veröffentlichte Roman "Die Computer Cops" wie eine Fingerübung. Aber viele Markenzeichen des vor allem durch seine mehr als eintausend Kurzgeschichten bei nur fünf Romanen bekannten Edward D. Hochs sind auch in diesem Roman erkennbar. Auch wenn es vordergründig in erster Linie um einen perfiden wie scheinbar perfekten Mord geht, legt der Autor mit den ersten politischen Ideen einer Organisation, welche die Macht der Computer brechen will, interessante Grundlagen für eine Rückentwicklung der Gesellschaft, geschrieben in einer Zeit, als diese Entwicklungen noch ganz am Anfang standen.

 Die Handlung spaltet sich auf zwei Sektoren auf. Da wäre zum einen die Kriminalhandlung. Vander Defoe ist durch die Erfindung der „Transvection Machine“ nicht nur reich,  sondern auch zu einem Sonderminister ernannt worden. Seine Frau – sie leben getrennt – hat eine Affäre mit seinem Geschäftspartner, der ihm die Erfindung eher widerwillig überlassen hat. Sie denken über die Ermordung Defoes nach, um an sein Geld zu kommen.

 Auf der Venus flieht der Anarchist Frost aus seinem Gefängnis zur Erde. Der Präsident hat Angst, dass er unauffällig mit der experimentellen „Transvection Machine“ wieder zur Erde gekommen ist.  Frost gehört der Organisation „HAND“ an, welche vor allem gegen die Übertechnisierung auf der Erde kämpft und vor Terroraktionen nicht zurück schreckt. Anscheinend bereitet Forst zusammen mit seinem Mentor weitere Aktionen vor.

 Verbindendes Element ist die „Transvection Machine“. Deutsche Leser werden sie al seine klassische Abart des aus der Perry Rhodan Serie bekannten Transmitters erkennen. Einige Tests mit einem Affen und einem jungen Mädchen sind durchgeführt worden, jetzt soll Defoe sie zur Serienreife bringen. Als er an einer Blinddarmentzündung erkrankt, wird er in einem Krankenhaus von einem speziell mit den Erfahrungen bekannter Chirurgen programmierten Roboter operiert. Nur eine Krankenschwester ist zugegen. Kaum hat die Operation angefangen, verblutet Defoe. Da eine Maschine/ ein Computer ein „Verbrechen“ begangen haben könnte, wird die seit vielen Jahren bestehende Einheit der „Computer Cops“ in Person von Carl Crader und seinem jüngeren Helfer Earl Jazine eingeschaltet.

 Edward D. Hoch ist wie eingangs erwähnt vor allem ein Kurzgeschichtenautor, der allerdings in seinen vier eigenständig entwickelten Romanen – einen fünften Band verfasste er unter dem Serienpseudonym „Ellery Queen“, weil die beiden Stammautoren krank bzw. verhindert gewesen sind – immer auf die gleiche, anfänglich gewöhnungsbedürftige Struktur zurückgreift. Alleine seine Bücher werden aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, die jeweils „handelnde“ Person in der Überschrift des Kapitels genannt.  Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die ermittelnden Beamten handelt, den potentiellen Terroristen und das verschwörerische Liebespaar. Nur in einem Punkt kann sich der Leser sich sein. Die Identität des meistens mehrfachen Mörders wird bis zur finalen Auseinandersetzung, in welcher in konsequenter wie klassisch klischeehafter Manier er in einer direkten Konfrontation enttarnt wird, bewahrt. Selbst in seinem stringenten Krimi „Schuss aus dem Mikrophon“ verfolgt der Leser zwar die Handlungen des Mörders, er kennt aber seine wahre Identität nicht. Und so „taucht“ diese Person indirekt zweimal im Roman auf, ohne dass sich ein Widerspruch ergibt.  Im vorliegenden Krimi ist es ähnlich. Der Täter ist bis zum Ende des Buches im Grunde unbekannt und stammt nicht aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen. Sein Motiv ist grundsätzlich rückblickend klar erkennbar und zieht sich vor den Augen der Leser und doch im Verborgenen durch den ganzen Roman.

Die Computer Cops befragen nicht nur die üblichen Verdächtigen, wobei Edward D. Hoch beispielhaft an der nymphomanen getrennt lebenden Ehefrau Defoes wie auch im Folgeband mit dem Milliardär, der sich eine sehr junge gerade ausgebildete Frau kauft, die laschen Moralvorstellungen der fernen Zukunft ein wenig erotischer, skandalträchtiger und anregender darzustellen.  Es gibt zwei Exkurse in den Bereich der Erpressung, der antiquiert erscheint.  Es ist wie in „Schuss aus dem Mikrophon“ und „Frankensteins Fabrik“ der zweite Mord, der schließlich den Fokus ablenkt. Auch hier liefert Edward D. Hoch wie in seinen anderen längeren Arbeiten eher Alibis für die lange Zeit Verdächtigten, ohne das die Computer Cops wie ihre gegenwärtigen Pendants agierend einen einzigen Schritt weiterkommen.

Die zweite Handlungsebene um Forst erscheint interessanter. Lange Zeit sind nicht nur die Leser, sondern vor allem auch die Politiker der Meinung, dass Frost mittels dieses Transmitters zur Erde gekommen ist. Dank eines kurzen Rückblicks wird seine anarchistische Haltung erläutert.  Er plant ein Attentat auf den ihm gefährlich werdenden Cader, das sich gegen Ende des Plots in einem anderen erfolgreichen Mordanschlag wiederfindet. Ob diese Doppelung Zufall oder Absicht ist, kann nicht gesagt werden, sie wirkt nur irritierend. Cader wird entführt und landet schließlich indirekt auf einer abgeschiedenen Insel, wo sich ein einflussreicher Politiker als Mitglied von „Hand“ herausstellt. Auch wenn Edward D. Hoch immer wieder deren Positionen herausarbeitet und man ihnen sogar angesichts der Übertechnisierung in einigen relevanten Punkten zustimmen kann, fehlt die Balance. Die Auseinandersetzung mit „Hand“ gipfelt schließlich in einem Anschlag auf einen Computerkomplex, in dem im Grunde alle relevanten medizinischen Daten gespeichert worden sind, so dass „Hand“ mit ihrem Angriff die gesamte Bevölkerung bedrohen könnte. Die Auflösung dieser Handlungsebene wirkt ein wenig zu profan und einige Argumente Hochs sind nicht schlüssig genug, um überzeugen zu können. Auch die Wurzeln der Täter erscheinen stellenweise arg konstruiert als aus sich heraus entwickelt.

 Viel interessanter ist wieder den Bogen zurückschlagend der Plot mit der „Transvection Machine“, dessen Grundlagen vielleicht durch die naive Leichtgläubigkeit einer technokratischen Gesellschaft zu schnell akzeptiert werden. Der Hinweis auf das eigentliche Geheimnis der Maschine erfolgt m Vorrübergehen. Hoch extrapoliert einige bizarre Betrugsversuche der Gegenwart in dieser sterilen Zukunft und kommt dank seiner Routine damit auch durch. Es sind diese Rückgriffe auf die Gegenwart, diese kleinen Tricks der vermeintlich großen Gangster, welche vor allem „Die Computer Cops“ so lesenswert machen. Wer jetzt glaubt, dass Hoch einfach Ideen aus vor allem „Star Trek“ und indirekt auch dem Transmitter aus Perry Rhodan entlehnt und extrapoliert, irrt sich am Ende dieses unterhaltsamen Stoffes gewaltig, der vielleicht im direkten Vergleich mit der Fortsetzung ein wenig zu beschreibend ohne entsprechende Dialoge ist und deswegen auch distanziert sowie starr erscheint, aber auf einem angenehmen Niveau kurzweilig noch gut unterhält.       

 

Verlag: Bergisch Gladbach : Bastei-Verlag Lübbe, (1974)
ISBN 10: 3404049160 ISBN 13: 9783404049165
165 Seiten, Taschenbuch