Mission im Pleistozän

Horst Hoffmann

Horst Hoffmann präsentiert mit „Mission im Pleistozän“ einen auch heute noch unterhaltsamen Zeitreisethriller, der wahrscheinlich mit mehr seitentechnischem Raum als bei einem Heftroman sogar zu einem sehr guten Roman hätte werden können.

Alleine auf den ersten drei Seiten wird die Ausgangsprämisse dem Leser und den Protagonisten förmlich um die Ohren geschlagen. Unter der Erdkruste liegt anscheinend seit Jahrhunderttausenden radioaktiver Müll, der durch Erdbeben und die Bewegung der Erdplatten plötzlich nach Oben drückt. Westeuropa inklusive Italien und Spanien sind zu unbewohnbaren Wüsten geworden, Millionen von Menschen sind auf der Flucht. Die Menschen schicken mit der gerade entwickelten Zeitmaschine ein Team von sechs Spezialisten in die tiefste Vergangenheit. Sie sollen die Verursacher dieses Umweltskandals ausschalten.

Ohne sich mit Einleitungen oder Exkursen aufzuhalten charakterisiert Hoffmann seine handelnden Protagonisten quasi während der Mission, wobei der politisch technische Leiter ein paranoider körperlicher kleiner Mann mit einem Kontrollfetisch ist. Die Mission ist nicht ausreichend genug vorbereitet worden, die Erfolgschancen sind im Grunde null. Vielleicht geht Horst Hoffmann zu wenig auf die aus dem Nichts kommenden Voraussetzungen der Zeitreise ein und überfrachtet den Leser zu Lasten der Handlung mit zu vielen Informationen. In der Vergangenheit entwickelt sich dann wie später auch von Wolfgang Jeschke in „Der neunte Tag der Schöpfung“ übernommenen Ideen ein fast bekanntes Szenario. Neben den Gefahren des Pleistozän – symbolisiert an großen Säbelzahntigern – erkranken die Mitglieder des Teams an einer in der Gegenwart unbekannten Krankheit. Innerhalb weniger Stunden bzw. Tage ist die Hälfte des sowieso schon kleinen Teams tot. Die restlichen Mitglieder begegnen dem Lesenskollektiv, einer körperlosen Spezies, welche die Kontrolle über die Menschen übernehmen möchte.

Mit dieser Begegnung zerfasert der Roman ein wenig. Diese Übernahme erinnert zu sehr an zu viele auch „Star Trek“ Geschichten, in denen Überintelligenzen erkannt haben, dass eine körperlose Existenz zu viele Nachteile hat. Diese Begegnung inklusiv der kursiv gedruckten, ein wenig zu abgehoben geschriebenen anderen Position nehmen insbesondere im direkten Vergleich zum Anfang und leider auch dem überstürzten Ende des Romans einen zu breiten Raum ein. Erst auf den letzten Seite stellt Horst Hoffmann fast pathetisch nihilistisch das Geschehen auf den Kopf, zeigt die wahren Absichten der Müllverursacher und stellt dadurch auch grundsätzlich diese ganze Zeitlinie gipfelnd in dem ironischen Epilog in Frage. Die Ereignisse überschlagen sich fast zu Beginn. Horst Hoffmann ist dadurch gezwungen, auf den Mittelteil dominierende Actionszenen zu verzichten und statt dessen viele interessante und ausbaufähige Fakten zu komprimieren, um den Umfang des Heftromans nicht zu sprengen. Natürlich bleiben viele Fragen offen, aber der Autor macht nicht den Fehler, aus dem Nichts heraus ein unmögliches Happy End zu konzentrieren und im Gegensatz zu den aufgrund der Einbahnstraßenzeitreise in der Vergangenheit gefangenen Freiwilligen kann der Leser ein mögliches Ende verfolgen, das ein wenig selbstironisch konzipiert worden ist.

 Auch wenn die Mission nur mittelbare ihre Ziele erreicht und vor allem der Zufall eines durch Außerirdische fast „überrannten“ Erde ein wenig zu stark konstruiert erscheint, unterhält der Roman vor allem durch die auch schon in den siebziger und frühen achtziger Jahren auf der Erde aktuelle Idee der Generationenverantwortung hinsichtlich des Atommülls. Horst Hoffmann präsentiert keine Antworten, sonder zeigt mahnend die brutalen Folgen auf. Die Actionszenen im Pleistozän sind solide geschrieben und der Autor scheut sich auch nicht, sympathische Charaktere sterben zu lassen. Das Lebenskollektiv wirkt allerdings wie ein schwierig zu entwickelnder Kompromiss, die Geschichte nicht nur auf einer wirklich düsteren Note enden zu lassen. Zusammengefasst ein solider „Terra Astra“ Roman, der unterstreicht, das der fleißige, aber hinsichtlich seines Werks oft zu schnell in Vergessenheit geratene Horst Hoffmann auch als Einzelautor seinen schriftstellerischen Mann gestanden hat.   

Pabel Verlag

Terra Astra 334, 64 Seiten

Januar 1978 erschienen