Homo Sapiens 404 Band 19 "Verdammter Verräter"

Claudia Kern

Mit „Verdammter Verräter“ beginnt die vier und letzte Staffel der „Homo Sapiens 404“ Serie. Der Übergang zum 18. Abenteuer ist dabei nicht unbedingt nahtlos. „Verdammter Verräter“ ist nicht der einzige Roman dieser Staffel, in dem die ohne Frage solide beschriebenen Zeitsprünge sowohl wie im vorliegenden Buch vier Wochen in die Zukunft oder in den folgenden Abenteuern teilweise zwei Jahre in die Vergangenheit den zugrundeliegenden Handlungsbogen unterminieren und kontinuierlich gegen die Spannung an arbeiten, die Claudia Kern aufzubauen sucht. In den ersten Romanen der Serie haben diese Brüche in der chronologischen Erzählstruktur sehr viel dazu beigetragen, um ohne großen zusätzlichen Aufwand dem Leser die einzelnen Protagonisten näher zu bringen. Alle hatten ihre individuellen fünf Minuten des Ruhm, wobei es nicht für jeden zumindest zum Status des tragischen Helden gereicht hat. In den letzten Bänden wirkten diese Zeitsprünge ein wenig bemühter und präsentierten zu wenige Hintergrundinformationen. In „Verdammter Verräter“ hatte ein Teil des Plots ohne Probleme in den inhaltlich schon gedehnt erschienenen Vorgängerroman transferiert werden können und der vorliegende Plot dadurch deutlich stringenter erzählt werden müssen.

 Rin und Arnest konnten sich ja dank Lanzos Warnung retten. Die Leser sind nicht zum ersten und wahrscheinlich auch letzten Mal in der Serie davon ausgegangen, dass Lanzos heroische Tat ihn sein Leben gekostet hat. Er ist zusammen mit seinem Jockey Jho´tol an Bord eines Shuttles auf die Erde gestürzt. Vier Wochen später suchen und finden schließlich Rin und Arnest ihn. Claudia Kern beschreibt die Suche ohne Frage spannend. Ihre Ideen wie der Aufenthaltsort eines Warnungszombies sind bizarr und unterhaltsam zu gleich. Allerdings zweifelt der Leser nach den ersten Seiten der Suche nicht daran, dass Rin und Arnest Lanzo finden werden. Auch wenn das Auffinden nur bedeutet, dass er sich in neue Schwierigkeiten gebracht hat.

 Auf der zweiten Handlungsebene – sie wirkt deutlich unterpräsentiert und scheint eher pragmatisch auf die abschließende Lösung hinzudeuten – arbeitet Ama´Ru weiterhin an einem Gegenmittel gegen die Zombieseuche. Diesen Handlungsarm beschreibt Claudia Kern fast zu bieder. Hier hätte man sich neben einigen deutlich dreidimensionaleren Charakteren vielleicht auch über die gut geschriebenen Dialoge hinaus Anspielungen auf das „Mad Scientist“ Genre gewünscht. Ansätze gibt es genug.

 Im dritten Handlungsbogen ist Kipling weiterhin für Brown in der Zentrale der „Better Life Solution“ tätig. Auch dieser Spannungsbogen erscheint ein wenig in Richtung Füllmaterial zu deuten, da es auf der zweiten und dritten Handlungsebene im Grunde nicht vorangeht. Die Autorin streut einige wenige Informationen ein, aber grundsätzlich agieren ihre Figuren im Kreisverkehr. Hinzu kommt ein weiterer Rückblick dieses Mal sogar bis zum eigentlichen Omega Ereignis. Wahrscheinlich ist diese Sequenz als Actioneinlage gedacht gewesen und Claudia Kern beweist, dass sie die zahllosen Zombievorbilder sehr gut neu interpretieren und originell erweitern kann. Nur wirkt dieser Rückblick in der schon unglücklichen Struktur des ganzen Romans rückblickend bemüht. Im Verlaufe der inzwischen neunzehn Ebooks bzw. im vierten Sammelband hätte es andere Momente gegeben, in denen diese gut geschriebene, aber isoliert erscheinende Szene effektiver gepasst hätte.  

Das Hauptaugenmerk liegt positiv wie negativ auf der Suche nach Lanzo.  Claudia Kern hat immer wieder im Verlaufe der „Homo Sapiens 404“ Serie bewiesen, dass sie ihr Actionepos auf der einen Seite eigenständig sieht, es aber positiv gesprochen auf der anderen Seite den Vorlagen der zahlreichen Genres von „Alien“ bis „Zombies“ auch anpasst. Nicht selten spielt die Autorin mit der Erwartung der Leser und liefert absichtlich einige Klischees als Hommage, um dann auf den nächsten Seiten des Plotbogen wieder auf den Kopf zu stellen. Während der Suche nach Lanzo nimmt sie sich viel Zeit, Arnest über die verschiedenen Bände philosophieren zu lassen. Bei diesen gut geschriebenen Monologen fehlen im Grunde nur noch der Durchbruch der vierten Wand und eine direkte Ansprache zum Leser. Arnest ist sich als Alter Ego der Autorin bewusst, dass diese Rettungen in buchstäblich letzter Sekunde auch unglaubwürdig erscheinen könnten und mit der „realen“ Welt nichts zu tun haben. Aber der Plot muss vorangehen und in dieser Hinsicht kommt es auf „wahre Helden“ an. Hinzu kommt, dass die Autorin in diesem Spannungsbogen eine bedrohliche Stimmung erzeugt, die schließlich in dem obligatorischen Cliffhanger endet. Der Leser erkennt, dass Lanzo in den vier Wochen sehr opportunistisch agiert hat und dabei wieder einigen Menschen ordentlich auf die Füße getreten ist. Jetzt soll die Rechnung präsentiert werden. Mit dieser nicht unbedingt überraschenden, aber solide beschriebenen Wendung endet der erste Band der finalen Staffel zufriedenstellend, auch wenn inhaltlich nicht viel Neues geboten wird und sich grundsätzlich der Plot schon seit der Landung auf der Erde deutlich schwerfälliger als zu Beginn der Serie  mit seinen sich überschlagenden inhaltlichen Wendungen bewegt.      

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 515 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 71 Seiten
  • Verlag: Rohde Verlag (19. Januar 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00SBRUM52