Black Magic Band 1

Black Magic, Titelbild, Rezension
Greg Rucka

Greg Rucka hat mit „Black Magick“ im Grunde eine uralte Formel originell und nach den ersten in diesem Hardcover zusammengefassten Heften auch intensiv zu neuem Leben erweckt. Da es um das Übernatürliche geht, wirkt diese Aussage wie eine Floskel. Aber vor allem in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren ist das bekannte Polizeigenre mit seinen Buddys immer wieder als roter Faden herangezogen worden, um übernatürliche Geschichten zu erzählen. Dabei ging die kriminaltechnische Handlung relativ stringent in den Bereich des Übernatürlichen über und mindestens einer der beiden Polizisten konnte damit im Gegensatz zu seinem Partner aufgrund bislang versteckter Fähigkeiten auch entsprechend gut umgehen.

 Zusammen mit seiner überdurchschnittlich guten Zeichnerin Nicola Scott und der überwiegend schwarzweiß Töne mit Sepiaansätzen bevorzugenden Colouristin Chiara Arena hat Greg Rucka sich dieser Idee, dieser Prämisse angenommen und ist mit einem sehr hohen Tempo – es vergehen nicht einmal zwei Tage zwischen den ersten Bildern und dem Abschluss im fünften hier zusammengefassten Heft – einfach losgeprescht. Dabei legt Rucka auch auf dreidimensionale, zugängliche Figuren wert.

Klar von Beginn an wird deutlich gemacht, dass in dieser Noir Welt Magie eine wichtige Rolle spielt. Es gibt anscheinend andere Dimensionen und Zwischenwelten. Nicht nur die Polizistin und Protagonistin Rowan Black ist eine Hexe, auch ihre beste Freundin. In den breiten Öffentlichkeit finden sich im Gegensatz zu vielen Fantasy Geschichten eher der Idee der Urban Fantasy folgend keine offensichtlichen Spuren. Magie gilt als Aberglaube, der im Geheimen praktiziert wird. Allerdings deuten einige Anmerkungen ihrer Kollegen darauf hin, dass viel mehr Rowan Blacks Geheimnis erahnen können als es ihr vielleicht recht ist. In diesen Punkten muss Greg Rucka in den nächsten Heften noch an seiner Welt arbeiten. Momentan reicht das dunkle bedrohliche Gefühl der Großstadt; das allgegenwärtige Verbrechen und eine coole Polizistin mit einer übergroß erscheinenden Marke und ihrem Motorrad. Natürlich werden mit diesen sexistisch wirkenden Graphiken auch einige Klischees bedient, aber Nicola Scott gibt ihrer Rowan Black ein so verwundbares Aussehen, dass der Leser nicht an ein Pin Up Girl denkt, sondern an eine nicht nur in diesem Augenblick vom Leben gezeichnete junge Frau. 

  Ein Auftrag holt Rowan Black aus  einem Hexenzirkeln. Ein Mann hat Geiseln genommen. Er will mit Rowan Black alleine sprechen. Sie lässt sich im Austausch darauf ein. Der Mann droht, sie zu verbrennen. Er steht unter einem unheilvollen Einfluss und Hexen können nur „getötet“ werden, wenn sie lebendig verbrannt werden. Fast stoisch arbeitet Rucka die Legenden des Hexenkults minutiös in dieser überaus realistische Welt ein. Nicht nur Rowan Black glaubt ihm, der Leser beginnt diese Fakten erstaunlich schnell zu akzeptieren. Am Ende muss sie den Mann „töten“, um zu Überleben. Der Geruch des brennenden Körpers wird sie wahrscheinlich die nächsten Monate begleiten. Hinzu kommt, dass der Mann auch noch Rowan White heißt und ihre Kollegen nicht mehr an einen Zufall glauben können. 

 Aber Rucka zieht die Spannungsschraube weiter an. Ein bislang nicht überführter Vergewaltiger und Mörder wird aus dem Hafenbecken gezogen. Er ist gefoltert und ermordet worden. Seine linke Hand fehlt. Ein weiterer übernatürlicher Hinweis. Im Laufe der Handlung wird mit dem am Neumond vergossenen Blut noch eine weitere Spur hinzukommen.

 Wie es sich für vor allem Einführungsgeschichten fortlaufender Serien gehört, haben es dunkle Kräfte auf Rowan Black abgesehen. Der Hintergrund ist ungeklärt, die Feinde treten erst in den letzten, diesen Sammelband abschließenden Panels inklusiv des entsprechenden Cliffhangers auf. 

 Es sind die einzelnen, vor allem visuell erzählten Episoden, welche „Black Magick“ ein besonderes Flair geben. Farbe wird nur eingesetzt, um den Einsatz von Magie zu symbolisieren. Magie in Form einer Besessenheit. Magie als Schutzzauber und schließlich Magie auch als einzige Chance, sich aus einer fast ausweglosen Situation zu retten, nachdem die eigenen übernatürlichen Fähigkeiten angesichts der Stärke des Feindes versagt haben. Rowan Backs übrige Welt ist schwarzweiß. Dadurch können besser Stimmungen erzeugt werden. Nicola Scott bevorzugt einen weichen Stift. Die Konturen sind scharf und wirken dennoch ein wenig „verschwommen“. Wechselnde Perspektiven, schnelle Schnitte und immer wieder ganze Seiten, die alleine von Handlungen und nicht Dialogen bestimmt werden. Rowan Blacks Welt saugt den Leser in sich ein.

 Aber neben der vielleicht noch ein wenig zu bemühten Handlung – keine Überraschung angesichts des großen, sich noch entwickelnden Plans – und den überdurchschnittlichen Zeichnungen lebt Ruckas „Black Magick“ vor allem von den Charakteren, welche der Amerikaner nicht nur unglaublich schnell entwickelt, sondern sehr gut voneinander differenziert.

 Rowan Black wird dabei in erster Linie klassisch portraitiert. Sie ist eine selbstbewusste junge Frau in einem Beruf den sie liebt mit einer eher versteckten, verletzlichen Seite. Greg Rucka etabliert sie in ihren ersten Auftritten auf dem Motorrad und in der angesprochenen Lederkluft als den Inbegriff der weiblichen Freiheit aus einer männlichen Perspektive gesehen. Mit ihrer lockigen schwarzen Kurzhaarfrisur, ihrem kantigen Gesicht und ihrer Eleganz könnte sie sich auch im Tanzsaal wohl fühlen. Aber die Straße ist ihr Revier. Bis auf eine einzige Szene, in welcher ihr berufliche Partner auch aufgrund der eigenen Erfahrungen versucht, ihr als Freund näher zu kommen, bleibt sie alleine. Eine Hexenfreundin dient als Verbindungsglied, wobei das Gefallen tun in dieser Art von Serien immer lebensgefährlich ist. Rucka hat aber auch Spaß, die Klischees im Umfeld einer Hexe zu bemühen. De schwarze Katze ist ein erster Hinweis, die versteckten geheimen Bücher allerdings in einem stilvollen, erstaunlich großen Wohnzimmer in einem alten Haus ein zweiter. Rowan Black ist weder zynisch noch aggressiv. Ihr bleibt in diesen Geschichten nur die Möglichkeit, auf die Gefahren sowohl anscheinend für ihr Leben und ihr Geheimnis sowie vielleicht auch ihrer Umwelt zu reagieren. Dabei steht sie meistens eher unbewusst als Zielscheibe im Mittelpunkt der Handlung.

 Mit ihrem Kollegen verbindet sie nur Freundschaft. Der Besuch bei ihm und seiner schwangeren Frau inklusiv einiger so erstaunlich pointierter wie von weiblicher Hand gelenkter Dialoge bildet einen ruhigen Kontrast zu den zwei großen Actionszenen mit der Geiselnahme zu Beginn und der Auseinandersetzung mit den Kreaturen aus anderen Dimensionen auf der anderen Seite. Dazwischen platziert Rucka einige Nebencharaktere, die mit wenigen wörtlich gesehen Strichen charakterisiert und etabliert worden sind. Sie schenken der Geschichte den notwendigen Hintergrund.

 Im Kino bzw. Fernsehen hat die Kombination zwischen Cops und dem Übernatürlichen meistens gut funktioniert. Der originelle Aspekt dieser neuen Serie liegt auf der Betonung, dass nicht nur Rowan Black eine sprichwörtliche Hexe ist, wie sie im Buche steht. Das in dieser Welt Magie funktioniert, aber nicht weit verbreitet ist, soll den Spannungsbogen erhöhen, wobei Greg Rucka geschickt im Verlaufe der hier gesammelten fünf Originalhefte den Fokus mehr und mehr von einem bodenständigen Realismus in den Bereich der Fantasy/ des Grusels unauffällig verschiebt.

 Die ersten fünf Hefte von „Black Magick“ vor allem in der wieder gut zusammengestellten Hardcoverausgabe mit verschiedenen Titelbildvariationen im Anhang unterhalten erstaunlich gut und unabhängig von einigen kleineren schon bekannten Mechanismen des Genres bemüht sich Greg Rucka erfolgreich vor allem neben der Etablierung einer überzeugenden Hauptperson ein rasantes Garn abzuspulen.

  

  • Gebundene Ausgabe: 136 Seiten
  • Verlag: Splitter-Verlag; Auflage: 1 (1. März 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3958394787
  • ISBN-13: 978-3958394780
  • Originaltitel: Black Magick: Awakening
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