Bad Earth 4 "Welt unter Eis"

Bad Earth 3, Welt unter Eis, Titelbild, Rezension
Michael Marcus Thurner
"Welt unter Eis" stellt nicht nur den zweiten Teil des ersten Doppelromans der "Bad Earth" Serie vor, sondern präsentiert am Ende eine Art Konzept. 
Anscheinend leben John Cloud und die drei GenTecs nur noch, weil das unbekannte Wesen sich nicht hundertprozentig sicher ist, ob die Menschen wirklich sein
Volk ausgerottet haben. Deswegen will er die vier Mitglieder der RUBIKON Besatzung anscheinend immer wieder Tests und Herausforderungen unterwerfen.
Wer die Serie als Ganzes gelesen hat, wird vor allem im nächsten Roman "Der Auserwählte" feststellen, dass die Vermuntungen des ambivalent beschriebenen Fremden nicht ganz von der Hand zu weisen sind.
Die Grundidee ermöglicht es Manfred Weinland auf der einen Seite, verschiedene Welten zu besuchen und immer wieder neue Herausforderungen zu entwickeln, auf der anderen Seite sollten dann aber die Handlungsbögen notfalls bis zum bitteren Ende ausgespielt werden. In den entscheidenden Momenten des vorliegenden Romans kommt es zu einer "Deus Ex Machina" Rettung, welche das angesprochene Szenario für die nächsten Hefte eröffnet, auf der anderen Seite nicht nur die Protagonisten, sondern vor allem auch die Leser mitten aus der Handlung reißt und zu viele sehr interessante Fragen offen lässt.
 
Bis zu diesem hektisch erscheinenden Finale entwickelt Michael Marcus Thurner den Handlungsbogen sogar über drei Ebenen. Resnic und Jarvis sind auf der Suche nach dem Beiboot, das die Vier auf der fremden Welt Kalser abgesetzt hat. Auch wenn die Flora und Fauna durchaus Herausforderungen bereithält, ist es der uninteressanteste Handlungsbogen, da sich Michael Marcus Thurner und Manfred Weinland erkennbar scheuen, einen der Protagonisten zu früh im Handlungsverlauf der Serie zu opfern. Scobee muss sich um den von ihr verletzten Suprio kümmern.  In diesem Spannungsbogen gelingen Michael Marcus Thurner einige interessante Charakterisierungen. Der Suprio weiß, dass die vier Menschen im Grunde seine Macht nicht nur unterminiert haben, sondern abschließend auch für seine Verletzung und sein Schicksal verantwortlich sind. Der bislang despotisch beschriebene Suprio beginnt sich zum Wohle sein ganzen Volkes aber auch zu wandeln, bis abschließend eine fast kitschig zu nennende Szene entsteht, welche Ende und Anfang zu gleich ist.
 
Vor allem funktioniert der Handlungsbogen in einem direkten Zusammenhang mit der umfangreichsten, abschließend auch frustrierendsten Handlung. Jiim mit seiner neuen Rüstung, die ihn wie ein Regenbogen aussehen lässt, welche aber auch auf der alten längst vergessenen Technik aufgebaut worden ist sowie John Cloud machen sich auf den Weg in den Norden zu einer der alten Städte der Ahnen. Was zu einem Klischee werden könnte, wird von Michael Marcus Thurner irgendwo zwischen Lagerfeuerromantik inklusiv Aufputschmitteln sowie der skurillen  Angriffsperspektive eines Ureinwohners erzählt. Auch hier kommt frustrierend für die eine Seite Rettung in letzter Minute quasi aus dem Nichts, aber Michael Marcus Thurner baut schelmisch ein wenig Humor in diese "Bedrohung" ein. 
 
Bei der Welt der Ahnen machen Manfred Weinland und Michael Marcus Thurner aber auch einen kleinen Denkfehler. Absichtlich deutet vieles auf die Maya Städte der Erde hin. Eine interessante, ohne Frage auch ausbaufähige Idee. Aber Jiim gehört zu einer Kultur, die erstens fliegen kann und zweitens eine andere Psysiognomie. Daher müsste die Stadt grundsätzlich ganz anders aufgebaut sein. Immer wieder zeigt Michael Marcus Thurner auch mit einem selbstironischen Unterton, dass sich Menschen und Nargen trotz der inzwischen gemeinsamen Sprache unterscheiden. Aber bei den Beschreibungen der Hinterlassenschaft der Ahnen ähneln sie sich zu sehr. Oder die Autoren haben den Hintergrund ein wenig zu stark gekürzt und wollten zu viel der Phantasie der Leser überlassen.
 
Ein weiterer interessanter Aspekt aus dem ersten Roman wird ebenfalls relativiert. Die Nargen haben eine Art Gemeinschaftsintellekt, gesteuert vom Suprio. Als dieser verletzt ausfällt, fallen die meisten Nargen in eine Art intellektuelle Starre, während Jiim diesen Verlust durch die neue Rüstung mit den ambivalenten Fähigkeiten nicht nur ausgleichen kann, sondern stärker, entschlossener und handlungskräftiger als jemals zuvor agiert. Auch hier bleiben zu viele Fragen offen und vor allem räumen die beiden Autoren einige herausfordernde Hindernisse quasi selbst aus dem Weg ohne sie spannungstechnisch effektiv auszunutzen.  Dabei gehören die Nargen zu den exotischen Kreaturen, die eine Hard Science Fiction Serie bereichern und vor allem zu einem derartig frühen Zeitpunkt unterstreichen, dass Manfred Weinland ganz bewusst andere Wege gehen möchte. 
 
"Die letzte Enklave" und "Welt unter Eis" sind unabhängig von den angesprochenen Schwächen dank Michael Marcus Thurners einfühlsamer Beschreibung einer fremden und doch in einigen Punkten auch vertrauten Kultur ein früher Höhepunkt der "Bad Earth" Serie.
  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1753 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 96 Seiten
  • Verlag: Bastei Entertainment (19. Dezember 2017)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B077QJMKMY