The Magazine of Fantasy and Science Fiction Juli/ August 2018

The Mag 07/08 2018, Titelbild, Rezension
C.C. Finlay

Herausgeber C.C. Finlay spricht in seinen einleitenden Worten zu „The Phobos Experiment“ von dem Moment, in dem man ein herausragendes Titelbild zur Verfügung hat und nach einer entsprechenden Geschichte sucht. Mary Robinette Kowai ist für ihre Alternativweltgeschichten mit dem HUGO ausgezeichnet worden. Es ist schade, dass sie bei „The Phobos Experiment“ so viel in ihren Universen vorhandenes Potential förmlich verschenkt. Ein bunt gemischtes Team soll die Höhlen auf dem sehr kleinen Marsmond Phobos erkunden und landet mitten in einer Konfrontation mit Piraten. Auch wenn die Story kurzweilig geschrieben worden ist und die Dialoge pointiert herausragen, wirkt das Ende zu offen und hektisch zu gleich, zumal der Hintergrund sehr viel besser hätte entwickelt werden müssen.

 Es ist aber nicht die einzige Marsgeschichte in dieser Ausgabe. Der Herausgeber stellt richtig, dass er mehr als einen Autoren nach einer Geschichte zu dem Titelbild gefragt hat und neben Kowai hat auch William Ledbetter mit „Broken Wings“ geantwortet. Der Protagonist findet im Asteroidengürtel ein Artefakt, das er auf den Marsmond Deimos zurückbringt. Er zeigt er seiner Freundin Marcie. Bevor sie weitere Schritte überlegen können, droht die Enteignng durch die Behörden. Aber hierauf haben die Protagonisten eine clevere geschäftstüchtige Antwort. Solide Figuren, ein stringenter Plot und eine zufrieden stellende Lösung lassen Ledbetters Storys effektiver erscheinen als Mary Robinette Kowais im Gegenzug allerdings deutlich verspieltere und dadurch vielleicht auch interessantere Geschichte.

 Cassandra Rose Clarkes „The Adjunct“ könnte auch als Science Fiction bezeichnet werden. An einer Universität soll den Schülern ein unlogisches, anscheinend selbst gestricktes Ordnungssystem beigebracht werden. Den Hintergrund erfährt der Leser in der stringenten Pointe, wobei der Aufbau der Story eher wenig spannend ist.

 Matthew Hughes präsentiert mit „The Prevaricator“ eine interessante, aber wie einige andere Texte gegen Ende auch nicht befriedigende Geschichte. Alphonz verdient seit der Kindheit an sein Geld mit Betrügereien. Sein Schneeballsystem wird immer umfangreicher, die Anfanginvestitionen immer höher, bis er schließlich auf einen Zauberer trifft, der einer Dorfgesellschaft einen gänzlich neuen Ort zum Leben gesucht hat. Die erste Hälfte der Story ist originell und sehr unterhaltsam, dem Leser wird aber nicht wirklich nachhaltig erklärt, warum Hughes Protagonist schließlich sein fast perfektes System unterbricht und sich auf eine Sache einlässt, welche der Autor eher windig bis oberflächlich erläutert.

 Cory Flintoff präsentiert in seiner auf zwei Ebenen spielenden Story „The Queen of Peri Takes Her Time“ von einer Liebesgeschichte zwischen der im Titel genannten Queen von Peri und dem Kriegsherrn Faiz Mungummery Kahn, der seiner Geliebten geschworen bei seiner rechten Hand geschworen hat, ihr immer treu zu sein. In der Gegenwart hat ein Autorennfahrer ein vergleichbares Problem. Die beiden Handlungsebenen laufen schließlich zufrieden stellend zusammen, die Pointe ist nachvollziehbar, aber vor allem hat sich der Autor sehr viel Mühe mit den einzelnen Figuren gegeben und überdeckt dadurch kleinere Konstruktionsfehler in seinem Plot. 

 Nur „Bedime Story“ von James Sallis fällt in den Bereich des Horrors. Mit fünf Seiten Umfang fällt der Text aber nicht befriedigend genug aus. Jack will seinen toten Freund Edgar abholen. Die Hintergründe werden angerissen, aber nicht abschließend genug erzählt, so dass zu viele Fäden in der Luft hängen bleiben. Gäbe es in „Morbier“ von R.S. Benedict nicht die Möglichkeit eines Zeitreisenden, dann könnte dieser Text auch als Horrorgeschichte durchgehen. Aber der Aufbau des Texts ist interessant. Eine Katastrophe hat die Gegenwart verändert. Trist trifft Mara auf einem der wenigen Farmermärkte, auf denen Grundnahrungsmittel eher getauscht als gehandelt werden. Mara hat keine Papiere und ihr Hintergrund ist eher schwammig. Auf diesen verschiedenen Thesen bezieht die kurzweilig zu lesende, aber über unentwickeltes Potential verfügende Story ihren Reiz.

 Urban Fantasy ist „Visible Cities“ von Rachel Pollack. Gleich zu Beginn stellt die Protagonistin klar, dass sie zu einer kleinen Elite gehört. Ihre Weg dahin beschreibt sie in wenigen Rückblicken. Ein Fremder schickt die Protagonistin Carolin in einen besonderen Buchladen, wo sie als „Traveller“ erkannt wird. Sie kann fast ironisch ihre Reise durch die sichtbaren Städte starten, wobei sie diese Gegenden im Gegensatz zu den auf diesem Auge blinden Menschen nicht nur sehen, sondern auch erleben kann. Am Ende muss sie selbst auf eine Quest gehen, deren Reichweite sie nicht einmal ahnen kann. Die mystische Elemente fallen sehr zufrieden stellend zusammen und vor allem der Plotaufbau ist ruhig, aber spannend. Mit der warmherzigen Zeichnung einer Reihe von exzentrischen Figuren rundet die Autorin eine der besten Geschichten dieser Sammlung zufrieden stellend ab.

 C.C. Finlay liebt es, mindesten eine Novelle, wenn nicht sogar zwei längere Arbeiten in jeder Ausgabe des „The Magazine of Fantasy and Science Fiction“ zu präsentieren. „Freezing Rain, a Chance of Falling“ nimmt fast ein Drittel der Ausgabe ein. L.X. Becketts Geschichte agiert auf verschiedenen Ebenen. Da wäre das fast an ein Klischee erinnernde Schicksal eines ehemals erfolgreichen Musikers, der inzwischen als Journalist sein Geld verdienen muss, um in einer das soziale Kapital über den Reichtum bevorzugenden Gesellschaft überlegen zu können. Am Ende muss er sich mit niederen Arbeiten durch das Leben schlagen, bevor er durch einen Zufall auf die Geschichte von Kliniken stößt, welche unnötige Operationen und Behandlungen verkaufen. Eine Bekannte will ihm helfen, undercover zu recherchieren. Dabei muss er fast wie in ein Foltercamp eine Reihe von Herausforderungen durchlaufen, deren Sinn allerdings sich dem Leser nicht wirklich erschließt. Hier wird zuviel vorausgesetzt. Die Protagonisten sind interessant gezeichnet worden, wobei vor allem der erfolglose Musiker immer an der Grenze des wenig bemitleidenswerten, sondern eher nervigen Klischees gezeichnet worden ist. Die Szenen im Hospital entschädigen für einige moralisierende Längen zu Beginn des Textes.

 Die Buchrezensionen der üblichen Verdächtigen sind thematisch in dieser Ausgabe breiter aufgestellt, während David J. Skal auf verschiedene Netflix Originalserien eingeht. Der wissenschaftliche Beitrag ist in der vorliegenden Nummer komprimierter, aber auch inhaltlich zugänglicher. 

 Zusammengefasst ist die Sommerausgabe von „The Magazine of Fantasy and Science Fiction“ eine eher durchschnittliche nicht wirklich zufrieden stellende Ausgabe. Die Geschichten sind nicht schlecht und unterhalten auch gut, aber ihnen fehlt entweder die Raffinesse oder eine nachhaltige Pointe. Einige der Themen wird der Leser schon anderswo goutiert haben und manchmal wünscht man sich ein wenig mehr Umfang, um die Hintergründe zu verstehen. Die beiden Marsgeschichten bilden einen soliden Rahmen, wobei dieses Mal vor allem die Einleitungen von C.C. Finlay auf interessantere Texte der Autoren anderswo veröffentlicht hinweisen, so dass „The Magazine of Fantasy and Science Fiction“ July/ August eher als Sprungbrett betrachtet werden sollte, um einige unbekanntere Namen in anderen Publikationen zu suchen und ihre Bandbreite auf diese Art und Weise zu erkunden.

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1219 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 420 Seiten
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Englisch
  • ASIN: B07H7S72T8