Kara Ben Nemsi Neue Abenteuer Band 12 "Königin Shejitana"

H.W.Stein (Herg.)

 Der Titel des die Trilogie abschließenden Romans ist vielleicht nicht richtig, denn Shejitana wollte keine Königin werden, sondern die Nachfolge einer legendären Pharaonin antreten.  Dabei hat der Leibwächter des Vizekönigs diesen Ideen schon eine markante Absage im mittleren Band der Serie erteilt.

Herausgekommen ist mit „Königin Shejitana“ ein ohne Frage kurzweilig zu lesender Roman allerdings mit einigen Schwächen. Die Dramatik und vor allem den exotischen Hintergrund kann Thomas Ostwald nicht mehr ausbauen, er konzentriert sich in der ersten Hälfte auf eine Reihe von gefahrvollen Situationen, bevor er den Roman während des Showdowns so schnell abschließt, dass der Leser sich die Augen reibt.  Natürlich besteht die winzig kleine Möglichkeit, dass Thomas Ostwald noch einmal auf einige Figuren dieser Trilogie zurückgreifen könnte.

In Bezug auf die emotionale Ebene kommt es zu einem Eingeständnis Kara Ben Nemsis alias Old Shatterhand.  In der „Old Shatterhand“ Trilogie hat er gleich zwei Frauen „verloren“, die ihm etwas bedeuten haben. Während Klara von Rauten in den Tiefen des Wilden Westens verschwunden ist, stark seine Jugendfreundin in den Wirren der zweiten potentiellen mexikanischen Revolution. Von diesen Verlusten ist Old Shatterhand noch gezeichnet, so dass es vielleicht deswegen unabhängig von einigen Düften, die Shejitana so effektiv einsetzt, dieser Frau verfallen ist. An Sir Henry Rider Haggards „She“kommt Thomas Ostwalds Schöpfung nicht ran und ihre Beschreibung ist teilweise zu ambivalent zwischen intelligent verschlagen und effektiv planend, dann wieder erotisch Kara Ben Nemsi umgarnend, obwohl sie ihn nicht wirklich braucht und schließlich während des Showdowns zwar raffiniert, aber angesichts der Prämissen auch zu selbstverliebt. Wie in vielen Abenteuerstoffen hätte sehr schnelles und brutales Vorgehen den Sieg gebracht.

Das Geltungsbewusstsein und der Hochmut kommen natürlich vor dem Fall.  Aus dem ersten band hat Thomas Ostwald wieder den Hang übernommen, dass Kara Ben Nemsi in gefährlichen Situationen mindestens vorrübergehend zu leicht auszuschalten ist. Zweimal wird er betäubt. Da freut sich der Leser, wenn er während des Showdowns die eiserne Faust einmal schwingen lässt und sich selbst anfeuernd dem Namen Old Shatterhand wieder Ehre macht.

Bis dahin handelt es sich um ein sehr geradliniges Abenteuergarn mit einer Reihe von interessanten Höhepunkten. Neben dem Aufenthalt auf einem Panzerkreuzer auf dem Nil muss sich Kara Ben Nemsi  zusammen  mit dem getreuen Hassan durch ein unterirdisches Labyrinth von Höhlen kämpfen, in das er mit einigen Soldaten blind bei der Verfolgung von Schurken blind gerannt ist.

Neben einigen spektakulären Klettertouren ermöglicht dieser „Ausflug“ dem Autoren, weitere Antagonisten in die Handlung einzubauen und Kara Ben Nemsi zumindest kurzweilig zwischen die Fronten zu stellen. 

Auch die Gefangennahme auf dem Panzerschiff durch Schurken sowie die anschließende Flucht wird solide beschrieben. Thomas Ostwald spielt mit der Naivität der Einheimischen, welche schwitzendes Nitroglycerin noch nie gesehen haben und deren Gefährlichkeit nicht einschätzen können. Am Ende der Trilogie nimmt der Autor den Faden noch einmal auf. Vielleicht macht er es sich in diesen Szenen zu pragmatisch einfach, aber bis zum Finale hat Thomas Ostwald ein überdurchschnittlich hohes Tempo aufgebaut und möchte den Showdown rasant abschließen.

Zumindest lassen sich die jeweiligen Schurken einiges einfallen. Da werden Kohlebunker abgefackelt, um die einfache Rückkehr nach Kairo zu verhindern.  Im Höhlenlabyrinth wären normalerweise die Eingeschlossenen verloren gewesen, wenn Kara Ben Nemsi keinen Lufthauch gespürt hätte und während des finalen Showdowns spielt Glas eine erstaunliche Rolle, wobei dieses anscheinend nachträglich in die eindrucksvolle unterirdische Anlage eingebaut worden ist.  Also kann zumindest in dieser Hinsicht die Fundstelle für  einige Beteiligte nicht so überraschend gewesen sein. Auch wenn es schon zu den Zeiten der Pharaonen und Römer Glas gegeben hat, ist die beschriebene Perfektion erst in der neueren Zeit erreicht worden.  Es waren die Römer kurz nach Christi Geburt, welche die Glasscheibe erfunden haben.  Die waren aber anfangs noch ein wenig trüb.

Bei diesem Tempo  kommen im Gegensatz zu den ersten beiden Romanen die Hintergründe ein wenig zu kurz.  Zu Beginn nimmt sich der Autor noch Zeit, die Entdeckungen des Spezialistenteams weltweit bekannter Geologen inklusiv des obligatorischen Freundes von Sir David Lindsey  von  Kara Ben Nemsi begleiten zu lassen. Man wünscht sich,  mehr über diesen seltsamen Krokodilkult zu erfahren und an einigen Stellen hat man das unbestimmte Gefühl, als hätte Thomas  Ostwald  auch mehr darüber erzählen wollen.  Umfangtechnisch wäre das ohne Frage auch kein Problem gewesen, denn mit einem Umfang von jeweils zwischen einhundertvierzig und einhundertfünfzig Seiten  nicht unbedingt klein gedruckten Seiten wäre  noch Platz für  eine entsprechende Extrapolation gewesen. 

Im ersten Buch der Trilogie beginnend mit der Fahrt nach Wien und endend mit der Anlandung in Port Said umspannt der Autor geographisch einen relativ weiten Bogen, der zweite Band ist orttechnisch deutlich konzentrierter, während sich in „Königin Shejitana“ die Figuren zwar sehr viel bewegen, aber nicht richtig vorankommen.

Der abschließende Teil der Trilogie wirkt auch weniger ambitioniert. Damit soll nicht ausgedrückt werden, dass er nicht spannend oder gar langweilig ist. Das hohe Tempo, die wechselnden gefährlichen Situationen, die einzelnen Konstellationen und schließlich das ein wenig cineastisch erscheinende Finale entschädigen für eine leichte Oberflächlichkeit.  Im  ersten Band der Serie suchte der Autor die Serie durch neue Aspekte und neue Schauplätze zu beleben, im vorliegenden Buch schließt er die Trilogie eher unterhaltsam mechanisch ohne wirklich nachhaltig  überraschende Elemente ab. 

Es ist vor allem schade, dass die Shejitana zwar abschließend einen furiosen Auftritt hat, aber sie vor  allem in der ersten Hälfte des Buches nach ihrer spektakulären Flucht in der „Versenkung“ verschwunden ist. Diese charismatische Antagonistin hätte mehr Raum verdient. Trotzdem ist die „Shejitana“ Trilogie eine weitere lesenswerte Arbeit im Geiste Karl Mays allerdings vor dem Hintergrund moderner Abenteuerliteratur über weite Strecken gut bis überzeugend konzipiert.  

 

Taschenbuch, 148 Seiten

www.blitz-verlag.de

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