Crossroads

Kurt Kobler (Hrsg.)

Im Vorwort schreibt Kurt Kobler von der Entstehung der Anthologie „Crossroads“. Auch wenn es sich direkt übersetzt um Kreuzungen handelt, würde auch der Titel Begegnungen zu den insgesamt acht Geschichten und Michael Pfrommers historischem Vergleich zwischen Perry Rhodan und Alexander, dem Großen passen. Aus unterschiedlichen Epochen der Perry Rhodan Serie versuchen die Autoren inhaltliche Lücken zu stopfen, angefangene Begegnungen fortzuschreiben oder ein wenig der Quadratur des Kreises entsprechend zu philosophieren.

 Kurt Koblers „Der Terraner und der Tod“ – eine von zwei längeren Geschichten – ist Ausgangspunkt dieser Sammlung. Nach einer traumatischen Idee Kurt Koblers haben Angelika Rützel und Kurt Kobler ein Kammerspiel um einen amts- und vor allem lebensmüden Perry Rhodan entwickelt. Die Grundidee des melancholischen, im Grunde depressiven Helden und die Begegnung mit dem größten Feind, der sich in diesem Moment auch als Motivator, aber nicht unbedingt als Freund erweist ist nicht unbedingt neu. Das Perry Rhodan nach seinem 3500. Geburtstag nicht sterben kann und darf, steht außer Frage und nimmt der Geschichte ein wenig die Spannung. Auf der Geburtstagsfeier begegnet Perry Rhodan noch einmal einigen alten Weggefährten wie Icho Tolot. Die beiden Autoren haben die Geschichte zu einem interessanten Zeitpunkt angesiedelt. Reginald Bull und Perry Rhodan sind durch die Bostich Geschichte keine Freunde mehr. Während Perry Rhodan immer einsamer wird, hat Reginald Bull seine Lebensgefährtin/ Frau unsterblich gemacht. Für den Moralapostel Perry Rhodan eine klare Bevorzugung, auch wenn er bei der Verteilung der Unsterblichkeit auch nicht immer vollkommen neutral entschieden hat.

Perry Rhodan tritt von seinen Ämtern zurück und zieht sich in eine Kuppel auf der Venus zurück, die er extra und mit eigenen Geldern zu einem Mausoleum für Thora ausgebaut hat. Er legt den Zellaktivatorchip ab, um nach Ablauf der Zeit zu sterben. Alleine Gucky ist in seiner Nähe.

Kurt Kobler und Angelika Rützel haben Michael Marcus Thurners „Ara Toxin“ entnommen einen interessanten Gegenpol Perry Rhodan gegenüber gestellt. Die Dialoge sprühen vor Doppeldeutigkeiten und das wehleidige Wesen des Zauderers Perry Rhodan wird mehr und mehr offenbart. Positiv ist, dass die Entwicklung für den Leser gut nachvollziehbar ist. Wie in einigen anderen Geschichten dieser Sammlung finden sich ausreichend in den Anhängen Hinweise und Erläuterungen einiger wichtiger Informationen vor allem für Neueinsteiger in die Serie. So wird zusammenfassend ein sehr breiter Bogen durch die ersten fast dreitausendfünfhundert Jahre der Serie geschlagen, wobei die Grundidee zeitlos faszinierend ist und in Hinblick auf die Entwicklung des charismatisch moralischen Helden Perry Rhodan zu einem passiven Stichwortgeber innerhalb der Erstauflage ohne Frage ausreichend Rechnung getragen wird. Nur alleine der letzte Schritt wäre eine echte Überraschung gewesen, aber so weit können und dürfen die Autoren nicht gehen. „Der Terraner und der Tod“ ist auch stilistisch ein sehr guter Auftakt dieser Anthologie und unterstreicht, dass das Team Kurt Kobler und Angelika Rützel hinsichtlich der literarischen Qualität bessere Ergebnisse produziert als Michael Pfrommer und Kurt Kobler in der „Andromeda“ Serie, die sich als Autoren zu ähnlich sind und ihre individuellen Stärken nicht ausreichend extrapolieren können.

 Es empfiehlt sich, die zweite längere Geschichte „Die galaktischen Koordinaten der Erde“ von Angelika Rützel sogar vor „Der Terraner und der Tod“ zu lesen. Die Autorin spekuliert über eine Begegnung zwischen Atlan und Thora, die in der Erstauflage nie direkt beschrieben worden ist. In der markanten Ich- Perspektive erzählt ist es aber beginnend am Ende des direkten Duells zwischen Atlan und Perry Rhodan gleichzeitig sehr kompakt erzählt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse dieser frühen Phase der Serie. Dazwischen finden sich emotionale Szenen wie der Beginn der Freundschaft zwischen Perry Rhodan und Atlan auf der einen Seite, aber auch Atlan und Thora. Die Autorin hat ein gutes Gespür für die richtige Balance aus den großen, die Ereignisse der Erstauflage zusammenfassenden Szenen bis zum Tod Thomas Cardiffs und den kleinen Begegnungen, in denen die schöne wie distanzierte Arkonidin nicht nur Vertrauen im Grunde zu ihrem eigenen Oberhaupt, aber auch zum Menschen Atlan findet. Es wäre vielleicht schön gewesen, die zwischenmenschlichen Szenen noch auszubauen und dadurch mehr Aufmerksamkeit auf die einzelnen Protagonisten zu richten, aber in Kombination mit „Der Terraner und der Tod“ wird das Gedächtnis der Stammleser nicht nur noch einmal aufgefrischt, sondern die Bedeutung Thoras und ihres tragischen Todes für Perry Rhodan ohne Kitsch oder Pathos eindrucksvoll herausgearbeitet.

 Um diese beiden vor allem umfangtechnischen Eckpunkte der Anthologie sammeln sich insgesamt sechs weitere Geschichte. Dabei handelt es sich um Nachdrucke aus dem Fanzine „Paradise“, aber auch der Peter Terrid gewidmeten Anthologie „Mord an Bord“.

 Kurt Kobler ist entweder Autor oder Co- Autor vier der kürzeren Texte. So ist „Einflug“ eher eine Facette, ein Gedankenspiel um die Sinnlosigkeit der Auseinandersetzung zwischen Terranern und Arkoniden aus der Sicht eines Raumschiffkapitäns auf einer Bombenmission im Jahre 1304 NGZ. Der Text wirkt eher wie eine Impression als eine abgeschlossene Story. In „An der Grenze des Imperiums“ versucht der Autor eine chronologisch- technische Lücke innerhalb der Serie zu schließen, die mit K.H. Scheers erster Rückkehr entstanden ist. Es handelt sich um eine geradlinige militärische Auseinandersetzung zwischen einem einen Grenzplaneten attackierenden Springer und einem alten Haudegen auf terranischer Seite. Positiv ist, dass Kurt Kobler zwar auf das klassisch- klischeehafte „entweder- oder“ Szenario zusteuert, er die Situation aber ein wenig zu schnell und zu einfach effektiv auflöst.         

 Mit Wilfried A. Hary entstand „Codenam Boney M“, in dem eine sich in Andreas Eschbachs zweiten Gastroman befindliche gefährliche Lücke in der Strategie der Terraner geschlossen wird. Die Geschichte ist kurzweilig mit einem exzentrischen Protagonisten und einem waghalsigen Plan. Dazu ein Hauch Pathos. Im größeren Kontext sind es aber diese Fanarbeiten, welche die Serie beleben und deren Kosmos unauffällig positiv erweitern, in dem sie konsequent über die verschiedenen Schwachstellen nachdenken und alternative, qualitativ befriedigende Wege anbieten.  

 Atlans Zeitabenteuer spielen in zwei weiteren Texten eine wichtige Rolle. Kurt Kobler und Michael Prommer betten ihre Geschichte in die „Andromeda Timeshift“ Handlung ein. Atlan ist auf der einen Seite Held und Ratgeber, auf der anderen Seite kann er schnell zum Verräter werden. Während die historischen Fakten gut recherchiert sind, wirkt das Ende allerdings ein wenig zu abrupt und angesichts des seltsamen Zeitenwanderer und seiner in den „Andromeda“ Romanen der beiden Autoren angesprochener Fähigkeiten lässt er sich zu leicht übertölpeln.

 Interessanter ist Angelika Rützels „Wendepunkt Tiefseekuppel“. Roi Danton hat Probleme, sich nach seinem tausend Jahre andauernden Verschwinden zu recht zu finden. Zusätzlich ist er auch noch drogensüchtig. Der einzige Mann, der Verständnis für seine Situation aufbringen kann, ist Atlan, der ja selbst in seiner Tiefseekuppel Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende verschlafen hat. Wie einige andere Texte dieser Anthologie sind Hintergrundinformationen aus der Serie inklusiv der Trauer über Roi Dantons Mutter und Schwester intensiv und geschickt mit der persönlichen Begegnung zwischen Atlan und Roi Danton, der in Atlans Museum personifizierten Wanderung durch die Zeiten verknüpft.

 Aus „Mord an Bord“ stammt Regina Schlehecks Story „Ein Schiff wird kommen“.  Sie hat den am Storywettbewerb teilgenommen. Die Geschichte ist in der entsprechenden Anthologie nicht veröffentlicht worden. Durch die Konzentration auf eine von Peter Terrids Lieblingsfiguren und den Verzicht auf tragende Personen aus der Haupthandlung ist es der Autorin auch möglich, den Plot besser zu entwickeln. Das Ambiente an Bord des Luxusliners mit dem entsprechenden Verbrechen ist vorgegeben. Stilistisch ein wenig uneinheitlich lebt die Story von zahlreichen kleinen Anspielungen und Seitenhieben.  

 Zusammengefasst ist „Crossroads“ eine hinsichtlich des Titels doppeldeutige, sehr zufrieden- stellende Anthologie. Die meisten Geschichten zeichnet noch mehr die persönliche Begegnung überwiegend zwischen zwei charismatischen Persönlichkeiten aus. Die längeren Texte sind vor allem sehr gut und überzeugend für den frühen Abschnitten der Serie verbunden und zeigen überdeutlich den aus heutiger Sicht vielleicht positiv gesprochen simpeln, aber auch stringenten Handlungsaufbau mit einer Vielzahl überraschender Ideen und vor allem griffiger, inzwischen zu Legenden gewordener Charaktere. Alle Geschichten sind stilistisch sehr überzeugend und verfügen über ausreichende Charaktertiefe oder entsprechende Handlungstechnische Wendungen, um selbst vorhersehbare Plots auszugleichen.   

Tibi Crossroads - (c) Raimund Peter

Eine PERRY-RHODAN-ANTHOLOGIE
mit acht Fan-Stories von fünf bekannten PR-Aktivisten
Umschlagillustrationen: Raimund Peter / Gestaltung: Joe Kutzner
DIN A 5 Format, Softcover
Umfang: 204 Seiten
Preis:. 7,50 € zuzüglich Versandkosten
[Büchersendung bis 500 Gramm: 1,50 EUR für Deutschland (ab Juli 2018 1,70 EUR), 3,50 EUR in die EU und die Schweiz. 4 EUR bei Luftpost]

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