Der Horror- Planet

E.C. Tubnb

„Earl Dumarest“ ist ja nicht nur auf der Suche nach der Position der Erde – am Ende des vorliegenden Romans bestätigt er noch einmal die Angaben aus einem vorherigen Abenteuer, dass er zumindest der Sektor inzwischen kennt, in dem sich die Erde befinden muss -, sondern vor allem auch nach den wahren Menschen. Einer verstreuten Sekte, deren Herkunft direkt zur Erde zurückführt.

Querelle ist eine Welt, die nicht nur von verschiedenen Menschenrasse – ebenfalls eine Besonderheit in der Dumarest Serie – bewohnt ist, auf ihr herrscht eine archaische Sklavengesellschaft. Die meisten Menschen haben sich in den Bergwerken verpflichtet oder sind wegen niedriger Verbrechen oder einfach nur Rebellion gegen die diktatorische Herrschaft zu einem kurzen, harten Leben beim Auffinden von Juwelen verurteilt worden. Als Earl Dumarest einige Juwelen, deren Herkunft nicht gänzlich geklärt ist, die aber anscheinend aus dem voran gegangenen Abenteuer „Planet im Nichts“ stammen könnten, verkaufen will, hört er einen Schrei aus einer Gasse. Er entdeckt drei Männer, die einen Mann und einen Knaben – im Original trägt der Roman den Titel „Jondelle“, eines der wenigen Bücher, das nicht nach einer potentiellen wie nicht selten tragischen Geliebten Dumarest benannt worden ist – angreifen. Ihm gelingt es, die Männer zu vertreiben. Dabei wird er allerdings schwer verletzt und wacht in dem Haus der Eltern des Knaben wieder auf. Während seiner Genesung freundet er sich mit dem Jungen Jondelle an. Er sieht ihn ihm einen Schlüssel, um über die wahren Menschen mehr über die Position der Erde zu erfahren. Da es auf dieser Welt anscheinend in erster Linie Zweckehen gibt, versucht Jondelles Mutter Earl Dumarest zum Bleiben zu bewegen. Die erotischen Avancen erscheinen selbst für einen in den siebziger Jahren entstandenen Roman sehr aggressiv und vor allem stilisieren sie Earl Dumarest mehr und mehr zu einer Art modernen Sexsymbol, dem keine Frau widerstehen kann, während der Weltraumtramp in erster Linie auf deutlich jüngere, beschützenswerte Frauen zu stehen scheint. Kurz bevor Dumarest die Familie nicht zuletzt wegen der Avancen und den daraus resultierenden Spannungen verlassen kann, wird deren Bauernhof von einer Gruppe offensichtlich verrückten Männern – Melevganiern – überfallen und der Junge entführt. Nicht zuletzt aufgrund seines verletzten Ehrenkodexes beschließt Dumarest, den Jungen zu retten. Selbst wenn es ihm sein Leben kostet

 Im Vergleich zu verschiedenen anderen „Dumarest“ Romanen ist „Der Horror- Planet“ gänzlich anders strukturiert.  Dumarest ist nicht der Gejagte, sondern der Jäger. Dabei führt die Reise durch verschiedene Klimazonen dieser vielschichtigen Welt. Zu den interessanten Entwicklungen gehören die Flugmaschinen, welche gigantischen Flößen ähneln. Sie sind die Verbindungsadern der Welt. Die Flößer sind wie alle herrschenden Familien in erster Linie Kapitalisten, die ihre Aktionen ausschließlich monetär beurteilen. Dumarest muss ihnen trotz seiner großzügigen Belohnung immer wieder einen Schritt voraus sein, um dieses Abenteuer überhaupt zu überleben.

Deutlich stärker konstruiert ist das Eindringen in die Bergwerke, wo Dumarest noch zwei der ursprünglich vier Entführer vermutet. Tubb hat sich bei der Konzeption der Suche überdeutlich an den klassischen Western orientiert. Dumarest sucht einen nach den anderen Entführer auf und versucht den Aufenthaltsort des Jungen von ihnen teilweise mit brutalen Methoden zu erfahren.  Vorher agierte Dumarest schon wie „Shane“ aus dem berühmten Western. Durch einen  Zufall wird er auf die Familie aufmerksam und wehrt sich gegen die Avancen. In beiden Fällen ist es der Junge, der als Katalysator der Ereignisse genauso agiert wie als Fokus der Leser. Dumarest versucht ihn in erster Linie zu retten und darüber hinaus die familiäre Ordnung wieder herzustellen, die er allerdings selbst „gestört“, wenn auch nicht zerstört hat. In beiden Geschichten – „der Horror- Planet“ wie „Shane“ – ist es die Frau, welche das dominierende, aber auch erotisierende Element ist. Sie verfällt jeweils dem Fremden, der sie aber höflich wie bestimmt abweist. In „Shane“ muss der kleine Hof gegen die Landbarone verteidigt,  in „Der Horror Planet“ schließlich der Junge gesucht und gerettet werden.  Nach den angesprochenen sich mit dem Westen überlappenden Bedingungen ist die zweite Hälfte des vorliegenden Romans deutlich dynamischer und fließender. Anfänglich hat sich Tubb erstaunlich lange darum bemüht, seinen Planeten Ourelle zu entwickeln. Herausgekommen ist aber ein wenig fremdartige Welt ohne die exotischen Tiere, welche seine ersten „Dumarest“ Arbeiten so bevölkert haben. Auch die verschiedenen Menschenrassen erscheinen letzt endlich zu wenig evolutionär entwickelt, sondern direkt von der allen unbekannten Erde förmlich übertragen. Die Arbeit in den Mienen wirkt archaisch und die verwandten Maschinen – interessanterweise kann einer der wenigen Helfer Dumarest diese alten Maschinen reparieren – erinnern an die Zeit der industriellen Revolution auf der Erde. In dieser Hinsicht setzt Tubb seine Universumentwicklung konsequent fort. Nur die Cyber – sie spielen im Vergleich zu den letzten Arbeiten keine entscheidende Rolle – und die Raumschiffe, mit Abstrichen die Strahlwaffen weisen darauf hin, das die Geschichte in der Zukunft spielt. Diese anachronistischen Widersprüche lassen einige der vorliegenden Romane sehr viel bodenständiger erscheinen als es der Autor vielleicht beabsichtigt hat. So verdient sich Dumarest wieder wichtiges Geld bei einem Arenakampf, der offensichtlich manipuliert ist. Wieder muss er sich das ihm versprochene Geld mittels „Gewalt“ am Ende selbst holen. Wieder tötet er seinen Gegner nicht, obwohl er zumindest mehrfach die Gelegenheit hat und dieser auch aus dem Hinterhalt einen letzten verzweifelten Angriff wagt. Zumindest verzichtet der Autor auf die Darstellung Dumarests als naiven Laien, der quasi in die Falle der Schausteller stolpert, bevor er selbst den Spieß umdreht.

Ebenfalls aus der Abenteuer und weniger der Science Fiction Literatur vertraut sind die Szenen in der Bergbaumiene, wo Dumarest einen „Gelben“ – den letzten der vier Entführer des Jungen – sucht und schließlich auch findet. Mit einer Mischung aus falscher devoter Haltung unter einem gefälschten Deckmantel und Hass auf die Sklavenhalter sucht er die notwendigen Informationen. Wie an anderen Stellen des Buches verhält sich Dumarest vor allem auch angesichts seiner provokanten Auseinandersetzung mit den „Herrschenden“ des Planeten zu aggressiv und zu direkt. Eine Welt ohne funktionierende Gesetze hätte ihn schneller in das Gefängnis gebracht als es vielen lieb ist. Das letzte Versatzstück des Romans ist natürlich das Verstecken eines wichtigen Ersatzteils beim Flugboot, das ihn her gebracht und deswegen auch wieder zurücknehmen muss. Es sind viele wenig neue Ideen, die in diesem ansonsten geradlinigen Abenteuer über den Plotverlauf verstreut präsentiert werden.

Alleine das wenig bezweifelte Auffinden des Jungen – diese ganze Sequenz wirkt hektisch niedergeschrieben und endet angesichts der ausführlichen Vorbereitung viel zu abrupt – inklusiv der Befreiung weckt in dem Leser das Interesse an den Informationen, die dieser Junge im Vergleich zu seinen Eltern in sich tragen könnte. Da mit dem neunten Roman sich Tubb entschlossen hat, die Serie deutlich zu verlängern, wirken die Dumarest präsentierten Fakten eher wie eine Zusammenfassung des bislang erreichten denn ein neuer Hinweis auf die genaue Position der Erde. Auch aus der über lange Zeit „verschwundenen“ Figur des Jungen macht der Autor viel zu wenig. Kein Vergleich zu den zarten, weiblichen Geschöpfen, die sich mit den Vorurteilen der abergläubischen Bevölkerung angesichts teilweise vorhandener übernatürlicher Kräfte auseinandersetzen mussten. Es kommt auch keine Chemie zwischen Dumarest und dem Jungen auf. Sie bleiben sich fremd. Wenn Dumarest am Ende des Buches in ihm einen „Sohn“ sieht, dann wirkt diese emotionale Szene zu wenig vom Plot vorbereitet und trifft in seiner Bedeutung deutlich ins Leere. Sie steht am Ende eines Buches, das in dieser Form weder Fisch noch Fleisch ist. Zu terranisch ist die beschriebene Welt, zu zerstückelt die einzelnen Actionszenen mit einem zu distanziert, im Grunde auch erstaunlich unsympathisch beschriebenen Dumarest. Gebe es nicht immer wieder Rückgriffe auf die vorangegangenen Romane, so könnte der Leser das Gefühl haben, das „Der Horror- Planet“ ursprünglich eine unabhängige Arbeit gewesen ist, die Tubb für diese Serie umgeschrieben hat. Vor allem im Vergleich zu den bisher besuchten Welten ist Ourelle unscheinbar und zu vertraut. Selbst die melancholische Atmosphäre einer fernen Zukunft, die lange vorbei ist, verfliegt nach den ersten guten Szenen und macht einer gewissen Enttäuschung hinsichtlich des zu dünnen Plotverlaufs mit nur wenigen interessanten Szenen Platz.   

 

Die Titelseiten der Dumarest Episoden

Pabel Verlag,. Taschenbuch 160 Seiten