„Tor ins Jenseits“ ist das sechzehnte Abenteuer. Es ist auch der erste Earl Dumarest, der nicht mehr als Taschenbuch im Rahmen der Tubb Werkedition ungekürzt und neu übersetzt aufgelegt worden ist.
Mit „Heaven of Darkness“ – der Titel wird erst im letzten Satz eingeführt und erklärt- geht der Autor teilweise neue Wege. Zum ersten Mal seit langer Zeit ist die Handlung aufgespalten. Die beiden Stränge laufen erst spät und dann dank eines geplanten Zufalls zusammen.
Zuerst stellt E.C. Tubb den Handlungsort vor. Zakym dreht sich um eine Doppelsonne. Anscheinend gibt es aber in der wenigen Dunkelheit die Geister der Vergangenheit. Die Einheimischen sehen in ihnen Geister der Vergangenheit, Nachfahren der von den Menschen vertriebenen Ureinwohner des Planeten, die wie Monstren nachts durch die Gegend streifen könnten. In diesem Punkt bleibt Tubb ambivalent und vermischt Facetten des Märchens mit den tatsächlichen Gefahren.
Der Planet selbst ist eine harsche Wüstenlandschaft. Die Menschen betrieben zwar Viehzucht, aber Reichtum können sie nicht ansammeln.
Latvia gehört zu einer der ältesten Familien. Sie wohnt zwar auf einem Schloss, die Strukturen der überwiegend primitiven Gesellschaft lehnen sich am amerikanischen Western und seiner Frontiermentalität an. Um die sozialen Strukturen zu stärken und mögliche Konflikte zu entschärfen will der mächtigste Mann des Planeten unbedingt Latvia heiraten, damit ihre Dynastie die Kontrolle über den Rat behält und vor allem im Grunde alles bestimmen kann. Latvia liebt ihn natürlich nicht und würde einer solchen arrangierten Hochzeit nur in der Voraussetzung zustimmen, das sie ihren Besitz erhalten kann.
Earl Dumarest landet auf dem Planeten, weil es dort einen der leistungsfähigsten Computer in diesem Sektor gibt. Er hofft, dass die Maschine aufgrund der gefundenen Sternenkonstellationen die Position der Erde ausrechnen und ihm bei seiner Suche helfen kann. Allerdings reicht sein Geld nicht aus.
Ein alter Mann versucht ihm zu helfen, wird aber ermordet. Der Verdacht fällt natürlich auf Earl Dumarest, wobei dieser den Täter vorher schon unmittelbar nach der Tat getötet hat. Ein Verbrechen, das er aber nicht zugeben darf.
Auch wenn der Klappentext die Konfrontation mit dem Cyclan Borg als wichtigen Aspekt des Romans herausstellt, spielt sie nur eine untergeordnete Rolle. Tubb geht dieses Mal subtiler vor. Für die Spannung und mögliche Bedrohung ist die Latvia Handlungsebene zuständig. Bei Earl Dumarest nimmt sich der Autor Zeit. Er stellt nicht nur den kargen Planeten vor, sondern zeigt die Schwierigkeiten, auf einer Welt ein oder auszureisen.
So muss Dumarest die Kosten für eine Hochreise – also im Tiefschlaf – im Vorwege deponieren, damit er überhaupt den Zollbezirk verlassen kann. Seine Daten werden registriert, was seinen Aufenthalt begrenzt. Bis die Cyclan davon wissen und einen der ihren auf dem nächste Raumschiff zu diesem Planeten aussenden hat Dumarest Zeit, die Daten zu sammeln. Er muss nur mit dem letzten vor der Ankunft des Cyclan abfliegenden Raumschiffs die Welt wieder verlassen. In der Theorie könnten derartige Pläne funktionieren, in der Praxis aber gibt es natürlich ausreichend Schwierigkeiten.
Die Konfrontation beendet bedingt den zweiten Handlungsbogen. Interessant ist, dass Dumarest zum ersten Mal selbst auf die besondere Droge zurückgreifen muss, deren gestohlene Pläne er von seiner großen Liebe Kalin erhalten hat. Zusammen mit zwei Proben. Der Effekt ist gewöhnungsbedürftig, da Dumarest ja seinen eigenen Tod simulieren und gleichzeitig in einem anderen, sehr viel gebrechlicheren Körper agieren muss. Eine echte Spannung kommt in dieser Szene trotz einiger verfremdender Beschreibungen nicht auf. Genau wie der Leser niemals glauben wird, dass der Weltraumtramp in einem Gladiatorenkampf sterben oder bei einer noch so attraktiven Frau lange verweilen wird.
Der Übergang zur Latvia Handlungsebene ist ein wenig rabiat. Der Leser muss und soll glauben, dass der von den Toten auferstandene Mann quasi schnell die Pläne von Latvias potentiellen Ehemann durchschaut und gleichzeitig im Grunde mit fast nichts auf der Hand auch gleichzeitig agieren kann.
Latvia ist eine ambivalente Persönlichkeit. Natürlich verliebt sie sich in Dumarest, will aber gleichzeitig auch die Pflicht gegenüber ihrer Welt wahrnehmen. Tubb macht es sich in dieser Beziehung sehr einfach, in dem der potentielle Ehemann gleichzeitig der einem Westernroman entsprungene Schurke ist. Sein Motiv ist grenzenlose Macht auf einer friedlichen Welt, wobei sein Einfluss schon entsprechend groß ist. Tubb streift noch eine Reihe von Klischees wie ein Anschlag auf Dumarest und Latvia, die natürlich nachts im gefährlichen Hinterland stranden. Der finale Showdown erinnert dann an einen klassischen Western mit Dumarest allein gegen alle.
Auch wenn der Autor auf die inzwischen aus der Serie bekannten Mechanismen zurückgreift und einmal zu oft Tatsachen aus den ersten Büchern wiederholt, überzeugt das Ausgangsszenario mit dieser archaischen Welt, auf welcher vordergründig Friede und Gleichberechtigung herrscht, hintergründig allerdings alles vom Geld dominiert wird. Vor allem die Begegnung im Computerraum mit der Erkenntnis, dass sein Geld niemals vor eine echte Berechnung der Position der Erde ausreichen könnte sowie die Hilfe des alten Mannes, der die Arbeiten der Computer durch einen gänzlich anderen Ansatz unterminiert bleiben länger im Gedächtnis.
Das Finale dagegen wirkt ein wenig unübersichtlich, fast hektisch. Dumarest Trick ist aus verschiedenen Abenteuern schon bekannt, alleine der Wege dahin gegen die noch nicht richtig ausgebildeten, aber bewaffneten Männer erfordert ein wenig Nachsicht bei den Lesern. Weniger wäre hier mehr gewesen. Oder andersherum hätte sich der Autor nicht zu sehr auf seinen Antihelden konzentrieren müssen.
Auch die Konfrontation mit dem Cyclan geht viel zu schnell vorbei. Dieser durchkreuzt Dumarestpläne mit einer bestechend simplen Logik, macht aber anschließend eine Reihe von Fehlern, von denen der Weltraumtramp aus einer wirklich aussichtslosen Position heraus noch profitieren kann.
So bleibt „Tor ins Jenseits“ eine kurzweilig zu lesendes, aber auch oberflächliches Dumarest Abenteuer, das sein ganzes Potential leider nicht heben kann.