Spektrum der vergessenen Sonne

E.C. Tubb

Das fünfzehnte Dumarest Abenteuer „Spektrum der vergessenen Sonne“  wirkt wie eine Zusammenfassung bisheriger Planetenbesuche und stellt doch in der Breite einen neuen Abschnitt in Earl Dumarest Suche nach der Erde und deren Position da. 

Altbekannt sind archaische Duelle und die meistens einseitige Liebe einer Frau zum Weltraumtramp, wobei diese ihn an Kalin erinnert, seine einzige wahre Liebe. Auf der anderen Seite streift E. C. Tubb eine seltene tödliche Seuche; dazu verdingt sich Dumarest dieses Mal nicht als Söldner, sondern in einer Hommage auf die Caperfilme als Dieb. Abgerundet wird der stringente und von einem hohen Tempo geprägte Plot zusätzlich durch den Fund unter den Bergen der einsamen, angeblich sich um einer vergessene Sonne drehenden Welt.

Gleich zu Beginn wird Dumarest festgenommen, als er an einer Art Aufstand teilgenommen hat. Ein guter Freund ist in seinen Armen gestorben. Auch er soll hingerichtet werden.  Man macht ihm ein fast einmaliges Angebot. Eine attraktive Frau Delphine möchte ihn „mieten“.   Delphine möchte einen besonderen Diebstahl begehen. Eine wertvolle Fracht, mit welcher sie sich quasi den Weg zu ihrem Heimatclan auf ihrer Welt wieder erkaufen kann. Natürlich willigt Dumarest im Grunde gegen die eigene Überzeugung ein.

Natürlich geht der Überfall fast zwangsläufig schief. In letzter Sekunde können Delphine und Dumarest an Bord eines Raumschiffes mit einigen Kisten fliehen.

Der Auftakt des Romans ist ausgesprochen geradlinig und spannend. Auch wenn der Weltraumtramp sehr viele gefährliche Missionen bislang übernommen hat, ein Diebstahl aus einem Lagerhaus war bislang nicht dabei gewesen. Tubb hat in seiner langen erfolgreichen Karriere auch einige Krimis geschrieben und diese Erfahrung macht er sich hier zu Nutze.

Im zweiten Abschnitt hat der Leser eher das Gefühl, eine Art Seeabenteuer mit der Pest an Bord zu lesen. Eine seltsame Krankheit dezimiert die wenigen Passagiere und Besatzungsmitglieder des Raumschiffs. Ein Gegner, gegen den Dumarest im Grunde nicht ankämpfen kann.  Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal in diesem Roman braucht Dumarest Hilfe.  Dass er der Pest an Bord erliegen könnte, erscheint genauso unwahrscheinlich wie sein Tod bei Zweikämpfen. Die Serie muss weiterlaufen.

Aber Tubb hat gelernt, dass sein Protagonist nicht immer und überall der Gewinner sein kann. Auch er braucht Hilfe. Und sei es von einer vordergründig zarten Hand.

Mit Delphine führt Tubb eine interessante Frauenfigur ein. Sie gehörte auf ihrer Heimatwelt zu einer anscheinend adligen Familie. In jungen Jahren brach sie das Eheversprechen, stahl sich das Geld für eine Passage zu den Sternen zusammen und floh. Alles Schritte, die der Leser genauso wie der ein wenig naive Dumarest nachvollziehen kann. Ihre Handlungen sind lange Zeit konsequent, als wenn sie nicht nur das begangene Unrecht auf ihrer Welt wieder gutmachen, sondern vor allem auch Earl Dumarest an sich binden möchte.

Mit der Rückkehr auf ihren Planeten verschiebt sich nach und nach das Bild. Anscheinend hat sie Dumarest nur teilweise die Wahrheit gesagt und einzelne Facetten absichtlich verschleiert. Am Ende während des unglaublich kompakten, aber auch interessantes Finales scheint sich das Blatt ein weiteres Mal zu wenden.    Es gibt bei Delphines Handeln noch andere Motive.  Tubb präsentiert vielleicht des Guten ein wenig zu viel, da wie bei einem Film Noir Delphines Handlungen nicht mit ihren Äußerungen übereinstimmen. Bevor der Leser sich aber zu viele Gedanken macht, wickelt Tubb den Roman auf einer bedingt hoffnungsvollen Note ab.    

 Noch mehr als in den letzten Romanen verfestigt Tubb aber das bestehende Bild seines Universums. Weltraumfahrten sind möglich. Sie sind teuer und kosten viel Zeit. Es ist eben nicht der Sprung von einem Planeten zum Nächsten. Nur die Möglichkeit, sich in eine Art Tiefschlaf versetzen zu lassen, macht die Flüge angenehmer. Daher dauert es auch seine Zeit, bis Verfolger auf den jeweiligen Welten landen können. Diese Vorgehensweise erinnert an die alten Western, in denen die Nachrichtenübermittlung auch immer schnell als der Ritt oder die Fahrt mit der Postkutsche gewesen ist.

Hinzu kommt der seltsame Kontrast zwischen kriegerisch barbarischen Zivilisation und einer modernen futuristischen Technik. Tubb setzt diese eher ambivalent ein. Auch wenn die Raumschiffe heraus stechen, sind sie in seinen Roman niemals modern, neu oder schick. Sie sind wie die Esel der Zukunft. Dagegen entwickelt Tubb strenge Regeln für seine an die Gladiatorenzeit erinnernden Zweikämpfe. Hier konzentriert sich der Autor auf eine Reihe von Ritualen. Die Brot- und Spielementalität scheint auf jeder Welt vorzuherrschen.

Es empfiehlt sich aber weiterhin, die Serie mit dem notwendigen Abstand zwischen den Romanen zu goutieren. Immer wieder finden sich unnötige Wiederholungen. Es ist, als wenn sich Dumarest immer wieder an neue Leser zu wenden sucht. Der melancholische Unterton hinsichtlich seiner Suche nach der Erde durchzieht den ganzen Roman. Ansonsten versucht Tubb dieses Thema sehr viel früher abzuhandeln und Dumarest Kopf frei für die Actionszenen zu halten.

Sein Antiheld agiert auch ein wenig brutaler. Vom Töten auf Verlangen seines im Sterben liegenden Kameraden bis zu der Unausweichlichkeit der Arenakämpfe, in denen er nicht mehr mit Geschick oder Intelligenz, sondern Rücksichtslosigkeit zu gewinnen sucht, ist dieser Dumarest sehr viel kälter, egoistischer. Er hat zwar immer wieder die Möglichkeit, sein gutes Herz wie gegenüber dem behinderten Jungen und seinem Wunsch nach Anerkennung zu zeigen, aber über den ganzen Roman hinweg wirkt Dumarest fast unnahbar. Das ist unverständlicher, da Delphine ihm durchaus eigensinnig aber auch das eigene Leben riskierend zweimal in schwierigsten Situationen hilft. Durch den Raubzug vielleicht sogar dreimal. Eine natürliche Zurückhaltung Dumarest der charismatischen, aber auch egozentrischen Damen gegenüber ist angesichts von Dumarest bisherigen Erfahrungen mit Frau vielleicht sogar nachvollziehbar, aber der notwendige erotische Funke springt nicht auf den Leser über und nimmt Teilen des in Tubbs typisch distanzierten, aber effektiven Stil geschriebenen Romans einen Teil seiner Effektivität.

„Spektrum der vergessenen Sonne“ bringt Dumarest nur bedingt dem Ziel seiner Suche, seiner Obsession näher. Er findet nur weitere Hinweise, dass viele dieser Welten vor Urzeiten von Menschen der Erde besiedelt worden sind. Aber keine neue Idee, wo der Planet genau liegen könnte.

Positiv ist, dass Tubb versucht, die teilweise zu statischen Wege aufzuweichen und seinen Protagonisten in gänzlich andere Gefahren zu bringen, auch wenn er gerne und zu häufig auf für seine Serie markante, aber auch inzwischen zu bekannte Versatzstücke zurückgreift. 

Hefte

Terra Astra Heftroman, 64 Seiten