Mit dem Doppelroman „Im Land der Saguaros“ und Der Schatz der Kristallhöhle“ feiert Axel Jonas Halbach sein Debüt im Rahmen der „Im Wilden Westen Nordamerikas“ spielenden Abenteuer. Seit der Jahrtausendwende hat der 1934 geborene Halbach fast ein Dutzend Romane im Eigenverlag nach Motiven und Charakteren Karl Mays geschrieben und veröffentlicht.
Positiv wie negativ passt diese Beschreibung auch auf den Doppelband. Kritisch gesprochen negativ könnte argumentiert werden, dass viele Aspekte der Geschichte direkt an Karl Mays Vorlagen erinnern, die nur vor einem leicht veränderten Hintergrund sich abspielen. „Der Schatz im Silbersee“ scheint dabei dominierend zu sein. Positiv ist aber auch, dass der Autor diese Motive gezielt einsetzt und mit flotter Feder und vor allem überzeugenden Dialogen die Geschichte vorantreibt und Karl May Fans das Gefühl gibt, sich in diesen Büchern heimisch zu fühlen.
Auffällig ist vor allem im ersten Teil der Geschichte Axel Jonas Halbachs Hang zu Brüderpaaren. Der Sheriff ist der Halbbruder des Antagonisten, trefflich der rote Joe genannt. Sie verbindet eine dunkle Vergangenheit. In der Wüste treffen Old Shatterhand, Sam Hawkens und Hobble- Frank auf einen Eremiten, der nach einer Familientragödie die Einsamkeit sucht, während sein Bruder als Besitzer einer Hazienda ihm schon lange verziehen hat. Das letzte Bruderpaar betrifft die fast ausgestorbenen Aztekenstamm und ihrem Häuptling, dem Kaziken. Hier deutet der Autor eine Reihe von Konflikten an, die erst im zweiten Teil des Romans „Der Schatz in der Kristallhöhle“ zum Tragen kommen.
Auch wenn der Autor mit den Motiven von Schuld und Sühne; Verantwortung gegenüber dem Bruder in einem direkten Vergleich zu den eigenen Pflichten spielt, wirken diese Elemente nicht immer effektiv genug eingesetzt und einige Motive wie das Vorgehen des Sheriffs eher spannungstechnisch konstruiert. Nicht selten entfernt sich der Autor in wichtigen Abschnitten wieder von den Ideen und isoliert markante Nebenfiguren zwar handlungstechnisch nachvollziehbar, aber spannungstechnisch nicht unbedingt entschuldbar von der stringenten Haupthandlung.
Die Exposition inklusiv der ersten Hintergrundbeschreibungen sind dagegen sehr effektiv und führen den Leser – eine gewisse Kenntnis der handelnden Protagonisten natürlich voraussetzend – umgehend in dieses neue sich quasi auf dem Weg entwickelnde Abenteuer ein.
Im ersten Kapitel ist der Leser den Protagonisten einen Schritt voraus. Er verfolgt, wie ein Priester eine seltene Karte von einem Indio erhalten hat, der einen seit Jahrhunderten verschollenen Aztekenschatz kennzeichnet. Er sieht die Spuren des Überfalls weißer Banditen, die von der Karte erfahren haben. Old Shatterhand kommt mit seinen beiden Gefährten zu spät, erhält aber alle wichtigen Informationen vom sterbenden Priester. Natürlich schwören sie, die Verbrecher zur Strecke zu bringen und die Karte den wahren Besitzern zu überbringen.
Auch wenn der Autor das Tempo durchgehend hoch hält, konzentriert er sich anschließend ein wenig mehr auf die drei Protagonisten. Sam Hawkens wirkt dabei am wenigsten treffend gezeichnet. Bis auf ganz wenige Sequenzen geht der alte Westmann fast in der Handlung unter. Hobble- Frank mit seinen Wortspielen und der Verdrehung im Grunde aller Arten von Tatsachen nimmt einen deutlich breiteren Raum ein Im zweiten Band wird Axel J. Halbach sogar den Handlungsbogen unterbrechen, um ihn eine weitere nicht unbedingt den Plot voranbringende Geschichte erzählen zu lassen.
Old Shatterhand wird markant, aber positiv gesprochen nicht zu dominant gezeichnet. Im Gegensatz zu einigen anderen Pasticheautoren bemüht sich Axel J. Halbach um eine mehr nuancierte Charakterzeichnung und vor allem verzichtet der Autor auf die stellenweise ermüdenden Monologe, mit denen die jeweiligen Autoren Old Shatterhand die Leser informieren, aber leider teilweise auch zu stark belehren möchte.
Beginnend mit der Festnahme wegen Mordes aus gänzlich anderen Motiven bis zum ersten Sieg gegen den roten Joe schlägt der Autor einen zufrieden stellenden Bogen, der dank des richtigen Tempos aus spannenden Szenen, exzentrischen Protagonisten, aber vor allem auch guten und nicht so bekannten Hintergründen die Leser in seinen Bann schlägt, obwohl wie eingangs erwähnt das rudimentäre Handlungsskelett vielleicht einen Hauch sogar zu vertraut erscheint.
Bis zum Ende der Handlung des ersten Teils können Old Shatterhand, Sam Hawkens und Hobble- Frank nur auf Situationen reagieren, aber an keiner Stelle agieren. Das ist klassischer May, denn nicht selten trieb der Sachse seine Protagonisten auch von einer Gefahr zur nächsten, bevor sie während des obligatorischen Showdowns erst das Ruder umdrehten und dann die Initiative ergriffen.
Negativ ist allerdings auch, dass einzelne Gefahrenmomente zu schnell wieder aufgelöst werden und Axel J. Halbach die Spannungskurve nicht bis zum Ende durch dekliniert. Dadurch schwindet die mühsam aufgebaute Atmosphäre und macht eher einer abenteuerlichen Reise als einer Mission um Leben und Tod Platz. Weiterhin fehlt der Geschichte eine Art Countdown. Old Shatterhand hat ausreichend Zeit, um auf die Aktionen des roten Joes zu reagieren, da dieser nur bedingt alle Trümpfe in der Hand hält. Das wird sich noch mehr im zweiten Teil des Doppelbandes zeigen.
Wie die nur angedeuteten Konflikte zwischen den jeweiligen Brüdern wirkt dieser hintergründig fast zu gemächliche Erzählstil auch ein wenig ermüdend. Erst am Ende zieht Axel J. Halbach allerdings die Gesamtkontruktion betrachtend das Tempo kurzzeitig an.
Ohne Frage wirkten die Mehrteiler Thomas Ostwalds komplexer, aber auch stellenweise unnötig komplizierter. Axel J. Halbach fokussiert sich vor allem im ersten der beiden Romane auf eine klassische Exposition und schließlich die Verfolgung der Schurken. Damit wirkt sein Doppelband auch echten Karl May Fans vertrauter. Er verzichtet auf die Pseudonymspiele mit dem Herrn Winter, sondern stellt Old Shatterhand vor allem als den von Legenden umrankten Mann des Wilden Westen Nordamerikas dar oder wie Sam Hawkens so schön sagt, das am besten angezogene Greenhorn westlichen von Dresden.
Der Stil ist leichter und angenehmer zu lesen als bei anderen Pasticheautoren. Durch die zahlreichen Veröffentlichungen im Eigenverlag hat Axel J. Halbach inzwischen positiv gesprochen so viel Routine, das die Balance zwischen Tempo und Stimmungen passt. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist „Im Land der Saguaros“ der ideale Einstieg in diese neuen Abenteuer Old Shatterhands, auch wenn die Reihe inzwischen vielleicht nicht klar erkennbar in „Im Wilden Westen Nordamerikas“ umbenannt worden ist und dadurch vielleicht auch nicht Karl May affine Leser ansprechen soll. Diese müssen sich aber mit einem positiv gesprochen typischen May´schen Abenteuergarn „zufrieden“ geben.